Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 81 - Nr. 90 (11. April - 22. April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42837#0337

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Beatrice nickte und Giralda gab das verabredete Zeichen.
Eine Minute ipäter wurde der Marquis in seinem Roll-
stuhl in das Zimmer geschoben.
20, Kapitel.
Beatrice und der Marquis.
Lord Trewor lag in seinem Sessel zurückgelehnt. Ein
Ausdruck lebhaften Jnterresses erhellten seine vornehmen
strengen Züge. Beatrice erhob sich bei seinem Erscheinen,
und Giralda sagte mit zitternder Stimme:
„Mama, das ist der neue Freund, von dem ich Dir
erzählte, Lord Trewor von Schloß Trewor in Wales.
Herr Marquis, das ist meine Mama, Gräfin Arevalo."
Der Marquis verneigte sich ehrerbietig und Beatrice
ließ sich in einem im Schatten stehenden Sr fiel ihm gegen-
über nieder.
„Ich bitte um Entschuldigung, gnädige Frau, daß ich
Sie so formlos begrüßte, aber die Gicht fesselt mich uner-
bittlich an meinem Rollfiuhl," begann der Marquis.
„Ach, dieser Wig!" rief er vor Schmerz erbleichend, „wie
schlecht er meinen Fuß wieder verpackt hat! Verzeihung,
Frau Gräfin, aber die Gicht ist ein gar schlimmer Geselle,
vor dem selbst Helden kleinlich werden. O, mein Gott,
wie das quält und drückt!" Er versuchte den Glockenzug
zu erreichen, aber Giralda sprang hinzu, löste den belästi-
genden Knoten und ordnete die Decken mit einer Geschick-
lichkeit, die den alten Mann überraschte. Die Furchen
auf seiner Stirn verschwanden und ein Blick der Er-
leichterung und des Dankes verdrängte den Ausdruck des
Schmerzes.
„Ich danke Dir, mein Kind," sagte er einfach. „Sie
waren gewiß sehr erstaunt, Ihren kleinen Flüchtling unter
meiner Obhut wiedcrzufinden, Frau Gräfin, und haben
sicher große Angst um ihn ausgestanden."
„Ja, in der That, Herr Marquis," erwiderte Beatrice.
„Giralda hat mir von Ihrer großen Güte gegen sie erzählt,
und ich kann Ihnen nicht genügend für das Jnterresse
danke», das Sie meinem Kinde erwiesen. Ich schaudere,
wvnn ich daran denke, welches Schicksal meiner Tochter
hätte bereitet werden können, wäre sie nicht zu Ihnen,
sondern zu einem Anderen gekommen."

„Ja, auch mir graut bei dieser Vorstellung," erklärte
der Marquis offen. „Die Welt ist kein geeigneter Platz
für ein so unschuldiges und schönes Geschöpf wie Giralda.
Ich bin ein alter Mann, Frau Gräfin, fünfundsiebenzig
Jahre, mein graues Hauvt und mein wohlbekannter
Charakter sprechen für mick."
„Der Name und der Ruf des Marquis von Trewor
sind mir vertraut," bemerkte Beatrice arrig.
„Hm! Dann haben Sie ohne Zweifel wenig Günstiges
von mir gehört," entgegnete der Marquis. „Die Leute
nennen mich geizig, weil ich wenig ausgebe. Neigung und
Geschmack veranlassen mich zu einer einfachen Lebensweise,
trübe Erfahrungen lehrten mich die Einsamkeit schätzen,
aber Niemand darf mir nachsagen, daß ich jemals einem
Menschenkinde absichtlich Unrecht that. Ich war stets die
Verkörperung der Gerechtigkeit — streng und »nachsichtig,
aber immer, immer gerecht."
„Es ist gut, in allen Dingen die Gerechtigkeit walten
zu lassen," sagte die Gräfin sanft, „aber in der Gerechtig-
keit sollten wir auch stets der Gnade eingedenk sein "
„Ja, gnädige Frau, Gnade für Alles, nur nicht für
die Heuchelei und die Undankbarkeit!" rief der Marquis
mit rauher Stimme, als ob alte Erinnerungen in seiner
Seele auftauchten. „Doch ich sollte mich Ihnen heute von
meiner besten Seite zeigen, da ich eine Gunst von Ihnen
zu erbitten habe "
„Ja, gnädige Frau. Ich sagte Ihnen, ich habe ein
hartes Herz. Bis vor Kurzem alaubte ich in der That,
es sei härter als Granit. Ihre Tochter bewies mir, daß
es noch eines wärmeren Gefühls fähig sei. Ich liebe Ihr
Kind. Wollen Sie es mir geben
Beatrice fuhr in plötzlichem Erstaunen zusammen und
ergriff Giralda's zitternde Hand. „Sie lieben mein Kind'?"
rief sie mit bebender Stimme.
„Mißverstehen Sie mich nicht. Frau Gräfin.
Ich liebe Ihre Tochter nickt, wie ein Jüngling, der um
ein Mädchen wirbt. Ihre Tochter ist nur ein holdseliges,
heiteres Kind, das dem vereinsamten, und verbitterten
Greise ^einigen Sonnenschein in sein verödetes Dasein
bringt. Ich habe nur einen einzigen Verwandte», und der

