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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 21 - Nr. 30 (26. Januar - 6. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42837#0113

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Organ für Aalürlml, FreUeri ä: KeM.

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Hb N. Hkidkitm, Aaßq, ki 4 Kbmi.

Drucku.Verlag vonGebr. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.


°Kn Sc» ÄsiWti -kl sWlißfschtit HwWU.

Nach dem Tode Ferdinand Lassalles suchte
Fürst Bismarck die Arbeiter zu sich herüberzuziehen,
indem er in der Richtung der Pläne Lassalles Prv-
duktivgenossenschasten mit Staatsunterstützung begün-
stigen wollte. Ferdinand Lassalle aber war von Nie-
mand schärfer bekämpft worden, als gerade von
Schulze-Delitzsch, der die Selbsthilfe der Staats-
hitse gegenüberstellte. Gleichwohl wurde Schulze-
Delitzsch 1865 nicht zu der Kommission berufen, die
Fürst Bismarck zusammentreten ließ zur Erörterung
der Arbeiterfragen, namentlich der Erweiterung des
Koalitionsrcchts. Die nene von Poschinger veröffent-
lichte Sammlung von Aktenstücken (vergl. Nr. 27 d.
Bad. Vlksb.) enthält auch den Brief des Fürsten Bis-
marck vom 16. August 1865, worin der Kanzler sich
gegen k den Vorschlag des Handelsministers Grafen
Jtzenplitz erklärt, Schulze-Delitzsch als Mitglied der
Kommission über die Arbeiterfragen znznziehen.
Schulze-Delitzsch's ganze agitatorische Wirksamkeit, so
schreibt Fürst Bismarck, sei überwiegend darauf ge-
richtet, politischen Einfluß auf die Arbeiter und Hand-
werker zu gewinnen, um die Fortschrittspartei gegen die
Negierung zu verstärken. „Es scheint mir unserem
Interesse mehr zuzusagen, gerade durch die bevorste-
henden Berathungen zu konstatiren, daß der Beirath
Schulze's für die Lösung der in Rede stehenden Fra-
gen entbehrt werden kann."

Weiterhin wird in der Sammlung veröffentlicht
ein Auszug aus einer Denkschrift des Fürsten
Bismarck vom 24. August 1865, in welcher er sich
im Sinne der Lassalleschen Pläne für eine Unter-
stützung von Pro d u ktiv ge nv ff e nscha ft en
mit Staatsunterstützung im Gegensatz zu dem übrigen
Staatsministerium erklärt. In der Richtung dieser
Denkschrift finden wir in der Sammlung alsdann
Mehrere Anträge des Fürsten Bismarck bei dem Han-
delsministerium, vorhandene Produktivassoziationen
«ns politischen Gründen mit Darlehen zu unterstützen.
So wird ein Darlehen für eine Petrische Assoziation
Berliner Stnhlarbeiter auch damit befürwortet, daß
diese unter den Augen von Schulze-Delitzsch entwi-
ckelte Agitation sich von demselben abgewant t und sich
der Regierung genähert habe. Aus diesem Grunde
dürfte die von der qu. Assoziation ausgestreckte Hand
von der Regierung nicht ganz zurückzuweisen sein.
Der Wunsch Bismarck's scheiterte jedoch an dem Be-
denken des Finanzministers gegen eine derartige Ver-
wendung von Staatsgeldern. Schade ist es, daß
KöHerrlrrft.

Bon Lary Sroß

(Kkchdr. Verb.)

