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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 131 - Nr. 140 (12. Juni - 22. Juni)
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! Dnicku. Verlag vonGebr. Huber iaHeidelberg
früher Verleger Les Psätzer Boten.

; Berautwortl. Nedatteu:: K. I. Knappe
irr Heidelberg.

Inserate die 1-lkal!ige Pelitzcile oder deren Raum IO
Reklame 25 -H. Für hiesige (KeschLsts- und Privat»
anzcigeu. sowie für JabrcL-Änzeigeu bedeutende Rabatt»
bewrlliguug. Expedition: Zwingerstratze 7.
1890?"

täglich mit rlnStuchme der 8»mr- u. Keiraage.
^donvemenrvprei» wtt dem xbchrrrtlicheu llatechalwngtz-
'ünl „De: SvvnragSdore" fürHeivelbergwo>mtliäStt
^2 Triixrrlohn, durch die Post bezogen Viertels, akl.80 franco.
ikTU


IVO)

„Mir ist es, sagte er,
nicht nur keine Locke-

° Zm PiiiWi Lagt KmsDs.
In Oesterreich ist es Sitte, daß alljährlich beim
Zusammentritt der Delegationen, d. i. jener Körper-
!chast, welche die Heeresausgaben zu berathen und zu
^schließen hat, seitens des Ministers der auswärtigen
Angelegenheiten eine klare Darlegung der allgemeinen
politischen Lage gegeben wird. Als diesmal die De-
lationen in Pest zusammentraten, hielt der Minister
Kaluoky die übliche Rede, in welcher er ganz be-
sonders Deutschlands gedachte.
Ein Bcdürsniß, zu konstatiren, daß, was das Bünd-
Kiß der Centralmüchte betrifft, nicht nur keine Locke-
rung eingctrcten ist, sondern daß dasselbe sich nur
poch mehr geklärt, oertiest und gestärkt hak Das
Ministerium nimmt keinen Anstand, zu erklären, daß
pnserc Beziehungen zu Deutschland nie vertrauens-
voller, klarer und fester waren als jetzt. Seicht wenig
oat hierzu der hochbegabte und t batkräftige
Monarch beigetragen, welcher an der Spitze Deutsch-
lands steht, und dessen scharf ausgeprägte Individua-
lität von vornherein jeden Zweifel und Unklarheiten
ausschließt. Auch der Wechsel i in Reichs kanz-
le ramt hat keinerlei Einfluß aus die festbegründeten
Beziehungen der beiden Staaten ausüben können, und
lvir sehen mit nicht minderem Vertrauen General
lprivi an der Spitze der deutschen Regierung als
bisher den Fürsten Bismarck, mit dem ick stets die
penrauensvollsten und freundschaftlichsten Beziehungen
Ki erhalten die Genugthunug hatte. Nichts kann
'Uehr beweisen, Ivie fest sich das Bündniß bereits ein-
tzewnrzell hat, als der Umstand, daß selbst der Wcch-
'el dreier Kaiser uud der leitenden Staatsmänner im
Aachlmrreiche auch nicht die geringste Veränderung
§Ur Folge gehabt hat. Die Erklärungen, welche in
Berlin und Rom in jüngster Zeit von maßgebendster
^eite abgegeben wurden, bezeugen, wie sehr man auch
"ort von der unerschütterlichen Festigkeit dieses Bünd-
nisses überzeugt ist. Daß die Gegner des Bündnisses
^ersucht haben und täglich versuchen, daran zu rüt-
loln, Zweifel und Mißtrauen in den Bestand bes-
olden zu erregen, liegt in der Natur der Sache und
wll Niemanden beirren. Ebenso wie in den letzten
lU Jahren werden diese Bemühungen auch in Zu-
"lnst vergeblich bleiben. Daß die politische Lage es
fwlhwendig macht, daß die friedlichen Ziele dieses
joündnisses nur bei voller Entwicklung der Wehrkraft
verbündeten Staaten erreicht werden können, mag
^bäuerlich sein ; aber wir müssen mit dieser Thatsache
Esten und auch damit, daß unsere Bundesgenossen

