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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 121 - Nr. 130 (30. Mai - 11. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42837#0517

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täglich mit Ausnahme der Eowr-s. Feierrage.
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d't-m ^Der S ountagSbote" fkrHeidelberg monatlich SV
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bewilligung. Expedition: Zwingerstratze 7.

k W. NM dk« II. Zai.

Druck u. Berlag von Gcbr. Huber in Heidelberg
srüher Verleger des Pfälzer Boten.

1890.

Uk ks hsG.Hii. Umkrs Nilkkl in WM.
lFortsetzung.)
Die Sache hat aber noch ihre andere Seite. Es
ist ja nicht der Prinzregent allein, der in dieser An-
gelegenheit eine Rolle gespielt hat. Ob der Andere
sie freiwillig oder unfreiwillig gespielt hat, will ich
nicht untersuchen, und kann ich nicht entscheiden. Wir
haben in nationalliberalen Blättern lesen können, daß
die Männer des Centrums, welche die Generalver-
sammlung in München haben wollten, wie gegen die
weltliche, so auch gegen die geistliche Autorität sich
aufgelebnt hätten. Wenn in nationalliberalen Blättern
die geistliche, die kirchliche Autorität zur Sprache
kommt, und vertheidigt wird, 1mm, m. H., hat es
immer seine besondere Färbung, dann weiß man immer
von vornherein: da muß etwas faul sein. (Heiter-
keit.) Die Rolle, die der Erzbischof von München
gespielt hat, ruft uns Schmerzliches in's Gedächtnis)
zurück, welchen Einfluß Fürsten und Minister haben
auf die Besetzung der bischöflichen und erzbischöflichen
Stühle. Wenn die Kirche nicht so viel erdulden und
ertragen könnte, wie sie seit Jahrhunderten erduldet
und ertragen hat, dann hätte sie längst um jeden
Preis diese Art der Besetzung der bischöflichen Stühle,
wie sie namentlich in Bayern an der Tagesordnung
ist, in Frage stellen müssen. Man wolle uns nicht
von nationalliberaler Seite aus über das belehren,
was wir der kirchlichen Autorität schuldig sind.
Wir verehren unter allen Umständen in jedem katho-
lischen Bischof den Träger göttlicher Autorität, den
Träger eines göttlichen Hirtenamtes. Es ist aber
nicht gegen die Bescheidenheit und steht nicht im
Widerspruch mit der Ehrfurcht vor diesem Hirten-
amt wenn wir erwarten, daß dies Hirteuamt einem
Jeden gegenüber sich geltend macht, der ihm unter-
stellt ist. Und damals, als der göttliche Heiland
die Hirten der Kirche als Fürsten der Kirche
bestellt hat, hat er keinen Unterschied ge-
macht zwischen Fürsten und Unterthemen. Zu
denjenigen, welche die Hirten der Kirche zu belehren
berufen sind, gehören wir, die Unterthemen der Fürsten,
so auch die Fürsten selbst. Und es ist ja denkbar,
daß das Bedürfniß dieser oberhirtlichen Belehrung bei
Fürsten sich mehr herausstellt als bei Unterthauen.
iHeiterkeit.) Und in solchem Falle soll der praktische
Grundsatz der katholischen Seelsorge befolgt werden,
daß eben die Sorge und die Arbeit nach den Ver-
hältnissen und Bedürfnissen sich richte. Auch wenn
ein Fürst selbst die Ursache ist, daß diese oder jene

