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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 21 - Nr. 30 (26. Januar - 6. Februar)
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Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn-u. Feiertage.
^ldo»u«me«tdpreitz mit dem wöchentlichen Untechaltungs-
„Der Sonntagsbvte" fürHeidelbergmonallichSV^,
DÄ Trägerlohn, durch die Post bezogen viertelj 1.80 franco.

Organ für Aalirlmi, Frerlreit L KeM.

Inserate die 1-spaltize Petitzeile oder deren Raum 10 H
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anzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt»
bewrlligung. Expedition: Zwingerstratze 7.

Ar. A

Berantwortl. Redakteur: F. Z. Knappe
in Heidelberg.

RAldtts, MitIM, ics 4 Wml.

Drucku.Berlag vonGebr. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfiilzer Boten.


?kt kill»!. AkNls Nd iik NckitsskUt
in Äd«.

Ueber dieses Thema bringt die „Deutsche Reichs-
zeitung", bekanntlich eines der entschiedensten Centrinns-
blättcr Preußens, folgenden Artikel „Ans Baden":
Das Großherzogliche Ministerium hat das berech-
tigte Verlangen der katholischen Abgeordneten nach
Zulassung der Orden abermals schnöde abgewiesen und
dadurch das katholische Volk in seinen heiligsten In-
teressen schwer verletzt. Leider hat der katholische
Klerus vielfach nicht diejenige freudige Begeisterung
für die verdienstvollen Ordensmänner, wie dieselben sie
verdienen; leider ist er vielfach auch unempfindlich für
die schmachvolle Behandlung, wie sie seit Jahren der
kathol. Kirche in unserm kleinen Ländchen wiederfährt.
Und so muß man gestehen: die katholische Kirche wird
in Baden gerade so behandelt, wie der Klerus es viel-
fach verdient.
Freilich wünschen die meisten Geistlichen die Orden
herbei, aber nicht alle aus Begeisterung für die segens-
reiche Wirksamkeit derselben, sondern vielfach aus egoi-
stischen Gründen, wegen des Priestermangels. So
eine billige Aushilfe, wenn man krank wird, wenn
man eine größere Reise machen möchte, namentlich in
der beschwerlichen Advents- und Osterzeit, ließe sich
auch der laueste Pfarrer gefallen. Uebrigens hat der
Priestermangel für manche Geistliche wenigstens den
Vortheil, daß sie arbeiten müssen; vor 25 Jahren
war es auf manchen Stellen üblich, daß man sich ein-
fach einen Vikar zum Arbeiten hielt. Zudem sollten
manche Pfarrer bei ihren Bewerbungen mehr ihre
eigene Leistungsfähigkeit, als das Einkommen der Stelle
im Auge behalten. Viele Geistlichen sind auch selber
schuld daran, daß das Publikum nicht an ihre Arbeits-
Ueberbürdung und an Priestermangel glaubt; geistigen
Arbeiten sich widmen ist auf alle Fälle besser, als sich
täglich in Gesellschaften und bei Vergnügungen auf-
halten.
Wir Haden es von Anfang an für einen taktischen
Fehler gehalten, daß man die Nothwendigkeit der
Drden in Baden immer nur mit dem Priestermangel
begründete, woraus für die Regierung wenigstens, die
Folgerung sich ergeben mußte, daß ohne Priestermangel
keine Orden nöthig seien. Wirklich hat auch das
Ministeriums im Landtag den Nachweis geliefert, daß
bkr Zudrang zum Studium der Theologie zur Zeit
nn ganz außerordentlicher, mithin in allernächster
Zeit der Priestermangel beseitigt sei, und man keiner
Klöster bedürfe.

Hm Mn, ein ,,stliitsMMn"3Mi>frk«ck
Stach dem Lolletino Salesinuv erzählt von einein
Salenanischen Mitarbeiter.

