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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 51 - Nr. 60 (2. März - 13. März)
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BeraotworÜ. Ardaitrur: F. L. Knappe
m Heidelberg.

für Unfa^'
festen U!^
lfnahme vo^
ller-Versicb^
'der näher"
eit.
aße 91.

Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum 10 H
Reklame 25 . Für diesige Geschäfts- und Privat¬
anzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt-
bewilligung. Expedition: Zwingerstratze 7.
1890

Badischer Balksdalc

»int tL-ltch mit Avkmchwe der Sonn- n. Feiertage,
nenteutdpreidmit dem wöchentlich« Unterhalwngs-
^b.,DerSvnntagSbote" sürHeidelbeigmonallichSS^
^rägnloh», durch di e Post bezog« virrtüj. ^t l.80 ftanco.

Dnrck u. Verlag von Gebr. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.






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Z.s 8ksktz n» IlMStzmiBWdiiR.
Kaum ist wohl je ein in die betreffenden Ver-
E?»isfe tiefer einschneidendes Gesetz gegeben worden,
.das Reichsgesetz vom 6. Juni 1870, welches trotz
nunmehr beinahe zwanzigjährigen Bestehens
A den wenigsten gekannt und von noch weniger»
stunden wird. Es dürfte daber ein kurz gehaltener
U»atz nur dazu angethan fein, allen Volksschichten
»billigsten Aufklärungen hierüber zu geben.
r Durch die Freizügigkeit und das allgemeine Recht
freien Wohnsitznahme ist dem alten Heimathsrechte
wesentlichste Bedeutung genommen worden.
Irrend vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 6. Juni
^'0 der Erwerb des Heimathsrechtes an ganz be-
^bite Bedingungen geknüpft war, wird nunmehr
dort ortsangehörig, wo er sich nach seiner Wahl
unabhängig von irgend welchen Voraussetzungen
Zerläßt.
st..Die wesentlichsten Bestimmungen dieses, sür Bayern
Mens nicht geltenden Gesetzes sind folgende.
h. Durch die Ortsangehörigkeit wird jedermann Ge-
^'hdemitglied, und als solches erwirbt er nach zwei-
s>Mgem ununterbrochenem Aufenthalte den Unter-
(dungswohnsitz, das heißt, den Anspruch an den
-sta rmenverband auf öffentliche Unterstützung im
dxr Hilfsbedürftigkeit. Die Unterstützungspflicht
(Mßt nach dem Gesetze die Gewährung eines Ob-
des unentbehrlichen Lebenunterhaltes, der er-
^Erlichen Pflege in Krankheitsfällen, und im Falle
^ Ablebens die Gewährung eines angemessenen Be>
Suisses. Diese öffentliche Unterstützung wird neben
Ortsarmenverband unter gewissen Voraussetzungen
Landarmenverband ausgeübt. (Ges. 88 2—8.)
Unterstützungswohnsitz wird erworben durch
, schalt, Verehelichung oder Abstammung.
Durch Aufenthalt, und zwar nach zweijährigem
^verbrochenem Aufenthalt nach zurückgelegtem vier-
i?.- anzigstem Lebensjahre. Diese zweijährige Frist
b^nt mit dem Tage, an welchem der Aufenthalt
Ivanen hat. Der Eintritt in eine Kranken-, Be-
oder Heilanstalt schließt für die Dauer des
tzj^'äthaltes in dieser Anstalt jedoch den Beginn
zweijährigen Frist ans. Der Lauf der einmal
^Niienen Frist ruht während der Dauer der von
sfjjEüi Armenverbande gewährten öffentlichen Uuter-
iim'Uig, wie auch der Lauf unterbrochen wird
den von einem Armenverbande bei einem andern
Ma gestellten Antrag ans Anerkennung der Ver-
>^Mung zur Uebernahme der Hilfsbedürftigen.

Warme
zügiiches
rr-Bräu
k/.

