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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 91 - Nr. 100 (23. April - 3. Mai)
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scheint täglich mtt LsSnahmr der Sou«-ll. Feiertage. t-ß-'L er r < Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum 10
^»«e»ent»preis mir dem »öchrntlichellUrtterhawmgs- n list' lß» rkliiPfl St ; si ssi I ckft .MssMl Reklame 25^. Für hiesige Geschäfts-und Privat- /
^„D erSonntagSbote" für Heidelberg monatlich 56 H f d ll/lilDl/lili anzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt-
^rSgerlohu, durch die Post bezog«: Viertels.^1.80 franco. bewrlligung. Expedition: Zwingerstratze 7.

1890.

R

Berantwvrtl. Redakear: F. L. Knappe
m Heidelberg.

Drucku.VerlagvonGrbr.Huber inHeidelberg i
früher Verleger des Pfälzer Boten.


Kl) Treuer Liebe Lohn.
Roman von U. Rosen
. (N-iddr. Verb.)
.Luft seinem Zimmer schien ihm erstickend. Er
L^ken s Freie, um im Garten frische Luft und Ein»
k^ban^ suchen. Seinem Kammerdiener, dem er in der
ue begegnet war, hatte er gewinkt, ihm zu folgen.
> ^gelegene Laube bot ihm ein geeignetes Versteck.
ist geschehen, Mylord?" fragte der Diener, er-
'hkn „ " das verzerrte Gesicht seines Herrn blickend. „Sie
.. M wie der Tod."
fühle mich auch wie ein Sterbender. Setze Dick
?>r c,' Und höre, was ich Dir zu sagen habe. Hier haben
„"d Huscher nicht zu fürchien, da Giralda ausgeritten ist,
'cht ihr Niemand den Garten betritt. Wie weit
: N^ue Ergebenheit für mich, Negun?"
^4)tk V weit als Ihre Börse reicht, gnädiger Herr,"
r. Diener.
^sser s?!.vnd runzelte die Stirn „Du tolltest Deine Worte
>n ^en," bemerkte er kühl. „Du und ich, mein
ÄUek„',.wir müssen zusammen schwimmen, oder zusammen
d^Uin^n. Ohne mich versinkst Du in Armuth und
> vhsxw. Halte Dich an mich als Deine einzige Rettungs-
»ehe mir bei der Ausführung meiner Pläne treu
„-vv, und jch werde Dich zum reichen Manne machen."
-Nd^brstehe Sie nicht, Mylord," stammelte der Diener.
„ ? Ev vernimm denn, Gottfried Trewor lebt noch "
„Z. ^"sprang bleich und erschrocken von seinem Sitz
Mdjn.^r.lebt?" stieß er hervor. Ist er zurückgekehrt,
"«»u^-Herr? Ist er hier? Ist die wahre Sachlage
tz^/Eein, sttz> Dich nur wieder. Er lebt in England,
r verbiß , uicht wagen nach Schloß Trewor zu kommen,
«v ly-Lfüt nch unter angenommenem Namen "
^vnd, nahm nachdenklich seinen Platz wieder ein.
-> s' was in der Seele des Burschen vorging.
Ke erk>!?wst Dich nicht erkühnen, mich zu verrathen,"
ii^.LotN "Du darfst nicht daran denken, unser Geheim-
bo, "r^wor oder meinem Vetter zu verkaufen! Zu-
°ahle ich Dir für für Dein Schweigen mehr, als

