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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 71 - Nr. 80 (28. März - 10. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42837#0297

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Druck u. Verlag von Kedr. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

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llatz.

der Schulpflicht genügt haben. Kinder unter dem
vollendeten vierzehnten Lebensjahr dürfen weder Nachts
noch Sonntags arbeiten. Die wirkliche Arbeitszeit
für Kinder darf nicht länger als sechs Stunden, mit
einer halbstündigen Ruhepause dauern. Siebentes
müssen alle Kinder von jeder gesundheitsgefährlichen
Beschäftigung ferngehalten werden, oder doch nur
dann verwandt werden, wenn ganz besondere Schutz-
vorrichtungen getroffen find.
Aehnlich lauten die Beschlüsse über die jugend-
lichen Arbeiter. Es wird empfohlen, die jugend-
lichen Arbeiter beider Geschlechter zwischen 14 und
16 Jahren weder Sonntags noch Nachts arbeiten zu
lassen, und dafür zu sorgen, daß ihre wirkliche Ar-
beitszeit 10 Stunden im Tage nicht übersteigt, wobei
eine Ruhepause von anderthalb Stunden eingeführt
werden soll. Für gewisse Industrien sollen auch hier
Ausnahmen gestattet sein, wie auch bei ungesunden
Beschäftigungsarten Einschränkungen geboten sind.
Ferner empfiehlt es sich, für Knabenfvon 16 bis 18
Jahren Schutzbestimmungen hinsichtlich des Maximal-
arbeitstages, der Nachtarbeit, der Sonntagsarbeit und
der speziellen Sicherung bei gesundheitsgefährlicher
Arbeit zu treffen. Auch hier zeigten sich viele Mei-
nungsverschiedenheiten. Beider Altersgrenze trat
besonders der dänische Vertreter Bramsen dafür ein,
daß das Alter für alle Arten der Industrie dasselbe
sein soll. In der Frage der Schulpflicht trat
Schweden sofort auf den Boden der zuletzt gefaßten
Beschlüsse, Belgien und Holland aber enthielten sich
der Abstimmung, weil die Frage bei ihnen, wo kein
Schulzwang bestehe, zu viel Kontroversen anre-
gen würde. Herr Topsoe, der Vertreter Dänemarks,
wies darauf hin, daß sich das dänische Gesetz, welches
den Schulbesuch bis zum 13. Jahre und wenn das
Schnlexamen nicht bestanden wird, bis zum 14. obli-
gatorisch macht, nicht mit dem von der Konferenz an-
genommenen Beschluß vereinigen ließe, der das 12.
Jahr als Eintrittsjahr in die Fabrik bezeichne. Even-
tuell steige hierdurch die Grenze für die Zulassung
zur Fabrik bis zum 14. Jahre, was er bedauere, da
in Dänemark der Unterricht so geregelt sei, daß die
Kinder wenigstens einen halben Tag zur Fabrik gehen
könnten. Was die Son nta gs a rb e it der jugend-
lichen Arbeiter anbetrifft, so machte der holländische
Vertreter den Vorschlag, daß es den nicht christlichen
Religionsangehörigen z. B. den Juden erlaubt sein
soll, einen anderen Tag als den Sonntag zu feiern.
Der Ausschuß für Bergwerke eröffnete seine
Sitzungen mit den Darlegungen der Mrgwerksver-

