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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.43807#0843

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| Eriheint täglich mit Ausnahme der Soun- und Feiertage.
Als Beilagen das „Heidelberger Volksblatt“ und das Stiettige
Jnfırterte Sonntagsblatt“. Preis Z0O Pfg., mit den Betz
flättern 40 fg. monatlid: Durch die Loft vierteljährlich
— 1 IE, obne BeftelNlgeld,









28, Jahrgang,
Drud und Verlag von G. Geiſendörfer.
Verantwortlich: Ich. Geiſendörfer.









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20 Big. Lokale Ge[Häfts= und Privat-Anzeigen bedeutend
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durch Saulenanſchlag.





—III



Bir. 210. Fernſprechanſchluß Nr. 621.




Buffalo, 6. Sept. Der Verbrecher feuerte durch
ein Tajcdhentuch, in dem er die Waffe verborgen Hatte.
Sin Polizeibeamter, der zwei Schritte von VMac Kinley
entfernt jtand, {türzte auf den Verbrecher zu und warf
ihn zu Boden. Etwa 20 Menfchen {türzten gleichzeitig
auf ihn. Niemann war nur fchwer zu befreien. Als er
anfſtehen konnte, war ſein Geſicht aufgeriſſen und mit
Blut bedeckt. Abends halb 8 Uhr wurde Mac Kinley
in die Wohnung des Präſidenten der Ausſtellung gebracht

Buffalo, 6. Sept. Der Verbrecher Niemann iſt
etwa 28 Jahre alt und ſprach ſehr gut engliſch. Die
Polizei iſt um die Centralſtation, wo Niemann gefangen
ſitzt, zuſammengezogen.

Buffalo, 7. Sept. Nach einem ärztlichen Bericht
von heute Morgen 1 Uhr ift Präfident Mac Kinley
ſchmerzfrei und liegt ruhig da. Die Körperwärme beträgt
100,2 ®rad, der Herzjchlag iſt 120. Der Verbrecher
heißt Leon Colgosz, iſt deutſchpolniſcher Abkunft und
in Detroit geboren. Er gab an, er hätte feinen Mitſchuldigen.
Anardhijtifhe Schriften Härten ihn überzeugt, daß die
Regierung durchaus ſchlecht, ıumd daß das befte Mittel,
dieſen Zuſtand zu beenden, die Ermordung des Präfidenten
ſei. Anzeichen von Wahnſinn ſind bei dem Verbrecher nicht
vorhanden. In Chicago wurden fünf Anarchiſten unter
dem Verdacht der Mitſchuld verhaftet.


Attentat in Buffallo iſt folgendes nachzutragen: Mc
Kinley war zur Zeit des Angriffs von Geheimpoliziften
umgeben. Der Attentäter ftand in einer Reihe mit
den übrigen Zuſchauern und, konnte fich dicht an den Präfi-
denten annähern, weil von ihn nicht mehr MNMotiz ge—
nommen wurde, als von den Übrigen. ES dauerte ge-
raume Zeit, bis er nach der Polizeidirektion geſchafft
werden konnte. Der Präſident wurde nach dem in der
Ausſtellung eingerichteten Unfalllazarett gebracht. Die erſte
Kugel, die ihn getroffen hatte, fiel aus der Wunde in
der Bruſt, ſobald er auf den Operationstiſch gelegt worden
war; er hob ſie ſelbſt auf und gab ſie einem der um:


eingedrungen ijt, wurde gegen Halb 8 Uhr dur Son-
dierung aufgefunden und HeranusSgezogen. Sobald fie aus
dem Unterleib entfernt war, trat eine merkliche Beſſerung
in dem Befinden des Präfidenten ein.

Waſhington, 7. Sept. Es find Vorkehrungen getroffen
worden, um die Fortführung der Obliegenheiten des Staats:
oberhauptes zu fichern, da es ſich Herausgeftellt. Hat, daß
Mc Kinley längere Zeit unfähig jein wird, feine

Amts pflichten zu erfůllen

IIEII
Berlin, 7. Sept. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ fHreibt:
Das Ge rücht von einer angeblichen Aufftandsgefahr

3 aan 8 2 h

Aug’ um Auge, Zahn um Zahn,
2 Roman von Karl Eden.

