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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.43807#0691

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(richeint täglich mit Ausnahme der Som: und Feiertage.

AS Beilagen das „Heidelberger Volksblatt“ und das Sfeitige ;
3 Urt um 50 MO * ben NN a
Hütter Pfg. monatlich Dur die Poft vierteljä ich

1 ME, ohne BefteNlgeld. ft a :








28. Jahrgang.
— Serantwortlig: Hch. Geiſendörfer.

Nr. 172.

2




Freitag, den 26. Juli



SHeuchelei und Barberei.

Genau zwei Yahre find vergangen, feit die Friedens

























crfuͤllte, die optimijtijdhe Gemüter anf ſie geſeht hatten,
Aſchloſſen wurde. Zweiundeinhalb Monate nach dem am
29. Salt 1899, erfolgten Schluß der Friedensfonferenz
brach, am 11. Ditober 1899, der von England provo⸗
ierte Krieg mit den Buren aus. Wir bezeichneten damals
den füdafrikanijdhen Krieg als das Satyrjpiel zur Friedens
bonferenz, und dieſe Bezeichnung iſt umterdeß noch weit
mehr gerechtfertigt worden, als man damals zu ahnen
vermochte. a
; Sie wie die Herbeiführung des Krieges durch England
‚Togar nach dem Zeugnis vieler patriotijcher Engländer ein
Mit der unerhörteften Frivolität gewefen iſt, ſo haben die
Engländer während der mehr als 21 Monate, die der
Krieg. bereits dauert, fortgejegt derartige Verftöße und
Sünden wider das Völferrecht, wider die Moral und
Wider die Menfchlichkeit begangen, daß in England {elbft
— Muttige Männer und auch mutige Frauen — wir erinnern
= Aur an Miß Hobonje — ihre Stimme dagegen erhoben
Haben. Und es will gewiß viel fagen, wenn das in einem
Sande geſchieht, in dem die Mehrheit der Bevölkerung in
einen Chauvinismus hineingehetzt worden iſt, der es ge—
radezu zu einer Gefahr macht, eine entgegengeſetzte Mei⸗
Yung zu äußern, . ;
der nicht von dem allgemeinen Chauvinismus angekränkelten
Tadler hiedergeſchrien werden, iſt überall im Auslande die
frivole Herbeiführung des Krieges durch England und die
barbariſche Kriegsführung der Engländer verurteilt worden.
Die Engländer haben auf die gegen fie erhobenen An⸗
klagen und Beſchuldigungen, die ſich faſt durchweg auf
einwandfreie Zeugen ſlützen, lange Zeit geſchwiegen Und
das war das Klügfte, was fie in dem Falle thun konnten
Endlich aber raffte ſich die engliſche Regierung zu
einem General- Dementi auf, indem jic einen ihrer Vers
freter im Parlament die Erflärung abgeben ließ, daß die
engliſche Truppen die gefittetften der Welt feien und daß
alles, was man ihnen nachjagte auf Verleumdung feitens
der Buren und ſeitens der anderen Nationen beruhe.
Herr Chamberlain, der verantwortliche „Herausgeber“ des
üdofrifanifchen Krieges, bemerkte fogar, daß England {id
Über das Urteil der anderen Nationen hinwegſetzen könnte.

— Mglijhe Regietung ihrem General-Dementi ſelbſt wentg
überzeugend Kraft beimaß, hat ſich in der Folge gezeigt.
Nachdem weder das Totſchweigen, noch die Ableugnung
der engliſchen Kriegsbarbareien ſich als wirkſam erwieſen
hatten, berfuchten die Engländer es mit einem Dritten

Mittel 1nd diefes mar noch weniger ſchön. Die engliſche


geblich von den Buren begangen worden waren, und die

Aug um
2 Moman von Karl Eden.
3 MNachdruck verboten.
Gortſetzung

Und reiner Ausiprache vorgelejen, welche die Bewunderung

Neugierde zu befriedigen, fuhr er fort:
„SC wette, id) errate, was

lomme, vollendet deutſch zu ſprechen ? Wir find

barn, und werden wahrſcheinlich Freunde werden, und des-
hal iſt es nur recht und billig, daß Sie etwas Über den
Mann erfahren, der fo ohne Umftände in Ihr Zimmer
Belommen il. 00H

niſſe Mein Name iſt Friedrich Coventry, gewöhnlich Fritz


amilie in Yorkſhire. Mein älterer Bruder wurde Ober-

Sheriff in dieſem Jahre, wie ich hörte. Sch will nicht
Auf Einzelheiten eingehen; ich überwarf mich mit meiner
Tamilie, mit Vater und Bruder, und ging deshalb davon
Und trat in ein Iſterreichiſches Kavallerieregiment ein. Ich
war in Heidelberg erzogen worden und verſtand daher
Sollfommen das Deutiche. Id kann nicht fagen, daß ich
908 Seben im Kegiment unangenehm fand; einige meiner
Kameraden waren gebildete Leute aus guter Familie,








