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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.43807#0715

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5

28. Jahrgaug.
Druck und Verlag von CE, Geifendürfer,
_ Berantwortlich: ch. Geiſendrfer.

Nr. 178. dernſprechanſchluß Nr. 621.




Freitag, den 2. Auguſt



Anzeigen: die 1-{paltige BPetitzeile oder deren Kann
20 Big; Lokale Gef{dhaäfts- und Privat-Anzeigen bedeutend
ermäßigt. Kekflamen 40 Pig. ZJür Aufnahme yon Anzeigen |
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Durch Sänlenanfdhlag. )














Jahrgang.
—IIIIO…ç„—

Fernſprechanſchluß Nr. 621. 1901.







Ueber die fjoziale Stellung der Kranken:
pflegerinnen
hat die Schweſter Eliſabeth Storp zu Dresden in einem
Heinen Schriftchen eine Reihe beachtensmerter Gedanken
Aiedergelegt, die, mie man annehmen darf, in weiten Kreifen
Freundliche Beachtung finden werden. Man lieft da:
Sn der Krankenpflege wird ſchon ſeit Jahren über
Mangel an befferen Bewerberinnen geflagt. Und doch
wie unbedingt nötig ift eS, bei der Schwierigkeiteit der
Heutigen. Krankenpflege wirklich gebildete und ſelbſtſtän⸗
ige Pflegerinnen zu haben. Der Arzt braucht Ver—
{tändnis der Pflegerin für richtige Anwendung von Ajep-
ſis und Antijepfis. Er lecot Wert auf die vernünftige
Ausführung feiner Hygtentfch = diätetijhen Vorſchriften,
auf die pſychologiſche Beeinfluſſung der Kranken; nur
denkende Menſchen können ihn hier richtig unterſtützen
Daß wir deren in der Krankenpflege bei weitem nicht
genügend haben, zum Schaden der Leidenden Menſch—
heit, liegt an den zumteil geradezu kläglichen äußeren
WVerhältniſſen, unter denen fie arbeiten müjfen. Ges
wiß giebt es viele Mädchen, die aus wahrem Idealis—
mus und reinſter Opferfreudigkeit dieſen Beruf ergreifen,
ohne jede Rückſicht darauf, was er ihnen bietet. Aber
wie unzählige und durchaus nicht die ſchlechteſten ſind
daranf angewieſen, an ein genügendes Einkommen, an
eine angemeſſene Verſorgung im Alter zu denken, und
können ſich keiner Thätigkeit widmen, die in dieſer Hin—
— Ücht ausjichtslos erjgeint! .
Bei der. Schilderung der äußeren Lebensitellung der
Sereinsſchweſtern ſieht die Verfaijerin ab von den eigent-
N religiöfen Vereinen, die allerdings den Schweitern ein
danerndes Heim, eine Verforgung im Alter, ein herzliches
Miteinanderleben bieten und auch Erholungsheime für ihre
Angehörigen Haben, dafür aber auch den bedingungslojen
Emſatz des ganzen Lebens fordern, was nicht edermanns
Sache iſt. Von den interkonfeſſionellen, weltlichen Ver—
Sinen aber Haben die Schweftern wenig oder gar Keinen
Nuten. In mancher Hinſicht wäre es gewiß vorteil—
Yafter, wenn der Stand der Schweftern ſich vollſtändig
frei mie derjenige der Lehrerinnen entwickeln fönnte, wenn
Jede der Schweftern in einem Kranfenhaufe ausgebildet,
Aprüft und, falls ſie fich bewährt, angejtellt mürde. Die
Direktoren der Krankenhäuſer würden es, wie die Ver—
faſſerin bemerkt, wahrſcheinlich mit Freuden ſehen, wenn
ihnen jelbft die Entſcheidung über die Befähigung einer
Schwefter zuſtände, anſtatt daß fie {ih jebt von einer
berin gute und ſchlechte Schweſtern, wenn ſie nur ein—
— Mal in den Verein aufgenommen find, zuſchicken und wieder
— übholen Kaffen müffen. Bor allem aber würden fich die
’ehaltsverhältniffe der Schweftern beffern, wenn der Verein
Mit feinen RKoften zufiele. Vergleicht man, was gemäß
tt beiderfeitigen Stellung gewiß ein zuverläffiger Ber-
Bleich ift, mit den niedrigen Beträgen des Gehaltes einer































Kranfen|hweiter das namentlich in den Großftädten an-
ſehnlich emporſteigende Einkommen einer Volksſchullehrerin
die täglich zwar auch ſechs bis acht Stunden zu arbeiten


ſich geiſtig fortbilden kann, ganz abgefehen von der Muße—
zeit, die ihr die Sonntage und Ferien bringen, fo ſpringt
die Ungunft der Lage der Krankenpflegerin deutlich ins
Ebenſo fteht e8 mit der Penfion, die zum Teil
nicht ſichergeſtellt iſt, zum Teil erſt in einem zu weit hinaus⸗
geſchobenen Lebenstermin“ eintritt, zum Teil — in den
Privatklinifen — ganz fehlt. !

