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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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Gerrit Malt
Mit Übedsenhue ber Saatit- 1400
Üetestage. As Vellagen das



Was war und iſt Preußen für

Deutſchland?
Ein Gedenkblatt zum zweihnndertjährigen Beſtehen
des Kongreichs Breußen

Von Profeſſor Dr Hennſtein
Machdruck verboten)
einer der Geſchichtoſchreiber des Mittelalters die
alferühngs fait fämtlich mehr eder weniger jenes über die
Ürenzen der engeren Heunath hinwegſ
Arnptangelten, ohne den die Begebenheiten der
Nie in ihrem urfäglichen Zulammenhange, u der Mob
vendigkeit ihres Werdens Kar umd richtig erfaßt werden
Büren, ſpricht eine einigermaßen beſtummt gehaltene
Vorausfage der Geſchicke Deutfehlands aus, Allerdings
Hit es auch immerhin mißlic, eine folche zu geben, um
0 aunißliger, je leobafter die Cntwielung ft, in welcher
d03 betreffende Land und Bolf ſich befindet, je weniger
an ſehen kann, ob das ungeſtüme Stürmen und Dräugen
Oder die fich demſelben mit naturgeſetzlicher Notwendigleit
ntgeen lem nende Neigung zu ruhigem Beharren den
Sieg davontragen wird Auch war damals die Geſchichts
— wiffenjchaft nur wenig entwickelt; ihre Anhänger be⸗
ſchrankten ſich größtentells auf ein trockenes Megijtrieren
der Beitereigniffe ohne Forſchen nach dem inneren Zu-
— Jammenhang, und von {nen mar nicht zu erwarten, daß
Re im dem Kurfürftentum‘ Brandenburg den Fern des
— Tünftigen Deutſchlands erblicken ſollten

Bo in die neuere Heit hinein konute dies als wenig
— Wahricheinlich gelten. Die Stolle, die Kurbrandenburg im
— Dreißiglährigen Kriege ſielte, war eine keineswegs hervor—
— Tagende umd ebenfowenig beneidenswerte Di



{ Die Naijer»
lichen und ihre Gegner verwüſteten abwechſelnd das Yard,
Po fehr auch die Herricher desfelben durch diplomatiſche
— Runft diefe Germültungen yon ihren Unterthanen fern zu
— Bolten beftrebt waren, und Lange dauerte es che es ſich
Wieder zu einem, wenn auch Kicht ausſchlaggebenden, ſo
doch ermägenswerten Faktor emporgearbeitet hatte, hanpt—
ahlich in Zolge der Bemühungen des Großen Kurfürſten
Triedrich Wilhelm. —
Vermochte dieſer nicht, aus der ihm in ſo ſchmerz—
licher Welſe gewordenen Erkenntnis der Undankbarkeit des
habsburgiſchen Kaiſerhauſes, dem er ſo treue aufopfernde
Dienfte geleiftet und das zum Dank dafür die Schweden
auf Brandenburg Hebte, die notwendigen Folgerungen zu
ehen, weil einerſeits die politiſche Darſtellerin eine un—
— Qünitige, anbererfeits Brandenburg trotz der ausdauernden
— Treue und BZähigkeit feiner Bewohner zu ſchwach war,
— um den Kampf nad) mehreren Seiten zugleich wagen zu

Der Hochzeitstag.
MNeoman von H. Palmé-Pavſen

2 Machdruck verboten.
Gortſetzung

Maein lebhafter Wunſch war es, gnädigſte Frau Sie
noch vor Ihrer Abreiſe begrüßen zu dürfen“ ſagte Ulxich
%. d. Qüde, „dem Bufall Dank, der Sie nuch rechtzeitig
niboch finder ließ." ; —
Ihnen war meine Anweſenheit hier befannt?“ fragte
Mita, „ah, durch Herrn Juſtizrat v. Belendorf“ ertünzte
fie fig feloft, „er hatte ja für mich eine kleine Erbſchafts—
angelegenheit zu führen. Wußten Sie davon?“ Sie z0-
gerte und {ah {hu forfehen? an. 2
„Sa und von dem Herrn Nat erhielt im auch Ihre
— Mbreije, guädige Frau“, Iautete die gemeſſene Antwort,
„das Weitere heruhte auf Kombinationen. Denn anſäſſig
werden Sie ſich, gnädige Frau, gewiß hier nicht machen
wollen?" . ZA ; .
7 300 benfe nicht daran




















4














3 ireibt mich in die Ferne

bie Zeit für kalten, wie Sie wiffen, verpaßt und des-

Halb den Herdanger Fjord zum Ziel erwählt.”

So {prehend lehnte fie ſich nachläſſig anmutig, in

den Seffel zurück, nachdem fie den Baron gebeten, feinen

Dan den er moch in den Händen gehalten, bei Seite zu
egen

5% Hoffe dom nicht ſo bald“ bemerkte dieſer.

