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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 111 - Nr. 120 (17. Mai - 29. Mai)
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Druck». Verlag von Gebr. Huber inHeidelberg
srüker Verleger des Pfälzer Boten.

) KeriMtrvortl. Äiedaitmr: F. Z. Knappe
M Heidelberg.

Inserate die l-spaltige Pelitzeile oder deren Raum 10
Reklame 25 8?,. Für diesige Kelchüsis- und Pnoat-
anzcigen, sowie sür Jahres-Änzcigen bedeutende Radau,
bewrlligung. Expedition: Zwingerstratze 7.

Mrfcheint täglich mit Ausnahme der Sonn-». Feiettagc.
Kpynnementkpre itz mit dem »öchmtlichen Unterdaltungs-
Sjarr „De: S onukagsd vte" kür Heidelberg monatlich 5V I
Lrügrrlodu, durch die Posi bezogen viettekj, 1B0 kanco.


Ur Wkijtziigk MW.
General Bogel von Falkenstein hat sich in der
Militärkommiision in seinem Vortrag gegen die zwei-
jährige Dienstzeit aus die früheren Erfahrungen be-
rufen, welche dazu beigetragen haben sollen, bei
Schaffung des Deutschen Reiches einstimmig seitens
Regierung und Volksvertretung die dreijährige Dienst-
zeit als die Grundlage der Heereseinrichtnng zu vcr-
driesen. Dem gegenüber führt die „Freis. Ztg." des
Adg. Richter einen längeren Artikel, dem wir einige
der vielen interessanten Daten entnehmen, ins Feld.
Die dreijährige Dienstzeit ist für Preußen, so
führt der betreffende Artikel aus, durch das Wehrge-
zetz von 1814 eingeführt worden. Gerade die schlechten
Erfahrungen, welche man mit der dreijährigen Dienst-
zeit in Preußen gemacht hatte, führten 1833 zur Ein-
führung der zweijährigen Dienstzeit bei der Infanterie.
Als man nach 1830 gegenüber den politischen Ereig-
nissen in Frankreich und Belgien ein Observations-
korps hinter der Maas aufstellte, überzeugte man sich,
daß die bisherige Dienstzeit und die dadurch begrenzte
Rekruteneinstellung eine zu geringe Zahl verfügbarer
Reserven geschaffen habe. Mali beschloß daher, künftig
alljährlich 200 Mann Rekruten pro Jnfanteriebataillon
einzustellen und Mannschaften sämtlich nach zwei-
jähriger Dienstzeit zu entlassen. Außerdem sollten 80
Rescrverekrnten in den Jahren der großen Heibstüb-
ungen bei den betreffenden Korps auf 0 Monate ein-
gestellt werden. Während das Heer bei der dreijäh-
rigen Dienstzeit in den Jahren 1820 bis 1829 nur
115,000 bis 117 000 Mann gezählt hatte <iu den
Jahren 1830, 1831, 1832 hatten die politischen Er-
eignisse zur Aufstellung von 170000 bis 200000 Manu
Veranlassung gegeben), betrug die Hceresstärke von
1833 bis 1848 zwischen 145000 und 139 000 Mann
bei zweijähriger Dienstzeit.
Die Mehrzahl der kommandirendeu Generale hatte
sich 1833 für die Zulässigkeit der zwei-
jährigen Dieüstzeit erklärt, darunter die Gene-
rale v. Krauseneck, v. Grolmann, v. Müffling, v.
Pritlwitz. Eine Kabinetsvrdre Friedrich Wilhelms III.
vom 2. August 1827 bestätigte nach vierjähriger
Praxis die Einrichtung der zweijährigen Dienstzeit bis
dahin, daß die finanziellen Mittel eine allgemeine Ver-
längerung der Dienstzeit bei der Infanterie ohne
anderweitige Jnkonvenienz gestatten werden.
In den Jahren 1848 bis 1850 betrug die Heeres-
ffärke in Folge der außerordentlichen politischen Ver-
hältnisse 180 000 bis 200000 Mann. Es war also