r


mch


j


einfachen und ökvnomischen Mittel als endgiltig
, o betrachten wollte. Das System der großen, in-

felt.

e CS rann oarnm
der Klugheit" gelten,
ik Herrschaft einzuräume


Druck u. Verlag vonKrbr. Huber inHeidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

N
pfichlt

m mir
Naria
chberg.

Berautwortl. Siedakteur: F. Z. Knappe
in Heidelberg.

Luser„
chnstt,--
Maria-
arbarac

Und um wie viel mehr noch, wenn der Pächter dieser
Souveränetät eine Handelsgesellschaft wäre! Im Orient
jedoch besteht ein solcher Unterschied nicht. Der Sultan
von Zanzibar ist ebensowohl wie derjenige von Kon-
stantinopel davon überzeugt, daß seine Unterthanen
in der gleichen Weise sein Eigenthnm bilden, wre seine
Schafheerden, und daß er das Recht, dieselben zu
regieren, zu verwalten und nvthigenfalls auszubeuten,
an wen nur immer verkaufen oder verpachten kann.
Wenn also die Verwaltung einer europäischen Handels-
gesellschaft auch noch so schlecht ist, so lvird sie doch
imu^r noch besser sein als diejenige eines Sultans.
Es ist darum auch kein Grund vorhanden, um diesen
friedlichen Weg, durch welchen die eingeborne Bevöl-
kerung der mehr oder weniger rücksichtslosen Herrschaft
ihrer einheimischen Fürsten entzogen wird, im Prinzip
zu mißbilligen.
Laut Art. 14 des nämlichen Vertrages durfte die
Gesellschaft am 15. August von dem Gebiete Besitz
ergreifen. Die Beamten des Sultans fügten sich diesen
Bestimmung ziemlich willig; anders verhielt sich jedoch
die Bevölkerung. Kaum hatte die Gesellschaft ihre
Flagge gehißt, als ein furchtbarer Aufstand losbrach.
Agenten und Missionäre "wurden von den Eingebornen
ermordet und gefangen genommen, die meisten der
vierzig, längs der Küste errichteten Zollstationen
fielen in die Hände der Aufständischen, überall herrschte
Mord und Plünderung, und bald erfuhr man, daß
von sämmtlichen Stationen im Innern des Landes
nur noch diejenige vyn Mpwapwa, welche 60 Tage-
märsche von der Küste entfernt ist, der Gesellschaft
verblieben war.

ebnen-
isländisch^
r 5 Twer-
Die AN-
n em ReE
-kk» gelesew
mcht.

