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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.43807#0675

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Yoeint täglich mit Ausnahme der Sonmn« und Feiertage. |
“Beilagen das „Heidelberger Bolksklatt“ und das Sfeftige |
Tät Hirierte Sonntagsblatt“. Preis ZO Pfg,, mit den Beis |
fürn 40 Big. monatlid. Durch die oft vierteljährlich
—— 1 ME, ohne BeiteNgeld.































28. Jahrgang.
Druck und Verlag von G. Geiſendärſer.

— Berantwortlich: Bl, Geifendöxfer,

Ar, 168. /
— BPolitijche Wochenfchau.

2 — Heidelberg, 20. Iuli.
© Das alte VBirierbild „wo ijt die Kay?“ it männtg-
Ich bekannt; es hat ſeitdem in taufendjachen Variationen
eue Auflagen erlebt und erlebt noch fortwährend neue.

lol ein ſchönes BVerierbild: „Wie iſt der Zolltarif d
Die Frage befchäftigt Jedermann, aber die Antwort darauf
iſt bisher noch nicht gefunden worden. Wiederholt Haben
Anzelne Blätter „abfolut authentijche Informationen“ Über
den neuen Zolltarif gebracht, aber da diefen alsbald noch

authentiſchere Informationen folgten, [o if man allgemach

Gegen dieje Information mißtrauiſch geworden. Auch in
dieſer Woche iſt eine ſolche Infoͤrmation veröffentlicht
vorden, die entweder richtig iſt — oder nicht. Aber die
Deftigteit, mit der ſchon jeht um den unbekannten Zolltarif
eſtruten wird, läßt einen Schluß auf die Heftigkeit des
Kampfes zu, der uns erwartet, wenn der Erisapfel
SS neuen Bolltarifes unter die Parteien geworfen {ein
td, |

Ein faum minder heftiger Kampf hat ſich neuerdings
— Wilden dem Centrum und dem Bund der Land
— Wirte entjponnen. Der Bund der Landwirte Hat (ich
= JTeit einiger Beit eine Pürſche in die rheiniſchen und weft-

hat das Centrum zugleich mit Entrüftung und mit Sorge
— &rfüllt, Mus diefem Anlaß hat fich zwijchen den Blättern
Ber beiden Parteien eine Preßfehde entjponnen, welche
was Leben in die politiſche Sommerſtille gebracht ‚hat,
die zwar diesmal fpäter alS fonft, aber doch endlich ein-
getreten if. : 2 ;

On manchen Ländern freilich [Heint dieje Sommerſtille
ganz auszubleiben. So vergeht in Spanien feine Woche
IM der nicht von neuen Unruhen und Zuſammenſtößen ge—

3U einem Zuſammenſtoß zwiſchen den Klerikaken und

den Antikterifalen gefommen, der einen neuen Beweis

Sn Tür die Schärfe erbrachte, welche die antiklerifale Bewegung

MM Spanien angenommen hat. ; LO

= Au Dänemark ij es ſogar zu einer im dieſer hoch
Tommerlidhen Hige doch durchaus unangebrachten NM inifte re

Frifis gefommen. Das Konjervative

. atte, hat feine Demmiſſion eingereicht und der greiſe
König Chriftian hat diefelbe angenommen. Da die. Kon:
. Tervativen ihre Majorität in der Kammer vertoren haben,
vird entweder der Verſuch mit einem Konzentrationskabinet
988 einem Teil der Nechten und der Linken oder mit einem
reinen Kabinet der Linken gemacht werden. müffen.


Hoch nicht paufiert. Die Harte Nuß, mit deren Knacfen
‘ die belgiſche Bolksvertretung fih zur Zeit befchäftigt, iſt
die KXongovorlage, der zu Folge Belgien den Kongo—

Aug' um Ange, Zahn um Zahn.
2 Roman von Karl Chen.

ine Schande iS vor Himmel und Erden,
Daß folche Verbrechen begangen werden.“
7 Shakeſpeare, Richard IT.





D

On der Heimal.,


an einem Spätherbitabend in das lachende SGefilde hinaus.
} Das heitere Leben war aus dem alten Landſitz entflohen,
xnn kaum zwei Monate waren verfloſſen, ſeitdem der
Schloßherr, Sir Ralph Damington, in der Familiengruft
eigeſetzt worden war.
Drei Perſonen in tiefer Trauerkleidung ſaßen vor
Tiſch in dem kleinen, aber bequemen Schulzimmer, in das
ſie ſich zurückgezogen Hatten, da die großen Räume ihnen
Bde und düſter erſchienen. Kummer und Sorge waren
deutlich "auf den Gefichtern der beiden jüngeren Perjonen
— 3U Lefen, und dem Halblauten Geſpräch fehlte alle Leb—
Haftigfeit. 2 . S

Um welche. Zeit wollte Herr Bonhamt auf dem Bahn-
hofe eintreffen?” fragte Fräulein Ridley, eine etwas be-
Jahrte Gonvernante, nach einen Blick auf ihre Uhr.
„Sr wollte London um vier Uhr verlaffen und wird
um halb fieben Uhr auf dem Bahnhof eintreffen“, er-
wiederte Georg, ein hochgewachſener junger Mann von
wa neunzehn Jahren mit offenem Sejicht und einem

























