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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.43807#0135

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Erſcheint täglich
mit Ausnahme ber Soun- und
Feierlage Als Beilagen das
„Heidelberger Bollsblatt“ und
das Sſeitige Illuſtrierte Sonn⸗
tanselatt“. Preis ZO Mig.,
antt den Beiblättern 40 Yig,
monatlich. Durch die Poſt vier⸗
Seljährlih 1 Milk, ohne Des










Andere Zeiten,

Mit fteigender Lebhaftigkeit wird bet uns die CErörte-
rung über die Erhöhung der Kornzölle rein. über die Er—
neuerung der Handelsverträge geführt, und fehon ft zu
konſtatieren, daß dabei alte Parteigrundſätze zuſammen—
brechen. m württembergiſchen Abgeordnetenhauſe haben
ſechs Mitglieder der Süddentſchen Bolfspartet, welche mit
— Parter die fehärffte Gegnerin höherer
®etreidezölle war, für die lebteren geftimmt. Das beweilt
zum mindeften, daß auch von bisher Fornzolifeindlichen Ab:
geordneten die Wünfche ländlicher Wähler nicht uıehr un-
beachtet gelaffen werden können. Ueber diefer Zrage wird
aber ein anderer, nicht minder wichtiger Punkt vielfach
überjehen, der bei den Handelsverträgen eine Hervorragende
Rolle ſpielen wird, wenn. wir zum Schaden nicht den
Spott haben follen, die wie eine Gewitterwolke am Him—
mel aufziehende nordamerikaniſche Rieſenkonkurrenz für un—
ſere Induſtrie, die alles hinter ſich laſſen dürfte, was man
bisher erlebt hat. Sie erklärt weshalb hervorragende
Bertreter der Induſtrie heute lieber Hand in Hand mit
ber Landwirtſchaft gehen wollen, als einen einſeltigen Kampf
aufzunehmen. Es ſind eben über Nacht, möchte man bei—
nahe ſagen, ganz andere Heiten geworden.

Wir haben Heute andere Zeiten, die mit denen, wie
gie zur Seit der Mbjchluffes der heute geltenden Verträge
durch den Grafen Caprivi beftanden, nicht wohl mehr ver-
glidjen werden Können. Damals galt es, der Herb ge-
prüften deutfchen Yuduftrie neue Üofjahwege zu gewinnen,
Ausfallsthlüren nach allın Seiten hin zu gewinnen. Das
ijt gelungen! Inzwiſchen haben aber die verbündeten Re—
gierungen unter dem Beifall ftarfer Parlamentsmehrheiten
der Landwirtſchaft die Zollerhöhnng verfprochen, und —
droht für die Induſtrie die amerikaniſche Konkurrenz Wir
müſſen uns un ere Ausfallsthüren ſo viel wie möglich offen
zu halten ſuchen, zu gleicher Zeit indeſſen darauf achten,
daß wir im eigenen Hauſe nicht über den Haufen gerannt
werden. Diefe amerikanifche Konkurrenz droht auch an—
deren Stanten, fie wird dazu beitragen, eine Berfiändi-
gung wegen der Kornzölle mehr zu erleichtern als mancher
heute annimmt. :

Nun fönnte ja jeuand beftreiten wollen, daß eine
jolche Konkurrenz aus Nordamerika droht, e$ kann daranf
bingewicjen werden, daß die nordamerikaniſche Regierung
in Waſhington gute Beziehungen zu Dentichland ſucht.
Darauf ift zu antworten, daß in dem, was fich drüben
vorbereitet, die Regierung gar nichts thun kann, und nur
die amerikaniſchen Zeitungen genau zu Lejen braucht, wer
wiffen will, mie es drüben zugeht. Koloſſale Unter-
nehmungen {ind mie Pilze, dank den enormen finanziellen

u Der Hochzeitstag,
Noman von H. Palms Payſen
[Nachdruck verboten.)





59)
Gortſetzung)

Aſta hatte bebend auf jedes Wort gehorcht. Mit er—
blaßten Lippen ſaß ſie da. Angſt, Freude, Erwartung und
Schreck durchzitterten ihre Seele. Ein Fröſteln überlief

fie. Sie war am Biel, wenn nun aud) der legte Coup
gelang. . :

„Ehe ich ſcheide, lieber Freund,“ fagte fie, ſich lang—
ſam erhebend und die Hand auf den Tiſch ſtützend,
noch eine Frage Haben Sie ſich beſonnen, werden Sie
reiſen — ſich zu uns geſellen in Odder Eben jetzt ent-

wickelt der Norden eine entzückende Flora. Der Frühling
hat dort begonnen, und wo iſt es dann ſchöner als am
Hardanger Fjord?“

