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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 61 - Nr. 70 (14. März - 27. März)
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Berautwortl. Sledakem: F. L. Mappe
m Heidelberg.

Druck ».Verlag von Gebe. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten»

Inserate die 1-spaltigc Petitzeilc oder deren Raun, 10 H
Reklame 25 Für hiesige Geschäfts- und Privat-
anzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt»
bennlligung. Expedition: Zwingerstratze 7.
1890

Badischer ViMiMk
»t täglich mit Ausnahme der Soun- u. Feiertage.
evtdpreiS mit dem wöchentliche» Untechaltungs-
„Der SonntagSbote" fürHeidelberg monatlich SV
Trägerlohn, durch di e Post bezogen Viertels. -tl lLO franco.





Wie lange noch
'Verden die Katholiken ihr Geld verwenden für eine
«resse, welche die Vorkämpfer und Vertreter der
Katholiken in unsäglicher Weise beschimpft und
'chmäht?

gangen wurden. Nur er

Wie lange noch
Werden Katholiken durch Unterstützung der kirchen-
endlichen Presse die Hand zum Kampfe gegen ihre
ssAene Mutter bieten und sich zu Verräthen an der
Kirche Gottes stempeln?
Wie lange noch
Werden Katholiken der guten Presse, welche im Vor-
dertrefsen des Geisteskampfes steht, ihre Unterstützung
besagen?

Wie lange noch
Dauben Katholiken inmitten der trüben Athmosphäre
schlechter Zeitungslektüre gute Christen bleiben zu
Annen, ohne hören zu müssen: „Sage mir, mit wem
umgehst, so sag! ich Dir, wer Du bist?"
Wie lange noch
werden Katholiken nicht einsehen, daß sie ihr Ge-
wissen schwer belasten, wenn sie ohne Noch
schlechte Zeitungen und Zeitschriften halten, lesen und
durch Inserate unterstützen?
Wie lange noch? Wie lange noch?

Wie Lange noch
Werden die Katholiken durch Abonniren und Jnse-
^ren in der kirchenfeindlichen Presse dem Feinde der
Religion und der Kirche Kriegssteuer zahlen ?
Wie lange noch
werden Katholiken für ihr Abennementgeld sich Faust-
schläge in's Angesicht geben und sich mit Schätzungen
'berhäufen lassen?
Wie lange noch
Werden Katholiken mit Geld die schlechte Presse unter-
nutzen, welche alles, was heilig und ehrwürdig ist,
Wit Hohn und Spott begeifert?
Wie lange noch
Werden Katholiken für ihr Geld sich täglich von der
^vgenpresse die Läugnung der christlichen Grnndwahr-
Witen vorpredigen lassen?
Wie lange noch
werden Katholiken für ihr Geld sich täglich das Gift
Unglaubens und der Sittenverderbniß durch
Ze schlechte Presse auf den Familientifch bringen
wsfen?

Treuer Liebe Kohn.
Roman von U. Rosen.
<k«tzdr. kerb.)
i Er bildete sich ein, dieses Lächeln hervorgerufen zu
aaben. Als er sich endlich zu einer Bemerkung aufzuraffen
Zrniochte, wurde ein Rascheln an einer offenen Thür in
Urer Nähe gehört, und eine Frauenhand, braun und
'wwielig, wie der Detektive sie beschrieben halte, winkte
aus dem Schatten eines dichten Gebüsches hervor.
, . Lord Ormond bemerkte diese Hand so gut wie Bea-
fwce. Im nächsten Augenblick wurde ein Kopf zwischen
Aur Gezweig sichtbar, und Ormond erkannte mit Erstaunen
*"agda, die Dienerin Beatricens.
v. „Euer Gnaden," flüsterte die Frau ohne Rücksicht auf
Anwesenheit Ormond's mit vor Erregung und Angst
'Uternder Stimme, „möchten Sie nicht auf einen Moment
'Ur Thüre kommen?"
Beatrice sprang auf, entschuldigte sich hastig bei Or-
Zvno und eilte zur Thüre, auf deren Stufen, im Dunkel
Gebüsches Magda bestand.
Lord O-moiid, überzeugt, daß ein Ercigniß von unge-
Mnlicher Wichtigkeit vorgefallen war, schlich lauschend
"wer. -
^.Was ist keschehen, Magda? hörte er Beatrice
..Folgen Sie mir aus mein zimmer. Euer Gnaden,"
^Widerte die Diener,» leise. „Ich habe Neuigkeiten für
Marie ist hier."
Ein tödtlicher Schrecken durchrieselte Beatrice.
, Wwankend stützte sie fich auf Magda, die sie mit sich
""zog.
.Da giebt es noch mehr Geheimnisse," murmelte Lord
;.wnond ihnen nachblickend. „Wer ist diese Marie? Woher
q,mrnt sie? Weshalb vermag die Ankunft der armen
l^vfon Beatrice so furchtbar zu erschrecken? Das ist ein
?"er Anhaltspunkt. Ich mutz den Beiden folgen."
14. Kapitel.
MariensBericht.
»h Beatrice betrat ihre Gemächer durch das Zimmer
wgda's. Schlimme Ahnungen bedrückten ihr Gemüth.

