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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 91 - Nr. 100 (23. April - 3. Mai)
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Erscheint täglich mit SuSrrahin« der S«M-». Feiertag«.
Md»v»e«ent«prei» mit dem «bchrntticheu Uutechalwngs-
«l«t „Der SvuntagSbotr" sLrHridrlberg monatlich LV
Aii LrLgerlohn, durch di e Post bezog« virrtÄj. 1.80 ftanco.

Organ für Makrlmt, Fmljett L Keikt.

Inserate die 1-spaltige Petitzelle oder deren Raum 10 H
Reklame 25 -H. Für diesige Geschäfts- und Privat»
auzeigen, sowie sür Jabres-Anzrigen bedeutende Rabatt-
bewilligung. Expedition: Zwivgerstratze 7.


Berantwortl. Redakteur: F. L. Knappe
in Heidelberg.


! Drucku. Verlag von Gebe. Huber mHeidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

1890

Sreuer Liebe Loh«».
Roman von U. Rosen.
<k«Ldr. kerb.>
tz, Nachdem diese Vorstellung vorüber war, geleitete der
tz^lluis das junge Mädchen in den großen Salon, den
g.i-Ma bisher noch nicht gesehen hatte. Von der reich-
fitzten Eichendecke blitzte ein Krystallkronleuchter
tzz°Er, dessen prismengeschmückten Arme einen Wald von
P?chskerzen trugen, die den weiten Raum mit einem
ttz/Er von Licht überflutdeten- Goldgestickte Vorhänge von
bvn ^"rvlhem ^ouimet verhüllten die Fenster. In dem
^.vergoldetenArabesken umrahmten schwarzen Marmor-
n äderte ein Helles Feuer, das seine röthlichen
tz.'^men in den weißschimmernden, goldumrandeten, die
irgl"vlklpolstcr der verschiedengestaltigcn Sessel und Sophas
senden Schnitzwcrtes wiederlpiegelte.
Gegensatz zwischen dem gegenwärtigen Glanz und
^er. c-^rerr V rsoll war so außerordentlich, daß Giralda's
tzh.z nch von der wohlthuenden Veränderung bis in das
'brr kiwärmt fühlte. Ein heiteres Lächeln flog über
d?r -Ake und verscheuchte den Ausdruck der Müdigkeit,
tpjz Adarin fcstzusctzen begonnen hatte. Auch der Mar-
Und . Wien von dem freundlichen Anbick angenehm berührt
Genascht, obwohl die Umwandlung auf seine An-
^"8 geschehen war.
»uz.^km halten die Heimgekehrten eine halbe Stunde
^berb'kr ' Frau Punp erschien, um zu melden, das
«Ü,^°Ukn werde sehr bald bereit sein. Von der würdigen
ilirjj^^käie begleitet, zog sich Giralda auf ihr Zimmer
bm «Gestatten Sie mir, Ihnen heule bebiflich zu sein,"
^knr,, Pump dringend. „Was sagen Sw nur, welche
eß kj^vg jetzt Alles bei uns genommen hat? Ach, und das
8lz jA'^Ädr Werk, gnädiges Fräulein! Ich wußte es,
Vas Hous kommen sah. daß Sie uns Glück
^rr D>k""t>en. Die alten Zeiten kehren wieder, und der
'4eur> Ayuis wird sich nicht länger wie ein menschen-
>ch di», Ginsiedler von aller Well abschlicßen. Ach, daß
^isch.» Zp6 nrch erleben durfte!" suhr die gute Alte
Weinen und Lachen sort. „Und Sie sind die