„Sch liebe die Natur und flüchte mich gern in ihre
ſanften Arme, nicht gern aber unker Menſchen, liebe Freun—
din“, antwortete der Baron ruhigſten Tones. Indeß,
zu überlegen wäre es. So bald hier das Notwendigſte
erledigt ijft, ich. rechne zwei bis drei Wochen darauf.“
Afta verftand, was er damit meinte, „So reife id) jelbit-
verftändlidh — vielleicht dann zum Norden. Id werde
Sie davon unterrichten, aueh über meine jeweilige Adreſſe.“
Sr ſtand ſtraff und kühl da und erwartete ihre Berabs
ſchiedung. Hieb auf Hieb Hatte fte ihır beigebracht, jeder
einzelne Streich. war lautlos, regungslos in aufrechter

— “





Machtmitteln, aus dem Boden gewachſen und entſtehen
noch, und fie, die aus dem heimiſchen Markt ſchon ge—
waltige Einnahmen ziehen, werden mit Naturnotwendigkeit
auf den Abſatz nach Europa hingedrüct. Wenn für unfere
Induſtrie die Notwendigkeit beſteht, einen erheblichen Teil
ihrer Erzeugniſſe nach dem Auslande zu verkaufen, ſo be—
ſteht für die amerikaniſche Induſtrie dieſer Zwang noch
viel mehr. Nur ein Unterſchied war bisher, freilich ein
enormer:
ſicherten ſich bie Vereinigten Staaten durch hohe Zölle
und läſtige Chilanen für viele heimiſche Induſtrieartikel
ein Monopol, das nicht zum wenigſten die dortige Indu—
ſtrie ſich ſo ungemein hat ausdehnen laſſen!

Die Amerikaner müffen einen unabfehbaren Teil ihrer
Fabrikation über den Bzean nad) Curopa werfen, wenn
drüben fein Krach kommen ſoll. Vielleicht, wahrſcheinlich
fogar werden ſie das nicht allzulange aushalten, aber ganz
gewiß werden ſie es thun. Wie ſtehen die Dinge denn
heute ſchon ? So mancherlei Maſchinen und anderes Kauft
man aus Amerika billiger als bei uns, die Güte mag
freilich in allen Einzelheiten dahingeſtellt bleiben, und der
Preisdruck wird noch böfer werden. Jeder, der in der
Induſtrie nur einigermaßen Beſcheid weiß kann es allent—
halben beſtätigt ſehen, daß infolge ihrer allerdings wunder—
bar vervollkommneten Technik die Amerikaner heute Artikel
produgleren und erxportieren, deren Herſtellung noch vor
zehn Jahren drüben als eine Unmöglichkeit betrachtet
wirrde, Und damit find wir nicht zu Ende, cs {ft eine
nüchterne Berechnung auf Grumd der thatſächlich vorhandenen
Ereigniſſe

DHeutſchland muß gerüſtet ſein, damit es nicht über—
rumpelt wird. Das iſt unſere Aufgabe, welche uns das


thätigkeit ſtellt Und aus der bekannten rückſichtsloſen Ver
folgung ihrer Intereſſen durch die Rockefeller ſche Petroleum—
Kompagnie kann auch das vertrauensſeligſte Gemüt er—
kennen, daß für den modernen nordamerikaniſchen Geſchäfts-—
mann nur der Grundſatz gilt; Biegen oder DBrechen,
Deutfehland darf über die unbeſtriktene Wichtigkeit unſerer
Ausfuhr nichts anderes vergeſſen, vor allem nicht, daß wir
einen großen Teil des Abſahes im eigenen Lande verlieren
fönnen, wenn wir nicht aufpaffen. Unter dem Grafen
Caprivi konnten die handelspolitiſchen Grundſätze noch mit
einigem idealen Schmuck dekoriert werden! Heute heißt
es in allen Ländern: Verdienen wird groß geſchrieben!

Dentjehes Reich,




Haltung von ihm hingenommen worden, in ungehenrer
Seherrſchung und Willenſkraft. Nım aber war der Mo-
ment da, in weldhem cr fühlte, daß c$ gut fer, wenn fte


Sie ging and. ;
Er haͤtte die Kluge getäuſcht. Und gleich ihr, jo follte
hinfort ein Jeder getäuſcht werden.

Pfui bah Mitleid!
Ulrich konnte nicht zur Ruhe gelangen. Nirgend litt
es ihn.

Er hatte Aſta bis an den Wagen gebracht, der pfeil⸗
ſchnell durch die Kiefernallee Hinuntergerolit, am Ende derz
jelben zur Chauffee einbogen und dann feinen Augen ent-
ſchwunden war.

In ſeinem Zimmer angekommen, ging er eine Weile
auf und nieder, ſtellte ſich dann an das offene Fenſter
ſtarrte in die leere Cuft hinein ohne das Min—
deſte von Blumenflor und Sonnenſchein von friſcher Luft
und Duft um ſich herum zu bemerken.