Ursl Mimik
hat mehr als 27 Jahre die preußische und feit der
Gründung des Reichs die deutsche Politik geleitet.
Kaum zu zählen sind d Mitarbeiter, die in dieser
Zeit gegangen sind oder
blieb fest auf seinem Pi n, die wiederholten Kriselt
endeten stets mit dem Sckge feiner Ansicht, sie schie-
nen nur zur weiteren Befestigung feiner Stellung zu
dienen. Deshalb stießen auch die Gerüchte von sei-
nem Rücktritt auf hartnäckige Zweifel, von denen man
erst abließ, als die „Köln. Ztg.", welche diesmal von
Bismarck direkt unterrichtet zu fein schien, gestern die
Nachricht von derAnnahme seines Demissions-
gesuches durch den Kaiser brachte. Bismarck ist
nicht mehr Kanzler des deutschen Reiches. Mit seinem
Rücktritt findet eine riesenhafte Thätigkeit auf dem
Gebiete der äußern und innern Politik ihren Abschluß.
Fast ein Menschenalter hindurch hat dieser gewaltige
Mann der Geschichte Europa's und insbesondere
Deutschlands den Stempel aufgedrückt. An die Spitze
der Geschäfte berufen in einer Zeit, wo der preußische
Verfassungs-Konflikt alles andere eher als die baldige
Lösung der deutschen Frage versprach, wo es schien,
als müsse vor allem andern der bittere Streit zwi-
schen Krone und Volksvertretung aus der Welt ge-
schafft werden, hat er den umgekehrten Weg einge-
schlagen, indem er durch den dänischen und den aus
ihm sich entwickelnden deutschen Krieg die lib. Oppo-
sition matt setzte. Die alten Erörterungen, ob der
Bruderkrieg zu rechtfertigen sei, brauchen an dieser
Stelle nicht wiederholt zu werden: der unmittelbare
Erfolg hat für den Fürsten entschieden; ob die Zu-
kunft ihn rechtfertigen wird, steht dahin.
Die neue Stellung, in welche er das erweiterte
Preußen einsetzte, rief die Eifersucht Napoleon's und
den französischen Krieg bevor. Die diplomatische
Vorbereitung desselben, die Jsolirung Frankreichs ist
sein großes Meisterstück gewesen. Im Kabinet war
Frankreich geschlagen, bevor es auf den Schlachtfeldern
verblutete, und keine fremde Einmischung hat dem
Sieger den doppelten Kampfpreis geschmälert; die
Wiedergewinnung der Reichslande, die Gründung des
Deutschen Reiches. Der Tag der Kaiserkrönung von
Versailles, dem in kurzer Zeit der Friede folgte, war
für den Fürsten wie für seinen kaiserlichen Herrn der
strahlende Höhepunkt ihres Lebens. Was Staats-
kunst und Schwert vereint errungen, hat dann seine
Diplomatie mit wunderbarem Geschick gesichert: als
das Verhältniß zn Rußland erkaltete und im Zaren-
Marie Fleck, die Haushälterin in Birkenhain, kauerte vor
dem Kaminfeuer, ihr Gesicht in die Hände vergraben, ein
Bild hoffnungslosen Jammers. In ihrem maßlosen Ent-
setzen ergriff Beatrice die Dienerin am Arm- „Was giebt
cs, Marie?" ächzte sie. „Ist mein Gatte —"
Marie Fleck erhob sich langsam und wendete ihr Ge-
sicht zu der Herrin empor. Wie furchtbar hatte fick dieses
Gesicht verwandelt, seit Beatrice es zum letzten Mal ge-
sehen! Die frische Röthe war verschwunden, die Wangen
eingesunken und hohl, die vom Weinen trüben Augen von
breiten dunklen Rädern umrahmt.
Beatrice trat unwillkürlich zurück. „Mein Gatte?"
wiederholte sie leise klagend und mit angehaltenem
Athem,
„Er ist wohl, gnädige Frau," erwiderte Marie, bemüht
ruhig und gefaßt zu sprechen.
„Gott sei Dank! Und meine Kinder, Marie? Egon—"
„Der kleine Egon und der junge Herr Rupert, gnädige
Frau —"
„Und Giralda?" rief die Mutter in Todesangst. „Ist
meine Tochter krank? O, sage mir, Marie, daß sie nicht
todt ist."
„Nein, sie rst nicht todt, nicht krank, gnädige Fran,"
erwiderte die Häushälterin mit erstickter Stimme.
Die Versicherung überwältigte Beatme beinahe. In
einer Anwaldung von Ohnmacht sank sie schwerfällig in
einen Sessel. „Nickt todt, nickt krank," rief sie, ihre Hände
über der Brust faltend. „O, ich bin grausam erschreckt
worden," Und ihren diamantenstrahlenden Kopf auf
Magda's Schultern bettend, weinte und schluchzte sie heftig.
Einen Augenblick später hatte sie ihre Selbstbeherrschung
wieder gewonnen.
„Jetzt, da ich weiß, daß die Meinigen gesund sind,
kann ich Alles hören," seufzte sie. „Du siehst so verstört
aus, Marie. Was ist vorgcsollen? Deine Botschaft betrifft
Giralda."
„Ja, gnädige Frau. Fräulein Giralda ist fort."
„Giralda ist fort!" wiederholte Beatrice entsetzt.
„Giralda fort?"
„Ja, gnädige Frau," erwiderte die Haushälterin, den