Lrerrer Liede Lohn.
Roman von U. Rosen
(NaLdr. derb.)
. Ormond's Ausflug noch Cardiff war erfolgreich. Er
Potte das einsame Häuschen unler angenommenem Namen
«enstethet, und war mit dem Hausschlüssel zu seinem An-
lesen in der Tasche in heiterer Laune nach Dalton zurück-
Aehrt. Die Läden Städtchens waren erleuchtet Der
Ichvne Apriltag war mit einem Regenschauer zur Rüste ge-
oongen, und nur wenige Leute zeigten sich in den schlüpsri-
Straßen.
„Nun, Wig, batten Sie Glück?" fragte Ormond den
^wner, den er im Tlwrweg des Wirthshauses bemerkte
ypd zu sich beranwinkte.
y. «Ja wohl, Mtstord," antwortete Wig, Ormond in sein
"Minier folgend.
„ „Haben Sie die junge Dame gesehen, ist sie in der Stadt?"
c^f Ormond, seinen durchnäßten Ueberzieher abweisend.
H. „Ich habe Sie nicht gesehen, aber sie ist in der Stadt,
mch einigen Mißglückten Versuchen, ihren Aufenthalt zu
mdccken, erfuhr ich, was ich zu wissen wünschte, durch
Neu Gassenbuben. Er hatte eine schöne junge Dame in
?eglciuing eines kleinen Knaben, einer asten Frau und
Z.tzks Bauernburfchen gestern in den Laden eines Kuchen-
ackers treten sehen "
» „Das sind sie! Tas sind sie!" jubelte Ormond „Sie
Men Ihre Sache gut gemacht, Wig, und Sie sollen mit
"drer Belohnung zufrieden sein- Ist Perkins noch immer
ckit gekommen?"
„Nein, gnädiger Herr."
»>, ..Seltsam! Er muß auf falscher Fährte sein. Der
^fsw'ch wird mich doch nicht verrathen, in einem seiner
. stllveiljgen Anfälle von Gewissensbissen doch nicht zu Bca-
iein aegangen sein?" murmelte Ormond- „Nein, nein,
h n Treue bin ich gewiß Dennoch will ich mich beeilen,
».'ch durch die Heirath mit Giralda nach jeder Richtung
" Ücker zu stellen."
T^Der Diener wagte nicht, Ormond aus der schmerzlichen
aurnerei zu erwecken, in die er versunken war.