Zu den ſchlechten Gehaltsperhältniſſen kommt ferner


wenn gewiß auch diejenigen, die ihren idealen Anfchauungen
folgend, aus rein religiöſen Beweggründeen dieſe dornen—
volle Laufbahn gewählt haben, im Bewußtſein, in recht
chriſtlicher Liebe dem Nächſten zu dienen, ihre Befriedigung,
in den gemeinſamen Andachtsübungen innerliche Erfriſchung
und Erſatz für manches finden, was die Welt ſchätzt und
preiſt. Zwei bis vier Wochen Erholungszeit find den
meiſten Schweſtern geſtattet, ohne daß aber viele von ihnen
bei ihrer pekuniären Lage im Stande wären, davon den
zweckentſprechenden Gebrauch zu machen. Die leſenswerte
Schrift läuft zum Schluß anf die Anregung hinaus, einen
Ausſchuß zu bilden, der die Verſtaatlichung der Schweſter—
ausbildung, ſowie die Anftellung in den Krankenhäufern
aus dem Gemeindedien]t von Staat und Gemeinde for-


Schweſtern ein Stellenvermittlungsbureau ein Crholungs-
heint und dergleichen errichten, im weiteren aber den Stand


Anregung wendet ſich an alle, die Herz und Verſtändnis
für den ſchwierigen und aufopferungsreichen Beruf der
Krankenpflegerinnen haben, und wird durch die Erbrterungen,
zu denen ſie führt, gewiß nicht ohne ſegensreiche Wirkung
bleiben im Sinne der Beſſerung von Verhältniſſen, die
Heutzutage noch durchaus nicht in allen Stücken befrie-
digend genannt werden können.

Deutſches Reich.

Frankfurt a. M., 1 Aug Die Landgräfin Maria




grafen Alexander Friedrich, Mt, wie man der „AM. Pr."
aus Fulda fchreibt, am Samstag zum katholiſchen
SGhiauben übergetreten. Die Landgröfin it am 17. Mai
1836 geboren als 3. Rind des Prinzen Karl von Preußen,


Tauf⸗ oder Firmpathin war die Fürftin zu Iſenburg Bir⸗
ſtein, die aus dem öſterreichiſchen Kaiſerhauſe ſtammt.
Den Vorbereitungsunterricht leiteten mehrere Fuldaer
Profeſſoren der katholiſchen Teologie
gehalten worden.




gräfin in der legten „Zeit von ihrem Sommeraufenthalt
Schloß Adolfseck nicht mehr nad) Fulda in die evangelijdhe
Kirche, Jondern in den Katholijchen Dom fuhr. Der laubens-
wechfel der fich in aller Stille vollzog, erregt in weiten
Kreifen großes Auffehen. . ;
Frankreich.

Paris, 1. Aug. Geſtern kam es, wie der „Temps“
meldet in Neuves-Maiſons in der Nähe von Nanch
in den Werken der Compagnie de Chatillon-Commentry
gegen 25 Arbeiter, die aus Deutſchland berufen waren,
um neue Coksbfen zu bauen, zu Ausſchreitungen der
Arbeiter dieſer Werke und der Bevölkerung. Der kleine
abſeits gelegene Häuſerring, in dem die Verwaltung auf
die Nachricht von den Feindſeligkeiten ihrer Arbeiter die
Deutſchen untergebracht hatte, wurde in den Abendſtunden
von etwa 100 mit Knütteln und Revolvern be—
waffneten Leuten, die die Thüren einzuſchlagen droh—
ten, umzingelt. Die deutſchen Arbeiter flüchteten ſich auf
die Böden der Häuſer, die Ankunft der Gensdarmerie,
welche die Ruheſtörer auseinandertrieb, beruhigte die Deut-—
ſchen ein wenig, dennoch weigerten ſich dieſelben, heute die
Arbeit wieder aufzunehmen, obwohl die Verwaltung ſie
dazu aufforderte und ihnen Schutz verſprach; 15 Arbeiter
ſind nach Metz abgereiſt. Seitens der Gerichtsbehörden
von Nancy iſt eine Unterſuchung an Ort und Stelle ein—
geleitet.

Algier, 1. Aug.

Fignig ſtattgefunden Haben
unbegründet erklärt.

