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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 51 - Nr. 60 (2. März - 13. März)
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täglich mit AuSucchmr der Tonn- u. Feiertage.
°Nue«eutstzr<is mit dem «öchartlicheuUnterhalwngs-
Z.DerEountagSbote" für Heidelberg monatlich 5V
^rägerlohn, durch die Post bezogen viertelj. 1.80 franco.

Dnllku.Verlag von Gebr. Huber inHeidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

Verantwort!. Redakteur: F. Z. Knappe
in Heidelberg.




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jg Die Bestürzung und Verblüffung der Kartellbrüder
L angesichts der Wahlniederlage im Musterstaate
groß. Bei den Septeunatswahlen stolperten
: sich ein Karlsruher Korrespondent der „D.
" treffend ausdrückt, in einen bedeutenden
hinein, und heute ist der Liberalismus fast
Ruine. Wem sollte da der Schrecken nicht
? die Züge des Angesichts treten'? Kein Wunder,
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Treuer Liebe Kohn.
Roman von U. Rosen.
(NllHdc. Lerb.)
h,. Nur wenige kleine Häuser waren sichtbar, das Dorf
tz,.stete sich jenseits des Hügels aus und zeigte sich ihrem
IjZck erst, als sie auf der Höhe angelangt war. Die freund-
h^kn steinernen Wohngebäude lugten aus grünen Gärten
HJvvr, die röthlich schimmernde Kirche mit ihrem schlanken
gArin, der mit Bäumen bepflanzte Marktplatz machten
das junge Mädchen den Eindruck eines verzauberten
°rses.
tz -Der Wagen rasselte geräuschvoll durch die engen, steilen
;,Äen. Noch ruhte das Schweigen der Nacht auf dem
Dörfchen, die Läden waren geschlossen und die meisten
^er Bewohner lagen noch in tiefem Schlaf.
f,j. Der Wirth des goldncn Hirschen kam vor die Thür,
s«,^n Gast zu begrüben und geleitete Giralda in ein
Tales Schlafzimmer, in dem sie fröstelnd auf dem
^hg P^tz nahm, bis eine schlaftrunkene Magd erschien,
im Ofen anzündete und den Befehl empfing, ein
^stück zu bringen.
bh Müde und mit verstörtem Blick durchmaß Giralda das
^mpsx kleine Zimmer. Ihr Hinaustreten in die Welt
T nicht so angenehm, wie sie es sich ausgemalt batte.
H'kkenvoll wanderten ihreGedanken zurück zu der sonnigen
dj^ath, die sie verlosten hatte, zu den Themen, die in
b>,i»n Stunden noch nichts von ihrer Flucht ahnten, und
itzfdk Welten darum gegeben haben, wenn sie jetzt wieder
Zimmer, unter dem schützenden Dach ihres Vater-
tKs Härte sein können. Es bedurfte all' ihrer Willens-
ih»Z' 'dre hcrvorquellenden Thronen zurückzudrängen und
EU Muth aufrecht zu erhalten.
h,--.Es war meine Pflicht, selbst für mich zu sorgen,"
tza'Enielte sie immer wieder. «Ich durfte Mama nicht die
"ie Last und Sorge für die Ihrigen allein überlassen."
iMsxM't der zunehmenden Wärme des Zimmers und dem
steigenden Tage erstarkte ihre Zuversicht wieder. Nach-
«nr ')E ihr einfaches Frühstückverzehrt und ihre Toilette
Msrischt hotte, lieb fie den Wirth zu sich bitten.

