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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.43807#0899

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Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage
AS Beilagen das „Heidelberger Volkablatr“ und das Sfeitige
„Illuſtrierte Sonntagsblatt“ Preis 36 Pfg., mit den Bei-

blättern 40 Pfag. monatlig. Dur die Boft vierteljährlich
. : 1 IM, ohne BefteNgeld. . ;









28. Jahrgang.
Druck und Verlag von ES Geiſendörfer.
Berantwortlich: Ich. Geiſendẽrfer.

Fernſprechanſchluß Nr. 621.
Hoffen und Harren.....-

Zwiſchen Lipp' und Kelchesrand ſchwebt der dunklen
Mächte Hand! Es iſt etwas paſſiert zwiſchen dem zweiten


Zöſiſchen Republik bei den Zarenfeſten vom Stapel gelaſſen
Wer zwiſchen den Zeilen zu leſen verſteht, erkennt
dies unſchwer. In ſeinem zweiten Trinkſpruch war Prä—
ſident Loubet von einer Deutlichkeit, die ſeiner ſonſtigen
diplomatiſchen Zurückhaltung ſchroff wiederſprach. „Die
Armee,“ fo verficherte Loubet dem Zaren, „Legt ihre ganze


folgen zu können. Die Anweſenheit des Zaren bildet für
fie eine ſehr hohe Belohnung und die ſtärkſte Ermutigung.“

Deutlicher konnte der Präſident der franzöſiſchen Re—
publik nicht werden. Unter dem Ruf Frankreichs“ Konnte
Niemand den Ruf zur Abhaltung noch ſo glänzender Ma—
növer verftehen. Aber der Schmerzens- und Revanche—


Frieden, nichts als Frieden athmete
die Antwort des Zaren, welche ſich durch die Zurückhal—


Aber Zar Nikolaus hat ſich mit dieſer Zurückhaltung
nicht begnügt. Unverkennbar hat Präſident Loubet einen
Wink erhalten, ſeines Herzens heißes Sehnen zu zügeln.









der zugleich der letzte war, iſt zwar nur eine kurze Spanne
Zeit verfloſſen, aber ſie genügte, um den Revanchedrom—
metenton der Rede Loubets in das ſanfte Geſäuſel der
Friedensſchalmaien zu verwandeln. In ſeiner letzten Feſt⸗


offenbar die erwähnte zariſche Willenskundgebung zuge—
gangen war, bemühte er ſich, das Mißverſtändnis der
zweiten Rede wieder gut zu machen
In dieſer letzten Rede Loubets ging es aus einer ganz
anderen Tonart. Wenn Niemand an der weſentlich fried⸗
lichen Idee, aus der es (das Bündnis zwiſchen Rußland
und Frankreich) hervorgegangen ift, zweifeln kann . . . .“


Antwort die Franzoſen noch einmal darauf hinzuweiſen,
daß Rußland mehr zu thun hat, als Frankreich in ſeinen
Er verſicherte, daß die
„innige Bereinigung der beiden großen Mächte, welche von
den friedlichften Abfichten befeelt find“, „nicht die Rechte
der anderen irgend wie zu beeinträchtigen furchen.‘“


willen geſucht, und nicht, um ſich in Trinkſprüchen als
befreundete und verbündete Nation“ bezeichnen zu laſſen


doch aus feinen Revanchehoffnungen niemals ein Hehl ge—
macht. Die Revanchehoffnung hat Frankreich dazu veran—






Aug' um Ange, Zahn um Zahn.
Roman von Karl Eden.
— Machdruck verboten.

Gortſetzung.)


genen; aber er ſaß ſchweigend und regungslos, bis das
Gefährt vor der Oeffnung im Bergabhang anhielt. Dann


Ja, er wußte, daß die böſen Gerüchte über dieſen Ort








Niemals wird er das helle Licht des Tages wiederſehen,
das ſich im Fluß ſpiegelt, noch den friſchen Abendwind
fühlen und dem Gezwitſcher der Vögel lauſchen. Ohne


tiefe. Dunkelheit feines Kerkers durchdringen! Für ihn






aite das Sicht aufgehört, zu fein! Vielleicht fchiem die



Mittwoch, den 25, September

daß die Zranzojen bei diefem Bündnis die zweite Geige
ſpielen, das Haben fie trog ihrer Eitelkeit allgemein einge
jehen. Aber Frankreich Heiicht den Lohn für die Dienſte,
jür die politijchen und finanziellen Dienfte, die cS Rußland
erwieſen. Frankreich will Thaten fehen und es fieht nichts,
jondern hört Worte, nichts als Worte und dazu noch
Worte des Friedens! ;