bei uns in demselben Maße aus volle Krasteutwicke-
lung zum gemeinsamen Schutze rechnen, wie wir dies
bei ihnen Zu thuu berechtigt sind. Unsere Beziehun-
gen zu anderen Staaten in Europa sind ganz befrie-
digend, so daß wir die Hoffnung hegen können, daß
etwa austanchende Gefahren im Sinne des allgemeinen
Friedensbündnisses behandelt werden können.
Im weitern Verlause seiner Ausführungen über
die äußere Lage kam er auf die Beziehungen zu den
Balkanstaaten zu sprechen: In Bulgarien sind die
Verhältnisse dieselben wie im Vorjahre; die Regie-
rung Bulgariens kvnsvlidirt sich nunmehr und der
Minister möchte sagen, das Schicksal Bulgariens liegt
in der Hand Bulgariens. Läßt sich Bulgarien auf
keine politischen Experimente ein, sondern schreitet in
seiner Entwickelung fort, so steht seiner Konsolidirung
nichts im Wege. Bezüglich Serbiens beruft sich
Kaluoky auf das im Vorjahre Gesagte. Damals gab
die Regentschaft und die Regierung eine Verwahrung,
daß sich in den bisherigen Beziehungen zu den aus-
wärtigen Staaten nichts geändert hätte. Allerdings
beruhen solche freundschaftlichen Beziehungen auf Gegen-
seitigkeit, und wenn er auch nicht behaupten wolle
noch beweisen könne, daß diese Gegenseitigkeit serbischer-
seits absichtlich verletzt wurde, so könne er doch anderer-
seits nicht in Abrede stellt, daß durch die Verände-
rung in der inneren Polstik, durch die Ueberhandnahme
der radikalen Strömung diese Gegenseitigkeit einiger-
maßen gelitten habe. Kaluoky betonte, daß haupt-
sächlich durch die Liceuz der Presse in Serbien die
Autorität der Regierung sehr geschmälert sei; es wäre
wünschenswerth, wenn die serbische Regierung Mittel
sande, um ihre Autorität zu stacken. Nebrigens 'ei
Serbien nicht selbständig und kräftig genug, um allein
Verwicklungen herbeisühren zn können. Zu Rumä-
nien seien die Beziehungen nach wie vor gute.
In den wirtschaftlichen Beziehungen trat noch keine
Aenderung ein.
Als der Delegirte Biliuski den Minister auf die
Verschwörung Panitza's hinwies, aus derselben schloß,
daß solche Verschwörungen nur in Folge der Nicht-
anerkennung des Fürsten möglich seien und anfragte,
ob die Anerkennung weitere Fortschritte gemacht habe,
antwortete Kaluoky, daß er der Anschauung des Vor-
redners, daß die Verschwörungen mit der Anerkenn-
ungsfrage in Verbindung stehen, nicht zustimmen könne.
Auch unter Alexander seien Verschwörungen vorge-
kommen. Der Erhebuugsverfuch wurde von der Be-
völkerung nicht ernst beachtet. Die Verschwörung sei
nicht von innen entstanden, sondern von außen herein
„Sie haben den Boae! gefunden, Win," fuhr Ormond
fort, „ich habe einen Käfig für ihn lnsorgt, und ein kleines
einsames Landhaus in der Nahe von Pelten gemielhet.
Wir müssen die junge Dame zwischen jetzt und Tagesan-
bruch fortschaffen. Können wir einen Wagen bekommen?"
„Ja, gnädiger Herr."
„So werde ich Giralda uud ihren Bruder fortbrinaen,
während Sie nach der Felseuhütte fahren uud Fran Pitt
in mein Landbaus bei Pelten abholen, wo ick sie als Haus-
hälterin und Kerkermcifterin brauche. Aber Eile, Verschwie-
genheit, Wig."
„Werde Alles bestens aussühren. Doch wie sollen wir
uns der jungen Dame und ihres Bruders bemächtigen?,,
„Giralda war heute den ganzen Tag eiugesperrt und
wird wahrscheinlich, sobald die Dunkelheit ihr Sicherheit
verspricht, frische Lust schöpfen wollen. Bor dem Regen
fürchtet sie sich nicht. Wir werden in der Nähe des Bäcker-
ladens auf der Lauer liegen."
Ein Wagen wurde gemiethet, und Ormond erklärte dem
Wirth, der über diese Laune des vornehmen Herr erstaunt
war, er wollte des strömenden Regens ungeachtet einen
mehrtägigen Ausflug in die Umgegend machen.
Ein wenig später schlichen Ormond und Wig in einen
dunklen, dem Bäckerladen gegenüberliegenden Thorweg.
Eine Stunde verging in peinlichem Warten und Lauschen-
Sie wird nicht kommen," murmelte Ormond enttäuscht.
„Der entsetzliche Regen hält sie zurück, und ich bin ge-
zwungen, mich bis morgen zu gedulden. Gab es jemals
etwas Aergerlicheres?s
„St!" flüsterte Wig, seine Hand auf Ormond's Arm
legend.
Der Bäckerladen wurde geöffnet und ein schmaler Licht-
strahl fiel auf das Straßenpflaster. Die beiden Männer
rüsteteten sich wie die Tiger zum Sprung.
„O, ich fürchte mich gar nicht, Frau Haskell," hörten
sie eine Stimme sagen, in der sie die Giralda's erkannten.
Gegen den Regen bin ich geschützt, und als Begleiter habe
ich mein Brüderchen mitgenommen- Und dann ist es auch
gar nicht weit bis zum Doktor."
„Ich weiß es, gnädiges Fräulein," antwortete Frau

getragen worden. Was die Anerkennnngsfrage betrifft,
so sei Nichts geschehen. Die Regierung sei durch den
Berliner Vertrag gebunden und müsse die Haltung
der übrigen Mächte abwarten. In praxi sei für Oester-
reich hieraus kein Nachtheil erwachsen, da trotzdem,
wirthschaftliche Beziehllngen angeknüpft werden konnten.
Alle diese Darlegungen klingen ebenso friedlich,
wie die ins Ungemessene wachsenden Forderungen für
Heeresverstärkungen, Waffen w. kriegerisch anssehen.
Auch Oesterreich muß gleich seinem Bundesgenossen
Deutschland erhebliche Me hrso rd ern nge n für
Militärzwecke bewilligen, dpck ist man dort noch ziem-
lich bescheiden, den die ös^rreichische Regierung fordert
von den Delegationen insgesammt nur Millionen
Gulden (etwa l> Millionen Mark) mehr für Kriegs-
zwecke als im Vorjahre. Die Festnngsartillerie soll
wesentlich verstärkt und ein neues Kavallerieregiment
errichtet werden: dazu kommen die Forderungen Mr
rauchloses Pulver und kleinkalibrige Gewehre, deren
Einführung von Fachleuten für unerläßlich .rklärt
wird. Wenn wir die hohen Beträge betrachten, welche
im deutschen Reichstage schon wieder für Heeresver-
stürknng rc. verlangt werden, dann können wir nickt
anders, wir müssen die Oesterreicher beneiden, die auck
keinen größeren Gefahren von Außen her ausgesetzt
sind, obwohl sie in keinem Polizeistaate wohnen, der
seine .steuerzahlende Bevölkerung über die Grenze der
Leistungsfälligkeit hinaus sür den geliebten norsdentscken
Militarismus anspauucn will.

