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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.43807#0467

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| Gricheint F Ausnahme der Com und Felertage
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1 ME ohne Beftengeld. n Zi *

*

28. Jahrgang.
Druck und Verlag von G. Geiſendörfer.
Berantwortlich: Hch. Geiſendörfer.










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= durch Sänlenanfchlag. .











* Jahrgaug.



Mr. 116.

E&) Heidelberg, 18. Mai.

Am Mittwoch hat der deutfche Ketch) Stag, der

Not gehHorchend, nicht dem eigenen Triebe, ſeine Thätigkeit

— abgebrochen, um fie erft am 26. November d. I. wieder
fortzujegen. Zwar ijt das Penjum, deffen Erledigung dem
Reichstage oblag, keineswegs bewältigt worden, aber die
ſommerliche Hitze Hatte auf die Präjenz des Reichstags,
die ohnehin die ganze Sejfton hindurch jammervoll war,


lichkeit wurde. '
; So ah der Meichstag fich genötigt, zu dem ungewöhn—
— Ken Aushilfsmittel der Vertagung zu greifen, Damit
— Micht die ganze Arbeit, welche“ auf die nicht zu Stande ge
brachten Geſetzesvorlagen verwandt worden war, nuklos
— berloren gehe. Im Zeichen der Beſchlußunfähigkeit in
dem der Reichstag die ganze Seſſion hindurch geſtanden
hat, hat er auch den erſten Abſchnitt ſeiner Tagung be—
endet Der Verſuch der Reichstagsmehrheit, noch am
letzten Tage eine Abänderung des Branntweinſteuergeſetzes
durchzuſetzen, ſcheiterte an dem Widerſtande der Linken und
an der Unmöglichkeit, ohne die Stimmen der Linken ein
beſchlußfähiges Haus zuſammenzubringen.
) Dem Reichskanzler Grafen Bülow braucht die Ber-
dung des Reichstages nichts weniger als unangenehm zu
fein. Graf Bülow/ Hat {ich zum Teil mit neuen
— Männern umgeben, welche an die Stelle der „in den







mentariſche Panfe, die ihın Gelegenheit bietet, ſich in die
Neue Situation hineinzuarbeiten, darf ihn noch willfommen
fein. Wird dem Grafen Bülow doch ohnehin ‚im dem
zweiten Teil der Seſſion ein ſchwere Winterkompagne be—

Bolltartf geführt werden wird, davon Haben die in dem
erſten Teil der Seſſion ausgefochtenen Vorpoſtenkämpfe
einen Vorgeſchmack gegeben



Friedensſtimmen ſind es dagegen, die aus dem öſter—
reihiſchen Reichsrat zu uns herüberklingen, aber
allerdings recht ſonderbar klingende Stimmen. „Wie wenn
Waſſer mit Feuer ſich menget“, fo will es uns erſcheinen,
wenn jetzt in Oeſterreich in aller Ernſthaftigkeit der Ge—
danke iner deutſch-tſchechiſchen Arbeitsmehrheit
gegen die Klerikalen erörtert wird. Doch „die Botſchaft
hör” ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Cin ehr—
liches Zuſammengehen der Deutſchen mit den Tſchechen
haite zut Vorausſetzung, daß die Tſchechen auf ihre ſtaats⸗






































üchkeit für immer ablegten. Aber nichts berechtigt zu
einem ſolchen Optimismus, und deshalb wird man gut
hun dieſer neueſten Wandlung der politiſchen Situation
in Oeſterreich fürs erſte mit ſkeptiſchem Mißtrauen zu be—
Gegnen, wenn es auch not thun wird, dieſe merkwürdige
Entwickelung mit angeſpanntem Intereſſe zu verfolgen.

Des Bruders Braut.
Roman aus der ruſſiſchen Geſellſchaft von C. Golowin.
Mit Genehmigung des Verfaſſers überſetzt von A. Hauff.