Montag, den 22. Juli

ſtaat übernehmen ſoll, nicht, wenn es dem belgiſchen
Staate, ſondern wenn es dem König Leopold von Bel-
gien paßt. Der ſtarke Widerſpruch, der in Belgien gegen
die Annahme der ſo geſtalteten Vorlage laut wurde, iſt
nach und nach zur Ruhe gebracht worden, ſodaß die Re—
prafentantenkammer am Mittwoch mit 71 gegen 31 Stim-
men der Vorlage zugeſtimmt hat.
On Frankreich, diefem unruhigiten aller Länder,
wo die Politik faſt nie pauſiert, iſt es zwar auch all—
mahlich ruhiger geworden, und ſogar das am letzten
Sonntag in Paris mit großem Pomp begangene National⸗
feſt iſt init verhältnismäßig wenig Ruheſtrungen vorüber—
gegangen, aber an Zwiſchenfällen hat es in dieſer Woche
doch nicht gefehlt. Die neueſte Senſation“ war diesmal
das Atlentat, das eine allem Anſchein nach mehr oder
weniger überſpannte Frau auf den Arbeitsminiſter

tat, das eigentlich dem Miniſter des Aeußeren galt, un—
blutig ausgegangen “

aus engliſcher Quelle ſtammen, ſo werden ſie nachgerade
mit ſkeptiſchem Mißtrauen aufgenommen. Bon einem

jagt worden: Welchen Zweck verfolgte er damit? So

in China neue. Hinderniffe entgegenſtellen, die Frage
fnüpfen: Welchen Zweck verfolgen die Engländer mit
dieſer phantaſiereichen Berichterftattung?

Noch größeres Mißtrauen wird mit Fug und Recht
der engliſchen Berichterſtattung über die Vorgänge in
Südafrika entgegengebracht. Den Berichten Über die
engliichen „Stege“ it ſchon zu oft das „die Ende"
nachgefolgt, daß fie Überhaupt nicht, oder wenigjtens nicht
yon den Engländern erfochten waren.
fo viel Begeifterung gemeldeten „Oefangennahme der Re⸗
gierung des Dranje-Freijtaats“ ſpielt ein gut Stück Op⸗
fimigmus. mit, denn die Häupter der Freijtaatburen [ind
in erfter Reihe Steijn und Dewet, und dieſe ſollen noch
gefangen werden! In Ermangelung kriegeriſcher Erfolge
befleißigen ſich die Engläͤnder, den Buren allerlei angeb—
liche Barbareien anzuhängen. Aber ein ſolches Unter⸗

im Glashauſe ſitzen, ſonderbar genug aus! Dr. P.

Deutſches Reich.

Abgeordnetenkammer wurde vom Regierungstiſch mitgeteilt,
daß die Regierung die Tarifreform mit der Einführung
der Htägigen Giltigkeit der Ruͤckfahrkarten nicht als ab⸗
geſchloſſen betrachte, ſondern die Einführung eines einheit-
fichen verbilligten Tarifs unter möglichſter Beſeitigung eines
Ausnahmetarifs für erſtrebenswert halte

Fahrt im Wagen von dort wird Kaum eine halbe Stunde
dauern. Hören Sie nicht fhon das Geräufch eines heran-
nahenden Fuhrwerks?“ —

„Ich hoffe, er wird es nicht übel nehmen, daß wir
ihn nicht in den großen Sejelljhaftszimmern empfangen?“

ſchweren Falten ihres ſchwarzen Seidenkleides ordnete,
denn das Rollen eines Wagens war jebt Deutlich hörbar.

für Schleklichkeit beherrſcht —

Das iſt nicht zu befürchten“ erwiderte Georg, Herr
Bonham hat ſelbſt Befehl gegeben, die Zimmer zu ſchließen,
und deshalb wäre es überflüſſig, ſie zu ſeinem Empfang
zu öffnen. Aber ich muß hinuntergehen und ihn be⸗
grüßen.“ —

Er verließ das Zimmer, in dem die Damen zurück
blieben, denn die dritte Perſon, von der wir ſprachen, war
ein hübfjhes, junges Mädchen von etwa fünfzehn Jahren.

Der Erwartete war ihnen nicht fremd, denn er War
ein Freund des verftorbenen Schloßherrn, der ihn auch
| zu feinem Tejtamentsvollftreder und zum Bormund feiner
Kinder erwählt hatte. Am Beiſetzungstage hatte er ſich
zur furze Zeit aufgehalten, um den Kırmmer der Waijen
zu ſchonen. —

„Sch werde wiederkommen ſagte er zu Georg, „ſo—
bald ich die Angelegenheiten Ihres Vaters geordnet Habe.
€ wird -am beiten fein, wenn Sie inzwiſchen mit Ihrer
Schweiter und Fräulein Ridley ruhig hier Bleiben.”

