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h Mrzung und Kummer mit unverbaltener Wuth
mit schlechtverdecktem Ingrimm nm die Wette
Seiten! Das zeigte sich besonders am Abend
Tages der Stichwahl in der badischen Residenz,
die beiden unzertrennlichen Kultnrverschleißer
?.Efer und Fieser ihre Getreuen in der Schrepp'schen
Erhalle versammelten. Als das Ergebniß der Stich-
ahl bekannt wurde, ging Anfangs ein beredtes
Zweigen und Erstaunen durch die Reihen der kultur-
Aissenen Männer, das aber bald in Drohungen und
^asenhaste Spektakeleien überschlug. Der Kultur-
, Ehsch Fieser auf dem Schilde liegend, erhob sich zum
Aschen Redefluß, und wer sollte es glauben: Er
Adelte seine unzweideutige Niederlage iu einen sröh-
^Ehcu Sieg um, und er bauschte seinen grapsen
Durchfall zu einem Ereignis; von hoher politischer
^Edeutung auf; so rasch versteht sich das liberale
Vollblut mit gegebenen Thatsachen abzufinden und
^.szusöhnen. Des Herrn Oberstaatsanwaltes „Po-
rsches Sterben" bedeute Leben — er sei blos dem
'>nstnrm einer grundsatzlosen Parteiverbindung zum
?-pfer gefallen, und das liberale Philisterthum nickte
g^hlgefällig Beifall und hoffte unverdrossen auf künftige
Äsere Zeiten. Also bedeutet Fiesers Untergang einen
r^mph sthxr politische Charakterlosigkeit! — eine
^che Logik bringen die Leute vom Antikartell aller-
Ms so leicht und in so kurzer Zeit nicht fertig,
^cr sicht denn Fieser noch nicht ein, daß er zu den
'fertigen" gehört? Dem niedergeworfenen Freunde
^ssßte natürlich Kollege Kiefer zu Hilfe eilen, und er
Urte das Wagniß in seiner Weise aus, indem er
drvnnerkeile herabsandte aus dem offenen breiten
, Unde auf die Volksverdummung durch Ultramontane
'H'h Klerisei, und indem er schlechtfitzeude Streiche
Freisinn und Demokratie austheilte. Es sei die
Ochste Zeit, daß man das wählende Volk endlich
^wal gründlich aufkläre über die Gefahr des
S7)


