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srüher Verleger des Pfälzer Boten.
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Die Bierfeligkeit der Münchener Phäacken lvird
nicht durch den deutschen Katholikentag gestört werden,
und das bayrische Ministerium hat sich um die kahlen
Schläfen einen neuen Lvrbeerkranz gewunden; so be-
zeichnete jüngst eine boshafte Feder mittelst Münchener
Tinte die Sachlage, und sie fand unfern volsten Bei-
fall, als sie die Geschichte erzählte von jenem Duett
zwischen den beiden tapfern Hinterwäldlern, die in eine
finstere Scheuer eingesperrt wurden, um sich in aller
Gemüthsruhe ihre rachedurstigen Kehlen abzu-
schneiden. Als kein Lebenszeichen mehr hörbar war,
öffneten die Zeugen schreckensbleich das Thor u. zähne-
klappernd saß der eine der beiden Paukanten auf dem
Heuboden, während der andere mit schlotternden
Knien im Winkel kauerte. Verzweifelt ähnlich verlief
der Zweikampf zwischen der Regierung und der im
Rachgeben geübten Opposition des bayrischen Centrums.
Die Sache lag, wie wir schon einmal ausführteu,
ungemein einfach. Keine Macht der Erde konnte die
deutschen Katholiken, so lange nicht der große Be-
lagerungszustand herrscht, davon abhalteu, von dem
elementaren staatsbürgerlichen Rechte, sich zu ver-
sammeln, Gebrauch zu machen. Bei Sozialdemokraten
hätte allerdings das Sozialistengesetz ein Wörtlein
mitgesprochen, so aber handelte es sich um Katholiken
in der kath. Hauptstadt eines kath, Landes, es handelte
sich um München, den Sitz eines Erzbischofs, und
der geschmeidigste Rechtsleyrer, wenn er auch mit den
Paragraphen der Verfassung hätte Fangball spielen
kömien, wäre nicht im Stande gewesen, gegen solch'
ein selbstverständliches Ding, wie diesen Kongreß,
auch nur den Schatten eines Einwands herauszutifteln.
Daß es Herrn v. Lutz natürlich nicht angenehm war,
wenn nach dem Aerger der Kultusetatsabstriche der
sichere Erfolg des Katholikentages urbi München und
vrbi Bayern zeigte, wie unbeliebt er ist, das ist ein-
leuchtend und er benützte als kluger Mann, der er
nun einmal ist, vorhandene Gegensätze der Centrums-
partei, zu seinen Zwecken. Die Salonkatholiken mußten
ihm helfen, den demokratisch-partikularistisch-großdeut-
schcn Theil des bayerischen Centrums zum Schweigen
zu bringen, zu schlagen. Der erzfeudale und schon
ost in Gegensatz zum Volke getretene Graf Preysing
wurde nach Rom geschickt, um dem hl. Vater die
„Inopportunität" des Planes zu zeigen, der lediglich
den Sturz des Ministers Lutz bezwecke, doch setzten
trotz alledem die entschiedeneren bayerischen Centrums-
leute, vor allem die Rcichstagsfraktiou, es durch, daß
Treuer Liebe Lohn.
W) Roman von U. Rosen
lNichdr. kerb.)
.Was liegt dort unten," fragte Egon, in die Ferne
deutend. „Es siebt aus, wie ein gestürztes Pferd."
»Ja, ja, ein Pferd und ein Reiter liegen dort, dicht
am Rande der Schlucht," ries Grethe Wilms. „Vielleicht
können wir dem armen Menschen noch helfen."
Egon wurde der Führung des Schäferbuben anver-
traut, während die Erwachsenen sich rasch der Unglücks-
stätte näherten. Das Pferd lag mit gebrochenen Beinen
am Boden und schien todt- Mit seinem schweren Körper
bedeckte cs einen Menschen, dessen Gesicht abwärts gekehrt
war. Giralda erfaßte seinen Arm und fühlte nach seinem
Pulse.
„Er lebt noch," flüsterte sie- „Wenn wir ihn nur von
der Last des Pferdes befreien könnten, zum Bewußtsein
wird er schnell zurückgebracht sein."