eine völlig irrthümliche Behauptung des Herrn v. Ca-
privi, daß in dem unglücklichen Jahr 1850 die preu-
ßische Hceresstärke einesbesvuders geringe gewesen sei.
Eine solche geringe Hceresstärke wie diejenige, von der
Herr Caprivi sprach, hat nicht in den Zeiten der
zweijährigen, sondern in den Zeiten der dreijährigen
Dienstzeit von 1821 bis 1829 thatsächlich bestanden.
Es ist auch unrichtig, daß man in den Jahren 1848
bis 1850 mit der zweijährigen Dienstzeit schlechte
Erfahrungen gemacht habe. Allerdings hat Kaiser
Wilhelm 1. sich für die Aufrechterhaltung der drei-
jährigen Dienstzeit stets auf seine Erfahrungen im
Jahre 1849 berufen. Der verstorbene Kaiser erinnerte
sich dabei der Schwierigkeiten, welche in den damaligen
unruhigen Zeiten mehrfach die Landlvehr bei Ein-
berufungen n. s. w. zeigen. Diese Schwierigkeiten
hingen aber in keiner Weise mit der zweijährigen
Dienstzeit, sondern mit den allgemeinen politischen
Verhältnissen zusammen, mit der widerspruchsvollen,
ziellosen und theilweise rechtswidrigen Politik der
Regierung gegenüber den lebhaften Einheits- und
Freiheitsdestrebnngen des Volkes. Allerdings zeigten
sich damals Mängel in der Heeresverwaltung. Die-
selben hingen aber auch in keiner Weise init der zwei-
jährigen Dienstzeit zusammen, sondern mit der mangel-
haften Beschaffenheit des Armeematerials, des Train-
wesens, des Lazarettwesens, den unzureichenden Vor-
räthen selbst an Uniformen für Landwehr des zweiten
Aufgebots u. s. lv.
In der preußischen Volksvertretung dachte man
angesichts der Erfahrungen bei der Mobilmachung
von 1x50 so lvemg.au die Nothwendigkeit der Wieder-
einführung der dreijährigen Dienstzeit, daß in der
Budgetkommission des Abgeordnetenhauses im Jahre
1851 noch umgekehrt der Antrag gestellt wurde, der
Regierung zur Erwägung zu geben, ob nicht durch
eine kürzere als zweijährige Dienstzeit im stehenden
Heere, überhaupt durch Reduktion des stehenden Heeres
in Friedenszeitcu eine erhebliche Ersparniß herbeige-
führt werden konnte. Dieser Antrag wurde mit 9
gegen 7 Stimmen abgelchnt.
Im Jahre 1852 ging dann allerdings die Regie
rnng dazu über, eine 2'/s jährige Dienstzeit einzuführen.
Das Jnfanteriebataillon zählte im Sommer 686, im
Winter 486 Mann. Die Rekruten wurden im Frühjahr
eingestellt und die Reserven im Herbst entlassen. An-
gesichts des orientalischen Krieges erfolgte im Jahre
1854 die Rekruteneinstellung schon im Oktober und
damit die Wiederherstellung der dreijährigen Dienstzeit.
Im Oktober 1856 berief man sich für die fortgesetzte