47) “ (Forijetung.) 02

So verging der Nachmittag. Wſewolod ſchien feine
Aufmerkſamkeit ausſchließlich dem Gutsherrn zu widmen;
er verſtand es, gut zu erzählen und beſaß einen reichen
Vorrat von Lebenserfahrung, der ſich auf feſtgemachte Be⸗
obachtungen ſtützte. Aber wenn er ſich auch äußerlich mehr
dem Vater zu widmen ſchien, ſo wußte er doch ſehr wohl



wählen, welche Wera am meiſten feſſeln konnten. Von
Jugend auf hatte er ſich die Kunſt angeeignet, ſeine Worte
Nur mittelbar an Diejenigen zu richten, für die fie be-
Itimmt waren, und indem er jet mit Weras's Vater
ſprach, dachte er nur an die Tochter und bemerkte mit
heimlicher Freude, mit welch lebhaftem Intereſſe ſie ihm
zuhörten In ihm reifte der Entſchluß, am heutigen Tage
a eine entfeheidende Unterredung mit ihr Hherbeizu-
lühren SR
Nach dem Mittagsmahl entließ Knjäjchitjdh die jungen
Seute in den Garten. Als echter Ruſſe Konnte er ſich
— Sein Mittagsſchläfchen nicht nehmen laſſen; außerdem
erlte er auch, daß die ſeinerſeits ſo ſehnlichſt erwünſchte
Annährung des jungen Paares wirklich erfolgte, und

en es durchaus vermeiden, Ddiefelbe irgend wie zu

©












Montag, den 20. Mai

inneren Bolitif in Anfpruch genommen, daß fogar das


bei die am meiften beteiligte Macht iſt. Der „kranke
Mann" in der Türkei ift in neuerer Zeit auffallend mobil
und lebendig geworden, jeit die Curvpüijdhe Politik ſich
mehr in Afien als in Europa abfjpielt und der „Franke
Mann” auf diefe Weiſe etwas Luft bekommen hat. Die
Hoffnung, daß der Sultan und feine Ratgeber auf den
Protejt der beteiligten Mächte hin ſchleunigſt zu Kreuze
kriechen würden, hat ſich als eine Täuſchung exwieſen und
fo ſchnell, als inan ſeitens der Regierungen der beteiligten
Möchte annahm, wird die befriedigende Beilegung des
VBoftfonfliftes jedenfalls nicht vor fih gehen.
Immerhin ift doch aud) einmal etwas Erfreuliches aus den
„intereffanten Ländern“ auf dem Baltan zu berichten. Die
Zuſammenkunft der beiden Könige von Rumänien und
von Griechenland in Abbazia kann als das An—
zeichen einer Konſolidierung der Verhältniſſe auf der Bal—
kanhalbinſel angeſehen werden. Rumänien hat von jeher
die auf die friedliche Entwicklung der Verhältniſſe im
Orient gerichteten Abſichten der Mächte mit Eifer unter—
{fügt und deshalb kann die Annäherung zwiſchen Rumä—
nien und Griechenland als ein befriedigendes Ereignis be—
getztt werden
Ein befriedigender Fortſchritt iſt in dieſer Woche auch
in China zu verzeichnen geweſen, denn die Einigkeit der


ſonſt aufgewieſen und die Entſchädigungsfrage iſt
um ein gutes Stück vorwärtsgerückt.
nur im Prinzip bereit erklärt, zu zahlen, ſondern es hat
ſich jetzt auch zur Erfüllung der von den Mächten auf—
geftellten Forderungen bereit erklärt. Es fehlt jetzt nur
noch, daß dem guten Willen auch die That folgt. Aber
freilich, vom Willen zur hat ift oft noch ein weiter Weg
und wir fürchten, daß noch geranme Zeit vergehen wird,
bis wir die erften der Taels fehen, welche die Diplomaten
hereit$ auf dem Papier ftehen haben.