Jesuitismus, und daß man den freien Bürger
wieder mehr empfänglich mache für die Ideale des
Liberalismus, und es müsse ein selbstbewußtes unab-
hängiges Bürgerthum geschaffen werden, das sich den
Verhetzungen und Aufblähungen des Klerikalismus
gegenüber als widerstandsfähig erweise. Immer der
alte Phrasenschreier und Polterer, unser unerreichter
Herr Kiefer! — er kommt über die Redensart nicht
hinaus, und bleibt stets in puren Aeußerlichkeiten
stecken, so daß es zum Erbarmen ist.
Und wem weist der Edle die hohe Kultnraufgabe
zu, das Volk des Landes der „Eigentümlichkeiten" für
die Ziele des abgehausten Liberalismus wieder zu er-
neuern: Niemand Anderen als den Volksschullehrern,
den natürlichen Trägern, Vertretern und Vertheidigern
der liberalen Doktrin — die Lehrer seien die berufenen
Organe, durch deren Hülfe und Unterstützung der
Liberalismus wieder zu neuem Leben erblühen müsse.
Da aber die Möglichkeit vorliegt, daß die „muster-
staatlichen," vom Liberalismus durchsäuerten Volks-
schullehrer die Uubill und Vernachlässigung noch nicht
vergessen haben könnten, die ihnen Ehrenfieser bei
Gelegenheit der Berathung des Beamtengesetzes un-
klugerweise zu appliciren für angemessen erachtete, so
lenkte das Haupt der „Nationalen" vollbewußt ein,
und Kiefer versprach den Lehrern Gehaltsaufbesserung
und Gewährung anderer stillen Wünsche in allen
Formen — vorausgesetzt, daß sich sie gut halten und
liberalen Parolen pariren würden. Die Elementar-
lehrer müßten von der liberalen Mehrheit des Land-
tages so sorgenfrei gestellt werden, daß sie sich mit
Lust und Liebe an ihre schwere Lebensaufgabe heran-
nahten. Und der Inhalt dieser Mission? Das Volk
müsse zu wahrer Religiösität, Humanität und Duld-
samkeit erzogen werden, und es müsse hinausgehoben
werden über die Vorurtheile und Unziemlichkeiten
„ultramontaner" Bestrebungen auf dem Gebiete der
Schule und Bildung, und griffen die Lehrer ein in
den Kampf gegen Versumpfung und konfessionelle
Verschraubung, so dürften sie der Sympathie der
Liberalen stets versichert sein. Eine wohlfeile Bezeu-
gung der Theilnahme! — sie gipfelt in der Erwartung
daß die Lehrer dieser Einladung zum Kampf gegen
„Pfäfferei" keine Folge leisten; sie werden sich noch
rechtzeitig daran erinnern, daß die Männer des Cen-
trums einem solchen vom Zann gebrochenen Hader
nicht mit verschränkten Armen zuschauen würden. Eins
müssen wir noch betonen: Kiefer hat in seiner gewaltigen
Rede — um im Jargon der „Badischen Landesztg."
zu reden! — sein ganzes großes Herz ausgeschüttet,
„Wie weit ist es von bier nach^ Treworpark? ' fragte
sie, als er in ehrerbietiger Entfernung stehen blieb-
„Eine kalbe Stunde etwa gnädiges Fräulein," ent-
gegnete der Wirth mit einem verwunderten Blick auf die
junge Fremde.
Giralda öffnete ihre zierliche kleine Börse und zog
das Inserat Lord Trewor's hervor, das sie aus der
„Times" ausgeschnitten hatte. „Ich bin hier, um mich
auf diese Ankündigung zu melden," sagte sie, dem Wirth,
dessen rechtschaffenes Gesicht ihr Vertrauen einflößte, den
Papierstreifen hinreichend. „Ich möchte mir gern meinen
Lebensunterhalt verdienen und glaubte, für die hier ange-
botene Stelle die genügende Befähigung zu besitzen. Würden
Sie so gütig sein, mir einige Auskunft über Lord Trewor
zu geben, Herr Wirth?"
Der alte Mann las die gedruckten Zeilen sorgfältig
durch und starrte dann in offenbaren Staunen auf das
liebliche junge Wesen. „O, es wird Ihnen auf Schloß
Trewor durchaus nicht gefallen," rief er kopfschüttelnd.
„Sie sehen aus wie eine vornehme Dame, und der Herr
Marquis ist wunderlich — schrecklich wunderlich. Er hält
nur drei Dienstboten, die alte Wirthschafterin, den Kutscher
und Wig, seinen Kammdiener und Krankenwärter- Was
den gnädigen Herrn auf den Einfall brachte, eine Gesell-
schafterin und Vorleserin zu suchen, begreife ich nicht. Wig
war gestern Abend drüben auf der Post und sagte mir, er
hätte mehr als fünfhundert Briefe auf diese Ankündigung
vorgefunden. Sie sind aber die Erste, die sich persönlich
meldet. Wig meint, der Herr Marquis möchte eine Dame
um sich haben, die ihm vorlesen, Vorsingen und mit ihm
plaudern könnte. Das ist Alles, was er von seiner Ge-
sellschafterin beansprucht."
Giralda's Gesicht erhellte sich. „O, diese Dinge ver-
stehe ich recht gut," versicherte sie, „und wenn er noch keine
Andere angenommen bat, wird er mir die Stelle vielleicht
geben. Ist der Herr Marquis schon sehr alt?"
„Fünfundsiebzig, gnädiges Fräulein. Er ist reich wie
ein Krösus, cber es ist schrecklich einsam im Schloß, und
er hat außer Wig Niemand, mit dem er ein Wort sprechen
könnte. Er ist ein harter, strenger, geiziger Mann- Ach

und er hat auch mit den kleinsten und unscheinbarsten
Betteleien nicht zurückgehalten.
So äußert sich das „muster-staatliche" Mißver-
gnügen über den fatalen Wahlerfolg der Liberalen.
Mögen sie toben und wüthen — sie haben den Nach-
theil, und das Centrum macht eine reiche Ernte;
mögen sie auch alle erdenkbaren Bundesgenossen zum
Kampfe gegen den „Ultramontanismus" aufrufen, das
Centrum wird sich die Palme des Sieges nun und
nimmermehr aus der festen Hand reißen lassen, im
Gegentheil: die Begehrlichkeit des Centrums ist durch
die offenbaren Wahlerfolge nur gereizt worden, und
es wird nicht ruhen bis sein herrliches Programm
vollauf in all' seinen Theilen erfüllt und zur vollen-
deten Thatsache geworden ist — den großen Männern
und Rednern des Liberalismus zum Aerger u. Trotze
dem katholischen Volk aber zum Trost und Segen.

