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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 31 - Nr. 40 (7. Februar - 18. Februar)
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Organ für Maürlmi, Freilrett L KeM.

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bewilligung. Expedition: Zwingerstratze 7.

Sr. A.

Berantwvrtl. Redakteur: F. Ä. Knappe
in Heidelberg.

Wklkri, im 11 gckmr.

Druck u. Berlag vonGebr. Huber inHeidclberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

1890.

M SM seit 1«?
V.
15 Die antimonarchischen u. einheitsstaatlichen Bestre
bungen des Kartells.
Wie bekannt, ist im „Reichsanzeiqer" eine kaiserl.
Kundgebung über das Kartell ersvlgt. Au sich läge
es nahe, über diese Kundgebung in diesem Zusam-
menhang sich zu äußern, ihre Beweggründe, Absichten
und Tragweite zu erforschen. Aber unsere konstitu-
tionellen Grundsätze verbieten uns das; wir huldigen
dem Prinzip, daß der Monarch über den Parteien
steht und nicht in den Kampf der Tagesmeinungen
hineingezogen werden soll. Solange also ihrerseits
die Kartellparteien vermeiden, jene kaiserliche Willens-
kundgebung auszunützen, haben wir keinen Anlaß, auf
dieselbe näher einzugehen.
Unsere eigene Ueberzeugung aber gebietet uns, es
auszusprechen, daß im Kartell B estreb ungen
vorhanden sind, welche mit mon ar chisch e n G rnnd-
sätzen nicht vereinbar sind. Wir haben dafür
einen kompetenten Zeugen in dem Exminister v. Pntt-
kamer erhalten. Dieser Staatsmann, welcher sich
des größten Wohlwollens bei der Krone Preußens
erfreut und der im Einvernehmen mit dem Fürsten
Bismarck eine Kandidatur angenommen haben soll,
hat den Nationalliberalen am 31. Januar das Zeug-
niß ausgestellt, daß sie ganz zuverlässige Stützen einer
energischen, zielbewußten, monarchischen Regierung
nicht seien. So ist es in der That. Wohl sind die
Barrikadenhelden von 1848 in der nat.-lib. Partei
vielfach ausgestorben, und die noch leben, sind zahm
geworden. Aber die Partei wurzelt ganz in den Ne-
volutionsideen, ihr ist die Monarchie nicht eine Ein-
richtung von Gottes Gnaden auf der unerschütterlichen
Grundlage der Legitimität, sondern lediglich ein Pro-
dukt des Volkswillens und der politischen Opportuni-
tät. Die Nationalliberalen haben daher den Sturz
der Throne in Italien und Deutschland mit freudigem
Beifall begleitet, und auch jetzt scheuen sich ihre Or-
gane nicht, die französische Republik gegen den An-
sturm der Monarchisten zu vertheidigen und die Ein-
führung der Republik in Brasilien mit Befriedigung
zu verkündigen.
Daß sich eine solche Partei unter den Regierungs-
parteien aufstellt, wirkt schon durch diese Thatsache
allein destruktiv in den Volkskreisen; denn wie sollen
diese dauernd in ihren monarchischen Auffassungenfest-
bleiben, wenn sie sehen, daß Parteien auf den Scheffel

Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe gestattet.