.Ich kenne in der That keine solchen Geheimnisse und
Mre begierig sie kennen zu lernen, um die geeigneten Er-
fiärungen zu geben, wenn es in meiner Macht steht. Wollen
!^>kr Gnaden nur mit aller Freimüthigkeit sprechen, und
werde mit gleicher Offenheit antworten."
i, .Ick kann mich hier nicht einmischen; fragen Sie den
'"errn Minister, er wird Ihnen Alles sagen."
„Wenn Euer Gnaden mir nicht sagen können, um
-vas ,ch bitte, so gewähren Sie mir doch wenigstens einen
^sonderen Liebesdienst."
„Und der wäre?"
.Mir eine Audienz be m Minister zu erlangen."
2- „Ja, ich will sehen sie zu erhalten: aber zu dieser
L'unde ist cs sehr schwer. Doch will ich sogleich ansragen.
Karten Sie hier einen Augenblick, aber iprechen Sie mit
Dkwand von der Sache, denn es könnte schlimm aufgefaßt
Iw noch schlimmer ausgelegt werden, zu Ihrem größten
Schaden.
.. Spaventa verließ das Zimmer und begab sich zu Fa-
und nach einer halben Stunde kehrte er mit der Nach-
acht zurück: Der Minister ist sehr beschäftigt und kann
^hnen jetzt keine Audienz gewähren; aber morgen wird
kan Er Ihnen Nachricht geben, wann er Sie empfangen

* .Don Bosco erstattete den gebührenden Dank und
im? kehrte ins Oratorium zurück. ES war 8 Uhr Abends,
er hatte noch nichts gegessen.
H Am nächsten Tage erhielt Don Bosco in der That
^ffsn Bries vom Grafen Borromeo, mit der Mittheilung,
für den folgenden Tag ll Uhr Vormittags der
'"'»er Farini ihm eine Audienz gewähren würde-
Nach dem Abendgebete bei der gewöhnlichen kurzen
^.arede empfahl Don Bosco, es sollten morgen alle in
arr wichtigen Angelegenheit beten, die heilige Messe hören,
wenn möglich auch die Kommunion in seiner Mei-
"0 empfangen; und sein Wort fand guten Boden.