* lichedmz Sks PkicknMnMztziskliks.
. Zum zweitenmal ist nun seit Bismarcks Abdankung
Fall eingetreten, daß der Bundesrath einem vom
?>chstag einstimmig oder fast einstimmig angenommenen,
der Initiative der Parteien hervorgegangenen Ge-
^titwnrse seine Zustimmung gegeben bat. Der
Fall betraf den freisinnigen Gesetzentwurf über
Einschränkung der Militärgerichtsbarkeit, der zweite
vom Führer der deutschen Centrumspartei, dem
Windthorst, eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
p affend die Aufhebung des Gesetzes über die Ver-
^derung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern
4. Mai 1874, des sogenannten Expatriirungsge-
kks. Der Bundesrath hat dem diesbezüglichen Be-
flisse des Reichstages am Donnerstag seine Zu-
^Lwung ertheilt und dadurch endgiltig ein Gesetz
^itigt, welches die Regierung seither ermächtigte,
j E wegen Zuwiderhandlung gegen kirchenpolitische Ge-
abgesetzten oder in Untersuchung befindlichen Geist-
einzusperren, des Landes zu verweisen, ja sogar
Staatsbürgerrechts sür rerlustig zu erklären. Non
Gesetze ist in jener Zeit, als der Kwtnrkampf
i?iig tobte und unzählige Gewaltthaten eines ver-
^stichen und sinnlosen Regiments das kath. Volk
«.^tschland mächtig erregten, ein weitgehender Gebrauch
^Wcht worden.
h Die Verhandlung des Reichstages über das nun-
, dv aufgehobene Gesetz hat am 12. Dezember vori-
Jahres stattgefunden, und Redner aller Parteien
^.4rten damals ihre Uebereinstimmung mit dem
tz ^dthorst'schen Anträge, der, aus den Reihen des
sffirums kräftig unterstützt und energisch gefördert,
nachhaltige Einwirkung nicht verfehlte. Die Re-
^vng ließ sich, wie dies bei den Verhandlungen
Jnitiativan rage <d. s. solche, welche nicht von
^egierm a, sondern von Abgeordneten ausgehen)
h Er Fürsten Bismarck üblich war, nicht ver-
En, obwohl sie sich bei früheren Berathungen des
fu Eags stets in heftigster Weife gegen denselben er-
Sie mußte sich wohl, wie der Abg. Richter
^/Efiend bemerkte, eines Bessern besonnen und über-
haben.
im Jahre 1882 das Ceutrum zum ersten Mal
^Antrag auf Aufhebung dieses Maigesetzes stellte,
lj^ sie bei den andern Parteien nur wenig Gegen-
sch d- ebenso im Dezember 1884, obwohl man sich da
etwas geneigter zeigte. Die letzte Partei, die
Jahre 1889 für die Aufrechterhaltung des
eintrat, war die na tion a l lib era l e Par-

tei, aus deren Reihen die letzte Rede für das unsin-
nige Gesetz der Abg. Hobrecht gehalten hat. Als vor
einigen Jahren eine Anzahl Konservativer für die Auf-
hebung des Gesetzes im Reichstage stimmte, nahm dies
Fürst Bismarck gewaltig übel; man wird sich noch
erinnern der de- und wehmüthigen Abbitte, welche der
jetzige Regierungspräsident Abg. v. Heydebrand in
Betreff seiner Abstimmung leistete.' Fürst Bismarck
zählte dieses Gesetz zu dem Rüstzeug, das mau auch
im Falle des Nichtgebrauchs auf dem Fechtboden auf-
bewahren müsse für späterhin mögliche Kämpfe gegen
die Kirche und deren pflichttreuesten Diener.
Mit Freuden begrüßen wir die Vernichtung dieser
gegen überzeugungstreue Staatsbürger im Rausche des
Größenwahns geschmiedeten Waffe. Ist ihre Beseiti-
gung auch nichts mehr und nichts weniger als ein
Akt purer Gerechtigkeit, so läßt sich doch daraus schlie-
ßen, daß man in Regierungskreisen nicht allein billi-
ger denkt, sondern auch vor dem überzengungstreueu
Auftreten und starren Festhaltens des Centrums an
seinen einmal sür Recht gehaltenen Forderungen nach-
gerade Achtung bekommen hat. Wahrscheinlich hebt
sich auch in Baden bald wieder ein srifcherer Wind
und demolirt die auf Saud gebauten freimaurerischen
Bollwerke des nationalliberalen Regimes.