Ak »lkmiimlk AckiinsWmskmz
Hot am Freitag ihre letzte Sitzung abgehalten und
Egendes Resultat verzeichnet: Der Ausschuß für die
«rauen- und Kinderarbeit svrmulirte das Ergebniß
^iner Berathungen dahin, daß es Wünschenswerth sei;
ästens die Nacht- und Sonntagsarbeit für Frauen
"hd Mädchen über 16 Jahre zu verbieten ; zweitens die
wirkliche Arbeit auf höchstens elf Stunden im Tage
öu beschränken, und eine Ruhepause von mindestens
h'/» Stunden dazwischenzulegen; drittens verheirathete
Mauen erst vier Wochen nach ihrer Niederkunft zur
Arbeit zuzulassen. Für gewisse Industrien sollen Aus-
nahmen gestattet und für einzelne besonders ungesunde
Nhd gefährliche Beschäftigungsarten noch weitergehende
Einschränkungen als die oben angeführten zulässig sein.
Ai der Diskussion über Nachtarbeit gingen jdie
Meinungen sehr auseinander; dreizehn Delegationen
Karen für Ausschluß der Nachtbarschast bei Mädchen
^vn 16 bis 21 Jahren, Spanien enthielt sich der Ab-
"iuimung, während Belgien und Luxemburg erst nach
Kwissen Einschränkungen zustimmten. Für den Aus-
schluß der Nachtarbeit bei Frauen über 21 Jahren
airnmten sieben Staaten Deutschland, Oesterreich, Täne-
kork, Großbritanien, Niederlande, Schweden und
Schweiz. Mit Nein stimmten sechs: Belgien, Spa-
ren, Frankreich, Ungarn, Italien und Portugal,
«benso erfolgte die Abstimmung über die Arbeits-
bauer der Frauen und Mädchen erst unter
Manchen abweichenden Meinungsäußerungen. Ungarn,
Mankreich, England und Portugal stimmten für den
iflstündigen Arbeitstag; Belgien, Spanien und die
Schweiz enthielten fich der Abstimmung, während
Deutschland, Oesterreich, Dänemark, Italien, Luxem-
yarg, Niederlande, Schweden und Norwegen für die
längere Zeit stimmten. Die Vorschläge über die
Moueuarbeit nach der Niederkunft und über die Ar-
^kit bei ungesunder Beschäftigung wurden einstimmig
^genommen.
lieber Kinderarbeit wurde Folgendes festgesetzt:
ist Wünschenswerth, daß Kinder beider Geschlech-
te, welche ein bestimmtes Alter noch nicht erreicht
hoben, von der Arbeit in industriellen Etablissements
Ausgeschlossen werden. Diese Altersgrenze ist aus 12
^ahre festzusetzen, mit Ausnahme der südlichen Länder,
Kv sie 10 Jahre betragen darf. Diese Altersgrenze
lall ohne Unterschied für jedes industrielle Unterneh-
ken gelten; Ausnahmen sind nicht gestattet. Die
Minder müssen viertens vor dem Eintritt in die Fabrik

okuss
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Brrautwortl. Redakrur: F. I. Knappe
in Heidelberg.

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^scheint tilglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage.
A>»nncm«»1SpreiS mit dem wöchentlichenUnterdnlrungs-
„Der SonntagSbote" sLrHridelberg monatlich KV H
TrSgerlohn, durch di e Posi bezogen vierteln 1.80 franco.


nach der warmen Neigung, dem innigen Anschmiegen eines
anderen Wesens.
Sie haben mein Herz bereits erobert. Ich möchte
wissen, ob Jbre Eitern mir die Einwilligung gäben. Sie
als meine Enkelin zu advptiren. Ich wünschte, so lange
mir noch zu leben vergönnt ist, ein junges Gesicht um
mich zu haben, das fröhliche Lachen von Kindern um mich
zu hören! Nock niemals sah ich ein Gesicht, das ich schon
beim ersten Anblick so sehr liebte, wie das Ihrige, niemals
ein Wesen, dem ich so sehr vertraute, wie Ihnen; wenn
ich Sie adoptirte, mein Kind, hätten Sie nicht nöthig, die
Ihrigen aufzugeben.
Sie sollten vielmehr dos Recht haben, sie zu besuchen,
so oft cs Ihnen gefiele. Ich habe aus meinen Einnahmen
ein bedeutendes Vermögen gespart, über das ich nach Wahl
verfügen darf. Nach meinem Tode soll es in Ihren Be-
sitz übergehen. Wollen Sie mir eine Enkelin werden,
Giralda?"
„Sie sind sehr, sehr gütig, Herr Marquis," erwiderte
Giralda erglühend. „Und ich wäre nickt gezwungen, Papa,
Mama, Rupert und Egon aufzugeben?"
„Gewiß nicht."
„Und ick dürfte Rupert von dem Gelde, das Sie mir
schenken wollen, studiren lassen?" fragte das Mädchen mit
strahlenden Augen."
„Ich könnte Mama die Möglichkeit verschaffen,
immer zu Hause zu bleiben? Ich dürfte mit dem Gelde
thun, was mir beliebte?"
„Ja, Kind, was Ihnen beliebte. Ich würde Ihnen
an dem Tage, an dem ich Sie gesetzlich adoptirte, ein Ein-
kommen sichern, das für die Erfüllung aller Ihrer groß-
müthigen Wünsche ausreichte!"
Giralda sprang sreudcglühend von ihrem Sessel auf.
Ihre Augen schwammen in Thränen. „So will ich Ihre
Enkelin sein," sagte sie mit vor Dankbarkeit zittternder
Stimme, „will immer bei Ihnen bleiben und mich be-
mühen, Sie so glücklick zu machen, als es mir möglich ist.
Und — und, ich will Sie von ganzem Herzen lieben, ich
liebe Sie jetzt schon um Ihrer großen Güte willen."
Zitternd und erröthend stand sie vor ihm, einen Augenblick