Mi mM RWeckniAM.
II.
Inzwischen entstanden neue Verwickelungen mit
Oesterreich. Auf eine peremptvrische Frage an letzteres
aus Anlaß einer Altonaer Versammlung für den Her-
zog von Augustenburg folgte ein ablehnender Bescheid.
Hierauf fand am 28. Februar 1866 eine, zweite
Sitzung des preußischen Staatsministerinms statt,
welche für den Krieg gegen Oesterreich, der
im Juni 1866 ausbrach, entscheidend war. Auch
diesmal führte der König den Vorsitz. Außer den
iämmtlichen Ministern nahmen der Kronprinz, Graf
Goltz und die Generäle Moltke, Manteuffel und Alvens-
wben thcil. Für die nachfolgende Darstellung beruft
sich Sybel in seinem gestern erwähnten Buche auf
Aufzeichnungen Moltkes.
Am 28. eröffnete der König die Verhandlung
des Konseils mit einem kurzen Vortrag, in welchem
kr hervorhob, die Schwierigkeiten in Holstein seien
üur ein einzelnes Symptom des österreichischen
Bestrebens, Preußen niederzuhalten, sowie der
Gehässigkeit, selbst im Einverstäudniß mit auf-
Mreriscben Preßorganen gegen den bisherigen
Verbündeten zu wirken; dieses Verfahren müsse, auch
°uf die Gefahr eines Kriegs endlich beseitigt werden.
Österreich und Preußen im Bunde beherrschen die
^ropäische Situation, wie dies sich 1864 gezeigt habe.
Man habe noch beim Gasteiner Vortrage ans die Er-
haltung dieses Verhältnisses, auf eine ehrliche Einigung
dvffen können; diese Hoffnung sei schon nach wenigen
Wochen untergraben und jetzt völlig vernichtet worden.
Der Besitz der Herzogtümer sei in ganz Preußen
nationaler Wunsch; ein Zurückgehen von dieser Forder-
ung würde das Ansehen der Regierung nach Innen
Außen schwächen und Oesterreichs Uebergriffe
?kgen uns in Deutschland steigern. Wir wollen,
'chlvß der König, keinen Krieg provoziren, aber wir
wüsten auf unserm Wege vorwärts gehen, ohne vor
wnem Kriege zurückzuschrecken.
, Bismarck legte darauf in geschichtlichem Rück-
w>ck die gegen Preußen gerichteten Bestrebungen
Oesterreichs dar, dessen Verhalten in der polnischen
Mage, den Frankfurter Fürstentag, die wiederholten
Amühungen um eine französische Allianz gegen Preußen,
j^er. Krieg mit Oesterreich werde jedenfalls erfolgen
/wffen; es sei klüger, ihn in der jetzigen vortheilhaften
^ge zu unternehmen, als es Oesterreich zu überlassen,
Wh die günstige Stunde auszusuchen. Wir haben
^fferreich erklärt, daß die fortgesetzte Augustenburger-

