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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.43807#0911

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Gricheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.

18 Beilagen das „Geidelberger Volksblatt“ und das Sfeitige

Illuſtrierte Sonntagsblatt⸗ Preis 36 Pfg., mit den Bei-

Flättern 40 fg. monatlig. Durch die Loft vierteljährlidg
1 Mk. ohne Beftellgeld. .







28. Jahrgang.
Druck und Verlag von G. Geiſendör fer.
Verantwortlich: Hd, Geifendörfer,










Unzeigen? die 1-{paltige Petitzeile oder deren Raum
20 Big. LZokale Gef{dhaäfts- und Privat-Anzeigen bedeutend
ermäßigt. Kekflamen 40 Pfag, Für Aufnahme von Anzeigen
an beftimmten Tagen wird nicht garantiert. Gratisverbreitung
durch Säulenanſchlag.

+ \

iger











































Be. 227. Erſtes Blatt.
Bolitijche Wochenjehan,

Heidelberg, 28. Sept.

Die franzöſiſche Prefie Hatte in der vorlegten
Woche, fo lange Frankreich die Chre der Anwejenheit des
Zaren genoß zumeiſt ſtarke Bedenken, das Recht der
freien Kritik zu benutzen, von dem ſie aber in dieſer
Woche, nachdem die Feſtlichkeiten verraucht ſind, recht
ſtarken Gebrauch gemacht hat. Die Epiloge, welche die
franzöſiſche Preſſe dem Zarenbeſuche widmet, ſind zumeiſt

cht ſonderlich liebenswürdig, denn die Bilanz des Zaren
beſuchs weiſt für Frankreich ein ſtarkes Loch auf. Die
Mitgift haben wir gezahlt, aber der Freier geht ums
durch! Das ungefähr ijft der Kefrain der Zaren-Cpiloge.
Eine jtarfe Enttäufdhung haben auch diejenigen Freunde
der Burenfache zu verzeichnen, welche fidh in dem ſchwer
verftändlichen Wahn gewiegt Hatten, daß der Befuch des
Zaren in Frankreich die von Allen Gherbeigefehnte Ver-
mittlung im Burenkrieg zur erfreulichen That
heranreifen laſſen könnte. Dieſer Hoffnung iſt die Ent—
tänfchung gefolgt und fie mußte ihr folgen. Die rufjfiiche
Politik ijt nie ſentimental geweſen. Sie nußt die prekäre
Lage Englands weidlich aus, aber das Schietjal der Buren
Yäßt fie Kalt.
Nicht auf den Zaren von Rußland, nicht auf den
Präfidenten Roojevelt, den auch wieder einige zum Buren-
freunde ſlempeln wollen, jondern nur auf ihre eigene Kraft
fönnen die Buren ihre Hoffnungen jeßen. Und daß diefje
nicht erfhöpft md nicht gebrochen ijt, das Haben gerade

gethan Sowohl in der Aapkokonic als au in Natal
find die Buren, welche die berühmte Verfügung Kitcheners
vom 5. September als „Räuberbanden“ zu bezeichnen {ich
erkühnte, urplötzlich angriffsweije vorgegangen, fodaß die
Engländer ih an derfelben Stelle, wo vor zWwet Jahren
der Krieg begann, zur Defenfive genötigt jahen. Un 11.
Oktober gehen die Engländer ins dritte KriegSjahr hin-
er und fie werden {ich ſchwerlich damit tröſten, daß alle
guten Dinge drei find. -
In recht langſamem und ſchwerfälligem Tempo ſpielt
ſich der Krieg zwilden Kolumbien und Venezuela
ab Bisher iſt es nur zu kleinen Scharmützeln gekommen
and vor einem entfcheidenden Zufammenftoß jcheinen beide
Parteien eine berechtigte Scheu zu empfinden. InSbefon-
dere wartet man noch immer auf die entjcheidende See



