Treuer Liebe Kohn.
6) Roman von U. Rosen.
(N-tzdr. verb.>
„Sie haben Recht, Herr Graf," erwiderte Lord Or-
mond mit selbstgefälliger Miene. „Lady Beatrice hat mir
versprochen, mein Anerbieten in Erwägung zu ziehen
und mir zu antworten, sobald ich Bescheid verlangen werde."
Der Graf war überrascht und entzückt. „Das ist eine
«anz bestimmte Ermuthigung Ihrer Werbung!" rief er.
„Gewiß, so ist es, und so faßte Lady Beatrice es auch
auf. Mein langes Aueharren blieb nicht ohne Wirkung.
Ich sehe einer baldigen Verbindung mit Ihrer Fräulein
Tochter entgegen, Herr Graf"
„Ich weiß kaum, was ich sagen soll, so erstaunt bin
ich," erklärte der Graf verwundert. „Ehe Sie heute Abend
erschienen, sprach ich mit Beatrice über Ihre Bewerbucg,
und sie betbeucrte mir, wie sie schon tausendmal zuvor ge-
ihon, daß sie niemals heirathen würde. Erst vergangene
Woche schlug sie den Herzog von Sandfort, eine der besten
.llartien Englands, aus. Und jetzt ermuthigt die Räthsel-
uaste Sie, zu glauben, daß sie Ihr Weib zu werden
gedenke ?"
, „Ja, es scheint seltsam, daß es mir glücken solle, wo
w. viele Andere mit Körben abzogen," stemmte Ormond
ckit befriedigtem Lächeln zu. „Ich will mich dieser Aus-
zeichnung freuen, ohne zu genau nack der Ursache derselben
5u fragen. Es mcg eine Laune der Vielumworbenen sein;
'ch wage kaum mir zu schmeicheln, daß Liebe sie zu mir
zieht."
Der Graf mußte auf's Neue unwillkürlich lächeln,
-tzer Gedanke, daß Beatrice unnahbar, wie sie war, irgend
jemand lieben könne, schien ihm allzu thöricht und un-
begreiflich.
den Augenblick dürfen wir das Geheimniß. Lady
habe geruht, meiner Werbung ein huldvolles
zu schenken, noch nicht ausplaudern," bemerkte
'Ad Ormond, seine geleerte Tasse zur Seite schiebend.
-Daß sie meinen Antrag in Erwägung zu ziehen gedenkt,
weurer Graf, legt mir die Nothwendigkeit auf, Ihnen
Werne Aussichten sreimüthig ausrinanderzusctzen."


gestellt werden, welche die Monarchie als eine reine'
Nützlichkeitsfrage ansehen, die nach dem wechselnden
Bedürfniß entschieden werden soll? Dazu kommt dann
noch die Art und Weise, wie das Kartell im politi-
schen Leben sich geltend zu machen sucht, wie es die
politischen, wirthschaftlichen und sozialen Zustände nicht
fortzubilden versteht, oder deren Entwicklung sogar ge-
fährdet, dabei aber doch sich den Anschein giebt, als
ob nur die Kartellparteien Stützen des Staates rind
der Monarchie seien, die anderen Parteien aber das
zerstörende Element im öffentlichen Leben. Mit vol-
lem Rechte schrieb deshalb die Kreuzzeitnng im vori-
gen Jahre: Die Kartellparteien schädigen geradezu
das Interesse des Thrones. Im Falle der Niederlage
bei den Wahlen muß die Welt au ein Plebiseit der
deutschen Nation glauben." Darauf könnte allerdings
der schlichte Volkssinn kommen, wenn er das terrori-
stische Auftreten der Kartellparteien mit deren Leistun-
gen vergleicht.
Und dann sind auch noch die H etz e rei en gege n
den Kaiser Friedrich und gegen den Prin-
zen Wilhelm (jetzigen Kaiser) vom ungünstigsten
Einfluß auf die Festigkeit der monarchischen Gesin-
nung der Volksmassen gewesen. Es ist unerhört in
der konstitutionellen Zeit, was Kartellblätter gegen
Kaiser Friedrich sich erlaubt haben. Alan hat ihn
als Briten verdächtigt, der die deutsche Politik deu
englischen Weltinteressen unterzuordnen fähig sei, in
dessen Hand der Besitz von Elsaß-Lothringen schwanke;
man hat seine verwandtschaftlichen Beziehungen zum
Gegenstand hämischer Kritik gemacht, hat ihm das
persönliche Regiment durch Zeituugsangriffe, ja sogar
durch Jnszenirung eines Adicssensturms beschränken
wollen. In ähnlicher Weise verfuhr man gegen den
Prinzen Wilhelm, den man auf's Heftigste augriff,
weil er seine christliche Gesinnung offen bekannte. Als
Minister v. Pnttkamer eine Widerlegung der Angriffe
in der „Nordd. Allg. Ztg." unterbringen wollte, wurde
der Vertheidigungsartikel zurückgewiesen. Später, nach-
dem Prinz Wilhelm als Kaiser das Ruder ergriffen
hatte, wurde wahrlich das Ansehen der Krone nicht
gestärkt, durch die Preßtreibereien der Kartellblätter
über „militärische Nebenpolitik."
Wir wollen nicht tiefer greifen, das Bild, in dem
gewisse kartellparteiliche Kreise hier erscheinen, würde
immer trüber werden. Eines aber folgt daraus mit
Gewißheit: wir können als monarchische Männer uns
niemals dazu verstehen, einen Parteiverband, worin
Bestrebungen sich geltend machen, wie die geschilder-
ten, unangefochten in der beherrschenden Stellung las¬