^4) (Schluß.)
Jetzt zeigte sich unter der rebenumrankten Balkonthüre
ft» liebliches Bild, das Alfreds Auge nicht minder ent-
ftckte, als vorher der Gesang sein Ohr: Raimonda, noch
w höherer Schönheit strahlend, als damals in Paris; der
Rurige Ausdruck des dunklen Auges war geschwunden
»»d ein Strahl des Glückes verschönerte es, wie sie auf das
Redliche Kind blickte, das die Händchen nach ihren blonden
packen streckte und lieblich lächelte, wenn es sie erhaschen
wnnte.
Nun gewahrte Raimvnda ihren Gatten. „Was thust
Alfred!" rief sie überrascht. „Warum kommst Du nicht
»erouf? Margaretha und ich erwarten Dich längst!"
„ »Ich hörte Dir zu, und nun betrachte ich Dich auf der
-vohe ha oben- Es ist bestimmt, daß Du mir gar oft so
Mischen Himmel und Erde gestellt erscheinst. Aber das
^vppelbild von heute ist mir doch das liebste."
... „So komm herauf. Es ist jedenfalls leichter, hier her-
M zu gelangen, als irgend wo anders."
. Alfred eilte über die kleine Wendeltreppe auf den Bal-
^ft zur geliebten Gattin. „Und diese Ersteigung Deiner
.ftöhe ist unendlich lohnender, als jede andere," ergänzte er
s?ft» Satz. „Hier hole ich mir tun Kuß wirklich, den Du
As sonst verweigertest." Er hielt Raimonda umschlungen,
Ehrend die Kleine jubelnd die Händchen ihm entgegen-
wecktx
Raimonda lehnte, plötzlich erblassend, mit leisem Beben
" seiner Schulter.
„Was hast Du?" fragte er, ihr besorgt ins Angc-
wt blickend.
L. „Deine Worte erweckten plötzlich allzu lebhaft eine
kftnnerung, diente vor mir aufsteigt, ohne mich erschauern
U Wachen In angstvollen Träumen sehe ich bisweilen,
Dein Fuß von der Felsklippe gleitet und Du in die
"K stürzest."
"3a, aber da» Erwachen war beglückend; denn Du

keine Aktenstücke veröffentlicht werden über die seitens
des Fürsten Bismarck veranlaßte Unterstützung
der Webergenossenschaft des Lassalle-
aners Florean Paul im Jahre 1865 aus der
königl. Schatulle. Diese Unterstützung ist ganz be-
sonders stets von den Sozialisten als ein Beweis für
die Vortrefflichkeit dieser Sache in Versammlungen
angeführt worden. Auch weiter suchte Fürst Bis-
marck durch Staatsunterstützung von Genossenschaften
den Beweis zu führen, daß die Grundsätze von Schnlze-
Detitzsch falsch seien. So wird veröffentlicht ein Schrei-
ben vom 2. März 1866, in welchem Fürst Bismarck
dem Generaldirektor von Hülsen in Merseburg mit-
theilt, daß sich aus Anlaß einer Uuterstntznngsfrage,
betr. die Schneider-Ass Nation in Halle herausgestelli
hat, daß eine auf den Prinzipien von Schulze-Delitzsch
gegründete Assoziation nicht lebensfähig ist und dies
nur durch Zutritt der Regierung und eine leitende
Aufsicht möglicher Weise werden kann. Auch der fa-
mosen Schusterschen Gewerbebank, welche im Frühjahr
1866 unter der Firma „Berliner Vorschußbank ge-
gründet werden sollte, wandte Fürst Bismarck sein
lebhaftes Interesse zu, wie aus einem Schreiben des-
selben an den Handelsminister vom 21. März 1866
hervorgeht.
Ilcbkl k« Mimh kr dcHimilbc» K-
vcktm
erhält die „Köln. Volksztg." aus Porto Alegre einen
anschaulichen Bericht, dem wir Folgendes entnehmen:
„Das Militär nahm im brasilianischen Kaiserreich
die erste Stelle ein, obwohl die Mannschaften desselben
sich aus der Hefe des Volks rekrntiren. Von Eid-
schwur, Fahnentreue und Staudesehre hat der brasi-
lianische gemeine Soldat durchschnittlich auch nicht
einmal eine blasse Ahnung. Nur an die Offiziere
kann man einigermaßen den europäischen Maßstab
legen. Sie sind gut gebildet und müssen durch scharfe
Prüfuugen hindurchgehen, sind dafür aber auch herr-
lich besoldet. Der Regierung gegenüber suchten sie
eine gänzlich unabhängige Stellung zu bewahren, es
sind Fälle bekannt, in denen sich höhere Offiziere den
Befehlen der Regierung nnter Berufung auf ihre Ka-
meraden direkt widersetzten. Auch Deodoro da Fon-
feka gehörte zu diesen unbotmäßigen nnd dazu für re-
publikanische Ideen schwärmenden Offizieren. Es war
am 14. Nvv. nach 11 Uhr, fast Mitternacht. Der
General befand sich krank ans seinem Lager und ließ
sich Senfpflaster auflegen, um etwas Linderung in
knietest neben mir und ich konnte die alte Erinnerung
nicht leid sein, Raimonda, da das überstandene Weh den
festen Grund unseres Glückes bildete."
Und die Gattin inniger noch an sich ziehend, wies er
hinaus auf die leuchtende Ferne und auf das dämmernde
Thal zu ihren Füßen.
„Denke dagegen jener anderen Höhe, wo ich Dir mei-
nen höchsten Wunsch offenbarte, und sieh, wie wunderbar
er erfüllt wurde. Stehe ich nicht mit Dir hoch über einer
Welt, deren wir nicht zu unserem Glücke bedürfen? Weiß
ich nicht sicher, daß wir zwei uns immer und ewig gnge-
hören? Atlnnet neben Dir meine Seele nicht eine ebenso
reine Luft der Höhe, wie die ist, welche jetzt Deine liebe
Stirne umspielt und meine Brust gesunden lceß ?
Jene Höhenluft aber, die unser Glück ausmackt, sie
entstammt wie alles Schöne dem Himmel, der sich so
leuchtend über uns wölbt und uns verheißend zuruft, daß
wahre Liebe ewig ist, wie er selbst "