Grethe Wilms, welche die Stärke eines Mannes be-
laß, zog denjenigen Theil des Pferdes, der aut dem Ohn-
mächtigen lastete, von Frau Pump und Giralda unterstützt,
nut gewaltiger Anstrengung zur Seite. Leichter war es,
den gestürzten Reiter von dem gefährlichen Rande des Ab-
grundes zurückzuschieben, und sein Gesicht dem Sonnenlicht
zuzuwenden.
„Mein Gott, das ist Perkins, Ormond's Kammer-
diener!" rief Giralda erstaunt. „Er muß auf dem Wege
zu ihrer Hütte gewesen fein, Margarethe!"
Die Schäferin antwortete nicht. Sie neigte sich zudem
Verunglückten nieder, Prüfte die starren Züge und sank
endlich schluchzend vor ihm in die Kniee. „Es ist Georg!"
murmelte sie. „Georg, der nach all' diesen Jahren doch
wieder zu mir zurückkommt!"
Sie schlang ihre Arme um ihn, hob seinen Kops auf
ihren Schooß, und bat ihn weinend, zu ihr aufzublicken,
und sie wicderzuerkennen.
„Ncgun? Das ist Negun," rief Giralda fast taumelnd.
„Ja, ja, das ist Negun," bestätigte Frau Pump. „Wie
«lind ich gewesen bin! Ach, nur die Liebe macht scharf-
sichtig."
die schärfere Tonart vorläufig den Sieg davontrug,
daß trotz zarter Winke und grober Hinweise mit dem
Zaunpfahl der Beschluß, in München zu tagen, fest-
gehalten wurde. Aber — unsere Leser wissen, daß
der Brief des Prinzregenten an den Erzbischof die
ganze Herrlichkeit über den Haufen warf.
Wir wiederholen die ganze bekannte Geschichte
nochmals in gedrängter Kürze, um daraus unsere
Schlußfolgerungen zu ziehen und vor allem Andern
energisch zu betonen, daß die wilde Flucht, das klein-
müthige Beigeben die schwerste Niederlage ist,
welche das bayerische Centrum seit langer Zeit er-
litten hat, eine Niederlage, welche geeignet ist, die
Partei bei den Kleinbürgern, bei den Landlenten und
großen Arbeitergrnppen, die gerade in Bauern hinter
ihr stehen, um ihren politischen Kredit zu brin-
gen. Die Führer des bayerischen Centrums durften
keinen Augenblick vergessen, daß dem Bürger Recht,
dem Fürsten Treu' gebühre, und ebenso wie der König
die Treue seiner Unterthemen und Gehorsam den Be-
amten bezw. Gesetzen verlange, das Volk von ihm
Achtung der Bolksrechte fordern kann, fordern muß,
besonders, wenn es sich um so elementare Rechte, wie
die Versammlungsfreiheit eines ist, handelt. Männer-
stotz vor Königsthronen ziert eine Partei, Rückgrat-
losigkeit aber bringt fie in den Verruf des Byzanti-
nismus, und nichts sieht schmählicher aus, als wenn
eine in die Opposition gedrängte Volkspartei vor
einem Fürstenwort gleich einem Taschenmesser znsam-
iiienklappt, wie s. Z. die „entschieden oppositionellen"
deutsch-liberalen Oesterreicher vor der „faktiösen Op-
position. " Wir können leider nicht einmal dem demo-
kratischen Berliner Blatte Unrecht geben, das den
bäuerischen Zentrumsfübrern vvrwirst, sie treiben Po-
litik, wie podolische Hausirer den Handel mit alten
Kleidern, es komme ihnen auf einen Fußtritt nicht
an, wenn sie einen Augenblicksprofit machen können.