Nun griff er zu einem kleinen bronzenen Rauchtiſch—
chen liegenden anfgeſchlagenen Buch, feste ſich in einen
Seſſel und ſuchte ſich in die Odyſſee zu vertiefen

Er las und las und wußte nicht, was er las. Statt
der griechiſchen Helden und der mähnenumflatterten Roſſe,
ſah er einen ganz modernen jungen Krieger in preußiſcher
Uniform zu Roß und neben ihm — ſie Giſela — die
Unvergeßliche!

War es denn möglich, hatte ſie ihn ſchon für immer
bergeffen, Alles überwunden, was fie an ihn gefeffelt?







——

Anzeigen:

Die 1-{paltige Beritzeile ober

deren Raum 20 fg, Lokale
Gefdäfts- md Brivat- Ana

zeigen Bebeistend exmößigt.

— 35 Ylg.w Zür

Auſnahme von Anzeigen an

beſtimm bden Tagen wird nicht

dgarantiert










Homburg v. d. G., 7 Febr. Der Ratfer uud die
Kaifertn fuhren heute Nachmittag im Schlitten durch den
Taunus nach Schloß Friedrichshof. —
Dresden, 7. Febr. In den letzten Tagen trat beim
König das alte Blaſenle iden mit einer geringen
Blutung auf, deren Folgen einige Tage Ruhe erfordern
MWilhelmshayen, 7. Febr. Der Dampfer „HFrankfurt“
traf mit etwa 300 Mann des Kreuzergej[dhwaders und
Seefoldaten die bei Takr und Tientfin gekämpft Haben,
wohlbehakten ein. Die Stadt hat zu Ehren der
Beim Einlanfen des Dampfers
wurden die an Bord befindlichen Chinafämpfern von der
nach Tauſenden zählenden Menge, Marine - Deputationen.
und den Befagungen des Kreuzers „Viltoria Luiſe und
der Torpedoboote durch donnernde Hurrahs begrüßt. Die
Stadt veranſtaltet morgen Abend in den Sälen der Burg
Hohenzollern eine fejtlidhe Bewirtung der heimgekehrten
Chinamannſchaften.

Holland, OS
Hang, 7. Febr. Seit den frühen Morgenſtunden iſt
troß des rauhen Wetters eine große MenfHenmalfe in Sem


am Palais.

Kirche bildeten Truppen Spalier; vor der Kirche hielt
Mürgergarde. die Ehrenwache. Die Tribünen, Fenfter,


ſetzt.

Saale des Schloffes. Nachdem das Brampaar erſchienen


worfas die Trauumgsurkunde. Er erklärte, nachdent die


die Che dem Geſet gemäß deſchloſſen ſei Alsbald febte
ſich der aus ſechsſpunnigen Galawagen beſtehende Hoch—
zeitszug nach der Kirche in Bewegung
Paar nahm in der von der Amſterdamer Bevölkerung ge—
ſchenkten vergoldeten Karoſſe Platzz Beim Erſcheinen der


aus; die {palierbildenden Truppen präfentierten und die
Trommeln wirbelten. Sobald der Zug in der Nirche an-
langte, ſpielte die Orgel Händels Sanctum“ Nachdem
das Hochzeitspaar und die Gäſte Platz genommen, hielt
Hofprediger van der Flier die Zraurede.

Deutſcher Reichstag.
A Berlin, 7. Februar.

Etat des Reichsjuſtizamts.
Abg. Liebermann v. Sonnenberg (a

at.) ſpricht





In ſo kurzer Zeit?

Zum erſten Male in ſeinem Leben empfand er die
Qual leidenſchaftlicher Eiferſucht, daran erkennend, wie
tief die Liebe noch in ſeinem Herzen ſaß, wie heiß es in
feinem Innern noch lohte und brannte.

Das Buch wurde ſchon wieder bei Seite gelegt.

Ulrich ſprang auf und verließ das Zimmer. Dieſe be—
klemmenden Gefühle in ihm verlöſchten am erſten im
Freien. Er ſchritt um ſein Haus herum in den ſich da—
hinter weit ausdehnenden, bereits ſich in Abendſchatten ge—
hHüllten Park. Dort. wanderte er lange umher, die Hände
auf dem Nücken gefreuzt, den düſteren Kopf vorgebeugt
mit zur Erde gerichteten Augen. . . ;

‚Immer wieder trat ihın das Meiterpaar vor das Auge,
und wie ein vieltöniges Echo Hallten Ajta's Worte in ihm
nach: „Jung, hibfdh und voll Sifer und fie apart, [hön
— aber oberflächlich und herzlos.“ ;

War Sijela das?

Der Nat nannte fie in feinem Briefe Hoch unglücklich.

Ss war ja fo {wer nicht gut von Sijela denken zu
dürfen. —

Aber vielleicht wußte der alte Herr es nicht beſſer,
hatte die Wandelung ihrer Gefühle gar nicht bemerkt
Aſta beſaß in ſolchen Dingen Scharfblick Hatte fie doch
doch auch Marias Liebe zu ihm eher als er ſelbſt


Fran in den Weg führte. Diefe Sphinz, die hinter ihrer :


 
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