reich der französischen Republik ein Bundesgenosse zu
erstehen schien, hat der Dreibund ein Gegengewicht
geschaffen und den Frieden bis auf weiteres bewahrt.
Es ist, so schreibt die „Köln Volksztg.", der tra-
gische Wendepunkt in seinem Leben, daß er den Tri-
umph vvu 1871 beuutzte, um den innern Krieg zu
beginnen. Der preußisch-deutsche Kulturkampf brachte
ihm die erste schwere Niederlage. Er hat später mit
einer seine Schildknappen förmlich verblüffenden Offen-
heit erklärt, die Maigesetzgebung sei für ihn nur eine
politische Waffe gewesen. Sein großer Jrrthum war,
daß er sowohl Rom als das Centrum nicht verstand
und unterschätzte. Wo er nichts sah als nörgelnde
Opposition gegen seine neue Schöpfung, fand er sitt-
liche Kräfte, tief in religiöser Ueberzeugung wurzeln-
den unerschütterlichen Widerstand. Dieser Erkeuntniß
hat er sich auf die Dauer nicht verschlossen, Schritt
auf Schritt zurückgethan, mit eigener Hand die Zer-
störung des eigenen Werkes begonnen. Daß er es
that, gereicht ihm zur Ehre, um so mehr, als viel-
leicht kein Anderer die Kraft besessen Härte, es zu thun.
Schon vorher hatte er den Kampf gegen die So-
zialdemokratie begonnen. So fern es uns liegt, den-
selben mit dem Angriff auf die Freiheit und das We-
sen der kath. Kirche zu vergleichen, in so fern ist eine
Aehnlichkeit vorhanden, als Fürst Bismarck hier wie
dort den äußern Zwang, und nur ihn, als Mittel
benutzte. Auch hier übersah er, daß eine geistige
Macht, wenn auch mit noch so verwerflichen Zielen,
ihm gegenüberstand, daß zu ihrer Ueberwindung sitt-
liche Kräfte, herangezogen, daß die Quellen des Nebels
auf geistigem Ivie auf ökonomischem Gebiete verstopft
werden müßten. Ein Jahr nachdem die Arbeiterschutz-
Anträge des Centrums, sormulirt im Galen'schen Pro-
gramm, kühl oder höhnisch zurückgewiesen worden wa-
ren, kam das Sozialistengesetz, welches die Sozial-
demokratie zusammenschmiedete, statt sie zu zerschmet-
tern. Für die soziale Reform fehlte dem Fürsten das
rechte Verständniß; mit den Versicherungsgesetzen schien
ihm der Kreis der sozialen Gesetzgebung abgeschlossen,
und an der Unentbehrlichkeit vielfach mißbrauchter
Ausnahmemaßregeln hat er festgehalten. Zuletzt hat
er die Verewigung derselben betrieben; dann machten
die Reichstagswahlen mit der Verdoppelung der für