Ä» M», m.KIsMMttftWMnck
Nach dem Rollmino Kslesiano erzählt von einem
2) Saleüamschen Mitarbeiter.
In diesen 7 Stunden kamen sehr viele Personen jeden
Ranges und jeder Stellung zur Audienz, und auch die zu-
letzt Gekommenen, aber Don Bosco kam nie an die Reihe.
D^e Sache schien so schmerzlich bitter, daß zuletzt die Be-
dienten Mitleid um ihn fühlten. Endlich, vielleicht vom
Schamgefühl ergriffen, auf solche Weise einen Bürger zu
behandeln, der, wenn auch Priester, vor dem Gesetze min-
destens den übrigen gleich war, beschloß Svaventa, sich
wenigstens sehen zu lassen. An der Thüre seines Kabincts
stehend, rief er wirklich furchterregend in Blick und Stimme:
„Don Bosco .... Was haben Sie mir so dringendes zu
sogen?" Bei diesem Anblicke und Rufe sahen alle Anwe-
senden auf den armen Priester, der also erwidert e:
«Ich muß einen Augenblick mit Euer Gnaden sprechen.
„Was wollen Sie?"
„Ich möchte im Vertrauen mit Ihnen reden."

seinen Schmerzen zu haben; da pochte man an feiner
Thüre. Ein Offizier erschien mit der Meldung, die
2. Brigade habe beschlossen, sich gegen die Regierung
zu erheben, und erwarte seine Befehle. Der Marschall
antwortete, er werde, sobald der Tag anbreche, herbei
eilen. Gegen 6 Uhr Morgens hatten die aufrühreri-
schen Truppen gegenüber der Wohnung des Marschalls
Deodoro auf einem weitem Platze Aufstellung genom-
men. Jetzt erschien Deodoro in ihrer Mitte und
wurde von ihnen mit stürmischem Beifall ausgenom-
men. Von hier aus führte er nun die Truppen nacv
dem weitausgedehnten, palastähnlichen Gebäude, das
Arsenal, Kriegsministerium und Hauptkaferne zugleich
ist. Daselbst befand sich das Ministerium in Bera-
thung über die zu ergreifenden Maßregeln. Im gro-
ßen geschloffenen Hofraum standen die noch treuge-
bliebenen Bataillone, die Feuerwehr und das Polizei-
korps, auf welche die kaiserliche Regierung glaubte
unbedingt zählen zu könueu. Ta ließ ein Offizier
das große Flügelthor öffnen, und alsbald benutzte
General Deodoro diese Gelegenheit, in den Hof zu
sprengen nnd einige Worte an die daselbst befindlichen
Leute zu richten. Diese ließen ibn alsogleicb hoch-
leben, und von ihm gesührt verließen sie alle den
Hofranm. Die Mitglieder der Regierung schauten
von den Fenstern starr vor Staunen diesem Schau-
spiel zu. Dann entspann sich vom Fenster herab ein
Gespräch zwischen dem General-Adjntauten Floriano
Peixolo und Deodoro, nach dessen Beendigung Deo-
doro den Befehl gab, die Minister in Gewahrsam zu
nehmen. Einige Beamten kamen mittlerweile die
Treppen herab und ließen sich ohne Widerstand fest-
nehmen. Nur der Baron Ladario, der Mariuemini-
ster, griff,- statt sich zu ergeben, nach feinem Revolver