Persönlichkeit Träger eines oberhirtlichen Amtes ist,
so kann dieser Träger des oberhirtlichen Amtes damit
der Pflicht nicht entbunden sein, unter Umständen vor
den Fürsten hinzutreten, die Sache seiner Kirche zu
Vertheidigen und zu sagen: das ist so und das ist
nicht so. Ich würde es verstehen, wenn in einer
solchen Frage ein Erzbischof von München, mag ei-
heißen wie er immer will, vor den katholischen Re-
genten des Landes hintreten und sagen würde: „Majestät
sind übel berichtet, sind irrig unterrichtet über das,
was meine Katholiken wollen und erstreben. Wollen
Majestät die Gnade haben, mich darüber zu hören!,"
das würde ich verstehen, und ich würde es auch
weiter verstehen, wenn er unter Umständen aus der
königlichen Residenz zurückkäme mit dem traurigen
Bewußtsein, nichts ausgerichtet, aber mit dem frohen
Bewußtsein, eine Hirtenpflicht erfüllt zu haben.
(Beifall.) Das aber verstehe ick von einem katho-
lischen Bischof nickt, wenn er aus der Residenz zurück-
kehrt nnd meldet: So sehr ich als katholischer Bischof
sagen muß, daß gegen die katholische Generalversam-
lung nichts einzuwenden ist, so muß ich doch bitten:
Laßt es in Gottes Namen sein, denn da oben will
man's nicht haben. Das. verstehe ich nicht. (Lebhafter
Beifall.) Für uns aber, meine Herrn, liegt in solchen
Vorgängen eine Mahnung, unbeirrt um Gnade oder
Ungnade von oben den Weg weiter zu stvandeln, den
unser katholisches Gewissen, unsere katholische Ueber-
zeugung uns weist, und den die Verfassung als einen
für uns berechtigten bezeichnet. Es kann uns nur
erwünscht sein, wenn die Gnade von oben uns günstig
ist; es darf uns aber niemals irre machen, wenn sie
unseren Bestrebungen versagt bleibt, i Beifall.)
Und nun, meine Herren, komme ich auf speziell
badische Verhältnisse zu sprechen, denn auch das ge-
hört zu den Ereignissen des Jahres 1890, Ivie Re-
gierung und Kammermehrheit zu unseren Bestrebungen
sich verhalten. Ich kann mich kurz fassen; ich denke,
wenn irgend etwas dazu angethan Ivar, dem Eeu-
trumsmanue in Baden die Äugen Helle zu machen,
so waren es die Vorgänge in der zweiten badischen
Kammer während des Landtags 1889/90. Sie
sprechen deutlicher als alles Andere es aus, daß wir
von der nationalliberalen Partei, unter ihrer der-
maligen Führung, umsonst Gerechtigkeit für unsere
Bestrebungen erwartet!, daß wir Thoren Wären, wenn
wir auf das Wohlwollen der Herren an der Regie-
rungsbank bauen und vertrauen wollten. Sie mahnen
uns also dementsprechend, einzig und allein (so weit
es sich nm Hilfe von Menschen handelt) auf uns

selbst zu vertrauen. Und ich meine, wenn irgend
etwas dazu angethan war, das Vertrauen auf unsere
eigene Kraft und Leistungsfähigkeit zu erhöhen, waren
es die Ergebnisse der letzten Reichstagswahl. Es ist
nicht wahr, meine Herren, daß das Land Baden un-
widerruflich dazu verurtheilt ist, von einer national-
liberalen Kammermehrheit terrorisirt zu werden. Es
ist nicht wahr, daß es im Lande Baden unmöglich
ist, das Joch der nationalliberalen Herrschaft abzu-
schütteln. Es ist schwer, es ist nahezu unmöglich für
die Partei des Eentrnms, auf sich allein angewiesen,
aus eigener Kraft dieses Ziel zu erreichen, aber, meine
Herren, ich erblicke darin kein Unglück. Wir haben nie-
mals in unser Programm ausgenommen, im Lände
Baden herrschen zu wollen, obwohl es kein Vergehen
wäi e, wenn wir darnach strebten, denn wir wollten ja
nur gerecht herrschen. Wir haben niemals darnach ge-
trachtet; schon in Rücksicht auf die Verantwortung
wäre es mir auch gar nicht erwünscht, unter einem
ultramontanen Ministerium zu stehen. Das einzige,
was wir von Anfang ans unsere Fahne geschrieben,
lautet: Gerechtes, unbedingt gerechtes Regiment, kein
Regiment, welches arbeitet im Sinne und für die
Interessen irgend einer Partei. Und, meine Herren,
in diesem Ruf müssen Andere mit uns übereinstimmen,
wenn sie ihr eigenes Interesse waksten wollen. Wir
waren im Jahre 1881 nahe daran, das Ziel zu er-
reichen, eine antinationalliberale, eine den National-
liberalen entgegengesetzte Koaliton aller anderen
Parteien siegreich in's Leben zu rufen. Die Er-
gebnisse der letzten Reichstagswahl geben mir die
Hoffnung, daß das, was damals beinahe erreicht
wurde,-in absehbarer Zeit ganz erreicht werden kann.
Von dem Augenblick an, wo dies ermöglicht wird,
wo der Bann der nationalliberalen Herrschaft gebrochen
wird, ist auch der Anfang der Besserung unserer
Verhältnisse gekommen. Mag nackkommen was da
will, schlimmer als das vorausgegangene kann es
unmöglich werden. Wie die Führer der national-
liberalen Kammermehrheit, so bleiben auch die Herren
am Ministertische absolut unberührt von den Ergeb-
nissen der letzten direkten Wahl. Im Jahre 1881
haben -sie erleichtert und Ivie von einem Alp befreit
aufgeathmet, als nach dem ungünstigen LandtagSwahi-
ergebniß ein günstiges Reickstagswahlergebniß ge-
meldet wurde. Jetzt heißt es: Ja, Bauer, das ist
etwas anderes. Wo die Reichstagswahlen für sie
sprachen, hatten sie Bedeutung, jetzt wo sie gegen sie
sprechen, haben sie keine Bedeutung. Meine Herren!
Es muß den Eindruck machen, wie wenn die Herren