hältnisse der einzelnen Länder und beschloß dann, über
drei Fragen zu berathen. Die erste lautete: Soll
Kindern unter einem gewissen Alter und Personen
weiblichen Geschlechts die Grubenarbeit verboten sein?
Ferner soll der Arbeitstag in gesundheitsschädlichen
Gruben abgekürzt werden? Drittens: kann man im
öffentlichen Interesse, nm die Kontinuität der Kohlen-
förderung zu sichern, die Grubenarbeit einer interna-
tionalen Reglementirung unterwerfen? Zuletzt sah
man von der Formulirung bestimmter Beschlüsse ab
und einigte sich nur, als Beantwortung dieser drei
Fragen einige Wünsche aufzustellen. In der ersten
Frage wünscht man, daß die Altersgrenze, unter welcher
Kindern die Zulassung zur unterirdischen Arbeit ver-
boten sein soll, auf das 14. Lebensjahr, in südlichen
Ländern auf das 12. festgesetzt werde, und daß die
Arbeit unter der Erde für Frauen verboten sein soll.
In der Frage der Abkürzung der Arbeits-
zeit in gesundheitsgefährlichen Räumen der Berg-
werke drückte man den Wunsch aus, die Arbeit zu
beschränken für den Fall, daß es der Bergwerkswissen-
schaft nicht gelingen sollte, alle schädlichen Einflüsse
fernzuhalten. Dabei sollte es jedem Lande überlassen
bleiben, wie es dieses Ergebniß herbeiführen will,
sei es auf legislativen oder administrativen Wegen
oder auf Grund einer Verständigung zwischen
Arbeitgebern und Arbeitern, wie es den Grund-
sätzen und der Praxis des Landes entspricht. Der
dritte Punkt betreffend dieRegelnng der Kohlen-
förderung auf Grund internationaler Vereinbarung
gab bei der Schwierigkeit des Gegenstandes Anlaß zu
manchen Debatten. Schließlich einigte man fich zur
Formulirung ungefähr folgenden Wunsches: Es sei
zu wünschen, daß die Sicherheit des Arbeiters und
die Unschädlichkeit der Arbeiten durch alle Mittel,
welche die Wissenschaft bietet, gefördert und unter
Aufsicht des Staates gestellt werden; ferner daß die
technische Befähigung der Ingenieure, welche die För-
derung leiten, staatlicberseits festgestellt werde. Drittens
sollen die Beziehungen zwischen Arbeitern und Arbeit-
gebern, respektive den Ingenieuren die engsten und
direktesten sein, damit zwischen beiden Faktoren Ver-
trauen und gegenseitige Achtung Platz greife. Viertens
wird gewünscht, daß die Hilfs- und Sicherheitsein-
richtungen, lvie sie auch in jedem Lande organisirt
sein mögen, so viel wie möglich vervollkommnet werden,
namentlich alle Einrichtungen, welche bestimmt sind,
den Arbeiter gegen Krankheit, Unfall, vorzeitige In-
validität zu schützen, gegen Alter und Tod zu ver-
sichern, kurz alle Einrichtungen, welche geeignet sind,
zögerte sie, um dann, ihrem sankbaren Herzen gehorchend,
ihn zu umarmen und einen Kuß auf seine Stirne zu
drücken.
Die Wirkung ihrer kindlichen Liebkosung war wunder»
bar und ergreifend.
Thränen traten dem Greise in die Augen Und sein
Gesicht zuckte schmerzlich.
Seit Jahren hatte ihn Niemand geküßt, und Giralda's
Liebkosung brachte in ihm die Erinnerung an die kind-
lichen Küsse des Knaben zurück, der an seinen Busen ge-
schlummert und dessen vermeintliche Schlechtigkeit ihm das
Herz gebrochen hatte.
„Kind, mit den Augen, welche ich so. sehr liebte,"
flüsterte er, „von diesem Moment an sind wir durch ein
Band mit einander verbunden, das nimmer zerrissen werden
kann."
Er zog sie sanft an sich und hauchte einen väterlichen
Kuß auf ihre Wangen.
„Ich werde Deine Mama aufsuchen, sobald wir nach
der Stadt kommen," sagte er.
„Ich werde in allen Theatern nach ihr ausschauen,
und sie wird uns zu Deinem Papa begleiten. Ich muß
auch Rupert und Egon kennen lernen. Wer weiß, Giralda,
ob ich nun doch nicht in kurzer Zeit eine kleine Familie
um mich versammelt haben werden? Dein Papa und ich,
wir werden miteinander Freundschaft schließen, wir werden
uns über Spanien unterhalten, und nächstes Jahr werde
ich mein Hans in der Stadt eröffnen, und Dich in die Ge-
sellschaft einführen."
„Ich bin ' schon recht ungeduldig, Deine Eltern und
Geschwister kennen lernen."
„Und ich kann es nicht erwarten, sie Ihnen vorzu-
stellen, Mylord. Wie glücklich wird Mama, wie froh wird
Papa sein, wenn ich Sie zu ihnen bringe! O, Derr Mar-
quis, meine innigste Dankbarkeit, meine höchste Verehrung,
meine aufrichtigste Ljebe wird Ihnen für die unvergleich-
liche Großmuth gehören, die Sie mir und den Meinen
erweisen."
Fortsetzung folgt.