OB Die I=-fpaltige Betitzeile oder deren Raum
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: durch Säulenanſchlag. —











28. Jahrgang.
Gefüftsfehe: Autere Hednelenfe 17,
1901

Berlin, 20. Yuli. Das hier verbreitete Gerücht, die
Veröffentlichung des Zolltarifs ſeibeſchloſſen,
iſt in dieſer Form nicht richlig, da aber durch die Stutt-
garter Verbffentlichungen die wichtigſten Zollſätze bekannt
jind, dürften allerdings Erwägungen darüber ſchweben,

Fernſprechanſchlnß Nr. 621.

Bolltarifs angezeigt ft. a
Berlin, 20. Juli. Die marokfanijhe Geſandt—
ſchaft verließ Heute Mittag Berlin. : 2

Oldenburg, 20. Iuli. Die Großherzogin von
Oldenburg wurde Heute früh von einem Mädchen entbunden.

England. ;

London, 20. Juli As quith hielt geftern auf einem
ihm zu Ehren veranſtalteten Feſtmahl eine Rede, in der
er ausführte, zweifellos ſehe man aus Südafrika ein
neues Kanada ſich entwickeln. Die Aufgabe der
Staatskunſt ſei, das Imperium ſo zu geftalten, daß es
ſich verlohne, in ihm zu leben. Die liberale Politik müſſe
das Imperium nicht nur als vorhandene Thatſache an⸗
erkennen, ſondern auch freudig begrüßen, denn das müſſe
wie er ſicher glaube, das Volk überzeugen, daß die liberale

Reiches anvertrauen könne.

Schweden und Norwegen,
Qnerdal (Mormegen, Bezirk Bergen), 20. SZuli. . Der
Kaifer mußte wegen der großen Hike abends den Rück⸗
weg nad) Gudwangen zu Wagen machen, von wo er. um
71, Y9r an Bord der Yacht „Hohenzollern“ zurückkehrte.
Das Gewitter, das vergangene Nacht niederging, brachte
etwas Kühlung. Heute früh um 6 Uhr ging die Yacht
„Hohenzollern“ nach Laerdalsoeren. An Bord Iſt alles wohl.
Waerdalsoeren Norwegen, Bezirk Bergen), 20 Juli
„Heute früh traf die Yacht „Hohenzollern“ mit dem Katfer
an Bord im Sognefjord ein, wo fie vorausfichtlich MS

Montag verbleibt, —

Petersburg, 20. Juli. Geſtern Nachmittag ſtattete
der Kommandant des Schulſchiffes „Charlotte“ dem
dentſchen Botſchafter Grafen Alvensleben einen Beſuch ab,
welcher von dieſem erwidert wurde. Prinz Adalbert
unternahm hierauf eine Spazierfahrt, wobei er bon einer
zahlreichen Menge freundlich begrüßt wurde. Abends
fand Feſtmahl beim Botſchafter ſtatt, an welchem der
baheriſche Geſandte, Frhr. v. Gaſſer, die Spitzen der
deutſchen Kolonie, der Kommandas und das Offizierkorps
des Schulfdhiffes „Charlotte“ teilnahınen. ; ;
Auſtralien.

Albany Weftauftralten), 20. Juli. Die Yacht „Ophir“
mit dem Herzogspaar von Cornwall und York an Bord
war durch zu heftigen Sturm gezwungen, hierher zurück⸗
zufehren, wo fie heute früh eintraf. Das Herzogspaar
befindet ſich wohl.

Bon Zeit zu Zeit erhielt die letztere Dame von ihm
Nachrichten und kurze Anordnungen. Zuerſt erſuchte er
Fraͤulein Ridley um Einſendung eines Verzeichniſſes der
Dienerfchaft mit Angabe der Löhne, die fie erhielten; dann

kam ein Individuum mit breitem, rotem Geficht und etwas
fragwürdiger Halsbinde, das einen Stallgeruch mitbrachte

und Fräulein Ridley einen Brief von Bonhanı überreichte,

Pferde und Wagen fortzubringen; der Kutſcher und die
Stallknechte ſollten entlafſen werden. Darüber war Georg
Höchft entrüftet und er hatte im Aerger bei feinem Vor—
mund brieflich angefragt, ob das durchaus nötig jel, wo:

Mann werde ‚bald. einfehen, daß nichts anderes übrig
bleibe. Dann erhielt Fräulein Ridley den kurzen Auf—
trag, alle Dienſtleute, mit Ausnahme von bier, die er bes
zeichnete, zu entlaſſen Einige Banknoten waren beigefügt,
um den Leuten als Entgelt für die
einen Monat Lohn auszuzahlen. . Dann ordnete er an,
daß ein großer Teil des Hauſes verſchloſſen werden jollte,
und riet den jungen. Leuten, {o wenig Zimmer als mög»
lich zu bewohnen. En
Alle diefe Anordnungen wurden zwar befolgt, aber.
nur mit dem Gefühl beletdigten Stolzes. ;
mar ihnen der Hojchied von den Dienitkeuten, von welchen.
einige fie noch in der Wiege gefehen hatten, 7

Zahlreich waren die Vermutungen Über den Inhalt
jenes Briefes, nach deſſen Empfang der Schloßherr plöß-



lich vom Schlag getroffen wurde, Daß feine Bermögens»
 
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