sen, wir müssen ihn siegreich Niederkämpfen, und indem
wir dies thun, schützen und festigen wir die Monarchie!
Auch das Deutsche Reich bedarf dieses Schutzes in
hohem Grade, denn unausgesetzt machen sich die e in-
he itssta atl ichen Tendenzen geltend, die die
Selbständigkeit der Einzelstaaten immer mehr beschrän-
ken wollen. Dr. ZN iguel, der Führer der National-
liberalen, hat im Jahre 1877 ganz offenherzig geschil-
dert, wie er sich die deutsche Entwickelung denkt. Preußen
müsse mehr und mehr in Deutschland aufgehen ; er
halte den Fall nicht für unmöglich, daß es in Zu-
kunft keinen preußischen Landtag mehr gebe, daß die
Angelegenheiten Preußens vom Reiche verwaltet würden.
Das gleiche müßte daun natürlich nach Dr. Miquel
auch mit den übrigen Bundesstaaten geschehen. Er
stellte denn auch deu Staaten Baden, Bayern, WüA-
temberg u. s. w. in Aussicht, sie könnten ihre Äönige
mit ihren Ehrenrechten behalten, würden aber im
klebrigen eine Stellung eiunehmen, wie etwa jetzt die
Provinzen zum größeren Staatswesen. In diesem
Jdeenkreis bewegt sich die nationalliberale Politik.
Führende Blätter derselben, wie die National-Zeitung,
haben schon die Aufhebung aller Reservatrechte ver-
langt. Beim Alters- und Jnvaliditätsgesetz gingen
die Kartellparteien von"dem Grundsätze aus, daß eine
neue Klammer in den Reichstagsbau geschlagen werden
solle. Das sollte durch den von den Nationalliberalen
ausgehecktcn Plan einer Reichsversicherungsanstalt
geschehen. Man denke sich 12 Millionen Menschen
mit ihren Familien dirigirt von einer Centralstelle im
Reiche; was bliebe da von einer freien Bewegung
der bundesstaatlichen Bevölkerung noch übrig? Frei-
herr von Franckeustein hat dieser Gefahr vvrzubeugen
gesucht, indem er bei Zeiten seinen ganzen Einfluß
für den Ausbau des Gesetzes nach Landesversicherungs-
anstalteu geltend mackste. Wie sehr das geschehen,
ist in der Oeffentlichkeit nicht bekannt geworden: nichts
destoweniger steht diese Thatsache fest. Die Militär-
hoheit ist auch schon genügend im Reiche festgelegt,
und wird mit jedem Septenuat stärker ins Reich ge-
schoben. Hinterdrein kommt dann Herr von Bennigsen
mit dem verantwortlichen Reichsfiuanznnuisterium,
vor dessen Einrichtung selbst ein so begeisterter An-
hänger der Centralgewalt wie Minister Pnttkamer
warnte, weil sie nothwendiger Weise die Schaffung
eines Gesammt-Reichsministeriums zur Folge baben
muß. Das Letztere wurde die Regierung des Reiches
aus dem Bundesrath herausnehmen, die unausbleib-
liche Folge dieser verfassungswidrigen Pläne wäre die
! Lahmlegung der Bundesstaaten.

