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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 81 - Nr. 90 (11. April - 22. April)
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Verantwort!. Redakteur: F. Z. Lnappe
tu Heidelberg.

Inserate die 1-spaltige Petitzefle oder deren Raum 10 H
Reklame 25 Für diesige Geschäfts- und Privat»
anzeigen, sowie sür Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt¬
bewilligung. Expedition: Zwingerstrahe 7.
1890?

Druck u. Verlag von Gcbr. Hubrr in Heidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

täglich mit Ausnahme der Sonn- M Feiertage.
^vnemevtdpreiS mit dem «bcheutlichruUnterbaltungs-
tz^,„Der SovatagSbote" sürHeidelberg monatlich SV
v^rägerlohu, durch di e Pofi bezogen Viertels, »tt 1.80 ftanco.


Durch den Eintritt Emin Paschas in deutsche
hMte hat die deutsche Kolonialpolitik wiederum ein
Mtes Interesse gewonnen. Wenn auch der Zug
U'n Paschas mit einer deutschen Trnppenmacht zum
^"vria-Nyanza-See keineswegs als ein Eroberungs-
oiifzufassen ist, so ward doch mit Emin Paschas
Ae eine neue deutsche Kolonialpolitik in Angriff ge-
l^vn-n. Emin Pascha ist General-Gouverneur der
Nchland durch Verträge gehörigen und sonst über-
i,^rwn Gebiete geworden und soll zunächst dort
s^kben thatsächlich in deutschen Besitz bringen und
^Grenzen sichern, wo die letzteren nicht genau be-
sind. Dies ist wesentlich der Fall im Norden
dem Viktoria-Nyanza-See hin, wo nur im All-
s^Nien nach Längen nnd Breitengraden die gegen-
,?^u Interessensphären festgestellt sind. Bei dem
tz^rn Vorgehen der Engländer gerade in jenen
s^zgebieten und bei der Unsicherheit darüber, wie
h '.sich diese Sphären nach Westen ausdehnen, ist
li, rille dringliche Aufgabe, hierüber klare Verhältnisse
schaffen. Das englisch-deutsche Abkommen von
-' theilt die Interessensphären nur bis zum Ost-
!z kr des Viktoria-Nyanza-See's, nach Westen giebt
j^/kink Abmachungen. Dort ist auf weite Länder-
dän noch Vieles zu thun, um die Deutschland
iiU Jahren zugesprochenen Gebiete wirklich in
tz^r?n Besitz zu dringen, uns den Eingeborenen als
dreier zu zeigen, die Grenzen genau zu bestimmen
!j< uns gegen Einsprüche und Gelüste Dritter zu
i^n. Es dürfte daher im gegenwärtigen Augen-
>d^k von Interesse sein, die Entwicklung zn überblicken,
Ae die deutsche Kolonialpolitik genommen hat.
is^er Eintritt des deutschen Reiches in die Kolonial-
i^kgung hat sich zuerst im Jahre 1884 geäußert
so die rasch aufeinanderfolgende Annahme des
Lektorates über verschiedene Gebietstheile von Afrika,
durch deutsche Unterthanen in Besitz genommen
mareu. Diese Gebietstheile, sämmtlich an der
^''üste Afrikas gelegen, sind das Damara- nnd
Khkritz-Land, das Gebiet von Kammerun und das-
von Togo. Sie bedecken zusammen eine Ober-
von nicht weniger als 900,000 Quadrat-
metern. In einer Depesche, welche am 8. Oktober
^der deutsche Geschäftsträger, Baron von Plessen,