Je nach der Beſtimmung des Arztes











fönuen, ja hinterließ doch Ber größe Kurfürft feinen Nach⸗
folgern die letende Idee ihres holitiſchen Verhaltens
Abkehr vom Hauſe Habsburg und der dieſem bis dahin
bewahrten Vaſallentreue Concentration alles Strebens auf
hnere Erftarkung und Selbſündigkeit

Der erite Schritt zu dieſer war die Proklamation
Pocußens zum Aönigreid. Kurzlichtige oder durch partet⸗
politſche Rückſichten eingeengte Geſchichteſchreiber haben dieſe
zeicht ſelten als einen Ausfluß der Sitelfett Friedrichs,
Der als König von Brenßen (ih der Srite nannte, be
bezeichnet. Wäre eS nur Sitelfeit gewefen, fo möchte man
das MWalten der Borlehung bewundern, welche dieſe ſonft
für die Völker ſs leicht zum Berderben gereichende nicht
ſeltene Herſchereigenſchaft bier fo eutbent 31 entgegenge—
fester Wirkung führte, Aber neuere archivariſche Forſchungen
haben bewleſen, daß auch die Prachtliebe Friedrichs. I.
einer tieferen Begründung nicht entbehrte daß er durch
den Glanz, mit dem er ſich umgab nicht uur einer natür⸗
lien Neigumg Folge leiſtete ſondern mit ihr auch die
Nonarchiſche Ider in feinem Bolt zu eindrücklichever Er⸗
fermitniß zu Sringen fig mühten Der Zwieſpalt zwiſchen
dem „aut faiferfih“ amd „gut Graubdenburglih” Konnte
gie aufüßren, Io lange der Kurfürit von Yrandenburg
eben mu: Bafall des denyjehen Kalfers war; Durch ſeine





Maß des Berfallen hinaus, und wurde wenigitens an—
nähernd zu einem YMadthaber, der umı fo mehr der ange»
itrebten Seichberechtigusg nahe fanı, ie tiefer in Folge
der Schwäche der Habsburger jener und der ihm folgen-
den Epoche das deutſche Kaiſerthum ſank, an Kraft und
Anſehen verlor Wohl war er als Kurfürſt von Branden⸗

ein eigentümficher Zwiefpalt zmijdgen dielem Verhältnis
uuß der Souveränität a8 unumſchränkter Herrſcher
Breußens; aber die Urt und Weife, wie von ſeinen Nach
felgern dieſer Zwleſpalt gelit wurde, Mt Der heſte Bewels
dafür, daß er berechtigt mar, ihn Herangurufen.

bildete famit den Yusganaspunkt für die Cut
wickelung des neuen Beutſchen Reichs!

Nicht imaufhaltfam ging diefelbe vorwärts Unter
Friedrich Wilhelin I. fehlen fie zu ruhen. Aber dieſer
friedſamſte aller preußiſchen Herrſcher bereitete, vielleicht
ohne zu ahnen zu welcher künftigen Größe ev das Fun⸗
dament legte, dieſes ſo ſorgſamer daß Friedrich 11 den
dem die Geſchichte den Namen des Großen verlieh auf
dieſem Fundament die Grundmauern errichten konnte
trohdem den bei gunſtigſter Witterung begonnene Bay
bald die Heftiglten Stürme umtoſten











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f7







ſchleſiſchen Krieg begann, ſchien derſelbe
faum ein Wagnis, aber aus dieſem erwuchs der ſieben
ührige Krieg, in dem Preußen lange Zeit hindurch hart
am Nande des Berderbens mandelte und feine Rettung
faft ansſchließlich der genialen Strategie und der uner—
ſchütterlichen Beharrlichkeit feines Koͤmos verdankte Diefe
(Erfenntnis, verbunden mit dem Dank für die nimmermüde
Thatigkeit, welche nach den Stürmen der Kriege Friedrich
‚der Große für die friedliche Wellerentwicklung feines Landes
entfaltete, Jehuf jerten feſten Kitt zwiſchen Herrſcherfamilie
und Laud, der Beide mit einander exmwachfen und von ein-
ander untrennbar erfcheinen läßt, und in den Befreiungs-
kriegen ſich in jo glänzender Weile bewährte.
Wieder trat nad Ddiefent anfdHeinend eine Periode des
Stillitandes ein, ja ſogar eine ſolche des Rückſchrittes
fehien das Neujahr 1848 zu bringen. Ueberraſchend er—
fcheint dann demſenigen der nur das fertige Gewebe:
Seht, nicht aber den Webituhl, auf dem es enſland, dies
Angebot der Kaiſerwürde an Friedrich Wilhehn IV. und
feine. Aurücweijung derfelben. Dieles Anerhleten ſeitens
derienigen, welche damals die Vertrekung des deutſchen
RBolkes bildeten, beruhten auf der Ertennints, das Preußen
alleim in ſich fonfolidirt und nach außen ftarl genug fet,
un den ſchwankenden Bau den nötigen Halt zu verleihen.
Diele Zurücweihmg war eine Urt Kiefer politiſcher Weis-
hen. Nicht uner dem ſhlecht verfehlten Widerſtreben der
müöchtigften deutſchen Fürſten durſte der preußiſche König:
ſich die deutſche Kaiſerkrone auf das Haupt fegen, nicht
aus den Händen von Lenten, deren Legitimation zu ihrer
Funktion eine nur zu Leicht anzuzweifelnde mar unb die
Pater bei unanshleiblichen Konſlikten den neuen deutſchen
Kalern unliebſam daran erinnern fonnten, daß fie es
feien, denen er ſeine Kaiſerwürde verdankte. Es bedurfte
bes heflagenswerten, Kampfes Deutfeher gegen Deutihe in
Yahre 1866, um Klarheit an Stelle der ſchwankenden Ver⸗
haͤltniſſe zu ſchaffen, welche durch die Rivalität Oeſter reichs
und Breußens um die Leitung der deutſchen Politik ent
fanden, 23 bedurfte des gewaltigen Bölferringens von 1870
um die deutichen Stämme mit einem Band zu umſchlingen
das in abjehbarer Zeit Niemand zerreißen. wird. So
entwickelte fich, von der Heroenfigur eines Bismarck ge—
tragen, aus der preußifchen eine deutſche Rolitif, Preußen
wurde zum feſten Kern Deutſchlands
Die feitdem vergangenen drei Jahrzehnte haben nicht
vermischt, die tiefe Kluft völlig zu Überbrüden, die Ur-
ſprünglich zwiſchen dem Norden und Süden Dentichlands
gähnte und fich im Folge der Unfähigkeit derjenigen deut
ihem Herrfcher, melde vor Beginn der Neuzeit bis zur
Milte des ueunzehnten Jahrbunderts die Geſchicke Deutſch