Ter Prinzregent hat in seinem Handschreiben die
subjektive Meinung, die er hat, zum Ausdruck gebracht,
und dies ist sein Recht, das Niemand ihm mißgönnt,
aber nicht ein Welchen eines Rechtes hätte ihm zu-
gestanden, die Abhaltung des Katholikentages in München
zu verhindern, und wenn er dem Erzbischof an's Herz
legt, seinen Einfluß gegen den Plan in die Wagschale
zu werfen, „ehe ich weitere Maßnahmen zu der meinen
Rechten und Pflichten gemäßen Wahrnehmung des
Friedens in's Auge fasse", so sucht man vergeblich in
den bayerischen Gesetzbüchern und in denen des
deutschen Reiches die Bestimmung, welche eine „Maß-
nahme" gegen die Abhaltung eines Kongresses be-
Der Schäferbube wurde beauftragt, Wasser herbeizu-
bolen und Giralda badete die Schläfen des Leblosen, und
rieb ihm die Stirn und Hände, bis er sich zu regen be-
gann und die Auaen öffnete.
„Georg," rief Grethe, die so lange und so treu auf
den Geliebten gewartet hatte. Er ächzte leise und murmelte
einige unzusammenhängcnde Worte-
Giralda Prüfte wiederum seinen Puls. „Der Unfall
scheint schon vor Stunden staltgefunden, und ihm ein Fieber
zugczogcn zu haben," flüsterte sie besorgt. „Er mutz sofort
in das Haus geschafft und zu Bett gebracht werden."
„Hans und ich, wir können ihn hintragen, der Weg
ist nicht zu weit," erklärte Margarethe, trotz ihrer Angst
in einem Freudenrausch.
AlsNegun zu Bett gebracht war, raste er bereits in
Fieberphantasieen- Frau Pump schüttelte ernst den Kopf, und
theilte Giralda im Vertrauen mit, daß sie ihn unrettbar
verloren glaubte.
„Er muß so schnell als möglich einen Arzt haben,"
rief das Mädchen. „Ist keiner in der Nähe ansässig'?"
„Der nächste wohnt in Dalton, gnädiges Fräulein,"
erwiderte Margarethe.
„So soll Hans uns hinunterführen. Ich werdeJhnen
den besten Arzt schicken, der aufzutreiben ist. Negun wird
leben, er muß leben, um meinem Vater seinen ehrlichen
Namen wiederzugeben und ihre Treue zu vergelten, Mar-
garethe !"
Wenige Minuten später setzte sich der Zug, wie er vor
kaum einer halben Stunde aufgebrochen war, wieder in
Bewegung. Nur Grethe Wilms blieb bei dem Kranken
zurück.
41. Kapitel.
Neue Gefahren.
Nach zwei Stunden mühevollen Marschirens erreichte
die kleine Gesellschaft das Städtchen Dalton. Giralda hatte
ihren Entschluß, der Mutter zu telegraphiren, geändert,
da ein Telegramm an seine Tochter sehr leicht den Arg-
wohn des Grafen erwecken konnte, und ein Brief unteö
der von ihr stets benützten Adresse die frohe Meldung
sicherer in ihre Hände brachte.
gründen könnte. Das Centrum mußte männlich dem
Zorne des Hofes die Stirne bieten, fo aber kroch es
unter deni höhnischen Applaus der liberalen Logen-
klique wie ein geschlagener Pudel zu Kreuze. Wenn
das „Münch. Fremdenbl." ausrust: „Das Hand-
schreiben des Priuzregenten Luitpold ist ein Blitzscblagj.
keine Niederlage", dann muß man, es hilft alles gut-
gemeinte Abwehren nichts, unwillkürlich an eine
Schafheerde, in die der Blitz eingeschlagen hat, denken.
Wir hoffen und wünschen nur ernstlich, daß das Ver-
halten des bayerischen Centrums in andern Ländern
nicht Schule macht, denn gerade in unserer Zeit thun
Männer mit stählernem Rückgrat noth, die einen
Wall, einen festen Wall bilden gegen die Hsckffluth
des höfischen Streberthums.
MiMn U's Imifß«.
Der Hauptgegner des bayrischen Eentrums, der
Bannerträger des Kulturkampfes und
leidenschaftliche Bekämpfer des Vatikanums, Herr von
Lutz, bisheriger bayrischer Ministerpräsident mit dem
Portefeuille des Kultusministeriums, hat seine De-
mission eingereicht und ist vom Priuzregemen mW
einem schmeichelhaften Handschreiben entlassen worden.