als daß innere Regierung und Handelsgesellschaft ohne
Gefahr in ein und derselben Person vereinigt sein
könnten. Das Verhältniß ist allerdings nicht voll-
ständig das gleiche bei den deutschen .Kolonialgesell-
schaften, weil der Mutterstaat denselben wohl die lo-
kale Jurisdiktion überträgt, sich selbst aber das
„Imperium" Vorbehalt. Daraus entsteht jedoch die
andere Gefahr, daß die Gesellschaften, sei es ans Un-
vorsichtigkeit oder aus Berechnung, alle möglichen
Schwierigkeiten heraufbeschwören können, für welche
der Mutterstaat, wenn anders er nicht auf seine Ko-
lonien verzichten will, die Verantwortlichkeit überneh-
men muß. Dies war der Fall bei der Ostafrikani-
schen Gesellschaft. Dieselbe ist ein im Jahre 1887
begründeter Zweig der Gesellschaft für deutsche Kolo-
nisation. Durch Vertrag vom 26. April 1888 ver-
pachtete der Sultan von Zanzibar an die Ostafrika-
nische Gesellschaft die Verwaltung des vor den deut-
schen Besitzungen gelegenen Küstenstriches zwischen
Vanga und Rowuma. Dem Art. 1 dieses Vertrags
zufolge trat der Sultan seine sämmtlichen Hoheits-
rechte an die Gesellschaft ab, doch mußte die Verwal-
tung im Namen und unter der Flagge des Sultans
ausgeübt werden. Unter diesem Vorbehalt wurde die
Verwaltung und die Erhebung der Zölle der Gesell-
schaft übertragen, welche außerdem unbeschränkte Voll-
macht erhielt, Steuern aufzuerlegen, Beamte und An-
gestellte zu ernennen, die Gerichtsbarkeit auszuüben,
Gesetze zu erlassen, befestigte Plätze zu besetzen, Do-
mänen und öffentliche Gebäude zu benützen, den
Handel, die Schifffahrt und den Fischfang zu regu-
liren, die Einfuhr von Waffen, Munition, Alkohol u.
anderen, die Ordnung oder öffentliche Sicherheit ge-
fährdenden Artikeln zu verbieten, Bergwerke und Wal-
dungen auszubeuten, Banken zu begründen mit Pri-
vilegium der Herausgabe von Banknoten, all' das auf
die Dauer von öO Jahren und gegen einen Zins,
dessen Grundlagen kontraktlich festgestellt wurden, unter
deni einzigen Vorbehalt, daß die zwischen Zanzibar
und anderen Staaten bestehenden Verträge refpektirt
werden sollen.
Um einen derartigen Vertrag zu beurtheilen, darf
man sich nicht auf den Standpunkt europäischer Rechts-
verhältnisse stellen. Unter civilisirten Völkern würde
ein Vertrag, durch welchen ein Fürst die unbeschränkte
Ausübung seiner Hoheitsrechte über einen Theil seiner
Staaten an einen andern Fürsten vermiethete, mit all
unfern modernen Anschauung über den Unterschied
zwischen Privatvermögen eines Fürsten und dessen
verfassungsmäßigen Rechten im Widerspruch stehen.

Deutsches Reich.
* Berlin, 13. April. Der Kaiser ist gestern
Vormittag von Wiesbaden wieder hierher zurückgekehrt.
— Nachdem die letzte Nachwahl in Giesen vollzogen
und hier durch nationalliberalc Wahlenthaltnng 0er
Sieg des Antisemiten Pickenbach gegen den freisinnigen
Landrichter Dove ermöglichst geworden ist, ist die
Zusammensetzung des Reichstags folgende:
72 Konservative, 19 Reichsparteiler, 48 National-
Liberale, 67 Freisinnige, 10 von der Volkspartei,
107 vom Centrum, 16 Polen, 11 Deutsch-Hanno-
veraner, 35 Sozialdemo'raten, 5 Antisemiten, 1 Däne,
10 Elsässer, 1 Wilder. In den Nackstvahlen haben
die Freisinnigen 2, das Centrum 1 Mandat verloren,
die Konservativen, Nationalliberalen und Antisemiten
je ein Mandat gewonnen, die 6 übrigen Nachwahlen
haben am Bestand der Parteien nichts geändert. Wie

DeilWid »Is Mmlucht.
II.
Es scheint, als ob die kaiserliche Regierung im
^Ng in der That keine andere Absicht gehabt habe,
z! die individuelle Thätigkeit ihrer Staatsaugehöri-
? ju schützen, und daß sie die Mühe wie den Ge-
des Kolonial-Unteruehmens den großen Gesell-
ten überließ, deren Bildung sie seit dem Jahre
veranlaßt oder begünstigt hatte. Die Aufgabe
^entralgewalt mußte sich bei diesem Systeme
L^uf beschränken, durch ihre Diplomatie, durch ihre
ituln und durch ihre Marine die äußeren Exi-
Medingungen der Kolomeen zu beschütze«. Höch-
lden an dck jt wurde in den Kolonien selbst ein sehr einfacher
' SirafgeldO l^altungsapparat unterhalten: ein Gouverneur oder
Etlicher Kommissär, manchmal ein oder zwei Se-
wie in Kamerun, ein paar Schullehrer und
> habe folcb Unteroffiziere, welche im Umkreise des amtlichen
CMsitzes den Polizeidienst besorgten. Auch die Aus-
ae' N waren dementsprechend. Das Budget von
a ^/88 verzeichnet die Ausgaben für die drei deut-
i)? Kolonien an der Westküste von Afrika mit nur
s^Ooo M.; dabei wurden bei zweien dieser Kolonien,
^ttuu und Togo, die Ausgaben bis zu einer Dif-
as um die von nur 28,000 Mk. durch die Einnahmen ge-
j,. Auf der ostafrikanischen Küste waren bis in
»reiben: i» .längste Zeit die Ausgaben noch geringer. Der
stche Generalkonsul in Zanzibar war gleichzeitig
teter der Regierung und Bevollmächtigter der
-ch-ostasrikanischen Gesellschaft.
wäre jedoch ein Jrrthum, wenn man das Pro-
der deutschen Kolonisation durch Anwendung