Einstellung im Herbst auf die Neuenburger Angelegen-
heit und die Verwicklungen mit der Schweiz. Nicht
„gesetzlich" ist die dresiährige Dienstzeit, wie General
Vogel von Falkenstein erzählte, im Jahre 1857 wieder-
herstellt worden, sondern nur thatsächlich. Gesetzlich
war die dreijährige Dienstzeit in der Zwischenzeit
niemals aufgehoben gewesen.
General Vogel von Falckenstein hat sich in seiner
Rede gegen die zweijährige Dienstzeit sodann berufen
auf die militärischen Erfahrungen, welche Süd-
dentschland im Jahre 186«, gemacht habe. Es
habe in Süddentschland damals nicht an Muth und
Vaterlandsliebe, wohl aber an folchen Soldaten ge-
fehlt, welche eine dreijährige Dienstzeit durchgemacht
haben. In Süddentschland hat vor 1866 aber
nicht eine zweijähige Dienstzeit bestanden, sondern
für einzelne Kategorien eine bis sechsjährige Dienst-
zeit, für andere eine kaum einjährige. So dienten in
Württemberg die Infanteristen 9—18 Monate, in
Hannover betrug die Dienstzeit 21 Monate, in Olden-
burg 15 Monate, in Sachsen 15 Monate u. s. w.
Daß auch die kürzere Dienstzeit in den anßerpreußischen
Kontingenten kein Hindernis; war für militärische Er-
folge, haben die Jahre 1870 71 bewiesen, denn die
große Mehrzahl der Mannschaften aus der Reserve
und Landwehr der damaligen Kontingente war vor
1867 mit kürzerer Dienstzeit ausgebildet worden.
Daß die preußischen Heere 1866 überlegen waren,
beruhte auch gar nichk auf der Dienstzeit, sondern
auf ihrer besseren Bewaffnung, auf der allgemeinen
Wehrpflicht, — bei den andern Kontingenten herrschte
bis dahin die Stellvertretung — und auf der einheit-
lichen überlegenen zielbewußten Führung.
Es ist aber überhaupt ein Jrrthum, zu glauben,
daß die siegreichen preußischen Heere von 1866 und
1870 durchweg eine dreijährige Dienstzeit durchze-
macht hatten. Ebenso Ivie unmittelbar vor dem
Kriege von 1866 wurde es vor dem großen Kriege
von 1870 gehalten. Die Einstellung der Rekruren
von l868 fand erst am 2. Januar 1869, diejenige
der Rekruten von 1869 am 16. Dezember 1869 statt.
Die Entlassung der Reserven fand im Jahre 1867 schon
am 31. Juli statt. Also gerade die siegreichen Fuß-
truppen in den Kriegen von 1866 u. 1870/71 haben
nur eine Dienstzeit hinter sich gehabt, die eher hinter
zwe Jahren zurückblieb, als diese Zeit überstieg.
Sv blieb es auch noch bis 1874. Die Rekruten,
wurden in dieser Zeit zwischen Mitte November und
Mitte Dezember eingestellt. Erst nachdem au Stelle
des Militärpauschquavtums das erste Septennat von
werden itm uud seine Familie vernichten, und er soll fühlen,
daß er zu früh triumphirte"
„Onkel, o Onkel! Papa ist unschuldig," rief Giralda,
seine Kniee umschlingend. „Habe Erbarmen mit ihm, mit
Mama, meinen armen Brüdern!"
„Nichts mehr davon, Mädchen/' entgegnete der alte
Mann rauh „Ich liebte Dich, und Du betrogest mich.
Ich hätte das missen können, denn Du hast seine Augen!
Hinweg, Mädchen! Ich kann Deinen Anblick nicht ertragen.
Verlaß auf der Stelle mein Haus!"
, „Herr Marquis," sagte Giralda fick aufrichtend in
gebieterischem Ton, „Sie haben meinem Papa grausames
Unrecht qethan, wie Sie mir jetzt Unrecht thun! Indem
Sie mich fortschicken, entfernen Sie das einzige Wesen von
ihrer Seite, das mit wärmster Liebe an Ihnen 1. t.
Trotz Ihrer Borurtheile und Ihrer Rachsucht liebe -ch
Sie auch jetzt noch. Wenn Sie jemals meiner bet : n,
werde ich zu Ihnen kommen. Dieser Mann," und sie
deutete auf Ormond, „war Ihr böser Genius! Er »...res,
der den Plan zu Papa's Verderben ersann! Er war es,
der mich von der ersten Minute an. in der er mick sah,
verfolgte! Eines Tages werden sie die Wahrheit erk nen,
wird die Gerechtigkeit triumphiren, utid die Bosheit be-
straft werden! Wenn es nur gelungen sein wird, Papa's
Unschuld und Lord Ocmond's Schuld zu enthüllen, werden
wir uns Wiedersehen! Bisher dahin leben Sie wohl.
Sie wendete sich ab und verschwand im Schatten wie
ein körperloser Geist.
Der Marquis erwachte aus der kurzen Erstarrung,
in die er versunken war, und aller Beschuldigungen Or-
mond's, seines Hasses gegen Gottfried vergessend, und
der Liebe zu dem Mädchen gedenkend, breitete er seine
Arme aus, und rief in der Angst seiner sturmdurchwüdlten
Seele: „Giralda, o, mein Liebling, komm' zurück, komm'
zurück."
Fortsetzung folgt.