. -1- ' F- .. >>
Treuer Kieke Kohn.
Roman von U. Rosen.
(Nachdr, Verb.)
st j.^iralda, strahlend und heiter wie eine junge Psyche,
D Seite ein jugendlicher Ritter, empfing und gelei-
Eltern zu ihren Plätzen. Hinter dem Sessel der
hatte fick, wie gewöhnlich, Maria Fleck ausgestellt-
rstkn verlief in zwanglos fröhlicher Weise. Em Spa-
v^Ri? durch den Hain beschloß das traute Familienfest.
?>k gebend kam dem kleinen Kreise nur zu scynell. Als
sA^ichänge zugezogen und die Lampen angezündet worden
^tx"' verdunkelten die Schatten der Trennung alle Ge-
^"Aenn ich mir nur etwas verdienen könnte," dachte
„dann hätte Mama nicht nöthig, in beständiger
um uns, immer unterwegs, immer blos auf wenige
,, als Gast in ihrem eigenen Hause zu weilen."
K Ane? 'hrer Tochter begleitet, begab sich Beatrice in
st rgsk eidezimmer, um sich für ihre Rückkehr nach London
Uj)?nen. leate ihre einfachen, hübschen Gewänder ab
^«t-»handelte fick wieder in die angebliche, altersgebeugte
ij Nljllliaada Fleck's.
st.^stalda war der Mutter in scheinbarer Ruhe behilf-
c Käsend die heftigste Erregung ihre Seele durchwogte,
khe ich nicht Ivie eine ehrbare alte Frau aus?"
Ndj. Beatrice, sich lächelnd in dem goldumrahmten Pfei-
betrachtend. ^Mir fehlen nur noch ein Paar
'Brillengläser. Ich pflegte sie sonst auf meinen
vstkn ^erster zu tragen, aber Niemand achtete aus meine
deshalb entledigte ich mich der verunstaltenden
'kij^i wieder. Aber jetzt, mein Lieblina," fügte sic in
rtem Tone hinzu, .muß ich Dir Lebewohl sagen."
umarmte ihre Tochter, dir sich mit seltsamer Jn-
c. stj. »» sie schmiegte, drückte sie an ihr Herz, und ließ
ijsstk» xw.ern eigenthümlichen Gefühl schweren Verlustes
,st yy st". In Kummer und Thronen verabschiedete sie
k hrem Gatten und ihren Söhnen, und eilte hin-
.cv »e>i vor dem Thore harrenden Waaen.
^Etzt muß ich meine Rolle als Beatrice Berril