Treuer Liebe Lohn.
S7) Roman von U. Rosen
(»!«chdr. verb.1
„Ich theilte Herrn Born mit," bemerkte der Marquis,
„daß Gottfried noch lebe, sich in England aufhalte und mit
einer Schauspielerin verhcirathet sei. Diese Dame, diese
sogenannte Gräfin vonArevalo, soll er mir auffinden. See
muß ich sprechen."
Der Dektive sah nachdenklich aus, unterließ aber nicht,
Beatrice verstohlen zu beobachten, und jeden wechselnden
Ausdruck ihres Gesichtes zu prüfen und zu deuten. „Ein
Punkt ist mir in dieser Sache nicht klar," sagte er nach
einer Pause- „Arbeiten Sie, Herr Marquis, gemeinschaft-
lich mit Lord Ormond'?"
Lord Trewor blickte erstaunt aus. „Eduard Ormond
haßt Gottfried,' antwortete er, „und das rst auch bei nur
Fall- Er wünscht Giralda Trewor zu heirathen, und das
rst gegen meine Absicht, doch lebnte ich es nicht ab, mich
von ihm bei dem Suchen nach der Verschwundenen unter-
stützen zu lassen."
„Ah! verhält sich das so'? Lord Ormond beichäftigte
mich früher, im Augenblick kabe ech nichts für ihn zu thuu,
und nichts verhindert mich in Ihre Dienste zu treten, aber
nach dieser Schauspielerin zu suchen, ist nutzlos. Ich habe
schon in Lord Ormond's Antrag vergebens nach ihr ge-
forscht. Es gicbl keine solche Schauspielerin." Seine Augen
ruhten mit katzenartiger Wachsamkeit auf Beatrice.
„Sie führt auf der Bühne einen anderen Namen," rief
der Marquis.
„Euer Gnaden sind getäuscht worden. Es giebt keine
Gräfin Arevalo."
Beatrice blickte auf die Straße hinab Ihre schlanken
Finger umspannten die Lihne ihres Sissels mit krampf-
haftem Griff, ihr Profil schien sich plötzlich schärfer abzu-
zeichnen und eine erschreckende Blässe überhauchte ihre
Wangen. Dem Detektive entgingen diese Spuren innerer
Erregung und schweren Seelenkampfes nicht.
„Keine Gräfin Arevalo, behaupten Sie'?" rief der
Marquis ärgerlich. „Aber ich sah und sprach die Gräfin
selbst, und sie wollen mir sagen, daß es keine giebt'?'