Agitation unser Bündniß lösen würde; am 7. haben
wir die entschieden ablehnende Antwort erhalten; der
Bruch ist vorhanden. Der Kriegsminist er schloß
sich an mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß die dazu
erforderlichen Mittel beschaffbar sein würden. Nicht
anders stimmten Jtzenplitz, Selchow und Wühler.
Der Finanzminister Bvdelschwingh erkannte
an, daß Oesterreichs Verhalten für Preußens Ehre
und Interesse verletzend sei, hielt aber an dem Wunsche
fest, daß sich doch noch ein rettender Ausgleich finden
würde. Graf Eulenburg fügte statt dessen zu
Bismarcks Ausführung die Bemerkung hinzu, daß ein
Krieg mit Oesterreich es möglich machen würde, von
dem Landtage Geld zu fordern, und wenn dieser ab-
lehnte, eine andere Volksvertretung zu schaffen: wo-
rauf Bismarck jedoch sehr kühl erwiderte, daß die
innern Zustände einen Krieg nicht nöthig machten,
immerhin dazu beitrügen, ihn günstig erscheinen zu lassen.
Nachdem dann Goltz die uns bekannten Erklärungen
Napoleon s < feste Neutralität bei einem Kriege um
Schleswig-Holstein, hoffentliches Einvernehmen über
weitere Objekte des Kampfes) der Versammlung wieder-
holt hatte, erhielt Moltke das Wort, um die mili-
tärischen Machtverhältnisse näher zu entwickeln. Die
Summe war, daß die unerläßliche Bedingung für einen
voraussichtlich sichern Erfolg das aktive Vorgehen
Italiens sei; dann würde Oesterreich mit höchster
Anstrengung 240 000 Mann in Böhmen aufzustellen
vermögen, welchem wir, ohne die Landwehr in das
Feld zu bringen, gleiche Zahl entgegensetzen konnten,
während 50000 Mann gegen Bayern und die übrigen
Süddeutschen stehen blieben.
Noch unbedingter redete darauf Manteuffel für
den Krieg. Thalsächlich, fügte er, befinden wir uns
schon darin; Gablenz, mit dem ich persönlich in gutem
Vernehmen stehe, schreibt es allein seiner Vermittlung
zu, wenn noch keine offene Feindseligkeit vorgekommen
ist. Die Stimmung in Schleswig ist dafür, aber es
fehlt das Vertrauen, daß Preußen wirklich handeln
werde.
Gegen Moltke bemerkte Bismarck, er sei nicht
der Meinung, daß Bayern bereits sicher als Feind
zu betrachten fei. In Uebereinstimmung aber mit
dessen Ansicht über die Wichtigkeit des italienischen
Eingreifens, schlug er vor, Moltke selbst nach Florenz
zu senden, um ein Bündniß abzuschließen, durch welches
Italien sich verpflichte, Oesterreich anzugreifen, fobald
Preußen losschlage, und beide Theile bis zur Erlangung
der vereinbarten Objette auf jeden Separatfrieden
verzichteten. Oesterreich, setzte er hinzu, werde den
Nichte des gnädigen Herrn? Ja, das erklärt Ihre Aehn-
lichkeit mit den Trewor's, die mir und den klebrigen so-
gleich ausfiel."
Giralda bürstete schweigend ihre Locken.
„Der Herr Marquis hat auch schon unser Gold- und
Silbergeschirr, das in der Bank von London aufbewohrt
wird, zurückverlangt,' plauderte Frau Pump weiter. „Wir
werden also wieder Feste und Gesellschaften hier haben.
Aber, gnädiges Fräulein," schloß sie in leiserem Ton, „Sie
werden trotzdem nicht vergessen, was Sie mir für Herrn
Gottfried Trewor zu thun versprochen?"
„Nein, Frau Pump," erwiderte Giralda, „das werde
ich gewiß nicht, ich will vielmehr Alles versuchen, das Herz
des alten Herrn für seinen armen Neffen zu gewinnen."
„Ich Hobe das Bild des Unglücklichen in ihrem
Zimmer gelassen," damit es Sie beständig an Ihr Ver-
sprechen mahne. Ich würde zufrieden sterben, wenn ich
das Geheimniß jenes Mordversuches aufgeklärt, und den
jungen Herrn mit Frau und Kindern in diesem alten
Schlosse, ihrem rechtmäßigen Eigenthum, sehen könnte.
Sie haben mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen, als
Sie denken, wenn Sie für den Verfolgten handeln wollen,
gnädiges Fräulein. Lord Ormond haßt seinen Vetter.
Ach, und der Mensch ist schlecht und habsüchtig, wie
Wenige. Nehmen Sie sich ja vor ihm in Ächt."
Giralda's Toilette War beendigt. Mit einem gütigen
Wort verabschiedete sie sich bei der Haushälterin, um sich
in das Speisezimmer zu begeben.
„Ich befinde mich in der mir gebührenden Stellung,"
murmelte sie, „und in dem Schlosse meiner Ahnen. Lord
Trewor ahnt nicht, und überhäuft mich mit Beweisen
seiner Zärtlichkeit, aber in der Stunde, in welcher er
meine Identität entdeckte, würde er mich wie das verächt-
lichste Geschöpf von seiner Schwelle treiben. O, diese
Entdeckung würde Schmach und Tod bringen," rief sie
schaudernd. „Papa weiß im Augenblick bereits wo ich
weile. Er zitiert und fürchtet sür mich. Mein Gott, wenn
mir mein Vorhaben mißlingt!"
Sie öffnete die Thür des Salons und stand dem alten
Marquis gegenüber.

