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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 41 - Nr. 50 (19. Februar - 1. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42837#0169

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mit TrSgerlohn, durchdrePost bezöge»Viertels, 1.80franco. bewilligung. Expedition: Zwingerftratze 7.

1890.
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Centrums-Partei.
Wähler des XII. Wahlkreises!
(Keidelkelg-Kerbach-Mosbach.)
Die heute auf Berufung des Provinzial-Komitees dahier zusanimengetretenen Vertrauensmänner der Centrums-Partei aus dem XII. Wahlkreis haben nach
eingehender Erörterung der Lage einmiithig beschlossen, die Kandidatur des Herrn Grafen Karl von Oberndorfs aufzugebeu, und die Centrumswähler dringend
zu ersuchen, ihre Stimmen sofort im ersten Wahlgange dem Kandidaten der freisinnigen Partei
Herrn Professor vr. Hermann Osthoff in Neuenheim bei Heidelberg
zuzuwenden.
Wir bitten, diesem Beschlüsse der Vertrauensmänner rückhaltlos zuzustimmen, und am Wahltage zu handeln, wie es unsere Pflicht gebietet.
Unser Wahlsprr.ch muß sein: „Kampf gegen das c e n t rum s f e i n dl i che Kartell!"
Heidelberg, 14. Februar 1890.
Dss ProvinM-KomiNe der Lentrumspartei:
Karl Gras von Oberndorf, Vorsitzender, R. Freiherr von Buol, Landgerichtsralh, I)r Leopold Fischer, Jakob Lindau,
Ludwig Maier, erzbischöfl. Bauinspektor, Franz Gras von Lberndorff, vr. Wilhelm Ullrich, Franz Wilms, Stadtpfarrer.
Tankend für das Vertrauen, welches mir durch Ausstellung meiner Kandidatur entgegengetragen wurde, ersuche ich sämmtliche Wähler der Centrumspartei
ebenso freundlich als dringend, dem heutigen Beschluß der Vertrauensmänner zu entsprechen und schon im ersten Wahlgang für Herr Professor Or. Osthoff zu stimmen.
Ncuenheim, 14. Februar 1890.
Kart Hraf von Höerndorff.

«r. I?.

Verantwort!. Redakteur: F. Z. Knappe
m Heidelberg.

! Dmcku. Verlag von Grbr. Huber inHeidclberg
j früher Verleger des Pfälzer Bote».

Wähler!

Der Wahltag ist gekommen, thut Eure Pflicht!
Geht Mann für Mann furchtlos und überzeugungs-
treu an die Wahlurne und übet aus das Recht des
freien Bürgers, traget mit bei zu dem unumstößlichen
Verdikt, welches das Volk durch die Wahl fällt —
vereinigt Euch mit zu dem gewaltigen Tenor des
Volksurtheils, dem sich selbst die Mächtigsten der
Erde fügen, vor dem sie sich beugen müssen.
Diesmal gilt es ganz besonders, die seit dem
Jahre 1887 bestandene Kartellwirthschaft zu richten,
die Herrschaft einer Koalition zu brechen, die vor lauter
Jasagen ihrer heiligsten Pflicht vergaß, welche vergaß
für das Wohl, für die Rechte des Volkes eiuzutreten,
welche sich in den Dienst der Regierung, nicht aber in
den des Volkes stellte. Unsere Abgeordneten aber
sollen nicht Regierungsvertreter, sondern Volksver-
treter sein.
Darum fort mit dem Angstprodukt der Septennats-
«NW— . ... - .. !
Treuer Klebe Koh»,.

10)