Deutsches Reich.
Berlin, 1k. Juni. Der ..Reichsanzeiger"
brachte, was schon feit Jahren nickt der Fall war,
gestern einen Leitartikel. Derselbe soll, so nimmt
wenigstens die „Köln. Volksz." an, vom Kultusmini-
ster versaßt sein, vertheidigt die Haltung der Regie-
rung in der Sperrgeldersrage mit den bekannten Gründen
des Ministers und wiederholt die nnerwiesene Behaup-
tung, der Papst habe die Gründzüge der Vorlage ge-
billigt. Außer dem Bischof, General-Vikar und Dom-
kapitel einer Diözese seien, so weit bekannt, auck Mit-
glieder der Centrumspartei schließlich für Annahme
der Vorlage eingetreten. (?) Der Reichs Anzeiger
hofft, der Zwischenfall werde die bestehenden friedlichen
Verhältnisse in keiner Weise beeinträchtigen. Bei all-
seitigem guten Willen würden die aus der Kulturkampfs-
zeit noch vorhandenen Stimmungen des Eentrums,
aus denen heraus zeitweise Versuche zur Verschärfung
der Gegensätze gemacht würden, allmälig sich verlieren.
Wenn die „Franks. Ztg." in einer kurzen Besprechung
Haskell, „aber ick wünschte doch, ich hätte Jemanden, den.
ich mit Ihnen schicken könnte."
„Wozu, liebe Frau Haskell? Geben Sie mir nur das
Obst und die übrige» Leckereien für den Kranken. Wur
werden bald wieder zurück sein."
Frau Haskell überreichte Giralda ein Glas mit einge-
machten Früchten und ein Packet mit Backwerk und schloß
die Thür, während Giralda und Egon unter ihrem Regem
schirm dem Hanse des Doktors zueisten.
Die beiden Schurken, Herr und Diener, stahlen fick
hinter das junge Paar uud folgten ihnen mit glitzernden Aug-m
und lauerndem Blick-
45. Kapitel.
In der Falle.
Als Giralda und Egon die nächste Straßenecke er-
reichten, in deren Nähe Ormond» Wag-n wariele, ergriff
der Wind Giralda's Schirm uud drohte ihn unwrkmcken'
Das Mädchen blieb stehen, um ihn wieder in Ordnung zu
bringen und den Regenmaniel fester an sich zu z-ehen
„Das Wetter ist schlimmer, als ich mir dachte wir wockn
umkehren, Egon, Du könntest Dich erkälten," sagr-
Schwester.
„O nein, Giralda, gehen wir nur wetter." bat der Knabe.
„Du möchtest so gern wissen, wie der Kranke sich befindet."
Giralda ließ sich überreden, und die Geschwister warm
im Begriff, ihren Weg fortzusetzen, als ein leiser Pfiff er-
tönte und die beiden Männer sich auf ihre Beute stürzten.
Eine ächzende Frauenstimme, eines Kindes entsetzendes
Siöhuen, und Giralda und Egon waren hilflos vru den
Händen ihrer Häscher umkrallt. „Kein Wort, — kem
Schrei, Giralda !" flüsterte Ormond grimmig. ..Sie Viffen,
wer ich bin. Bei dem ersten Laut, den Sie ausstoßen, nm
Hilfe cinzurufen, erwürge ich Ihren Bruder so undedenk
lich, wie man einen Wurm zertritt."
Giralda unterdrückte den Schrei, der auf ihren L'pven
zitterte. Sie konnte nicht denken, nicht überlegen Sie
wußte nur, daß ihr Feind sie aufgesuuden und wieder in
seiner Gewalt hatte. Sich mehr um den Bruder, als um
sich selbst ängstigend, streckte sic ihren Arm aus, den Knaben
zu umschlingen. (Fortsetzung folgt-)
 
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