Dies ist aber eine ganz unrichtige Folgerung. Die
Orden bilden eine ganz wesentliche Einrichtung unserer
kathol. Kirche, gleichsam deren Krönung und Vollen-
dung; nur in den Orden lassen sich die evangelischen
Räthe vollkommen erfüllen. So berechtigt wir nun
sind, der Lehre Jesu Christi nach zu leben, so berech-
tigt müssen wir auch sein, die evangelischen Räthe
auszuüben, welche einen Bestandtheil jener Lehre bilden.
Die Freiheit der katholischen Kirche, die Freiheit des
Individuums, die Freiheit des Gewissens, das Wohl
des Staates wie der Kirche verlangt dringend die
Orden. Selbst wenn es Weltpriester im Üebersluß
gäbe, müßten wir zur vollkommenen Entwicklung un-
seres religiösen Lebens Orden haben.
Vor ungefähr drei Jahren cirkulirte in allen ka-
tholischen Gemeinden unseres Landes eine Petition
an den Landtag um Zulassung der Orden, und man
hätte erwarten sollen, daß die Geistlichen sich alle
Mühe gäben, möglichst viele Unterschriften von Männern
hierfür aufzntreiben. In den meisten Fällen hätten
hierzu einige erklärende und ausmunternde Worte aus
der Kanzel genügt.
Der „Bad. Beobachter" brachte später eine Zu-
sammenstellung dieser Petitionen nach Gemeinden nnd
Unterzeichnern. Ich muß offen gestehen; Ich habe
mich dieses Resulats geschämt. Bei manchen Ge-
meinden waren allerdings sämmtliche oder die meisten
Männer unterzeichnet; aber in sehr vielen Gemeinden
hatten sich die Geistlichen — ob aus Angst oder
Gleichgültigkeit oder Bequemlichkeit lassen wir dahin-
gestellt — nicht einmal der Mühe unterzogen, diese
Petition circuliren zu lassen, sondern sie begnügten
sich damit, daß dieselbe vom Pfarramt, oder einigen
wenigen Männern unterzeichnet war; manche Ge-
meinden fehlten auch gänzlich dabei. Statt: „die ge-
sammte Bürgerschaft von N." hieß es dann in der
hetr. Zusammenstellung: „einige Bürger". Hätten die
kathlolischen Abgeordneten nicht ganz anders im Land-
tag auftreten können, wenn sie hätten sich rühmen
können: „Hunderttausende von katholischen Männern,
-überhaupt alle katholisch denkenden Männer, sind
mit uns einig im Verlangen nach Orden," statt daß
es kleinlaut geheißen hat: „Viele Pfarrer und viele
katholische Einwohner wünschen es." Die großher-
zogliche Regierung konnte damals ganz leicht sich aus-
reden und sagen: Der größere Theil des katholischen
Volkes will nichts von den Klöstern wissen. Ich habe
damals zu einigen Bekannten gesagt: „Wenn es diesen
Petitionen nachgeht, bekommen wir keine Orden, weil
wir keine verdienen." Und siehe: Wir bekamen da-
Der folgende Tag der t6. Juli, war das Fest der
Mutter Gottes vom Berge Carmel, und voll Vertrauen
auf den Schutz der seligsten Jungfrau fand sich Don Bosco
frühzeitig im Palast des Ministeriums ein, wo kurz vor
der bestimmten Zeit auch Farini eintraf.
Sobald der Minister Don Dosco sah, drückte er ihm
die Hand mit höflichen Worten und führte ihn in den
Saal, wo nun eine der wichtigsten Besprechungen statt-
fand : denn sie mußte entscheioen über Sein oder Nichtsein
des Oratoriums.
„Sie sind also der Don Bosco," begann Farini. „Wir
haben uns schon einmal zur Stresa im Hause des Abbö
Rosmini gesehen, und ick freue mich, neuerdings ihre Be-
kanntschaft zu macken- Es ist mir bekannt, was Sie für
die arme Jugend Gutes ihun, und die Regierung ist Ihnen
sehr verbunden für den Dienst, den Sie ihr durck dieses
soziale u. philantroppische Werk leisten. Nun sagen Sie mir,
was Sie von mir wünschen.
„Ich wünsche den Grund der wiederholten Unter-
suchungen, die in den letzten Monaten angestellt wurden,
zu erfahren."
„Ja, ich will ihn sagen und zwar mit jener Offenheit,
mit welcher auch Sie mir antworten sollen. So lange
Euer Hochwürden sich mit den armen Kindern beschäftigten
waren Sie immer der R gierungsbehörde wie ein Abgott,
aber seitdem Sie das Gebiet der caristativen Thätigkeit
verließen und das der Politik betraten, müssen wir aus der
Hut sein und ihre Schritte überwachen."
„Gerade das zu erfahren, liegt mir am Herzen, fügte
Dr. Bosco bei. Es war stets mein lebhafter Wunsch mich
von der Politik ferne zu halten und deshalb wünsche ich
sehnlichst zu wissen, welche Thatsachen, mich in dieser Be-
ziehung kompromitliren könnten."
„Die Artikel, welche Sie für die Zeitung „Harmonia"
schreiben, die reaktionären Zusammenkünfte, welche Sie in
Ihrem Hause halten, Ihre Korrespondenz mit den Vater-
landsfeinden, das sind die Thatsachen, welche die Besorgniß
der Regierung Ihretwegen erregen."
„Wenn Euere Excellenz es mir gestatten, werde ich
über das. was Sie nur mitzntheilen geruhten, einige Be¬

rnals keine, wir bekommen auch Heuer keine Orden.
Wenn der Klerus uicht wie ein Mann für die
Orden einsteht, soll man denn von den liberalen Ab-
geordneten mehr verlangen? Die Regierung kennt
den katholischen Klerus nur zu gut und weiß darum,
was sie sich gegen die katholische Kirche erlauben darf.