Roman von U. Rosen.
<N«hdr. verb.i
Das Gesicht des Detektive erhellte sich. Sein wandern-
der Blick ruhte lächelnd auf Ormond. „Wer sollte nicht
von des Grafen Berril einzige Toch'er gehört haben'?"
„Nun gut. Sie sollen mir also entdecken, weshalb die
riolze Dame nickt heirathet-"
Detektive zog seine Stirne in Falten, erwiderte aber
Wchts.
„Sie finden die Aufgabe schwer, unmöglich vielleicht,"
mgte Lord Ormond „dock ich kann Ihnen einen Anhalt
Men, der für Sie bei Ihren Bemühungen von Nutzen
An dürfte. Ich habe heute Abend bei dem Grafen von
Herri! gespeist und eine Entdeckung gemacht, die Ihren be-
rufsmäßigen Eifer zu erwecken nicht verfehlen wird."
,, Er erzählte nun sein Abenteuer im Hause des Grafen
vhr umständlich, wiederholte die! Unterhaltung, die er
^lauscht hatte, berichtete vor, seinem Besuch in Bealricens
Erviächern und der überraschenden Entdeckung von der Ab-
wesenheit der Tochter des Hauses. „Ich war seit langer
"Ot ein Bewerber der Dame," fügte Lord Ormond hinzu,
"Und erneuerte meinen Antrag heute abermals. Sie ge-
muhte endlich, meine Huldigungen zu ermuthigen, u. ich habe
s^halb das unbestreitbare Recht, all ihr Thun u. Lassen
v"nnen und verstehen zu wollen und ihre Geheimnisse zu
Durchschauen. Möchten Sie demnach meinen Auftrag über-
nehmen ?
.. Der Detektive hatte Ormond zugehört, ohne ihn
M einziges Mal zu unterbrechen. „Ja, ich will den Fall
d, ^nehmen," antwortete er jetzt lebhaft, und aus seinen
uugen leuchtete List und Verschlagenheit. „Sie dürfen sich
->,s..uuch vollkommen verlassen, Mylord. Die Sache ist
»ungchst_-
... „Zu entdecken, wohin sie sich begiebt, wenn sie dem
ik.. I'chen Hause entschlüvst, wen sie sieht und was sie
M. Ergründen sie der Gräfin Geheimniß, und Sie dürfen
Belohnung selbst bestimmen. Hier empfangen Sie
ue kleine Abschlagszahlung." Er überreichte dem Detek-

wahlen, hoch ein freies Parlament, hoch ein starker,
selbst- und pflichtbewußter Reichstag! An Euch liegt
es, Wähler, einen solchen zu schaffen, darum auf, er-
füllt Eure Wahlpflicht, benützt das heilige, in schwerem
Kampfe errungene, von dem Kartell bedrohte allge-
meine freie, gleiche und geheime Wahlrecht und wählt
am 20. Februar im 12. Wahlkreise (Heidelberg,
Eberbach, Mosbach) den freisinnigen Kandidaten
Herrn Professor Dr. Hermann Osthoff
in Ncuenheim bei Heidelberg,
im 11. Wa hlkreise (Mannheim, Weinheim, Schwe-
tzingen) den demokratischen Kandidaten
Herrn Dr. Adolf Richter in Pforzheim,
im 13. Wahlkreise (Sinsheim, Eppingen, Bretten,
Wiesloch und Philippsburg) den Kandidaten der
Centrumspartei
Herrn Franz Graf von Obertidorff
in Neckarhausen
und im 14. Wahlkreise (Buchen, Tanberbischofs-
heim, Wertheim, Walldürn re.) den bisherigen be-

tive eine Banknote, welche dieser, ohne sie zu betrachten,
in sein Taschenbuch legte.
„Ich gehe morgen nach Trewnrprak, meinen Onkel
zu besuchen," fuhr Lord Ormond fort, „werde aber in zwei
bis drei Tagen wieder in der Stadt sein, wo ich vorläufig
in diesem Hotel meine Wohnung behalte."
„Ich werde Ihnen täglich meine Berichte zusenden,
gnädiger Herr. Wenn ich Ihnen Dinge von großer Wich-
tigkeit zu melden habe, bringe ich Ihnen die Nachrichten
selbst. Haben Sie mir sonst noch etwas zu eröffnen,
Mylord?"
„Nichts weiter, mein Freund."
„Hat Lady Beatrice em Kammermädchen?"
„Das weiß ich wirklich nicht; doch nein ich besinne
mich, sie hat keines."
„Sie ist gegenwärtig noch abwesend vom Hause?"
Lord Ormond nickte bejahend.
„Ich werde die Ausführung meines Auftrages sogleich
beginnen," bemerkte Born sich erhebend. „Zum Glück habe
ich augenblicklich nichts anderes vor. Mit tiefer Verbeu-
gung verabschiedete sich der Detektive.
„Die Sacke ist in den rechten Händen," murmelte
Ormond entzückt, als er wieder allein war^ „Nächste
Woche werde ich zweifellos Alles wissen. O, ich würde
eine Welt darum geben, Beatrice als Bittende vor mir zu
sehen, vor mir, den sie verabscheut, und dessen Werbung sie
dennoch in Erwägung zu ziehen geruht. Ich stehe an der
Schwelle eines glänzenden Triumphs, einer vergeltungüben-
ven Rache für ihre mich so tief herabwürdigende Kälte. ."
Er sprang auf, da ein leises, unregelmäßiges Klopfen
an der Thür ihn erschreckte. Im nächsten Augenblick be-
trat ein zweiter Besuch das Zimmer. Es war ein Mann,
der die Fünfzig schon überschritten hatte, hoch und stark
von Gestalt, mit grauem Haar und Bart, und einem un-
stäten, ein unruhiges Gewissen verrathenden Augenpaar.
Seine Kleidung war ärmlich und fadenscheinig, sein Be-
nehmen mebr trotzig, als ehrerbietig. Georg Negun war
achtzehn Jahre zuvor der vertraute Kammerdiener und
beständige Begleiter Lord Ormond's gewesen, und nach
Australien ausgewandert, wo er seither geblieben war.