Treuer Kiede Kohn.
88 Roman von U. Rosen
(Stachdr. verb^)
„Gottfried rst verheiraihet und Hst Familie," fuhr Or-
mond fort „Wenn Du ihn selbst auch der verdienten
Strafe überantwortest, darfst Du doch seine Söhne von
der Erbfolge nicht ausschließen- Du stehst, wie schlau er
Djck überlistet hak. Aber auch gegen eine etwaige Ver-
haftung traf er Vorllhrungen, und ein anderer fein aus-
gesonnener Plan gegen Dich bleibt noch zu enthüllen "
„Welcher Plan ?" fragte der Marquis mit gebrochener
Stimme.
„Er Kat eine schöne, liebliche und kluge Tochter, mit
deren Hilfe er Dich vollständig zu bethören —"
Giralda unterbrach den Bösewicht mit einem Schmer-
zensschrei.
„Nock ist cs nicht zu spät," flüsterte Ormond. „Ver-
sprechen Sie mir, die Meine zu werden, Giraloa, und ich
rette Sic und Ihren Vater.
„Unmöglich!" stöhnte sie.
„Wie ich Dir sagte, Onkel," fuhr Ormond grinsend
fort. „Gottfried hat eine Tochter, so schön und klug wie
eine Sirene, so unschuldig und harmlos aussehend, wie
eine Taube. Dieses Mädchen scllte sich Dir in's Herz
stehlen, Dir Deen Geld abschmeicheln, Dich mit ihm ver-
söhnen, und feiste und seiner Familie Ausnahme in dieses
Schloß bcwirken. Der Zufall begünstigte ihn. Du suchtest
durch die Zeitungen eine Vorleserin, und sie wurde Dir,
sorgfältig vorbreitet und mit einer einstudirten, kläglichen
Geschichte zugeschickt."
„Er lügt, Mylord!" tief Giralda mit todesbleichem
Gesicht dazwischen. „O, Onkel, glaube mir, er lügt!" Ihre
Hände sichend erhoben, warf sie sich vor dem alten Manne
Nieder.
„Sich' auf mein Kind," sagte er gütig. „Was weißt
Du von allen diesen Dingen? Niemand soll Dir etwas
LU Leide thun."
.Wie würdeGottsricd über diese Versicherung lachen,"

böhntc Ormond. „Wie vollständig bist Du das Opfer der
Künste dieser Heuchlerin geworden. Du hast sie an Dein
Herz genommen, hast sie zur Herrin Deines Hauses ge-
macht —"
„Wen?"
..Gottfried Trewor's Tochter, dieses Mädchen zu Dei-
nen Füßen."
Der Marquis schaute auf die Knieende nieder. Ihr
bleiches Gesicht schimmerte im Zwielicht wie das einer
Todten. Ihre Augen blickten angstvoll zu ihm aus, die
schönen blauen Augen, die denen Gottfried's so ähnlich
waren, und die Wabrheil ging ihm Plötzlich auf! Er sah
nicht mehr ihre unschuldigen Züge, er sah nur die Augen-
sterne, die denen des verhaßten Mannes so wunderbar
glichen.
„Ah, ich bin betrogen worden!" zischte er. „Zum
zweiten Male betrogen worden! Und ich hielt sie so un-
schuldig wie einen Engel. O, sie ist noch schlimmer wie
ihr Vater, sie trat mich noch grausamer in's Herz."
„Onkel! Onkel!" rief Giralda in wilder Verzweiflung-
„Papa ist unschuldig. O, vergieb ihm! Ec schickte
mich nicht hierher und erst in London erfuhr ich, daß Papa
Gottfried Trewor, und ich in Wirklichkeit Deine Nichte
sei. Papa hat Dir nie, nie etwas zu Leide gsthan, er
liebte und verehrte Dich wie einen Vater."
„Sie gesteht cs ein, daß sie Gottfried's Tochter ist,"
murmelte der Marquis.
„Ja, Onkel, sie ist es," bemerkte Ormond mit Bitter-
keit. „Ihre Augen erweckten meinen Verdacht, und ich nahm
einen Detektiven in meine Dienste, dem Geheimniß dieses
Mädchens nachzuspüren. Ich entdeckte Alles. Gottfried
lebt, um mich zum Bettler zu machen. In meiner Ver-
zweiflung, u. um mich vor dem Untergang zu retten, wollte
ich seine Tochter heirathen In dem Bewußtsein, Dich zu
beherrschen, wies sie mich stolz zurück."
In der Tieke seines eigenes Jammers dachte der
Marquis weniger streng über das böse Treiben seines
Neffen. „Sage nichts weiter, Eduard," grollte er. „Wir
werden uns zu Gottfried's Verfolgung verbünden. Wir
 
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