Deutsches Reich.
* Berlin, 10. März. Die Lohnbewegung
beginnt hier mit Beendigung der Wahlbewegung wieder
und dürfte in diesem Frühjahr mindestens denselben
Umfang annehmen wie im Vorjahre. In der Lohn-
bewegung stehen die Gärtner, Tischler, Schmiede,
Schlosser, Maschinenbauer, Stellmacher, Schneider,
Schuhmacher, Bäcker und die Bauarbeiter (Zimmer-
leute und Maurer). In drei großen Versammlungen
haben dieser Tage die Maurer beschlossen, von der
im vorigen Jahre gestellten Forderung: neunstündige
tägliche Arbeitszeit und 60 Pfg. Stundenlohn nicht
eher abzutassen, bis dieselbe erreicht sei. Die Gärtner
wollen eventuell schon in diesem Monat streiken. —
Ueber die angekündigten Neuforderungen für
Militärzweckeu schreibt die „Lib. Korr.": Wie
von anscheinend unterrichteter Seite verlautet, würden
nicht weniger als 60 Batterieeu Feldartillerie, abge-
sehen von den erforderlichen Pionier- und Traintruppen
verlangt werden. — Bekanntlich hat erst am 1. Apvil
v. I. eine Vermehrung der Feldartillerie stattgefunden.
Nachdem am 1. April 1887 die Zahl der deutschen
Feldbatterieen von340 auf 364 erhöht war, sand zum
1. April 1889 eine Erhöhung des Präsenzstandes der
Batterien von rund 3000 Mann und 3838 Pferde
ausschließlich Bayern statt, behufs vermehrter Be-
spannung von Geschützen und Munitionswagen. Die
damalige Erhöhung verursachte einen jährlichen Mehr-
aufwand von 20s Millionen Mk. und beruhte auf
einem Kompromiß zwischen weitergehenden Forder-
ungen des Generalstabes und dem damaligen Kriegs-
minister Bronsart v. Schellendorff. Da nun in den
Gott, er war immer karg, aber seit sein Lieblingsneffe,
Gottfried Trewor, ein so trauriges Ende nahm, ist der
gnädige Herr zehnmal schlimmer geworden-"
„Gottfried Trewor?" wiederholte Giralda fragend.
„Ja, gnädiges Fräulein. Seines Bruders Sohn,
welcher der Erbe des Herrn Marquis geworden wäre.
Der junge Herr soll, wie sie erzählen, einen Versuch ge-
macht haben, seinen Onkel zu berauben und zu ermorden
und ihn wirklich an der Schulter verwundet haben, aber
nicht jeder bier zu Lande glaubt die Geschichte, denn einen
edleren, großmüthigeren jungen Mann wie Gottfried
Trewor trug die Erde niemals- Er starb in Brasilien,
der Arme. Lord Trewor spricht, wie Wig sagt, beständig
von seinen beiden Neffen und ist noch immer furchtbar er-
bittert auf Gottfried, der nun schon viele Jahre in seinem
Grabe ruht."
„Armer Greis," seufzte Giralda. „Ec scheint sich sehr-
einsam in der Welt zu fühlen."
„Er ist es auch, gnädiges Fräulein; aber so geizig er
sein soll, lieben ihn seine Leute dennoch. Es sieht den
Herrn Marquis recht ähnlich, seinen Namen unter eine
solche Ankündigung zu setzen, was doch sonst bei derlei
Sachen nicht üblich ist; allein was kümmert's ihn, ob
etwas üblich ist oder nicht. Es wird Ihnen im Schlosse
nicht gefallen, gnädiges Fräulein. Es ist dort sehr öde und
traurig."
„Ich will wenigstens einen Versuch wagen Wenn ich die
Stelle nicht bekomme, dann muß freilich wieder zurück.
Könnte ich um zehn Uhr einen Wagen haben, der mich
dorthin führt?"
Der Wirth mochte den Muth des jungen Mädchens,
für das er eine lebhafte Theilnahme empfand, nicht noch
mehr herabstimmen, und versprach, der Wagen würde zur
festgesetzten Stunde in Bereitschaft sein-
Pünktlich um zehn Uhr bestieg Giralda, ihre Reise-
tasche in der Hand, den Wagen. Die Verkaufsläden waren
jetzt eröffnet, die Krämer standen vor ihren Thüren oder
lehnten träge vor ihren Ladentischen. Da kein Markttag
war, gab es für die Händler fast nichts zu thun und alles
Leben im Dorfe schien ausgestorben. Das kleine Tbal mit
 
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