Staltem A

Neapel, 1. Aug. Der heute früh halb 8 Uhr ausge-

gebene Bericht über das Befinden Crispis lautet:

ſoll, wird jetzt amtlich für


ſchwäche, ſowie die nervöſe Depreſſion dauert fort.
— Spanien.
Cadix, 1 Aug. An dem Feſtmahle, das Prinz
Heinrich von Preußen den Behörden von Cadix vers
anftaltete, nahmen Militärgouverneur, der Präfelt, der
Hafenfommandant und der Bürgermeifter teil. Der Ge-
neralfapitän konnte Unwohlſeins halber nicht erfcheinen.
Prinz Heinrich brachte einen Trinkſpruch auf die Vertreter
der Behörden aus, welche für die ihnen erwieſene Auf—
merkſamkeit dankten. Nach dem Mahle wohnten die Gäſte


Sürkesß —
Konftantinopel, 1. Aug. Der Hiefige infernatio=”
nale Santitätsrat ordnete die Ärztliche Unterfuchung
für die aus Konftantinopel Abreifenden und die Desinfek-
tion ihres Gepäcks im Hafen von Konftantinopel an. Die
Stadtpräfektur und die Polizer erhoben gegen die Ans
führung der Maßregel Widerſpruch unter der Angabe, daß





Warn?
Aug um
Roman von Karl Eden. En

3) ; MNachdruck verboten.
(Fortfegung,)

; Eine Drojchke brachte fie nach dem Innern der City,
WD fie ausftiegen und fich oftmärts wandten in ein Laby-
nr von kleinen Gäßchen, das Ralowski ſehr bekannt zu

Sampe über einer Thüre, an welcher Ralowsti zweimal
Anllopfte, worauf fie ſich geräufchlos Sffnete und ebenſo
der (dhloß, als Georg und der Oraf eingetreten maren.
| ieſe Finſternis Hüllte {ie ein, und wäre Georg von furcht-
rn Natur geweſen, ſo hätte er ſich wohl entſchuldigt
ühlen können, wenn ihn eine nervöſe Unruhe befallen
le, Doch er traute feinem Freunde unbedingt, und

ſes geheimnisvolle Weſen diente nur dazu, ihn zu be⸗
luſtigen

Ralowski führte ihn einige Schritte vorwärts und
wen Dann ſtehen. Georg vernahm daffelbe Klopfen; nach
nigen Augenblicken öffnete {ih auch die zweite Thüre,
5 ein Strom von hellem Licht blendete ihn fo, daß er
erſten Augenblick nichts ſehen konnte. Er hörte je⸗
och ein Stimmengewirr und die lebhafte Begrüßung, die
Begleiter in allen möglichen europäifchen Mundarten
T: Deutfch, Franzöfijdh, Spanifch und noch einem

6 ihm unbekannten Sprachen. Er































verblüfft ließ Georg {ich nad) einem Sieplas führen und
hatte dann Zeit, die feltjame Szene zu beobachten.
Er ſaß auf einer der niederen, breiten, hölzernen


eckigen Zimmers$ Hinliefen; eine gleiche Bank {tand an der
gegenüberliegenden Wand und darauf jaßen ‚etwa dreißig
Männer in einfacher, aber nicht abgetragener Kleidung,


Einige feine, runde Tijdhe waren auf dem Fußboden be-


dieje ftellten die Männer ihre Gläjer. ©eorg bemerkte
aber, daß die Flüffigkeit in einem Teil derfelben nichts
anderes als Wafjer war. Die Mitte des Zimmers war


gang, ſtand eine kleine Rednerbühne.
Tagaksqualm erfüllt und der Lärm, der in dem Raum
herrſchte, betäubend. a ;

„Wo. find wir?“ fragte Georg den Grafen, „und wer
ijt der Herr, der dort prechen wi?" ‚Denn ein großer
Mann in foldatifjcher Haltung Hatte die Blihne betreten


Sogleich trat tiefe Stille ein
„pſt!“ flüſterte Ralowski, indem er Georg's Arm
drückte. „Das iſt Fürſt
Georg hatte ſchon von der kommuniſtiſchen Thätigkeit
dieſes Mannes gehört und wußte, daß ſeine Genoſſen in

enttäuſcht, als derſelbe polniſch zu ſprechen begann, deun








weſenden auch nichts zu verfiehen fchienen, beobachteten
doch alle tiefes Stillfchweigen, und als die Landsleute des
KednerS in gedämpften Beifall ausbrachen, jtimmte die
ganze Geſellſchaft mit ein.
eine Stunde, und es war nahe an Mitternacht, als der
Redner ſchloß. Der Graf bemerkte, wie Georg nach ſeiner


tretenen Getöſe hörbar zu machen;


und dann wollen wir gehen.“ —
Ralowski bat Georg, ihn für einige Angenblide zu
entſchuldigen, und verließ ihn. Gleich darauf kehrte er


ihre lebhafte Befriedigung aus, ſeine Bekanntſchaft zu
machen. Es ſchien ihnen auch ſehr viel daran zu liegen,


OGcorg mit einem, wie er glaubte, überflüffigen Yntereffe.
„Sch hoffe, fie werden mich wiedererkennen“, dachte er


ihn zu jeder Zeit in den nächſten zwoͤnzig Jahren aus
Zehntauſenden herauszufinden. A
Als ſie ſich wieder in der friſchen Unft befanden, bes
fragte Georg feinen Begleiter über die Bedeutung dieſer
Verſammlung.
„Wozu all’ das Geheimnis?“ {hloß er.
Leben erfcheint das aanz Überfülfig.“ ,—



In dieſem








 
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