43) _ 2 Machdruck verboten.]
— GSortſetzung.)
Es muß in dieſem Augenblick gejchehen, Exzellenz“,
ſagte Schlumm entſchieden. „Es iſt ſchon zu viel Zeit
verloren worden; wer glaubt, er komme zu früh, wird














hat, war ein Kenner dep menfhlihen Natur.“
Aber ich kann Dich nicht entbehren, Schlumm“,
ſagte Bodiskow, während er den Verhaftsbefehl ausſtellte
WMorgen Vormittag kommt Schimkow, und wir müſſen
ins noch far darüber werden, wie er zu behandeln ift.“
Dann ſoll Kurilowitſch Middleton nach Odeſſa brin—
t hat jetzt nichts zu thun.“
Eine gute Idee!“ rief der Graf. Dadurch wird
Kurilowitſch getrennt von dieſem Schlaukopf Schimkow;
nun fort mit Dir, Moſes, und komme wieder zu mir
zurück, wenn die Verhaftung ausgeführt iſt.! Ich erwarte
bier Deinen Bericht. Fort! Fort!“ —
„Bodiskow ſcheint mir ſeine Zähne. zw bverlicren“,
dachte Mofjes, oder iſt er nur für den Augenblick verdutzt
und dumm geworden? Alle dieſe Adligen ſind ſchwach von
Begriff, und wir müffen ihnen den Weg zeigen.“
Widdleton war ratlos und erſtaunt darüber, daß er
von Donnington keine Nachricht erhielt; er glaubte aber,





terbrochen haben. Da er wußte, daß Bodiskow nach






Montag, den 9, September

im Kilimandſcharo-Gebiet, das dieſer Tage durch die Preſſe
ging, hat die Kolonialabteilung im Auswärtigen Amte zu
einer telegraphiſchen Anfrage beim Gouvernement für
Deutſch-Oſtafrika veranlaßt. Gouverneur Graf v Goetzen
antwortete geſtern von Dar es Salaam, daß am Kili—
mandſcharo alles ruhig ſei

Münfter, 7. Sept. Der Kaifer fjandie nach dem
Empfang des Prinzen Tjhunm an die Witwe des er-
morbeten Frhrn. von Ketteler folgendes Telegramm:
„Aın heutigen Tage, an dem die amtliche Sühne für das
am Baterlande und an Ihrem Gemahl begangene Ver—
brechen erfolgt ijt, gedentft feiner ©attin und Mutter in
bejondersS Herzlidher Teilnahıne Wilhelm.“

Hrankjurt a, Me, 7. Sept. Der König von England
traf geftern Abend von Homburg mittel Automobils hier
ein und reifte 8° Uhr mittelſt Sonderzuges nach Ham—
burg ab.

Kiel, 7. Sept. Der König von England ijt Heute
{rü9 hier angefommen und auf dem Bahnhof von der
Prinzeſſin Heinrich begrüßt worden. In Begleitung der
Prinzefjin begab er Jich alsbald an Bord der Yacht „Ds-
borne“, die kurz nach 10 Uhr den Hafen verließ. Die
Beſatzung der im Hafen liegenden KriegsSfchiffe „Olga“,
„Mars“, „Blücher“ und „Friedrich Karl“ nahmen Parade-


„Osborne“, die Kreuzer Auſtralia“ und „Severn“, er—
widerten. —
China.
Peking, 7. Sept.
Friedensverhandlungen iſt unterzeichnet worden.

Vermifchte Nachrichten,

Karlsruhe, 7. Sept. [Das Denkmal für den
Prinzen WilhHelm,] das zur Beit im Schloßgarten
gegenüber dem Kommandanturgebäude erftellt wird, foll
nunmehr am 18. Dftober eingeweiht werden. Das Denk:




die überlebensgroße Statue des Prinzen erhebt. Zur Ent-
hüllungsfeier werden ſämtliche Mitglieder des großherzog⸗
lien Haufes erwartet. Seiten8 der Militärs und
AWaffenvereine werden des befchränkten Raumes wegen
aber nur Mbordnungen zugelaffen werden können. .

B.N. Karlsruhe, 8. Sept. „Halten Sie doch
einmal das Maul“ rief dieſer Tage bei einer Schöffen-
gerichtsverhandlung eine Zeugin in der Hibe des Gefechts
dem VBorfigenden zu. Entrüftung des Gerichtshofes und
Heiterkeit des Publikums waren natürlich die Folge der


hofes durch eine fofort am der Klägerin zu vollſtrecken
den Haftfirafe wieder ing Gleichgewicht gebracht wurde.