an den Lord Granville richtete, wurde die Natür des
Protektorates in folgender Weise desinirt: „Das im
Namen seiner Majestät des Kaisers proklamirte Pro-
tektorat über das in Rede stehende Gebiet (es handelt
sich um das Damara- und Lüderitz-Land) erstreckt sich
wie die englische Negierung ganz richtig voraussetzt,
nicht nur auf die Person der dort ansässigen oder
dort sich aushaltenden deutschen Unterthanen, sondern
auf das Land als solches: dasselbe besitzt daher einen
territorialen Charakter."
Im Jahre 1885 und 1886 erstreckte sich die
deutsche Kolonisation unter Anwendung des nämlichen
Protektorats-Systems,' auch auf die Ostküste von
Afrika. Unmittelbar nach Abschluß des Berliner
Gbneralaktes vom 27. Februar 1885 übernahm die
deutsche Regierung die Souveränität über die von
der deutschen Kolonialgesellschaft im Westen des Sul-
tanates von Zauzibar erworbenen Gebiete (156,000
Quadratkilometer) und stellte dieselben unter ihren
Schutz. Noch im gleichen Jahre wurde dieses Protek-
torat auf das Gebiet von Witu (1352 Quadratkilo-
meter) ausgedehnt nnd im folgenden Jahre auf die
Somali Küste (480,000 Quadratkilometer). Ander-
seits erstreckten sich im Jahre 1885 Deutschlands
Kolonialbestrebnngen auch auf den Großen Ozean.
Der ans Anlaß der Karolinen-Inseln entstandene
Konflikt wurde auf gütlichem Wege beigelegt durch
den schiedsrichterlichen Ausspruch des Papstes und
durch das Protokoll vom 17. Dezember 1885; derselbe
war nur ein Zwischenfall des Kolonisativnsplanes,
dessen Ergebnis in jenem Weltheile sich zur Stunde
in folgender Weise zusammenstellen läßt:
Im Dezember 1885, Besitzergreifung eines Theiles
der Marschall-Inseln (110 Quadratkilometer) durch
das Kanonenboot Nautilus.
In den Jahren 1885 und 1886, Proklamirung
des deutschen Protektorates nach vorheriger Besitzer-
greifung durch die Gesellschaft von Neu-Guinea, über:
1. Einer! Theil der Nordvstküste von Neu-Gninea,
fortan „Kaiser Wilhelm-Land" benannt. (179,250
Quadratkilometer).
2. Den Bismarck-Archipel, eine Inselgruppe im
Nord-Osten von Neu-Guinea, welche bisher auf den
Karten unter dem Namen Neu-Brihain, Nen Jrnland,
Neu-Hannover (52,000 Qudratkilometer) aufgeführt
wurden.
3. Eine Anzahl von Inseln des Salomons-Archi-
pels (22,000 Quadratkilometer).
Das deutsche Kvlonialgebiet besitzt demnach gegen-
wärtig einen Flächeninhalt von 1,700,000 Quadrat-

z, Lreuer Klebe Kohn.
Roman von U. Rosen.
. . <v«chdr. rcrb.»
losen Zettel in ihre Tasche steckend, legte Giralda
' vor Lord Trewor auf den Tisch. „Ah, die
Äyg. wird um acht Uhr hier sein!" murmelte er.
v «i!u sich gleichfalls zwischen acht und neun bei
ssti, Kunden. Er strengt sich nicht sonderlich an, seinem
Höflichkeiten zu erweisen! Ja, wenn ich über
, Fannlienbefitzungen nach eigenem Ermessen ver-
sie nach Belieben vererben dürfte, würde er der
>d ?nd aufmerksamste Neffe sein."
Möglichkeit, daß Beatrice und Lord Ormond sich
Salon des Marquis begegneten, erhöhten die
jd'ralda's von Neuem. Der alte Herr ließ sich
nd einem Borwand von Wig in das anstoßende
rollen, um Mutter und Tochter bei der ersten Be-
>si .S. "'art zu stören.
ihrDu Deine Mama geküßt und Dich genügend
ha gtz entschuldigt haben wirft," sagte er gütig, „so klopfe
" Thür, und Wig wird mich wieder in Deine
Zungen.-
Zeiger auf der Ubr über dem Kamin rückte für
langsam vor. Endlich schlug es acht und fast
. io.fi" fjeß sich ein Pochen an der Thür vernehmen.
Mädchen richtete sich erschrocken auf, strich sich
N dsZO" Locken aus der Stirn und blickte athcmlos
E ösk„4chür, dir sich auf das zitternd gerufene „Herein"
ie. Eine hohe stattliche Dame rauschte in das
ries Giralda jubelnd, um enttäuscht wieder
h.'chw" weihen, als die Emtretende ihren Schleier zu-
Gesicht war dem Mädchen völlig fremd.
V». Ion e Stirn umrahmte goldblondes Haar, das in
ri Uen V" Locken zur Seite der lebhaft gerötheten
verfiel. Goldgefaßte Brillengläser verdeckten
ls"d einige tiefe Linen um den Mund verriethen
des nahenden Alters- Ihr Anzug war von
ichtvarzer Seite, «ud die ganze Erscheinung die