Samstag, den 28. September

ſehr gefährliche Haltbarkeitsprobe ſtellen könnte A
Präſident Rooſevelt Hat daher auch in dem bisherigen
Verlauf des kolumbiſch venezolaniſchen Krieges noch keine
Gelegenheit gefunden, die Kolle des Friedensitifters zu
ipielen, die er in Südafrika zu jpielen keine Neigung hat.
Auch der Eifer, den NKRoofevelt zuerſt der anarchiſtiſchen
Bewegung gegenüber {chien an den Tag legen zu wollen,
ſcheint ſich bereits etwas abgekühlt zu Haben, obwohl es
ſehr bedauerlich wäre, wenn die Amerikaner meinten, daß
ſie mit der Verurteilung des anarchiſtiſchen
Mordbuben Czolgosz genug gethan Hätten.
— Bon einer noch gefährlidheren Seuche, als es die
Anarchijften-Seuche, die doch wenigjtens nur vereinzelt aufs
tritt, i{t, mird zur Zeit Ytalien bedroht. Aus Neapel
it die fAlimme Kunde eingetroffen, daß dort die von


iſt. Hoffentlich gelingt es den Maßnahmen der italieniſchen


ſchlimmen Gaſt den weiteren Eintritt nach Curopa zu

vermehren. Dr. P
Dentjches Reich.

Kiel, 27. Sept. Die Hebung des auf 45 Meter
Tiefe liegenden Wracks des bei Arkona geſunkenen deutſchen
Krenzers Wacht“ iſt endgiltig aufgegeben. Ein Dampfer
der hieſigen Werft mit Sprengmaterialien und Perſonal
der erſten Torpedoabteilung geht nach der Unfallſtelle ab,
um diejenigen Wrackteile zu beſeitigen, welche den Schiffs—
verkehr hindern lönnen
gelegten Wrack-Leuchibojen werden aufgenommen und nach
Kiel gebracht. ;

Kiel, 27. Sept. Gegenüber den Blättermeldungen


Kreuzer „Gazelle“ erfährt die „Kieler Ztg.“ von zuftän-


jein Kann, wie von einem Neberbordwerfen von Verjchluß-
ſtücken

Der ſüdafrikaniſche Krieg.

London, 27. Sept. „Daily News" gibt das geftern


rücht wieder, daß Lord Kitchener die Demiſſion als Ober—
kommandierender in Südafrika wegen Meinungsverſchieden⸗



Aug' um Auge, Zahn um Zahn.
Roman von Karl Eden. :
2 MNachdruck verboten.


























60)
Gortſetzung)
Erſtaunt, aber nicht ohne einen Schimmer von Hoff⸗
nung, ergriffen Donnington und ſein Genoſſe die nötigen
Werkeuge und eilten Pugatichin nach, der hei dem Licht
der Fackel, die er Irug, in dem Unteriten Teil der Mine
fichtbar im einer Entfernung von wenigjtens Hundert Schrit-
ten mar. Einen Augenblit, nachdem ihn die Männer ein-
geholt hatten, ſtand er regungslos und Horchte ſcharf, aber
Gerauſch war zu vernehmen außer dem leiſen Krachen
der Leitern unter den Füßen der hinauffteigenden Sträfe
inge, das in jedem Augenblick ſchwächer wurde, bis es
ganz erftarb und volljtändiges Schweigen herrichte, Dann
winkte Pugatſchin ſeinen Begleitern und flüſterte ihnen
leiſe, aber haſtig auf franzöſiſch zu:

ß zu einem verzweifelten Mittel greifen, um
Sie zu retten. Wenn wir einige Zage länger Zeit hät⸗
ten, jo hätte ich einen gefahrloſeren Plan entwerfen kön—
nen, aber das Komitee will keinen Aufſchub zulaſſen Erſt
geflern erhielt ich einen neuen Befehl zu Ihrer ſofortigen
Befreiung, Monfieur Donnington! Sie haben müchtige

undel 7 ; ;