TreuerKiede Kohn.
Roman von U. Rosen.
kNotzdr. eerb.)
. „Sie verzichtete voraussichtlich darauf, um der Noth-
-^udigkeit auszuweichen, Sie in einen Kreis von Schau-
klelern einzuführen. Sprach Sie fich jemals entschieden
"Sen Ihren Besuch Londons aus?"
. „Nein, Herr Marquis, aber sie wiederholte öfters,
sie mich nicht um alle Welt allein dorthin gehen
„. „Sie werden auch nicht allein gehen, Kind- Es wird
Tyr Vergnügen machen. Sie mitzunehmen und Ihnen all'
zj* Sehenswürdigkeiten der Metropole zu zeigen, um die
?*eude zu beobachten, die Ihr frisches junges Gemüth, bei
Anblick all der Wunder, die sich Ihnen offenbaren
*Erden, empfinden muß."
, . .Man hat Ihnen vielleicht gesagt, daß ich herzlos und
Mg bin, weil ick abgeschlossen lebe und wenig Bedürf-
te habe. Aber für wen sollte ich mein Haus öffnen?
habe in der ganzen weiten Wclt keinen Menschen, der
, 'ch liebt. Weswegen sollte ick mir den lästigen Zwang
Zerlegen, Leute, die mir gleichgültig sind, um mich zu
sammeln?"
. Er lehnte seinen Kopf in die Kissen seines Sessels zu-
und blickte müde und kummervoll auf seine junge
desährtin.
„Er ist doch ein vornehmer Mann mit einem warmen,
^°ßen Herzen," dachte Giralda." Wie majestätisch dieser
Anßumrahmte Kops mit den edlen, strengen trügen aus-
- -Es siebt Niemand auf Erden," sagte sie, schüchtern
HTvthend, „der nicht Liebe gewänne, wenn er bereit ist,
«be zu empfangen und zu gewähren."
in Trcwor's scharfblickende schwarzen Augen lasen
'orcm lieblichen, unschulvigen Gesicht wie in einetn
kenen Buch.
. «Konnten Sie mich lieben?" fragte plötzlich. „Ich
LUe. wie Ihren Vater oder Ihren Großvater, mein
itz"° Ich bin sünsundfiebzig Jahre alt, aber das Herz
seltsames Ding. So lange eS pulsirt, sehnt es sich

2.
 
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