In Südafrika geht der Krieg unverändert fort und
von den Engländern hört man mehr große Worte, als
) Aber mit den längften Reden“ wird Lord
Salisbury den Krieg nicht beenden, denn auch die [MHön-


jame Waffe im Guerillakrieg erwieſen Dr. PP.


gejtern Abend 7.42 Uhr hier wieder eingetroffen.
Stuttgart, 18. Mat. Der Landtag hat den Antrag

auf Einführung einer Einheitsmarke einſtimmig

an die Finanzfommijfion zur näheren Prüfung verwiejen.

— Schon neigte fich der Tag zum Abend, der Wera mit
einer Art feierliher Ruhe erfüllte. Die leichte getftreiche
Heiterkeit, mit der Wfjewolod während des Spaziergangs
fie ſcherzend unterhalten, war nicht mehr ganz ihrer Stim-
mung entfprechend. Er merkte dies jofort und wußte feine
Unterhaltung ihrer neuen Stimmung anzupajfen. .

Sie gingen am Ufer des Flufjes dahin. Die fried-


Wohlgeruch ſtrömte von den Wieſen und Feldern aus,
ringsum athmete alles friedliche Ruhe, auch die Luft und
das Laub der Bäume; man vernahm nur das melodiſche
Rlätfchern des Waſſers, ſowie hin und wieder vereinzelte
Stimmen und Hufjhläge vom Dorfe her. Der Fluß
rötete ſich von den Strahlen der untergehenden Sonne,
und aus der Ferne tönte der gleichfürmige Klang einer
Kirchenglocke. —

Die jungen Leute kamen im Garten bald an jene
Stelle, wo erſt vor einer Woche Wera mit Perchurow
und Petja zuſammengetroffen war. Dieſelben Bäume um—
ringten die Stelle, noch blühten dieſelben Blumen dort,
die ganze Natur war die ſelbige geblieben; aber Wera fiel
es ſchwer aufs Herz, wie ſie ſelber in dieſer einen Woche


Unbeftändigkeit inmitten der unveränderlichen Natur! Iebt
erinnerte {ich Wera jedes einzelnen Wortes, das an jenem
Abend gefprochen worden; aber diejelben Worte, die da—
mals voll fo lebendigen warmen Gefühls waren, ſie klangen
jetzt in ihrem Gedächtnis hohl und tot

„Wera Miximowna unterbrach Wſewolod plötzlich mit











1901.

v. Breitling teilte mit, daß
zwiſchen Württemberg und der Reichspoſtverwaltung ein
Meinungsaustauſch darüber ſtattfinde, ob unter Wahrung
der Sonnderrechte Württembergs eine geeignete Abrechnungs⸗
weiſe möglich ſet. Ueber das Ergebnis der Verhandlungen



Minifterpräfident Dr.


Metz, 18. Mai. Um 8 Uhr 20 Minuten langte der
kaiſerliche Sonderzug von Urville kommend bei dem Wartes
haus Tournebride an, wo Pferde bereit ſtanden. Um 8
Ühr 30 Minuten langten die Herrſchaften auf dem großen
Uebungsplatz bei Frescaty an, wo die Truppen der
Garniſon im Paradeanzug unter dem Kommando des
Generaloberſten Grafen Haefeler in zwei Treffen auf»
geftellt: waren. Der rujfijche Botfchafter und die Mits
glieder der ruffijhen Botjchaft, die nachts 1 Uhr hier ein-
getroffen waren, waren zu Wagen von Meg erjhienen und
erwarteten den Kaijer auf dem rechten Flügel der Auf—
ſtellung. Als das Katierpaar fich diejem näherte, wurde
präfentirt und unter dem Donner der Gefhüße von Fort
Friedrich Karl ließen die Truppen ein dreimaliges Hurralh,
ertönen. Um 9 Uhr begann der Parademarfch, bet dem
der Kaiſer ſein Regiment vorbeiführte. Um halb 11
Uhr war der Borbeimarjcdh zu Ende. Während der Kailer
die Kritik abhielt, ritt die Katferin nad) dem Wartehaus
Tournebride und beftieg dort den faijerlihen Hofzug.