Deutsches Reich.
-t-> Berlin, 27. April. Die Wogen der Arbeiter-
bewegung gehen immer höher, von allen Seiten lau-
fen Berichte über Beschlüsse von Arbeitern und Ar-
beitgebern ein und dienen nur dazu, die Gegensätze
noch mehr zu verschärfen. Unsere Ansicht ist es, daß
die Arbeitgeber einen verhüngnißvollcu Fehler begehen,
wenn sie sich in so scharfer Weise, w« cs bisher gesche-
hen ist, gegen dell „Feiertag" am 1. Mai aussprechen.
Die unbesonnenen Heißsporne der sozialdemokratischen
Partei halten sie von unbedachten Handlungen und
Kundgebungen trotzdem nicht zurück, und die ruhigeren,
besonnenen Arbeiter, welche sonst vielleicht gearbeitet
hätten, werden durch die rüden Beschlüsse der Unter-
nehmer unuöthigerweese dadurch, daß mau sie an ihre
Abhängigkeit erinnert, aufgestachelt und feiern vielleicht
gerade deswegen, um zu zeigen, daß sie auch Herr
ihrer Entschließungen sind. In mehreren hiesigen
Fabriken hörte das Personal ganz oder theilweise zu
arbeiten auf, weil eine Discipliniruug wegen Feierns
des 1. Mai in Aussicht gestellt war. Das soziali-
stische „NolkSblatt" fordert zur Ruhe auf. Die Ar-
beiter sollten sich nicht zu ferneren Arbeitseinstellungen
hinreißen lassen. — Die Sch wein eeiu suh r nach
lene Dir sür Dem Gesiändniß gtben würden, sodann bin
ich nicht der Mann, der sich ungestraft verrathen läßt "
„Die Absicht, Sie zu verrathen, Mylord, habe ich
nicht," entgegnete der Diener zitternd. „Thun Sie an nur,
was recht ist, und ich werde allezeit Ihr treuer Bundesge-
nosse bleiben, Mylord."
„Verlasse Dich auf mich, Negun. Meine Pläne sind
noch nicht völlig gereist, sie müssen erst gehörig erwogen
werden, ehe ich zu ihrer Ausführung schrecke. Ich habe
vor wenigen Minuten die Entdeckung gemacht, daß Gott-
fried lebt, und bin vorläufig zu tieferschüttert, um Ernstes
vorzunchmen."
„Auf welche Weise gelangten Sie zu der Entdeckung,
gnädiger Herr?" forschte der Diener, sich von seinem
Schrecken erholend.
„Ich las einen Brief, der nickt sür mich bestimmt war,"
erklärte Ormond. „Von wem? Du kannst es nicht er-
raihcn? Diese Giratda Arevalo, die Lord Trewor als
seine Nichte adoptirte, diese geheimnißvolle Fremde, die
eine so merkwürdige Verwandlung in dem Wesen des alten
Mannes hcrvorgebrackt hat, — ist die Tochter meines
Vetters Gottfried Trewor."
„Die Tochter Gottfried Trewor's?" stöhnte der Diener.
„Ich hätte cs eigentlich wissen sollen. Sie hat die Augen
ihres Vaters. Aber was will sie hier? Weshalb wagte
sie sich m den Rachen des Löwen, gnädiger Herr?"
„Sie kam hierher, um ihren Vater von dem Verdacht
zu befreien, der auf ihm lastet, und seinen Namen verun-
glimpft. Sic kam hierher, sich in das Herz des alten
Mannes zu stehlen und ihm seine Ersparnisse abzulocken,
und endlich kam sie hierher, ihres Vaters Feinde zu ent-
decken und sie der verdienten Strafe auszuliefern."
Der Diener erbebte bis in die Tiefen seiner feigen
Seele. „Und was wollen Sie thun, die Gefahr abzu-
wenden ?" erkundigte er sich. „Wollen Sie dem Marquis
offenbaren, wer sie ick, damit er sie zu Hause hinauswerfe?"
„Ich denke nicht daran, Negun. Das Mädchen soll
einfach meine Frau werden."
„Ihre Frau, gnädiger Herr! Unmöglich!"
„O, nichts ist unmöglich, Freund- Ich habe den wahren