„Ich will nur sagen," erklärte der Detektive langsam
u. mit eigenthümlichem Nachdruck, „daß die Gattin Gottfi ied
Trcwor's, diese sogenannten Gräfin Arevalo, niemals auf
den Brettern eines öffentlichen Theaters spielte. Die Ge-
schickte ihres Bühnenlebens ist eine Dichtung, die —"
Ec brach plötzlich ab, von dem Schimmer der Dia-
mantenspange ungezogen, die Beatrice ruhelos an ihrem
Arm hin und her schob. Born hatte diese stumme Sprache
richtig verstanden und wußte, daß die Tochter des Grafen
Berril sein schweigen erkaufen wolle. Ein Zwinkern sei-
ner Augen und eine leichte Handbewegung deuteten seine
Zustimmung au.
„Thatsache ist." fuhr er, den Blick auf die farbensprü-
hendcn Diamanten gerichtet, foit. „daß die Dame mich
vollständig verwirrte und irreführte. Das Rathsamste
wäre, sie in ihrem Landhause aufzusuchen. Haben Sie die
Adresse, Herr Marquis'?"
„Ja, ich werde noch heute nach Birkenhain fahren,
doch wenn ich sie dort nicht finde, werden Sie die Sache
in die Hand nehmen, Herr Born."
Im Vorzimmer wurden Stimmen laut, und wenige
Minuten später erschien ein Diener, der Beatrice auf sil-
berner Schale eine Karte überreichte.
Beatrice warf einen gleichgiltigen Blick auf das Blättchen.
„Ah!" hauchte sie erblassend, während in ihren Augen
tödtliche Furcht aufleuchtete. Die Karte entfiel ihrer Hand,
und ihre Gestalt zitierte wie in Fieberschauern. Aber diese
seltsame Bewegung dauerte nur einen Moment. „Führen
Sie den Herrn in das Mufikzimmer," gebot sie, mit über-
menschlicher Anstrengung ihre Selbstbeherrschung wieder-
gewinnend. aber mit unsicherer, leise bebender Stimme.
Der Diener entfernte sich, aus Unachtsamkeit die Thür
offen lassens.
Graf Berril, erstaunt über die seltsame Aufregung seiner
Tochter, hob die Karte auf. „Professor Lang, Musiklehrer,"
las er, und gab Beatrice das Blättchen zurück-
„Ich bin noch immer nicht ganz wohl," sagte sie mit
einem gezwungenen Lächeln. „Die Herrschaften werden so
gütig sein, mich für eine Weile zu entschuldigen. Ich will
meinen alten Freund nicht warten lassen."

In diesem Augenblick führte der Diener den Gast an
der halboffenen Thür vorüber nach Sem Musikzimmer.
Der Graf, Lord Trewor und Born blickten unwillkürlich
dem Fremden nach, dessen Karte die sonst so kühle gleich-
müthige Beatrice so ungewöhnlich erschüttert batte.
Em hoher, stattlicher Mann mit eisgrauem Haar und
silbernem Vollbart, die Augen von einer Brille geschützt,
folgte seinem Voranschreitennen Wegweiser. Auch Beatrice
hatte mit dem Ausdruck angstvoller Erwartung dem Gast
nachgesehen. Ihre Stirn entwölkte fick, ihr Auge strahlte
und ihr Angesicht leuchtete wie verklärt
„Nicht der, den sie zu sehen gefürchtet hatte." dachte
der Detektive. „Sie muß Gottfried Trewor felbst erwartet
haben. Eine wunderbare Frau, mit Nerven wie Stahl!
Ich werde ihr und ihrem Gast meine besondere Aufmerk-
samkeit schenken und dem alten Herrn folgen, wenn er gebt."
In der nächsten Minute schwebte Beatrice an Born
vorüber, und unbemerkt von den Anderen glitt >br Dia
mantenarmband in seine Tasche.
„Professor Lang, der frühere Musiklehrer meiner
Tochter, wünscht zweifellos einige Empfehlungen von Bea
tric§. die rn Musikangelegenheiten eure Autorität in unserem
Kreise ist," erklärte der Graf. „Aber kehren wir zu unserem
Gesprächsthema, Gottfried Trewor u. seiner Familie zurück"
Die Unterhaltung wurde erneuert, aber mir nur ge-
ringem Eifer fortgeführt. Die Gedanken der drei Männer
waren zu lebhaft mit dem räihselhaften Wesen Beatricens
beschäftigt, die inzwischen das Musikzimmer betreten und
dessen Tbür verschlossen hatte-
Der Fremde eilte ihr entgegen und breitete seine Anne
nach ihr aus. Mil einem leisen Schrei warf sie sich an
seine Brust- Einen Augenblick herrschte lautloses Schwei-
gen. Das Zimmer war in Dämmerung getaucht, nur eine
Garbe goldenen Lichtes fiel zwischen den schweren Sam-
metvorhängcn hindurch auf den Boden. Die Fenster gingen
nach einem um diese Stunde gänzlich verödeten Blumen
garten. Die Thüren, die mit den anderen Gemächern in
Verbindung standen, waren geschlossen. Die Beiden waren
allein, und vor jeder Gefahr, belauscht zu werden, geschützt.
Fortsetzung folgt.
 
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