Zuni Dank für die geleisteten Dienste übersandte ihm
der Prinzregeut seine Marmorbüste und ernannte ihn
zum Staatsrathe mit dem Titel und Range eines
Staatsministers. Der bisherige Minister des Aeußern
von Cr a i lshe i m wurde zum Ministerpräsidenten
und der Münchner Polizeipräsident Dr. v. Müller
zum Kultusminister ernannt, was soviel bedeutet, daß.
die bisherige Regierungspolitik in gleicher Weise fort-
geführt werden soll. Finanzminister Riedel wurde
bei diesem Ministerwechsel in den erblichen Freiberrn-
stand erhoben.
Irr drMr Wchlnlsz
wird, nachdem er in München in Folge Ser bekannten
Vorgänge rVergl. Leitartikel! nicht stattiinden kann, in
Koblenz abgehalteu werden, lieber den Zeitpunkt
ist Näheres noch nicht bekannt, doch dürste die Tagung,
wie gewöhnlich ans Ende August oder Anfang September
fallen. Gleich nach dem Münchener Zwischenfall nahm
Fürst Löwenstein mehrere rheinische Städte, darunter
auch Köln, in Aussicht. Wir haben schon vor einigen
Tagen mitgetheilt, welche Schwierigkeiten hier die
Lokalfrage gemacht haben würde: in der Stadtverord-
neten Sitzung von Donnerstag hat Herr Bauinspektor
Schultze auf Anfrage erklärt, die Umbauten im Gür-
zenich würden keinesfalls vor Ende Oktober beendeb
„Wir wollen uns erst nach einem Arzt umielm, Frau
Pump, ehe wir nach einer Wohnung suchen," wendete das
Mädchen sich an die Haushällerin.
Frau Pump stimmte zu, und der Arzt war bald be-
funden. Giralda schilderte ihm den Zustand des Krankem
und bat ihn, all' seine Kunst zur Rettung desselben auf-
zubieten. „Ich werde die nächste Zeit >n Dalton bleibenZ
schloß sie, „und mir täglich Auskunft bei Ihnen holen"
Ihm eine Zehnpfundnote als einstweiliges Honorar über-
reichend, verabschiedete sie sich von dem alten Manne» der
ihr versprach, Alles, was in seinen Kräften stand, für
Negun zu thun.
„Grethe Wilms und und ihre Hütte kenne ich," bemerkte
der Arzt. „In etwa einer Stunde werde ich dort und
gegen Abend werde ich in der Lage sein. Ihnen Bescheid
über den Kranken zu geben."
Vor einem Pastetenbäckerladen blieb der kleine Sckä-
ferbursche stehen, um seine Begleiter zum Eintreten cuffzu-
sordern. „Hier wohnt Frau Haskell, zu der ich Sie führen
soll" sagte er, die Ladenthür öffnend.
Die Frau hinter dem Verkaufstisch lächelte ihren Gästen
freundlich entgegen. Giralda erklärte ihr, daß sie von
Grethe Wilms an sie empfohlen sei und bei ihr Wohnung
nehmen möchte-
„Wen die gute Grethe zu mir schickt," entgegnete die
Walliserin herzlich, „ist mir willkommen, und es trifft sich
gerade, daß ich auch Ihrem Wunsch entsprechen und Ihnen
zwei Zimmer überlassen kann. Bitte wollen Sie dieselben
ansehen?"
Borausgehend führte sie ihre Gäste in das erste Stock-
werk, in welchem sie ihnen zwei sehr einfach möblirre, aber
äußerst saubere Zimmer zeigte. Giralda erklärte sich mit
dem geforderten Preise für Miethe und Kost einverstanden.
und setzte sich mit einem Gefühl der Erleichterung auf das
Sopha nieder, dann packte sie ihre Schreibmappe aus, um
ihrer Mutter in vorsichtiger Weife von Allem, was ge-
schehen war, Kenntniß zu geben, und Lord Gcosveuor von
ihrem gegenwärtigen Aufenthalt zu benachrichtigen.
Fortsetzung folgt-