nnd schoß ans den ihn arretireudeu Offizier, der dem
Schuß jedoch glücklich answich, selbst 'den Revolver
zog, aber an seiner Absicht, den Marineminister nie-
derzuschießen, durch den General Deodoro gebindert
wurde, da dieser sein Pferd biitzsäuiell zwischen die
beiden Kämpfenden warf mit dem Rufe: „Nicht tödten,
nicht tödten." Nun gab der Baron Ladario eine»
andern Revolverschuß aus Deodoro selbst ab, ohne
ihn jedoch zu treffen, woraus das Wachtpiguet auf
Ladario stürzte und ihm vier Wunden beibrackte.
Nach dieser Szene stieg Deodoro in den 1. Stock
hinauf, wo er sich mit den Mitgliedern der Regierung
verständigte. Alsbald verkündete eine Salve von 21
Kanonenschüssen, daß „die Morgenröthe der Freiheit
sür Brasilien angebrochen." Während die übrigen
Minister nnter militärischer Bewachung sich in ihre
„Reden Sie nur hier- Die uns hören, sind lauter
Vertrauens Personen."
Nun sagte Don Bosco ohne diesen Akt der Unhöflich-
keit weiter zu beachten, mit lauter und vernehmlicher
Stimme:
„Signor Cavagliere ! Ich habe 500 verlassene Kinder
zu unterhalten, und in dieiein Augenblicke gebe ich sie in
Ihre Hand und bitte Sie, sür ihre Zukunft zu sorgen."
„Was sind das für Kinder?"
„Es sind arme Kinder, Waisen oder in Gefahr schwe-
bende, welche die Regierung mir Anfangs zugewiesen hat,
jetzt aber auf die Straße jagen will."
„Wo sind sie jetzt?"
„Sie sind in meinem Hause untergebracht."
„Wer unterhält sie?"
„Die Liebe einiger Wohlihäter."
„Zahlt die Regierung nichts für sie?"
„Nicht einen Pfennig."
Bei diesen kurzen, lebhaften und interessanten Fragen
und Antworten traten alle Umstehenden näher zu Don
Bosco, verwundert und begierig auf den Ausgang der
Sache. Da mußte es Spaventa in den Sinn gekommen
sein, daß er keine gute Figur spiele, wenn er in solcher
Weise einem Manne gegenüber trete, der in seinem Hause
unentgeltlich 500 Kinder des armen Volkes unterhielt, und
er hielt es für klüger ihm eine Pcivaiaudienz zu gewähren.
Er lud ihn ein, in sein Arbeitskabinet zu treten, ließ ihn
neben sich Platz nehmen und sagte dann in freundlichem
Tone:
„Ich weiß, daß Sie G"' l wirken; sagen Sie mir
also, womit kann ich Ihnen dienen; was ich thun kann,
werde ich gerne thun."
„Ich möchte unlerthämgst f.agen, erwiderte Don Bosco
nach dem Grunde der Untersuchungen, ja sogar der Ver-
folgungen, welche von der Seite der Regierung gegen mich
erhoben werden "
„Sie verfolgen doch eine Politik. . . haben einen
Geist . . . Doch bin ich nicht in der Lage, Ihnen alles zu
sagen. Es sind Dinge, die dem Minister selbst Vorbehalten
find. Darüber müßten Sie mit ihm selbst sprechen Uebri-
 
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