Das revanchelüſterne Frankreich befindet ſich in der
Lage einer heiratsfüchtigen, reihen Maid, deren Bräutigam,
Kußland, die Hochzeit möglichſt lange hinausſchiebt, in—
zwiſchen aber die Kapitalien der reichen Braut als die
„befjere Hälfte“ betrachtet
ipäter ganz umgangen werden .. .. Zar Nikolaus hat
jeiner Fremde darliber Ausdruck gegeben, die franzöſiſche
Flotte und das franzöfjijche Heer in ſo vorzüglichem Zu-
ſtande zu erblicken Aber auf der Danziger Rhede hat
der Zar den Wunih ausgejprochen, feine Marine nur
Schulter an Schulter mit der deutfhen Marine kämpfen
Der Zar gleicht jenem armen Studenten, der
Mittagsſtammgaſt bei einem befreundeten Ehepaar war.
Das Ehepaar wollte den Studenten gern los werden und
fing es recht ſchlan an. Beim Mittageſſen führte es einen
Disput herbei und rief den Studenten als Schiedsrichter
an. Der Student aber war ſchlauer als das Ehepaar
und ſagte: Verehrter Herr, wenn ich Ihnen Recht gebe,
dann wirft mich Ihre Frau hinaus, und wenn ich Ihnen


hinaus; ſtreiten Sie ſich allein und ich eſſe unterdeß
weiter!

Der Zar will e8 weder mit Deutfchland noch mit
Hrankreich verderben und er Hat feine guten Oründe dazır.
Der Zar weiß, daß er von Deutjehland wie vom Drei-
bund überhaupt für feine Pläne nichts zu fürchten hat,
und er weiß, daß auch die, dicfte Freundichaft Frankreichs
ihm nicht Erſatz bieten könnte für die Feindſchaft Deutſch—
lands Deßhalb haben wir mit Gleichmut den Zaren
nach Deutſchland kommen und nach Frankreich gehen ſehen
und ſind mit Gleichmut den Feſtivitäten in Frankreich
gefolgt. Ja, wir empfinden eine rückhaltloſe Genugthuung
darüber, daß ſolche Feſte, wie ſie ſoeben in Frankreich ge—
feiert wurden und deren Mittelpunkt die byzantiniſche
Verehrung des Zaren bildet, nicht mehr auf deutſchem
Boden gefeiert werden Können. 7 .

*

*
Türkei.
Konftantinopel, 24. Sept. In türkijhen Kreifen
berlautet, das Abkommen der Pforte mit Zubint habe die

*


Halten.
Amerika,

Buffalo, 23. Sept. In der Gerichtsverhandlung
gegen den Mörder Czolgoß erflärte der Arzt Dr. Gay-

Sonne jegt eben über das brave alte England, vielleicht
wärmte ſich jeßt cben Janina in Bern in ihren Morgen:
ſtrahlen!
Eine Hand legte ſich auf Donningtons Schulter; der
Gefangene fuhr auf und ſeine Ketten klirrten Er wandte
ſich um und folgte dem Unteroffizier der Koſaken. Mehrere


taler Gang oder Tunnel in das Innere des Berges,


fchmwad) erleuchtet war. Längs der Halle lief eine rohe
Bank, auf welcher drei oder vier Mann ausruhten; neu—
gierig betrachteten jie die Ankfommenden.

„Hier, Brüderchen, habt Ihr einen Kameraden an


ſchlüpft iſt.“

„Was, Nr. 27 ift tot?“ fragte der Führer. „War
ein mürriſcher Burſche, der uns viel zu ſchaffen machte
aber dieſer ſcheint ſtark und wohlgebaut zu ſein, ſolche
können wir hier unten brauchen“, und dabei deutete er
mit dem Daumen in der Richtung nad) einer ſchwarzen
Deffnung in der Erde. A

Nach und nach gewöhnte jichh der Sträfling an das
Halbdunkel und blickte unwillfürlich nad) der Mündung
dieſer ſchwarzen Grube, aus welcher ein ſchwaches, ein
töniges, dumpfes Geräuſch gehört wurde, das ihn mit
Entieben erfüllte, denn er erkannte, daß e8 von der Pumpe
herrührte, und wußte,














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28. Jahrgang.

1901.

Iard, die Berwundung Mac KinleyS habe nicht. not=z
wendigerweife zum Tode führen müffen. Die eigentliche
Zodesurfacdhe liege in den Erjcheinungen, welche in dem
hinteren Teile der Magenwände hHervorgetreten jeien. Die
unmittelbare Veranlaſſung jet die Einſaugung ſeptiſcher
Flüſſigkeiten durch die Bauchſpeicheldrüſe.