einer hocharistokratischen, nicht mehr jungen, und von
drückenden Sorgen belasteten Dame.
Giralda betrachtete die Fremde wie gebannt.
Die Dame sah sich vorsichtig im Zimmer um, und
nahm dann ruhig ihre Brillengläser ab. Ein Blick in
die dunklen strahlenden Augen genügte Giralda. Trotz
der meisterhaften Verkleidung erkannte sie ihre Mutter
und warf sich ihr ungestüm in die Arme.
„So haben ein wenig Puder, einige gemalte Linien,
eine Perrücke und etwas Wattirung sogar Dich zu täuschen
vermocht," sagte Beatrice, ihre Tochter mit leidenschaftlicher
Zärtlichkeit umschlingend. „Wie bleich Du bist, mein Kind!
Ist Dein Muth schon dahin?"
„O nein, Mama," flüsterte Giralda. „Mein Muth
ist unerschüttert, aber was kann ich thun? Wie soll ich
des theueren Papa Unschuld beweisen? Der Weg, der vor
mir liegt, scheint mir so dunkel —"
„Zunächst," beruhigte Beatrice ihre Tochter, „haben
wir sür den Augenblick nichts zu fürchten. Wenn meine
Verkleidung Dich sogar täuschte, die darauf vorbereitet
war, mich unter anderer Gestalt zu sehen, wird Lord Tre-
wor von meiner Identität gewiß nichts ahnen. Dennoch
will ich zu größerer Sicherheit das Gas etwas herunter-
schrauben."
Nachdem dies geschehen war und sie die Brille wieder
aufgesetzt hatte, zog sie Giralda neben sich auf das Sopha.
„Du hast Heimweh, mein Kind," sagte sie- „Ich wußte,
daß es nicht ausbleiben würde- Du warst zu sehr an das
Vaterhaus gewöhnt. Ist Lord Trewor noch immer so
gütig gegen Dich?"
„So gütig, sanft und rücksichtsvoll, als wäre ich seine
eigene Tochter. O, Mama, er liebt mich wirklich, wie ein
zärtlicher Vater. Ich fühlte mich heute fast strafbar.
Habe ich mir seine Neigung nicht unter falschen Vorspie-
gelungen gewonnen? Würde er mich nicht mit mit Schimpf
und Schande fortjagen, wenn er wüßte, wessen Kind ich
bin? Hintcrgehe ich ihn nicht, während er mir so unbe-
dingt vertraut?"
„Bist Du nicht von der Unschuld Deines Vaters an
dem Verbrechen, dessen man ihn zeiht, und das ihn mit

kilometern. Die Bevölkerung wird von einigen auf
1,250,000, von anderen auf 2 Millionen Köpfe ge-
schätzt. Selbst wenn mail die letztere Zahl als richtig
annimmt, so kommt noch kaum ein Einwohner ans
den Quadratkilometer. In einigen Kolonien, z. B.
im Lüderitz-Land, kommt im Durchschnitt ein Einwohner
auf drei Quadratkilometer. Diese schwache Bevölkerung
ist übrigens durchaus nicht, wie man vielleicht an-
nehmen möchte, eine Bürgschaft sür Frieden und
Ordnung, sondern die Erfahrung beweist im Gegen-
theile, daß die zerstreutesten Völkerschaften am wenig-
stens zum Frieden und zu regelmäßiger Arbeit geneigt
sind. Es könnte darum sehr leicht der Fall sein, daß
die 27 Millionen Kongo Neger leichter zu regieren
sind, als die 2 Millionen neuer afrikanischer und
polynesischer Unterthänen des deutschen Reiches. Im-
merhin hat die Errichtung der deutschen Herrschaft
über diese ausgedehnten Gebiete zn keinerlei ernstlichen
internationalen Schwierigkeiten Anlaß gegeben, beson-
ders seit der Berliner Konferenz. Die von derselben
vorgeschriebenen Formalitäten wurden beobachtet, und
Deutschland konnte mit den Staaten, welchen die an-
grenzenden Gebiete gehören (England, Frankreich,
Holland, Portugal), Verträge abschließen, durch welche
die beiderseitigen Grenzen anerkannt und genau be-
stimmt wurden.