Mes, 18. Mai. Die Kaiferin ft um 3° Wr
nachmittags vom Schloſſe Urville aus nach Baden-Baden
abgereift. Der Xaifer fuhr nach 4 Uhr nad Beendigung:
des Feftmahls zu Chren des Geburtstags des Zaren vom
allgemeinen Dffiziersfafino zum Bahnhof. Nachdem dert
Kaiſer in den Sonderzug eingeſtiegen war ſetzte ſich dieſer
furz vor 4!/, Uhr in Bewegung. Der ReichsStanzler Sraf
Bülow, weicher beim Abjchiede des Kaifers auf dem Bahıt-
hofe zugegen mar, blieb in Metz zurück. Der ruſſiſche
Botſchafter von der Oſten-Sacken iſt mit den Herren der
Botſchaft mit dem fahrplanmäßigen Schnellzuge um 3“? A
Uhr vom Bahnhof Mes nach Berlin abgereift. Zum
Mbfchied maren diele höhere Offiziere anwejend. Zu der
heutigen Frühljtückstafel waren gegen SO Einladungen ev-
gangen..., Gegen Ende, der Tafel erhob {ich der Kaiſer und
brachte einen Trinkfpruch auf den. Kaijer von Rußland
aus. Das ausgebrachte Hody wurde von 33 Kanonen«
{chüffen begleitet. De —

Metz, 18. Mai. In dem Trinkſpruch auf den
Kaiſer von Rußland führte der Kaifer aus: Das
Heutige Feſtmahl und die Parade Hätlen eine bejondere
Bedeutung dadırch gewonnen, daß diefelben gleichzeitig Der
Geburtstagsfeier des Kaijers von Rußland galten. Aus»
gehend davon, daß eS eine alte und liebe Tradition des
preußijchen Heeres ſei, die Fefttage der ruffilchen Monarchen
mitzufeiern, erinnerte der Katfjer in feiner Anfprache daran, —
daß vor bald einem Jahre unter Zuſtimmung aller Mächte





gedämpfter Stimme das lange Schweigen, „ich bin erft


Tagen glaube ich, haben wir uns ſchon genügend kennen

Sie begriff nicht ſogleich, wohin dieſe Worte zielten
und blickte ihn fragend an — A
„Wera Maxintowna,“ wiederholte er {tehen bleibend,
„Sie werden mich vielleicht für zu fühn Halten, aber e&
überfteigt meine Kraft, Yınen zu verbergen, daß ih Sie
liebe mit ganzer Seele!“ .
Sie hatte dieſe Worte vorhergefühlt, faſt erwartet, und
dennoch erſchrak ſie, als dieſelben an ihr Ohr drangen Sie
wollte ihm antworten, ihn unterbrechen, doch die Zunge
verfjagte ihr den Dienit. :
„Ich blieb allein Fhretwegen Hier zurück,” fuhr er
fort. „Sie haben e8 wahrfcheinlich erraten. — Sie müjjen
e$ erraten haben, ich irre mich nicht und hoffe, Sie erlauben
es mir, Sie Meine...“ A . 2











Sie zog ſchnell die Hand zurück, welche er ergreifen
wollte, und ſchüͤttelte bekümmert den Kopf: „Ich kann
nicht — kann es nicht, erwidert ſie mit unſicherer Stimme
und ſah ihn faſt erſchrocken an. „Wiſſen fie denn
nicht. 2 S ;

Sie bedeckte das . Geficht mit beiden Händen. Alle
ihre freudigen Gefühle Hatten fie plötzlich verlaſſen Sie
ſaͤh, — was ſie ſich doch ſo eifrig zu verbergen gefucht, —
die Unmoglichkeit des Glückes, das ſie ſich ſo ſehnlich
wünſchte.


 
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