billig


«Ges. 88 9—21, 64, 65. j Entfernt sich eine Person
nur zeitweilig, so wird, wenn aus den Umständen die
Absicht hervorgeht, daß der bisherige Aufenthalt nicht
vollständig aufgegeben werden sollte, die zweijährige
Frist nicht unterbrochen.
Zweitens wird, wie erwähnt, der Unterstützungs-
wohnsitz erworben durch Verehelichung, und zwar
theilt die Ehefrau ohne weiteres vom Tage der Ehe-
schließung ab den Unterstützungswohnsitz des Mannes.
Geschiedene oder vom Manne böslich verlassene Ehe-
frauen können selbstständig einen Unterstützungswohn-
sitz erwerben.
Als drittes Bedingniß zur Erwerbung des Unter-
stützungswohnsitzes war oben genannt die Abstammung.
Die Kinder haben den Unterstützungswohnsitz des
Vaters, beziehentlich nach dem Tode des letzteren, und
uneheliche Kinder stets denjenigen der Mutter und
zwar so lange, bis sie nach Maßgabe der vorstehend
unter 1 und 2 gedachten Bestimmungen diesen Unter-
stützungswohnsitz verloren oder einen eigenen Unter-
stützungswohnsitz erworben haben.
Bei Ehescheidungen theilen eheliche Kinder den
Unterstützungswohnsitz der Mutter, wenn dieser die
Erziehung znsteht. (Ges. H 20.)
Die Ehesrau gilt als selbständig in Bezug auf
Erwerb und Verlust des Unterstütznngswohnsitzes,
wenn sie während der Haft — auch Korrektionshaft
— des Ehemannes oder in Folge ausdrücklicher Ge-
nehmigung desselben oder kraft des Landesgesetzes von
demselben getrennt lebt. (Ges. 8 17.) Die Selb-
ständigkeit beginnt auch, Ivie erwähnt, mit dem Zeit-
punkte der böslichen Verlaffung und verliert ihre
Wirkung, wenn die Scheidung noch vor Ablauf von
2 Jahren erfolgt. Ein Wechsel, der in den Unter-
stützungswohnsitzverhältnissen der Eltern nach erreichtem
vierundzwanzigsteil Lebensjahre der Kinder eintritt,
hat keinen Einfluß auf den Unterstützungswohnsitz der
letzteren. Verliert die Mutter Unterstützungswohnsitz
und Reichsangehörigkeit durch Verheirathung an einen
Ausländer, so werden die Kinder, die bisher ihren
Unterstützungswohnsitz theilten, landarm.
Der Unterstützungswohnsitz wird verloren "durch
Erwerbung eines anderen oder durch zweijährige un-
unterbrochene Abwesenheit nach zurückgelegtem vierund-
zwauzigsten Lebensjahre. Zieht jemand über zwei
Jahre und länger irgend umher, so hat er überhaupt
keinen Unterstützungswohnsitz mehr und fällt als Land-
armer dem Lvndarmenverbande zur Last. Hat dage-
gen die Abwesenheit weniger als zwei Jahre gedauert,
wieder aufnehmen," dachte sie, sich in die Kissen des Wagens
zurücklehnend, und bitterlich weinend. „Eine ganze Woche
muß ich nun Glück und Freude entbehren "
Giralda stand an der Schwelle der Gartenpforte und
blickte dem entschwindenden Gefährt nach.
„Es wird lange dauern, bis ich Mama wiedersehe,"
murmelte sie, als das Rollen der Räder verhallt war. „Ich
darf nicht warten, bis die Theure zurückkehrt. Ach, es ist
meine unabweisliche Pflicht, Eltern u. Geschwister zu ver-
lassen und in die Fremde zu ziehen. Wenn Mama sich
überzeugt haben wird, daß ich nicht zu schwach für den
Kamps mit der Welt bin, wird sie meine Energie segnen."
Mit einem Blick trauriger, aber heiliger Entschlossen-
heit kehrte sie wieder in das Haus zurück.
9. Kapitel.
Die Jagd beginnt.
Es war noch früh am Abend, als Beatrice in ihrer
bescheidenen Verkleidung sich langsam dem Hause ihres
Vaters näherte. Die Straße war dunkel und von dem
flackernden Lickt dcr Gasflammen nur spärlich beleuchtet,
nur wenige Menschen waren sichtbar. Mit der Vorsicht,
die ihr zur zweiten Natur geworden war. hielt Beatrice
den angenommen Charakter einer alten Frau vom Lande
fest, und während sie scheinbar mit Anstrengung vorwärts
schritt, schickte sie schnelle und spähende Blicke umher.
Die Emvfangszimmer des gräflichen Palastes waren
hell erleuchtet und die Vorhänge herablassen. An den
Fenstern war kein Gesicht zu bemerken. Das Seilenpfört-
chen stand verödet da- Auf jener Seite der Straße ließ
sich Niemand sehen, aber drüben lehnte ein Mann an ei-
nem Laternenpfosten, als erwarte er die Ankunft eines
Freundes.
Dieser Mann war der Detektive.
Lady Beatrice sah ihn prüfend an. Immer voll Be-
sorgniß, Furcht und Argwohn, betrachtete sie den Fremden
mit großer Aufmerksamkeit, entdeckte aber in seiner ruhigen
Haltung nichts, das ihr Angst einslößen vermocht hätte.
„Ich bin zu mißtrauisch," dachte sie, die Stufen der Hinter-
thür langsam hinansteigend. „Aber eine wie leichte und
einfache Sache wäre es für einen meiner Feinde, mich durch