Deutsches Reich.
* Berlin, 11. April. Bon verschiedenen Seiten
wird berichtet, daß der Kaiser am ersten Oster-
feiertage an die Generale und Regiments-
Kommandeure eine längere eindringliche Ansprache
gehalten habe, in welcher er die in der Kabinetsordre
über den Offiziersersatz niedergelegten Grundsätze ent-
wickelte. — Die Vorlage über die Erhöhung der
Gehälter der unteren Neichsbeamten soll dem
Bnndesrath nunmehr bald zugedeu. Es scheint, daß
sie gleichzeitig und in Uebereinstimmung mit dem ent-
sprechenden Gesetzentwurf für Preußen ausgearbeitet
wird, den man im Abgeordnetenhause nach den Ferien
erwartet. — Aus der internationalen Scbutz-
konferenz veröffentlicht der „Reichsanzeiger" nun-
mehr in französischer Sprache das Protokoll über die
Schlußsitzung, über die Beschlüsse der Konferenz und
das Programm für dieselbe. Inhaltlich ist alles hier-
auf Bezügliche längst bekannt. —- Zu den gröbsten
Verirrungen der Bismarck'scheu Politik in den letzten
Jahren gehört auch die Behandlung der Schweiz aus
Anlaß des Falles Wohlgemuth und die Kündigung
des Ni e de rl a ssung sv e rtrages mit der Schweiz

unauslöschlicher Schmach und unverdienter Strafe bedroht
überzeugt wie von Deinem eigenen Lebens?"
„Ja, o ja, Mama!" ricf das Mädchen.
„Du glaubst also, daß Lord Trewor betrogen worden
ist, und er Deinen Papa wieder freudig an sein Herz
nähme, wenn er ihn unschuldig wüßte?"
„Ja, Mama, dessen bin ich gewiß."
„Weshalb also nicht all' Deine Zweifel und Befürch-
tungen verscheuchen, und Dick nicht ganz und gar der
Aufgabe widmen, denNamen Deines Vaters zu reinigen?"
fragte Beatrice. „O, wenn er jemals wieder seinen Rang
und seine Stellung einnehmen, und er sich wieder ohne
Scheu unter Menschen zeigen, wenn er furchtlos umher-
gehen, wenn ich meine Kinder ihrem Großvater und der
Welt zeigen dürfte! Ach, diese ewigen Geheimnisse machen
mich krank, dieses Zittern vor einer Entdeckung tödtet
mich! O, Giralda, wenn Du Deinen Papa mit seinem
Onkel zu versöhnen im Stande wärest, würde ich Dich bis
zu meiner letzten Stunde segnen! Sprich, mein Kind, willst
Du Alles versuchen, es zu thun?"
„An meinem guten Willen fehlt es nicht, Mama.
Wie aber soll ich es anfangen? fragte Giralda traurig.
„Gestern fühlte ich mich der Aufgabe gewachsen, heute
Abend sehe ich überall nur unüberwindliche Schwierig-
keiten."
„Wir haben unsere Rollen getauscht, Giralda. Nach-
dem Du mich gestern verlassen hattest war es mir, als
ob ein mitleidiger Engel Dich nach «schloß Trewor ge-
leitet hätte- Ich bin der Zuversicht, Kind, daß Du für
uns Alle ein großes Glück erkämpfen wirst. Schon ist es
Dir gelungen, dem menschenfeindlichen Greise mildere Ge-
fühle einzuflößen. Du kannst ihn dazu bringen, über den
armen Gottfried zu sprechen und auf jede Weise für die
Unschuld des gnadenlos Vorsolgten eintreten, auch hin
u-wieder an Ormond's Ränkesucht erinnern. Willst Tudies
thun?"
„Gewiß, Mama, ich will es versuchen."
„Bedenke, daß unser Glück von Deinem erfolgreichen
Wirken abhängt! Bedenke, wie sehr Papa sich danach sehnt,
in Sicherheit leben zu dürfen? Denke an Deine Brüder,
 
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