englijche Regierung pojaunte mit Hilfe der engliſchen Preſſe
dieſe Greuelthaten in die Welt hinaus, um durch die De-
hatte über die angeblichen Greuelthaten der Buren die
über die wirklichen @reuelthaten der Engländer verſtummen
zu machen. |
Der Verſuch iſt fehlgeſchlagen. Es wäre an ſich nicht
verwunderlich geweſen, wenn die fortgeſetzten Barbareien
der Engländer, weldhe von diejen gegen die Gejangenen,
gegen die Frau und Kinder der Buren begangen worden
ſind, etliche von den Buren ZU ſolcher Erbitterung ent-
flammt haätten, daß ſie Gleiches mit Gleichem vergolten
| hätten, Aber auch das iſt nicht der Fall geweſen. Die
Engländer haben die bei Vlackfonkein angeblich begangenen
Greuelthaten der Buren nicht nur nicht beweiſen können,
ſondern in einem Bericht, den ein engliſches Blatt aus
Südafrika erhalten Hat, ift ausdrücklich feſtgeſtellt worden,
daß jene von englifcher Seite erhobene Befchuldigung eine
Verleumdung iſt.
8 bleiben mithin — die Barbareien der Engländer!
Wir brauchen nur daran zu erinnern, daß diejelben Greuel⸗
£haten, welche die Engländer den Buren anzuhängen vers
fuchten, von, den Engländern ſchon in einer der erſten
Schlachten, bei Elandslagte, begangen Wurden, Wo die
englijchen Lanzenreiter das „fröhliche Lanzenſtechen“ an
den am Boden Liegenden „übten“
land fortgeſetzt ſowohl gegen die Genfer Konvention als
auch gegen die Beſchlüſſe der Friedenskonferenz verſtoßen
Die Genfer Konvention beſtimmt, daß „die Landes-
Bewohner, welche den Verwundeten zu Hilfe kommen, ge
ſchont werden und fre bleiben ſollen, und daß jeder in
einem Haufe aufgenommene und verpflegte Verwundete

Teitung Hat fich über dieſe Beſtimmungen der Genfer Kon-
bention hinweggeſetzt und die engliſchen Truppen haben
fortgeſetzt gegen ſie verſtoßen
iſt beſchloſſen worden, daß die „Schädignng der Chre und
des Befißes von Privatperjonen
boten“ find. Dieje @Grundjäge find von den engliſchen
Truppen in Südafrika fortgeſetzt mit Füßen getreten
worden. Und da England, die Welt mit Klagen Über
angebliche Barbareien der Buren zu erfüllen? Wer. im
Glashaus fibt, follte nicht mit Steinen werfen.


Deutjches Reich.

öffentlicht eine Bekanntmachung über die im Großherzog⸗
tum öffentlich beitellten Sachverftändigen und Über die Bes
ſehung der mit Württemberg und Helfen gemeinſchaftlichen
Sachverftändigenvereine nad) dem gegenwärtigen Stande,
Frankfurt a. M., 25. Juli. Wie die „Srankf. Zig."
meldet, {ft focben von dem bekannten Afrikareifenden Carlo
v. Erlanger die Nachricht eingetroffen,
ner Expedition in Mombafjfa eingetroffen ff.



die Schlachten von Magenta und Solferino mit. Bald
| darauf aber
| einer alten englijden Zeitung eine Anzeige, welche befagte,
wenn Friß Coventry ſich an gewiſſe Herren in Staple-
Inn wenden wollte, ſo wäre es zu ſeinem Vorteil, und
wer Nachricht über feinen Aufenthalt geben könne, werde
eine Belohnung erhalten. Ich fchrieb ſogleich nach Eng—

vermacht. En . .

Ich war jebt des Soldatenlebens müde und ging
nach London. Ich ſah mich nach einer Beſchäftigung um,
fuhr im Juni nach Paris und hörte, daß das große Preis:

Entſcheidung komme; dabei mußte ih Natürlich zugegen
fein. Sch bim ein großer Freund von Pferden und
fchmeichle mir, aud) ein guter Sachverſtändiger zu ſein.
Als ich am Abend dieſes Tages nach meinem Hotel zurück—
kehrte, war ich um zwölftauſend Pfund reicher, ich hatte

Habe ich niemals mehr eine Krone auf ein Pferd gewagt.

„Aber wahrſcheinlich langweilt Sie dieſe lange Ge⸗
ſchichte eines Ihnen ganz fremden Menſchen“ bemerkte
er; „wir find aber dem Ende nahe. Den größeren Zeil
dieſes Geldes legte ich in Eiſenbahnaktien an und behielt

zu beteiligen, denn des müßigen Lebens war ich
Mit

Geſchäft zu
ſechs Monaten vollſtändig überdrüſſig geworden.
























Anzeigen: die 1-{paltige etitzeile oder deren Kaum
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ermäßigt. Keklamen 40 Pfg. SZür Aufnahme von Anzeigen
an beſtimmten Tagen wird nicht garantiert. Gratigberbreitung: |
A durch Sänlenan{dlag. h





ahrgaug. —
—IIIII 17,

1901.