a Dounington ſtand in ſprachloſem Erſtaunen da, denn
Pugatſchin ſprach im feinſten Pariſer Franzöſiſch. Sind
Sie bereit, ſich Gefahren auszufjegen?“ fragte er plößlich,
c ſchrecke vor nichts zurück!“ erwiderte Nr, 27 in
feſtem Ton; „wahrſcheinlich iſt mein Gefährte hier des
jelben Sinne8?" Er blickte Nr. 84 an, welcher nur nickte,
„Gut“, ermwiderte Pugatichin, „dann wollen wir cs
mn; aber wenn irgend ein Zwijdhenfall {ich ereignet,
ung feine andere Wahl als die Mine. unter
jegen.“ ‚3

ne unter Wajfer jegen?“ wiederholte Georg
chem Schreden. Luka {prach fein Wort und














1901.

Die Regierung habe

Fernſprechanſchluß Nr. 621.

heiten mit Brodrick gegeben habe.


Entſcheidung wieder aufgebe, was Kitchener abgelehnt
habe. Die Regierung habe die Intervention einer hoch
ſtehenden Perſönlichkeit nachgeſucht.

Vermiſchte Nachrichten.

Maunheint, 26. September. [Ein verheerendes
Schhadenfewner] ift geftern Abend, wie wir bereits in
der legten Mummer mitgeteilt, furz vor 8 Uhr in der
Chemijcdhen Fabrik von Weyl u. Co. auf dem Linden-
hof ausgebrochen. Die Berufsfeuerwehr, welche um 7 Uhr
52 Min. alarmiert worden war, traf troß des entfernten
Weges bereits um 8 Uhr 3 Min. auf der Brandftätte ein.
Bei der Ankunft Hatte das Feuer eine derartige Ausdehnung
angenommen, daß unmittelbar und zwar um 8 Uhr 9 Min.
eine NMlarmirung der Freiwilligen Feuerwehr
durch die Sturmglocke erfolgte. Bei Eintreffen der-Be-
rufs-Feuerwehr Hatten bereits die Wehrmänner der Lanz’ -
Ihen Fabrik jowohl wie diejenigen der Firma Weylır. Co. _




dem Ped) und Cheer lagerte, ausgebrochen war, auf feinen
Herd zu beſchränken. Trotz aller Anfirengungen gelang:
dies nicht. Bei der leichten Brennbarkeit der lagernden
Produkte nahm nach wenigen Minuten das Feuer eine
derartige Ausdehnung an, daß das ganze ausgedehnte

geben, neben Bed auch Nüffige Zheerprodukte enthielt, welch
letztere durch Röhrenleitungen aon dem eigentlichen Fabrik—
betrieb übergeleitet werden, übertrug ſich das Feuer ſehr
raſch auch anf‘ die entfernter liegenden Fabrikgebäude. Das
Flammenmeer, welches in dichtem Qualm zum Nachthimmel
emporloderte, überſprang das das Fabrikanweſen durch»
ſchneidende Bahngeleiſe. Die Feuerwehr hatte große Mühe,
um an das Feuermeer, welches verſchiedene Fabrikgebäude
ergriffen, heranzukommen. Hervorragende Dienſte leiſtete
die Dampfiprike der Lanz’ihen Fabrik; fie warf eine
ungeheure Waffermenge in den Brandherd. Dies hat {ich
um ſo zweckdienlicher erwieſen, da auf dem entlegenen
Lindenhofgebiet nur wenige Hydranten vorhanden find.
Die Höhe des Brandſchadeus — jedenfalls eine ſehr be—
trächtliche konnte noch nicht feſtgeſtellt werden