so ist auch der bisherige Unterstützungswohnsitz nicht
verloren gegangen.
In allen den Fällen, bei welchen die Feststellung
des Unterstützungswohnsitzes nicht sofort ermöglicht
werden kann, ist zur vorläufigen Unterstützung derjenige
Ortsarmeuverband verpflichtet, in dessen Bezirk der
Hilfsbedürftige sich gerade befindet. (Ges. 8 28.)
Dieser Ortsarmenverband ist aber berechtigt, von dem
Ortsarmenverbande des Unterstützungswohnsitzes so-
wohl die Erstattung der Kosten der vorläufigen Unter
stützung, als auch die definitive Uebernahme der Hilfs-
hedürftigen zu verlangen.
Erstattnngsklage gegen den zur vorläufigen Unter-
stützung verpflichteten Ärmenverband, der sich dieser
Verpflichtung entzogen hat, ist zulässig und gehört,
soweit nicht auf einen Privatrechtsgrund Bezug ge-
nommen wird, vor die Verwaltung.
Wird jemand in bereits vorhandenem hilfsbedürf-
tigen Zustande aus einer Straf-, Kranken-, Bewahr-
oder Heilanstalt entlassen, so ist stets derjenige Land-
armeuverband, aus welchem seine Einlieferung in die
Anstalt erfolgt ist, zur Uebernahme verpflichtet. Er-
kranken Personen, die im Gesindedienste stehen, Gesellen,
Gewerbsgehilfen und Lehrlinge am Orte ihres Dienst-
verhältnisses, und fallen sie sonach dem Ortarinenver-
bande des Dienstortes zur Last, so muß dieser auf
die Dauer von sechs Wochen die Kur und Verpflegung
übernehmen, ohne daß er einen Anspruch auf Er-
stattung der Kosten gegen den Ortsarmenverband des
Unterstützungswohnsitzes oder des Landarmenverbandes
hat. (Ges. 8 29.) Nur wenn die Erkrankung länger
als sechs Wochen dauert, ist der an sich verpflichtete
Armenverband für den über diese Frist hinausreichen-
den Zeitraum die Kosten zu tragen und beziehentlich
zu erstatten verpflichtet. Jedenfalls aber muß dem
ersatzpflichtigen Verbände sieben Tage vor Ablauf der
sechs Wochen Anzeige gemacht werden, widrigenfalls
die Verpflichtung erst mit dem siebenten Tage nach
der späteren Anzeige eintritt.
Zur Uebernahme Unterstützungsbedürftiger, deren
Unterstützung nicht lediglich aus vorübergehenden
Gründen nvthwendig wird, ist der Ortsarmenverband
verpflichtet, welchem die definitive Uebertragnng der
Kosten zufällt. Ist hiernach der Laudarmenverband
übernahmepflichtig, so steht ihm die Berechtigung zu,
sich des Ortsarmenverbandcs des Aufenthaltsortes
als seines Organs zu bedienen.
Der Anspruch auf Kostenerstattung beziehentlich
auf Uebernahme ist bei dessen Verlust von dem vor-
läufig verpflichteten Ortsarmenverbande nach eingeheu-
einen Detektive überwacken zu lassen. Bah ! Wie oft habe
ich in all' den Jahren an diese Möglichkeit gedacht, und
doch Haden sich meine Befürchtungen stets als grundlos
erwiesen. Freilich kann ich nie vorsichtig genug sein "
Sie klopfte an die Hinterthür und in demselben Au-
genblick wurde diese von Magda Fleck geöffnet, welche die
Ankunft ihrer Herrin bis auf die Minute berechnet
hatte.
„Komm herein, liebe Tante," rief Frau Fleck mit
lauter, schallender Simme und reichte ihrer angeblichen
Verwandten den Arm. „Die Dienstleute sind fast alle oben
bei der Herrschaft. Komm' nur gleich in mein Zimmer,
Du arme, liebe Seele, und erwärme Dich "
Die Beiden schritten dem Zimmer Magda's zu. Nie-
mand begegnete ihnen auf dem Wege dorthin. Die Kam
merfrau verriegelte erst ihre Thür, ehe sie den Eingang
in die Gemächer ihrer Gebieterin öffnete. Beatrice eilte
in ihr glänzend erleuchtetes und angenehm durchwärmtes
Ankleidezimmer und warf ihre ärmlichen Gewänder ab.
„Ich verließ die Lieben in Birkenhain alle wohl," sagte
sie seufzend. „Marie schickt Dir viele Grüße. Du mußt
sie nächsten Sonntag besuchen. Giebt es etwas Neues
für mich? Hat sich irgend etwas zugetragen? Gebt es
meinem Vater gut?
„Ja, Euer Gnaden,"erklärw Magda mit einem ver-
legenen Blick nach der Thür, an welcher am Morgen ein
neues Schloß befestigt worden war- „Dem Herrn Grafen
geht es gut, und während Ihrer Abwesenheit hat sich etwas
Wichtiges zugetragen."
Der Ton Magda's erschreckte Beatrice. „Was ist ge-
schehen?" fragte sie- „Sprich, Magda."
„Letzten Abend," erwiderte Magda zögernd, „siel eine
Kohle vom Rost auf den Teppich und glimmte dort weiter
und erfüllte das Zimmer mit Rauch. Der Kammerdiener
des Herrn Grafen rief .„Feuer," der gnädige Herr u. Lord
Ormond stürmten hierher, stießen die Thür ein —"
„Nun ?" fragte Beatrice, deren Augen wie zwei feurige
Sterne glühten. „Und sie entdeckten meine Abwesenheit?"
Fortsetzung folgt.
 
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