die Männer der Umsturzpartei abgegebenen Stimmen
die Probe auf das Exempel.
Mau hat den Ausfall der. Reichstagswahlen als
den Grund oder doch einen Hauptgrund seines Rück-
tritts bezeichnet. Man sollte doch von ihm nicht so
gering denken. Er ist nicht der Mann, der verzwei-
angstgc quälten Blick der unglücklichen Mutter vermeidend.
„Fräulem Giralda ist fort- Als sie beute Morgen nicht
beim Frühstück erschien, beauftragte mich der gnädige Herr,
sie zu rufen. Ich ging auf ihr Zimmer, aber sie war nicht
dort und ihr Bett noch unberührt."
„Ihr Bett unberührt!" stöhnte Beatrice.
„Auf den Kissen lag ein Brief an den gnädigen
Herrn"
„So hat sie ihr Vaterhaus mit Ueberlegung verlassen?
Ein Brief? Brachtest Du ihn mit? Gieb' ihn, o gieb' ihn
mir schnell."
Die Haushälterin überreichte Bertrice den Brief, den
Giralda vor ihrer Abreise an die Eltern geschrieben hatte.
Die Mutter las ihn mit fieberhaft brennenden Augen,
dann bedeckte sie ihr Gesicht mit beiden Händen.
Die Zwillingsschwestern blickten in tiefem Mitleid auf
ihre Herrin.
„Mein edles, irregeleitetes Kind!" ries Beatrice nach
kurzem Schweigen. „Ihre großmüthiqe Natur kennend,
hätte ich diesen Ausgang fürchten müssen. Ach, ich war
mit Blindheit geschlagen! Wenn ich nur gestern offen gegen
sie gewesen wäre! So jung — so schön — so unerfahren!
O, mein armes Kind, wo bist Du jetzt? Giralda Hal sich
schon gestern Abend entfernt," wendete sie sich wieder an
die Haushälterin. „Weshalb brachtest Du mir die Nach-
richt nicht schon heute früh, Marie?"
„Weil der gnädige Herr meinte, wir sollten Euer
Gnaden nicht beunruhigen, ehe wir nickt alle Mittel er-
schöpft hätten, Fräulein Giralda aufzufinden. Der Herr
Graf fuhr sogleich zur nächsten Station, aber der Beamte
am Billentschalter erklärte, mehrere iunge Damen mit
dunklen Haaren hätten in jener Nacht Fahrkarten gelöst.
Eine derselben, deren Beschreibung am besten auf unser
Fräulein paßte, habe sich nach London gewendet."
„Giralda hier in London? Nein, das hoffe ich nicht,
denn ich habe sie stets gelehrt, London zu fürchten. Sie
hatte einige Goldstücke in ihrer Börse. Vielleicht ging sie
in irgendein Landstädtchen, dort eine Stelle zu suchen. Sie
sprach mit mir von ihrem Wunsche, ihre Kenntnisse zu
verwerthen."
 
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