in einer Falle ertrinfen.“ ?
„E83 muß ristiert werden”, wiederholte Kugatichin, „Sie
müſſen ſich ſogleich entſcheiden! Selbſt ein Aufſchub von
einer Stunde iſt gefährlich, denn eS erhebt ſich Verdacht
bei den Beamten. Was meinen Sie, Monfieur ?“
Beſſer den Zod, als Gefangenfehaft“, antwortete
Donnington entſchloſſen. „Ich bin zu allem bereit.“ Er
blickte Luka an, welcher ganz unbeweglich daftand, als ob
ihn die Sache garnichts anginge,
„SO wild Jhnen meinen Plan mitteilen“, fagte Pugat-
jhin. „Unter der Stelle, auf der wir jtehen, ijt die Erd-
frujte nicht mehr als ſechs Fuß dick, und in einer Stunde
fönnen die Spighaden das Erdreich genügend Löfen, um
dem Waſſer Zutritt zu geben. Iſt dies geſchehen, ſo wird
die Mine in ſehr kurzer Zeit gefüllt fein, und die Gefahr
liegt in der Schnelligkeit, mit der das Waffer eindrinat.
Ich kann nicht jagen, wie groß die Gefchwindigkeit fein
wird; aber wenn das Waſſer mit

fo ift e8 möglich, daß uns der Rücweg abgefchnitten wird


ſichten ſehr ſchlecht.“
„Aber warum muß denn die Mine überhaupt über-
{hwemmt werden, Wenn wir doch durch den Schacht ent-


Der Kuffe lächelte. „Können Sie nicht verftehen“,
jagte er, „daß ih für meine Arbeiter den Behörden ver-
antwortlich bin und fie entweder tot oder lebendig vorweijen


zurůckgeſandt werden; da man hier aber annehmen wird,
daß Sie ohne allen Zweifel ertrunken feien, wird der


zu rücken, um Jhre Seichen zu finden und zu begraben.“
Ein leichtes Lächeln 'glitt bei diejfen Worten über

Luka's Geſicht, und Donnington begann die beabſichligte

Kriegsliſt zu durchſchauen.

Wenn wir alſo dem

1 Waſſer entkommen, fo müffen
wir oben dinen Weg zur

Iucht finden 2“ fraate er. Lırz




„Dann beginnen wir Jofort!“ rief der junge Mann *
ungeſtüm und erhob feine Hade; aber Pugatichin hielt ihn
zurück und ſagte:

„Nicht ſo ſchnell; erſt müſſen wir für Ihre Sicher—
heit ſorgen. Folgen Sie mir nach fünf Minuten in die
Werkzeugkammer, ich werde die anderen Burſchen herauf—
führen und dann Hierher zurückehren.“ Als Pugatſchin
forteilte, blieben die beiden Gefangenen {Hweigend zurück.
Donnington war fieberhaft erregt, während Luka ruhig
und regungslos ſtehen blieb. Seine Kaltblütigkfeit war
dem Engländer unerklärlich. . 2 ;

„Es ſcheint Ihnen wenig daran zu liegen, Monfieur",
jagte er, „ob wir. Erfolg haben, oder nicht?“

„Sie irren ſich“, erwiderte der Pole, „nur an meiner
Sicherheit liegt mir wenig.“

„Himmel“, rief Donnington, „würden Sie {ih nicht
freuen, aus dieſem Sklavenleben befreit zu werden? Geht
Shre angenommene Gleichgiltigfeit nicht zu weit?”

„Monfieur kann mir glauben oder nicht, wie es ihm
beliebt“, antwortete ter Pole ſtolz, „aber iſt e& nicht Zeit,
hinaufzuſteigen ? Ich werde vorangehen.“

Er ſchritt nach dem Schacht, und Donnington folgte
ihm ſogleich

Die Werkzeugkammer war leer; aber ehe fünf Minu—
ten vergingen, erſchien Pugatſchin.

„Alles geht gut bis jetzt“, flüſterte er. „Ich habe
den Wachen Branntwein gegeben, und jetzt haben ſie für
nichts anderes mehr Sinn.“

„Und die Sträflinge?“ fragte Donnington.

Zwei zuverläſſige Leute bewachen ſie. Ich gab ihnen
zwei Stunden Erlaubnis, die friſche freie Himmelsluft zu
atmen Aber jetzt an die Arbeit!“

Mit dieſen Worten wandte er ſich um und ging bis
ans Ende der kleinen Kammer, wohin ihm Georg und der
Bole folgten.

„Dilf mir mit Deiner Spighade, Luka!“ flüſterte
: Pugatichin, indem er die Spike ſeines Werkzeugs hinter





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