mehr sehe"- M
xamen vor!
t kommt und

täglich »fit LuSuahmederScml-u. Felettage.
er,»»preis mit dem wöchentliche»Urrterhalkmgs-
i^»D e r SovutagSbote" für Heidelberg monatlich 8V H

eidelberg-
elberg-

, oeiraMkn wouie. ^as «LUftiem vcr grogeu, in-
,Wirten Gesellschaften, welches in früherer Zeit mit
Erfolg von England und Holland für die Kolo-
Indiens angewandt wurde, entspricht den ge-
IOen Anforderungen unserer Zeit nicht mehr. Die
Handelsgesellschaften sind vor Allem darauf
ihren Aktionären hohe Dividenden zu ver-
und haben keine oder nur wenig Zeit, sich
^'fragen des Rechtes und der Humanität zu be-
h? Es kann darum heutzutage nicht mehr als
der Klugheit" gelten, den Handelsgesellschaften
s Herrschaft einzuräumen. Die Gewinnsucht ist
^.einzige Triebfeder und Lebensbedingung der
fiOftsgesellschaften, und dieser Geist der Ge-
E>^cht befindet sich nur allzu häufig im Kon-
svit dem Geiste der Humanität und Gerechtigkeit,
Treuer Kiebe Kohn.
Roman von U. Rosen.
(Uachdr. rerb.)
ssjpv jenen ünglückstagen hatte Lord Ormond einen
der wenige Jahre älter wie sein Herr, diesem bei
!>Mn tagsscheuen, Unternehmungen behilflich war.
i Bursche, obwohl der Hese des Volkes entstammt, batte,
Pava versickert, kein schlechtes Herz,Ormond aber
ihn. Jener Mensch wäre in der Lage, für Deinen
A zeugen und Thatsacken anzuführen, die ihn von
^i^erdacht reinigen müßten. Er war in der ver-
lh. »vollen Nacht, in der Gottfried den ihn von seinem
s o. kredenzten Höüentrank genommen hatte, in dem an
h l,v>mer der beiden jungen Leute stoßenden Kabinet.
ij^apa rrrinnert sich genau, ihn durch die halbgeöffnete
Wochen ZU haben, ehe er das Gift an seine L'ppen
)k'.uud glaubt, daß Ormond damals nichts von der
s Dieners wußte. Meine Aufrufe an ihn in allen
stO, Zeitungen blieben unbeantwortet. Er ist ent-
Zkj'°dt oder ausgewandert. In letzterem Falle wirst
j? tzf'E Adresse von einem alten Diener des Schlosses,
ljs einem Bewohner des Dorfes Trewor, wo er zu
erfahren können."
>-Äfft hieß er, Mama?„
A^„?rg Negun. O, wenn Du eine Spur von ihm
Gwalda, Ich denke, er ließe sich bestechen, die
zu sagen. Der Bursche verschwand wenige
Nachdem Papa in Südamerika eingctrosfen war."
^tverde mrch auch nach dieser Richtung hin be-
ä bk. °"ra," erklärte Giralda entschlossen. „Ich fühle
wieder stark genug für das heilige Werk, das mir
Sollte mir mein Streben mißlingen, so
? llr-w aller Stille heim zu Papa und meinen Brüdern.
A > Eich werde ich Euch Alle» noch ein Bote des
ud des Friedens werden."
h TfZce küßte das reine, verklärte Gesicht mit mütte»
ich Deine Ankunft nicht jetzt schon dem Marquis
Hst, n?» stagte Giralda. „Deine Verkleidung ist voll-
er wird Dich nicht erkennen"

Inserate die 1-spaltige Pctitzeile oder deren Raum 10
Reklame 25 Für diesige Geschäfts- und Privat»
anzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt¬
bewilligung. Expedition: Zwingerstratze 7.
1890
 
Annotationen