,.O, das ist ganz überflüssig, Eduard. Ich kenne Sie
seit Ihren Knabenjahren und bin mehr als zufrieden, in
nahe verwandtschaftliche Beziehungen zu Ihnen zu treten.
Ich weiß niemanden, den ich fo freudig als Schwiegersohn
begrüßen würde, wie Sie, mein lieber Eduard."
„Ich danke Ihnen von Herzen, die Erklärung aber ist
dennoch unerläßlich. Zunächst also bin ich der Erbe des
Titels und der Schulden meines Vaters Ich selbst war,
wie das Gerücht behauptet, etwas verschwenderisch, und
meine kostspieligen Reisen habe meine Hilfsquellen noch
mehr erschöpft. Das ist die eine Seite des Bildes. Als
Gegensatz zu dieser trübseligen Schilderung habe ich an-
zuführen, daß ich der Erbe meines Onkels Trcwor, des
Bruders meiner Mutter, bin. Ich darf mich seinen aus-
gesprochenen Liebling nennen, und so hart und so excen-
trisch er ist, so geizig er sich gegen alle Welt zeigt, so
sparsam er in seinen Lebensgewohnheiten ist, gegen mich
ist er immer freigebig"
„Lord Trewor besitzt ein fürstliches Vermögen, und
Sie werden somit einer der reicdsten Edelleute des König-
reichs sein. Mit Ihres Onkels Gütern und dem Ver-
mögen Beatricens müssen Sie ein ungeheures Einkommen
haben. Es ist mein Herzenswunsch, den Reichlhum der
Trewor's mit dem der Berril's vereinigt zu sehen "
„Wie cs der meinige ist," sagte Lord Ormond mit
einer Bedeutsamkeit, die dem Grafen entging. „Wo giebt es
in ganz England eine Dame, die so geeignet wäre Rang
und Reichthum mit Würde und Anmuth zu repräsentiren,
wie Lady Beatrice? Ick kenne kein höheres Lebensziel,
als mir Ihr Fräulein Tochter zu gewinnen."
„Mein Einfluß wird zu Ihren Gunsten in die Waag-
schale fallen."
Lord Ormond s Gcsicht strahlte vor Freude.
Er wußte recht gut, daß Beatrice ihn hasse und er sie
nur durch ihre Furcht vor ihm gewinnen konnte. Es war
ihm nicht entgangen, daß er auf eine ihm noch unerklär-
liche Werse bei stiner jüngsten Unterredung ihre Besorg-
niß nachgerufen, und er es nur diesem Umstande verdankte,
nicht kurz uno hochmüthig zurückgewiesen worden zu sein-
Ohne das Wesen und den Grund ihrer Flucht zu durch¬

schauen, war er überzeugt, daß sie ihn niemals aus freiem
Antriebe heirathen würde-
Das Geheimniß, das sie umgab, zu lösen, war sein
nächstes Ziel.
„Wird Lady Beatrice heute Abend noch zu uns zu-
rückkehren?" fragte er im Hinblick darauf.
„Ich — ich glaube nicht," stammelte der Graf er-
röthenv. „Beatrice hat sich auf ihr Zimmer zurückgezogen,
und liebt es nicht, in ihrer Abgeschiedenheit gestört zu
werden."
„Aber mir war es, als obste versprochen habe, wieder-
zukommen."
„O, das ist etwas Anderes," bemerkte der Graf und
seine Stirn erhellte sick wieder. „Ich werde zu ihr schicken
und sie rufen lassen Dock nein, ich werde selbst gehen,
sie zu holen. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick,
Eduard."
Der Gral erhob sich, um zu gehen, Lord Ormond
stahl sich hinter ihm drein nach der Thür, lauschte und
schlich weiter, bis er den Hausherrn genau beobachten
konnte.
Graf Berril durcheilte das Vorzimmer, stieg eine
Treppe hinauf und klopfte erst an die Hauptthür, die zu
den Gemächern seiner Tochter führte. Er klopfe erst leise,
dann lauter, dann immer ungestümer, aber Niemand ant-
wortete ihm. Er drückte auf die Klinke, aber die Thür
war verschlossen. Ec rief den Namen seiner Tochter mit
leiser, aber durchdringender Stimme.
Keine Antwort.
Der Graf klopfte auch an die anderen Thüren, die zu
den verschiedenen Zimmern der Wohnung seiner Tochter
führten, deren Namen er immer wieder rief. Kein Laut
drang aus jenen Gemächern. Beatrice mochte ein Unglück
zugestoßen sein, sie konnte bewußtlos in ihrem Zimmer
liegen!
Des Grafen Gesicht zuckte vor Aufregung. Was be
deutet diese unheimliche Stille nun wieder flüsterte er
gegen die Thür gelehnt.
Fortsetzung folgt.
 
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