Zittau und Chemnitz wurde genehmigt. - - Die Reichs-
einnahmen des Etatsjahres 1889 90 ergeben gegen
den Voranschlag Mehrerträge, und zwar an Zöllen
M. 78,239,381, an der Tabaksteuer M. 196,579, an
der Znckerstcuer M. 786,590, an der Salzsteuer
M. 418,048, an der Brausteuer M. 3,791,397, an
Reichsstempelabgaben M. 13,929,558, Börsensteuer
M. 11,951,707, an der Privatlvtteriestempelsteuer
M. 1,908,826. Mindererträge weisen auf die Brannt-
wein-Materialsteuer M. 7,686,219, die Branntwein-
Verbrauchsabgabe M. 18,734,825. — Die Kreuz-
zeitung veröffentlicht einen Auszug aus einer sensatio-
, nellen mil itärischen Flugschri ft, worin dem
Fürsten Bismarck vorgeworfen wird, daß er den
richtigen Zeitpunkt zu einem neuen Kriege gegen Frank-
reich vorübergehen ließ, nm später die ganze deutsche
Streitmacht gegen Rußland wenden zu können. Der
letzte richtige Zeitpunkt sei anfangs 1887 gewesen, wo
der Kronprinz und Graf Moltke einem kriegerischen
Vorgehen znstimmten. — Die konservative Fraktion
des Abgeordnetenhauses beschloß, dem Sperrgelder-
Entwurf zuzustimmen, dagegen aber auch eine baldige
Dotation der evangel. Kirche zu verlangen. — Ter
bekannte frühere Sozialdemokrat nnd Stadtverordnete
Fritz Görcki wurde heute wegen Untreue undWech-
selfälschnng zu 1 Jahr und 3 Monaten Gesängniß.
verurtheilt.
Berlin, 26. April. Aus Ostafrika liegen
heute verschiedene Nachrichten vor. Die Times meldet
aus Lamu: Deutsche — wahrscheinlich Mitgliederder
Borchert'schen Expedition — hätten am Kenia eine
Station angelegt und das umliegende Land in aller
Form erworben. — Emin Pascha ist mit 600 Trä-
gern, fünf deutschen Offizieren und einer großen Zahl
nnbischer Soldaten aus Bagamoyo in das Innere
abmarschirt. — Stockes wird mit über 2000 Trägern
Ende April in Bogamoyo erwartet. Dr. Felkin in
Edinbnrg erhielt einen Brief Emins, in welchem der-
selbe sich auf einen früheren Brief bezieht, den aber
Felkin nie erhalten hat. Felkin beklagt sich darüber,
daß seit sechs Monaten Briefschaften aus Ostafrika
erbrochen oder unterschlagen würden. Emin Pascha
schrieb auch einen Brief an seine in Neisse lebende
Schwester, ans dem hervorgeht, daß seine Gesundheit
gut ist. Von seinem A ugenleiden sagt er kein
Wort. Alle bisherigen Mittheil nngen über dasselbe
sind augenscheinlich übertrieben. Der Brief selbst ist
vorzüglich geschrieben.
* Mainz, 26. April. Abg. Rackö dementirt alle
Zeitungsnachrichten über die Gründe seines Austritts
Stand der Dinqe noch rechtzeitig entdeckt, während sie mich
noch Alle im Dunkeln tastend wähnen. Sie warten auf
Lord Trewor's Tod, um dann ihre Mine springen zu
lassen, aber sie sollen sich getäuscht haben. Die Güter
meines Onkes müssen trotz alledem mein werden, Negun."
„Aber, gnädiger Herr, wenn Gottfried Trewor eine
Tochter besitzt, mag er auch Söhne haben."
„Ja, er hat zwei Söhne." bemerkte Ormond kühl.
„Was gewinnen Sie also durch die Heirath mit dem
Mädchen?"
„Der Fall liegt folgendermaßen, Negun. Ich sehe eine
fürstliche Besitzung, eine hohe, einflußreiche Stellung vor
mir. Bis heute Morgen zweifelte ich nicht daran, sie in
Kurzem mein zu nennen. Nützlich jede ich zwei oder drei
Personen vor mir, die dem Ziele näher stehen, a's ich.
Soll ich es nun aufgeben, mich besiegt und geschlagen zu-
rückziehen ? Nein, guter Freund. Ich lege ihnen Schlingen
und beseitige sie aus meinem Pfade. Verstehst Du mich
nun, Negun?"
„Ja, gnädiger Herr," flüsterte der Diener.
„Du siebst mich entsetzt an, mein Junge. Und doch
ist die Sache nickt so schrecklich. Ich denke, die beiden
Knaben ahnen nichts von ihrem wirklichen Namen, wie
ich aus einer Andeutung in jenem Briefe schließe. Wie
leicht also, sie nach einem anderen Welttheil einzuschiffen?
Wie leicht, Gottfried Trewor zur Auswanderung nach
einem Ort zu bewegen, wo man nie wieder von ihm
hört? Das Uebriae ist daun eine Kleinigkeit."
„Der Plan ist gut," erklärte der Diener wieder Muth
fassend, „und ich werde mit Herz und Seele zu Ihnen
stehen. So lange Sie nicht an Mord denken, will ich gern
mit Ihnen arbeiten, gnädiger Herr."
Ormond lächelte schlau. Ec kannte seinen Mann und
wußte, daß Gold ihn zu Allem verlockte. Sie waren durch
zu viele Bande gegenseitiger Schurkerei mit eftiander ver-
bunden, um so leicht von einander getrennt zu werden
„Du verpflichtest Dich also," sagte er, „mir in der Beseiti-
gung aller Hinternisse beizustehen, und wenn ich der
unbestrittene Herr hier bin, sollst Du Deine Belohnung
selber nennen." (Forts, f.)
 
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