Währten Reichstaqsabgeordneten
Herrn R. Freiherr von Buol,
Landgerichtsrath in Mannheim.
Mit Siegeszuversicht und hoffnungsfreudig ziehet
in den Kampf, den Blick unverwandt gerichtet auf
die stolze Fahne des Centrums und deren Devise:
Mit Gott für Freiheit, Wahrheit und Recht
Unser Feldgeschrei aber sei wie in allen deutschen
Gauen vom Meeresstrande bis zur Alpenhöhe so auch
hier der Ruf:
Nieder mit dem Kartell!

tttimn Pl« ms MWMttNM.
Angesichts der Neuwahlen zum Reichstage ist es
angezeigt, hinzuweisen auf die reaktionären Pläne zu
Verfassungsänderungen, welche auf Seiten der Kartell-
parteien in den letzten Jahren befürwortet worden
sind. J»n Augenblick freilich hüten sich diese Parteien,
mit ihren Absichten hervorzutreten; aber nach den
Wahlen kommt es anders, vorausgesetzt natürlich, daß
sie wieder, wie 1887, die Mehrheit erlangen sollten.

Lord Ormond begrüßte seinen ehemaligen Diener mit
einem leichten Kopfnicken und einem erzwungen freundlichen
Lächeln. „So sind Sie wieder aufgetaucht, Negun," be-
merkte er, auf einen Seffel deutend- „Wir hatten doch ver-
abredet, daß Sie bis an das Ende Ihres Lebens in Au-
stralien bleiben sollten Die zweihundert Pfund sollten
doch eine endgiltige Abfindung sein, und nun belästigen
Sie mich wieder, um noch mehr Geld von mir zu er-
pressen !"
„Ich kann mir nicht helfen, gnädiger Herr," entgeg-
nete Negun, sich niedersetzend und seinen alten Filzbut in
den Händen umherwirbelnd, mürrisch. „Ich hab? keine
Lust zu verhungern, während ich im Besitz eines Geheim-
nisses bin, für das Andere mir sehr gern viel Geld geben
würden. Wenn Sie mit mir nicht unterhandeln mögen,
bin ich bereite, auf der Stelle zu gehen !" und er erhob sich
drohend von seinem Sessel.
„Sie haben nicht nöthig, sich so zu beeilen," bemerkte
Lord Ormond kühl. „Wie, wenn ich mich nun weigere,
etwas für Sie zu thun.
„Dann fahre ich mit dem nächsten Zuge nach Trewor-
park. Oder suche vielleicht zuerst Lady Beatrice Berril
auf. Sie würde es sich etwas kosten lassen, Gottfried
Trewor's Namen gereinigt zu sehen. Und wenn sie es
nicht wollte, Lord Trewor würde mich sicher gut dafür be-
zahlen, daß ich ihm die Wahrheit in einer Angelegenheit
offenbarte, die vor achtzehn Jahren so großes Aufsehen
erregte, gnädiger Herr." .
„Und was fordern Sie eigentlich, Negun? fragte
Lord Ormond, seinen Gast mit erheuchelter Sorglosigkeit
musternd. .
„Je, nun, ich möchte ordentlich wohnen, mich anständig
kleiden und Geld haben," erwiverte der Mann mit zorni-
ger Bitterkeit. „Es giebt Nächte, in welchen der Schlaf mich
flieht, weil ich an einen Menschen denken muß, dem wir
Beide schweres Unrecht zusügten. Sie durch eine schnöde
Thal, ich durch mein erbärmliches Schweigen. Ich hörte,
er sei todt, er sei in Brasilien gestorben.
Fortsetzung folgt.
 
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