Telegramm lautet: Gut durch Subſomalie-Elnah
Mombaſſa angefommen. Sehr erfolgreich.“
Tuürkei

Konſtantinopel, 25. Juli Die griechiſche Regierung
gab der Pforte die Abficht kund, ein Geſchwader in
welches Smyrna, Sa-
{onift und das Vorgebirge von Athos befuchen ſoll Die
Pforte verſagte aus politiſchen Erwägungen ihre Zuſtim⸗
mung. Zwijhen dem griechijchen Gejandten- und dem
Miniſter des Aeußern werden Verhandlungen in dieſer
Angelegenheit gepflogen Va ——

53

STerniprechaufehluß Nr. 621.

in


Grenze. \

Paris, 24. Iult. Dem „Petit Journal“ wird aus
Pagny gemeldet: Borgeftern MAbend anläßlich des Kirdd-
weihfeſtes in Arnaville fand zwiſchen jungen Franzoſen
und einigen zum Feſte aus Noveant gekommenen jungen


durch Meſſerſtiche verletzt wurden Vier wurden verhaftet
An die Meher Staatsanwaltſchaft iſt das hn ges
nter
den jungen Leuten von Pagny und Arnaville herrfcht große
Erregung. Sie follen die Abficht geäußert Haben, fich in
großer Anzahl nach Noveant zu begeben, um Rache zu
nehmen. Sowohl von der franzöfijden‘ mie von der
deutichen Polizei find aßnahmen Mgetroffen worden, UM
eine Wiederholung ähnlicher Zwiſchenfälle zu vermeiden.
—— —

vVermiſchte Nachrichten.

Mannheim, 25. Yuli. [Sijenbahnunfall.] AS
heute Nacht 1 Nor 38 Min. der aus drei Wagen bes
ftehende Luzuszug nach der Riviera die Station
Speyer pajlierte entgleifte der Schlafwag en der haupt-
war. Die Reiſenden kamen
mil dem Schrecken davon, doch iſt der Materialſchaden be⸗
deutend. Der Luxuszug, der neu zuſammengeſetzt werden
mußte, ſetzte ſeine Fahrt mit erheblicher Verſpätung fort.
Um dret Uhr traf in Speyer ein Sytaazug mit Arbeitern
aus Ludwigshafen zur Vornahme der Aufräumungsar— Di
beiten ein. ; Ku

OD Karlsruhe, 25. Iuli. [Shmwindler.] Der
Kaufmann Oskar Schuppin von hier —
und der Jahre alte ledige Elektrotechniker Ke Brenner
aus Eberfingen, die ſich als Subdirektoren des deutſchen
Hilfskomite s, dann als Vertreter der Zentrale des „Inter-
nationalen Verkehrsbureaus“ und des „Kaufmänniſchen
Stellenvermittlungs-Burean’s ausgaben, haben von einem

) Friſeur aus Rintheim

die ſie als Bureaudiener engagierten, je eine Kaution von
300 ME. abgefchwindelt, weldje angeblich bei der Centrale
In Berlin ſichergeſtellt werden ſollten. Das Geld ver—
wendefen aber die Schwindler bis zum letzten Pfennig im









dieſer Abſicht reiſte ich ein Jahr durch ganz Europa, und
dur Zufall fand ich endlich das, was ih juchte.
„Die Borfehung hatte meine Schritte nach Carthagena
in Spanien gelenkt, und dort fand ich einen Engländer,
der in der Nähe der Stadt eine Fayencefabrik errichtet
Hatte, welche aber wegen Mangel an Mitteln völlig fejtz
fteckte Sch [ah, daß das GSejchäft einträglich war und mir
gerade foviel Arbeit liefern konnte, als ich wünfchte. Deszs
Halb wurde ich Teilhaber, und wir hatten das Sefchäft
bald wieder in Gang gebracht. Jetzt teile ich meine 3eit
zwijchen England, Frankreich und Spanien und fuche im
neue Mufter, da wir die Ub-

duftriezweige etwas erziehlich einzuwirken. Das iſt meine
Geſchichte, und ich hoffe, daß Sie nichts darin gefunden
haben, was ung hindern Könnte, Freunde zu werden, {fo
fange wir unter demfelben Dach wohnen. Vielleicht kann
ich Ihnen nützlich ſein, wenn Sie Ihr Deutſch vervoll-
kommnen wollen.“
Seit dieſem Abend brachte Georg jeden freien Augen
Blick mit feinem neuen Freunde ZU. Coventry lebte höchſt
einfach; feine Anſichten waren die eines vorgeſchrittenen
Liberalen, er ſtand ſchon am Rande des Sozialismus: in
einem rauhen, wechjelvollen Leben hatte er demokratiſche
Ideen in ſich aufgenommen und Die ideale Einfachheit
eines NepublikanerS war ganz Nach feinem Geſchmack.
Georg begleitete ihn häufig in die Schlupfwinkel des
Sozialismus, gewöhnlich ein Reſtaurant oder ein Cafe,











billigen Abendeſſen die Verſammelten ihr







 
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