— Die Unterhaltung wollte nicht recht in Gang kommen
Es entſtand ein kurzes Schweigen.

Gin jeder fuchte in des andern Zügen zu leſen .

Urich's forſchender Blick, der ſo manchem unbequem
werden fomnte, fragte: Was und wie biel weißt Du von
meinem Schickſal, währeud Ajta dem Gedanken erwog:
Wie trägt Du Deine Sehicung? Mit Schmerz und Zorm,
oder ſind dieſe heißen Empfindungen verzifht in dem
Kaltwaſſerſtrahl der tötlich verletzten Liebe und des ge—
demütigten Stolzes?

Eie ſollten ſich uns anſchließen, lieber Baron warf
ſie leicht hin, ſtudierte dabel aber aufmerkſam den Ein—
druc ihrer Worte auf ihn, Sie treffen dort gemein—
fame Bekannte — Behrmann’s und v. Finkens werden
ich dort auch einftellen. Das giebt Zerſtrenung, Anreg
ung — Ste dürfen fi um Gottes Willen nicht wieder
vereinſamen —

Alſo fie wußte alles Dieſe Worte ſollten es ihm
| verraten. Deſto beſſer —es überhob ihn peinvoller Aus—
einanderſetung und kürzte dieſe fürchterliche Stunde.
„Und doch muß es ſein, gnädige Fr u“, antwortete
er gelaffen, „die Einfamfkeit {ft miy-ge en
men — ich muß thätig ſein Es giebt Alma
aufichiebbares für mich zu thun nſchweife,
guädige Frau, mein Erjcheinen bei ZELL einen be:
fonderen Grund. Man Hat mich in einem anonymen
Brief verleumdet und auch fonft noch.” —

Mein armer Freund!“

Sie wiſſen dies, nicht wahr, und daß id meine












Braut verloren habe“, fügte er etwas [AHneller, aber doch
in ruhig ſachlichem Zon Hinzu. —
Es koſtele ihn eine ungehenre Beherrſchung, aber er
brachte e8 fertig. Keines Menſchen Seele ſollte merken,
wie es in ihm ausſah —

Ich habe es gehört, zu meinem ‚größten Schmerze—
erwiderte Mita, erhob ſich und wandte ſich ab als über—

fifttuch hervor und fuhr ſich damit über die Augen

Nun gilt es, den Verleumder zu entdecken und zu
entlarven“, ſagte Ulrich mit einer Stimme ſo ſcharf, wie
klingender Stahl.
Er reckte ſich unwillkürlich bei dieſen Worten und cs
bligte in feinem Auge auf.

Afta hatte fi mit dem Rüden ans Fenſter geſtellt
und fah ing Fenfter hinein. Sin Zittern üÜberfiel fie bei
dem drohenden Klang der Worte. Ihre unruhig gewot-
denen Gefichtszüge vertrugen das hHereindringende Zagese
Ticht nicht mehr. ; ; . :

„Erfparen Sie mir das Nähere — erfparen Sie mir
Einzelheiten“, bemerkte der Baron. ; .

„Kein Wort darüber“, fiel fie ihm in die Rede, „ih
weiß ja alle8 and von dem Denken und Fühlen Ihrer
eimnftigen Braut vielleicht Genaueres und mehr, als Sie
ſelbſt.“

Ulrich zuckte unmerklich zuſammen.
ſich ſagen laſſen!

Sein Geſichtsausdruck ward ſtarr und lalt
an Aſta vorbei und verſtummte plötzlich

Das mußte er —








 
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