China,

Shanghai, 24. Sept. Die „Times“ meldet: Nach
den aus dem Yangtſe-Gebiet einlaufenden Nachrichten i{t
das durch die jüngſten Ueberſchwemmungen dort hervorge—
rufene Elend ſchrecklich. Das Waſſer iſt noch nicht
zurückgetreten. Es heißt, daß mehr als zehn Millionen
Menſchen obdachlos ſind. Die chineſiſchen Behörden
bemühen ſich, eine Hilfsaktion einzuleiten. Die Stadt
Shanghai brachte große Summen durch Zeichnungen auf.
Dieſe Bemühungen ſind aber durchaus unzureichend. Man
iſt beſorgt, daß die Not im Winter ſehr groß ſein wird,
und befürchtet infolge deſſen auch Unruhen.

Der ſüdafrikaniſche Krieg.
Durban, 24 Sept. Eine amtliche Meldung beſagt,

daß Leutnant Rundle mit ſeiner Abteilung die Buren nach
Ulandi zurückgeworfen hat. Ferner ſollen einige Boten
nach Utrecht gemeldet Haben, daß der, Feind dort zurücgehe..

Fernſprechanſchluß Nr. 621.




de ko p wurde von den Buren beſchädigt; 10 Wagen ent—
gleiſten; ſechs Mann ſind tot, 30 Pferde umgekommen.

London, 24. Sept. Amtlich wird gemeldet, daß die
Kolonne Gough nach dem Gefechte vom 17. September
230 Mann vermißt hat

Vermiſchte Nachrichten.

O Mannheim, 24. Sept. [Cine furdtbare.
Blutſcenel ſpielte ſich heute Nacht in der Nähe der
Cementfabrif ab. Der Schreiner Karl Schäfer erhielt
einen tiefen Dolchitih in den Oberſchenkel, ſodaß er auf
dem Transport nach dem Kranfenhanfe in Folge Ver—
blutung verſchied Der Schloffer Wilh. Morath wurde:
durch einen Stich in den Hals fchwer verlegt. Man:
glaubt, daß fich beide gegenfeitig die Verletzungen beige—
bracht haben. Mehrere Perjonen wurden verhaftet, Eine
weitere Nachricht befagt, daß der erftochene Schäfer den
ganzem Streit provoziert Hatte, dem er dann
Opfer fiel.

Mannheim, 24. Sept. [Cin Liebesdrama] fpielte
ich wieder einmal in unlerer. Stadt und zwar in den
heutigen Vormittagsſtunden ab. Der Schauplatz der That
iſt das Verwaltungsgebäude des Städtiſchen Schlacht- und
Viehhofes Dorten war dem ſeit 2 Kahren in Dienften
des Schlacht⸗ und Viehhofes ftehenden ledigen Tierarzt
Carl Ölaßner im Parterre eine Wohnung eingeräumt.
Heute Vormittag nun erfchien der fonft pünktliche und







dieſe roſtige Maſchine in Gang zu ſetzen, bis die gütige
Hand des Todes ihn erlbſen werde

„Hündet die Fackeln an und führt den Burſchen hin—
unter“, rief der Auffeher, „denn das Waſſer iſt ſchon
etwas geftiegen! Ninum ihm die Ketten ab, Kurlom! Dort
Unten find fie nicht nötig!" : .

„Komm, Brüderchen“, ſagte einer der Männer, welcher _
mit einer Fadel in der Hand am Rande des Schachtes
jtand, „ieh immer nach oben und verlier” nicht den Kopf!
Unteroffizier, welche Nummer Hat diejes neue Mitglied
unſerer Geſellſchaft?“

„Er hat noch keine erhalten“, erwiderte der Koſak,
„er iſt neu angekommen. Er war dumm genug, und
wollte dem Kommandanten einreden, er ſei ein Engländer“

„Ein Engländer? Solch ein Spaß! Aber wenn er
ein Türke oder Neger wäre, wäre es hier dasſelbe“, lachte
der Aufſeher, ergriff eine Laterne, leuchtete damit dem
Sträfling ins Geſicht und betrachtete ihn ſcharf.

„Du ſagſt, Du ſeiſt kein Ruſſe?“ fragte er.

„SO bin fein Ruffe", erwiderte der Gefangene, „aber
das iſt jetzt gleichgiltig; alſo vorwärts, und laßt mich das
Schlimmſte erfahren!“

Der Aufſeher ſtarrte den Sprecher noch eine Weile
neugierig an, dann nahm er feinem Untergebenen die Fackel
aus der Hand und ging voran nach der Mündung. des
Schachtes.

„Ich will dieſen Mann ſelbſt führen, Da ich Heute die



Mine noch nicht Wir werden ihn Hr, 27
nennen, um rrt ideen: ir Üder-


 
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