Ernst eines solchen Schrittes nicht verkennen, und
dann neue Verhandlungen über die deutsche Frage,
wie sie durch den Tod Frederik's Vkl. unterbrochen
wurden, vielleicht besseren Eingang finden.
Allen diesen Erörterungen gegenüber
verharrte als zuletzt Abstimmender der
Kronprinz auf seinem, schon im Mai 1865
bezeichneten Standpunkte. Der Krieg
gegen Oesterreich sei ein Bruderkrieg,
und die Einmischung des Auslandes in
denselben gewiß.
Nach Erwägung der vernommenen Voten entschied
der Köni g dahin: der Besitz derHerzog-
thümmer sei eines Kriegs werth, jedoch solle
der Ausbruch desselben nicht übereilt werden, da eine
friedliche Erlangung des Objettes, wenn möglich, immer
wünschenswerther sei. Die Entscheidung über Krieg
und Frieden werde daher von Oesterreichs fernerem
Verhalten abhängen, und preußischer Seits zur Zeit
nur diplomatische Einleitungen zu treffen sein, um für
den Fall des Kriegs günstige Chancen zu gewinnen.
Die diesem Ministerathe folgenden Ereignisse, die
Mederlage Oesterreichs und die Annexionen, welche
Preußen vornahm, sind unfern Lesern ja bekannt.
Bemerkenswerth ist und bleibt das Verhalten des
damaligen Kronprinzen und nachmaligen Kaisers
Friedrich.
Deutsches Reich.
' Berlin, 21. April. In einer Besprechung der
neuen bevorstehenden Militärvorlage bringt die Freis.
Zig eine Zusammenstellung, aus welcher hervorgeht,
welche außerordentliche Steigerung gerade in den
letzten Jahren die Ausgaben für Militär unv
Marine erfahren haben und wie andererseits auch
die Rcichsschuldcn gewachsen sind.
Die fortdauernden Ausgaben für das Heer be-
trugen nach der Rechnung für 1886/87 342 Millionen.
Diese Ziffer wuchs 1887/88 auf 359, 1888/89 auf
auf 31)3, im Etat für 1889/90 auf 370 und im Etat
für 1890/91 bereits auf 379 Millionen. Seit dem
1. April 1887 ist also der ordentliche Militäretat ge-
wachsen von 342 auf 379 Millionen oder um 37
Millionen Mark. Die fortdauernden Ausgaben der
Marine zeigen in derselben Zeit eine Steigerung von
36 auf 38 Millionen. Die Pensionen für Heer und
Marine sind in derselben Zeit von 51 auf 63
Millionen, also uni nahezu 25 pCt. gestiegen. Derart
ergeben die fortdauernden Ausgaben für Heer und
Marine für 1886 87 429 Millionen, für 1887/88
23 Kapitel.
Lord Ormond's Entdeckung.
Zwei Tage nach ihrer Rückkehr von London saß
Giralda in der Vertiefung des großen Bogenfensters in
ihrem Zimmer, mit einem Briefe an ihre Mutter be-
schäftigt, der an Vie ihr von Beatrice bezeichnete Adresse
geschickt werden sollte. „Du lieber Gott, ich habe so wenig
mitzutheilen," seufzte sie. „Noch habe ich für die Lösung
meiner Aufgabe nicht das Geringste zu thun vermocht."
Das laute Gerassel von Rädern auf dem kiesbestreuten
Wege, der zum Schloßportal führte, erweckte ihre Auf-
merksamkeit. Hinaussehend erblickte sie einen mit Koffern
bedeckten Wagen, und wenige Minuten später pochte es an
ihre Thür und zwei mit schwerem Gepäck beladene Diener
traten bei ihr ein und luden ihre Bürde in der Mitte
des Zimmers ab. Gleichzeitig überreichte die Kammerzofe
ihrer jungen Gebieterin einen Brief von Lord Trewor.
Giralda erbrach das Schreiben heftig und unruhig.
Ihre Besorgniß schwand schon nach dem Lesen der ersten
Worte. Der Marquis benachrichtigte sie nur, daß ver
Inhalt der Koffer ein Geschenk des Oheims an feine
Nichte sei.
„Dars ich mit dem Auspacken beginnen?" fragte die
Zofe diensteifrig.
Giralda willigte ein. Alles, was zu der Toilette einer
vornehmen Dame gehört, lag bald auf Sesseln unv Divan
vor des Mädchens bewundernden Blicken ausgebreitet.
Wieder erschien ein Diener mit einem Kästchen von
russischem Leder. Giralda erkannte es sofort als ihr
Eigenthum. „Dieser Koffer kam mit den übrigen," be-
merkte der Mann, „aber der Schlüssel fehlt/soll ich ihn
mit dem Haken öffnen?"
„Nein, ich danke. Das Kästchen kann einstweilen noch
so stehen bleiben.
Der Diener entfernte sich, und die Zofe ordnete die
prächtigen Gewänder, die feine Wäsche, die duftigen
Spitzen und Hunderte von Kleinigkeiten in Schränke und
Ko-noden. Erst nachdem auch die Zofe gegangen war, und
sie die Thür sorgfältig hinter ihr geschlossen halte, näherte
sich Giralda dem Juchtenkästchen.. (Forts, folgt.)
 
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