Deutsches Reich.
-z-» Berlin, 3. Jan. Morgen soll unter Theil-
nahme des Kaisers beim Fürsten Bismarck ein par-
lamentarisches Diner stattfinden. Vom Ceutrum
sind eingeladen die Abg. von Heeremann, v. Hnene
nnd Prinz Arenberg. — Es wird nunmehr offiziös
bestätigt, daß dem neuen preußischen Handelsminister
Herrn von Berlepsch auch die bisher von Herrn
Maybach geleitete Abtheilung des Berg-, Hütte ir-
rend Salinen wesens zugewiesen wird. Eine be-
sondere Abtheilung für die Angelegenheiten des Berg-
baues und der Salzfabrikativn ist erst 1808 gebildet
worden; sie wurde zunächst dem Ministerium des
Innern, dann 1813 dem Finanzministerium, 1817
von neuem dem Ministerium des Innern, 1834 wieder
dem Finanzministerium und endlich 1848 einem be-
sonder» Ministerium für Handel, Gewerbe und öffent-
liche Arbeiten unterstellt.
* Köln, 3. Febr. An der großen Wahlver-
sammlung der rheinländisch en C entrums-
partei nahm, wie bereits erwähnt wurde, gestern
auch der Reichstagsabgevrdnete Tr. Windthorst
theil. Er wurde, als er die Reduerbühne betrat,
stürmisch jubelnd begrüßt und widmete zunächst warme
Worte dem Andenken Franckenstein's, seines besten
Freundes, und sprach dem Kaiser Dank für dessen
ehrendes Gedenken an den Verstorbenen aus. Es sei
uicht Aufgabe des Parlaments, zu allen Vorlagen Ja
zu sagen, eine prinzipielle Opposition sei aber auch
nicht wünschenswerth. Das Parlament solle die Re-
gierung, so oft als möglich, bereitwillig unterstützen,
und eine maßvolle Opposition müsse die Regierung
selbst wünschen. Er wies abermals die Vorwürfe
zurück, das Centrum habe durch die Ablehnung des
Septeunats die Wehrfähigkeit geschmälert. Er meint,
das Kartell würde, wenn es fortdauernd die Mehr-
heit hätte, zur Zerstörung des parlamenta-
rischen Lebens führen! Daher sei das
Kartell unbedingt zu bekämpfen. Die Cen-
trumspartei müsse bestehen bleiben behufs Aufrechter-
haltung der Rechte der Katholiken und Vertheidigung
der Rechte des päpstlichen Stuhles, gegen dessen Ver-
gewaltigung die Katholiken fortgesetzt protestiren müß-
mcrkungen machen, und ich werde mit der Offenheit reden
die Sie von mir verlangen. Ich schicke vor allem voraus
daß ich kein Gesetz weiß, welches verbietet, Artikel für die
„Harmonia" oder für irgend eine Zeitung zu schreiben;
dessenungeachtet kann ich Eure Excellenz versichern, daß
ick für keine Zeitung schreibe, noch viel weniger mit,
assoccirt bin."
„Sie mögen leugnen, so lange Sie wollen; die That-
sache steht fest, daß ein großer Theil der in jener Zeitung
erschienenen Artikel aus der Feder D. Bosco's stammt. Das
ist mit solchen Beweisen belegt, das es Niemand bezweifeln
kann."
„Beweise, die ich nicht fürchte, Herr Minister, und ich
behaupte freimüthig, daß solche nicht existiren."
„Glauben Sie etwa, daß ich erfundene Thatsachen an-
rechne, und daß ich ein Lügner und Verleumder sei?"
„Das sage ich nicht, denn Ew. Excellenz behaupten
nur, was Ihnen berichtet wurde. Aber wenn der Bericht,
der Ihnen gemacht wurde, nicht glaubwürdig ist, dann
sind auch der Natur der Sache nach die berichteten That-
sachen nicht war. In diesem Falle fällt die Schmach der
Verleumdung auf den, der sie erhoben, nicht auf den, der
sie in gutem Glauben ausgenommen.
„Aber indem Sie so reden, Herr Abbö, tadeln Sie
meine Unterbeamten und die Regierung selbst, und ich
mahne Sie, Ihre Ausdrucksweise zu unberufen."
„Ich werde vom Gegenteil mich überzeugen lassen
und Alles widerrufen, wenn Ew. Excellenz mir beweisen,
daß ick nickt die Wahrheit gesprochen."
„Es gehört sich nicht für e.nen guten Bürger, die
Staatsbehörden zu kritisieren."
„Entschuldigen Sie, ick habe nicht im Sinne, eine Be-
hörde zu kritisieren sondern nur die Wahrheit zu sagen
mit dem Freimuthe eines rechtschaffenen Mannes, der sich
gegen falsche Anschuldigungen veriheidigt, und mit dem
Muthe eines guten Bürgers, der die Regierung warnt,
daß sie sich nicht zu ungerechten Urtheilen und Handlungen
gegen treue Unter'hanen verleiten lasse."
(Fortsetzung folgt.)
 
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