Freund etwas zugeftoßen wäre, ihn dies gewiß ſchon zu
Ohren gekommen fein würde; er beichloß jedoch, früh am
nächiten Morgen ſich mit Stepping, dem Buchhalter, zu
beraten. ;

Das Meine, einfache Haus, das er bewohnte, ſtand
unmittelbar neben dem Bahnhof und das Geräufch bei
örbar;
aber er achtete ſeit langer Zeit nicht mehr Sera! Gin


weckte ihn plötzlich in der Nacht auf. Er ſprang aus dem
Bett, zog haſtig den Riegel zurück und ſah fich den Werk-

befehl wurde vorgewieſen und von Kurilowitjch, der vor-
trefflich engliſch ſprach überſeßt. Die Verhaftung. erfolgte
ohne den geringften Widerſtand vonſeiten des Engländers
denn als Middleton hörte, daß er nach Odeſſa geſandt
werden ſollte, beſchloß er, vollſtändiges Stillſchweigen zu


„Bedauere jehr, Sie in diejer Verlegenheit zu fehen“,
Jagte Kurilowitfch, als der Zug abfıthr, „ich liebe die Eng
länder, eine feine Nation!“

Dieje Lobrede aber verfehlte ihren Zweck, Middleton
zum Sprechen zu bringen.

„Ich ſah Newgate, als ich London beſuchten, fuhr
Kurilowitſch fort, „und war entzückt über die Fürſorge
für feine Bewohner. Jh fürchte, Sie werden unjere Ge-
fängnifſe Ziemlich kläglich finden; aber ich Habe einigen
Einfluß auf den Schließer, und mit einigen Heinen Ge-






Fernſprechanſchluß Rr. 621. 1901.

B.N. Haufen, 8. Sept. Ein trauriger erſchüt⸗
ternder Leichenzug] war es, der die irdiſchen Ueber—
reſte der 4 italieniſchen Aroeiter, drei Männer und eine
Frau, die am Mittwoch bei dem Bauunglück einen jähen
Tod fanden, zur Ruheſtätte in einem gemeinſchaftlichen
Grabe führte. Der Aitsvorſtand, Gemeinderat, die Baͤu—
unternehmer, die Fabrikanten, ſämtliche Arbeiter der bei—
den Fabriken, der Gefjangverein, der Arbeiterverein 20. ev-
wieſen den Verunglückten die letzte Ehre. Ein Italiener
widmete dem Verſtorbenen in ſeiner Mutterſprache einen
Nachruf. Tief zu bedauern iſt insbeſondere der ebenfalls
verletzte Arbeiter Montenari, Vater von 4 Kindern, der
ſeine Frau bei dem Unglück verlor.

Berlin, 7. Sept. [Schweres Bootsunglüc.
Nach einer Meldung des „Börfen: Courier“ aus Herings-
dorf it dort der befannte Zeitungsverleger Otto Brigl
aus Berlin vorgeftern mit feiner Gattin und drei
Schiffern bei einer Segelfahrt ertrunken. Der Leidh-
nam der Frau Brigl und Teile, des Bootes wurden
geſtern an den Strand geſchwemmt. Brigl ift der Sohn
des Begründer$ der ehemaligen „Tribüne“ und der „Zägl.
Rundſchau.“

Einen Beſuch bei der Mutter des unglücklichen
Nordpolfahrers Andree

ſchildert ein Mitarbeiter eines amerikaniſchen Blattes:
„Fru“ Minna Andree lebt mit ihrer Tochter, „Fru“
Emeline Spanberg, in der kleinen ſchwediſchen Stadt
Grenna. Die beiden Frauen ſind jederzeit bereit, den ge—
liebten Sohn und Bruder zu empfangen, ſei es bei Tag
oder bei Nacht. Jeden Morgen kehren und ſäubern ſie




und ſie laſſen ſich durch nichts beirren in ihrer hoffnungs
freudigen Erwartung, daß er eines Tages zurückkommen
und ihnen jeine Srlebnijfe mitteilen werde. Mögen die
Gründe, die irgend Semand vorbringt, noch fo gewichtige


noch ſo überzeugend fingen, die Mutter und die Schweiter


od) vill atervaenda “ Er lebt und wird zurückehren).
Frau Minna Andree iſt nahezu ſiebzig Jahre alt; ihr
klares, geſundes und lächelndes Antlitz läßt fie aber viel
jünger erſcheinen. Ihre Tochter ift eine robufte, gutmütige
rau. Mutter und Tochter machen den Eindruck von

Das Haus, in dem fie wohnen, ft

eingerichtet. Fran Andree wohnt hier ſeit 35 Jahren,
ſeitdem fie Wittwe wurde.
voll; die Penfion, welche fie von der Regierung (in deren
Dieniten ihr Manıt ftarb) bezieht, erlaubt ihr Keinen
Luxus, ſelbſt wenn fie dazu geneigt wäre — was fie
keinesfalls iſt. Aber ihr Einkommen ift groß genug, um
ſie vor Mangel zu ſchützen. Die Andrees haben von je-

ſchenken ja, ich bin überzeugt, er würde feinem
alten Freund Kürilowitſch alles zu Gefallen thun.“

„Wie ſagten Sie, wie iſt Ihr Name ?“ rief der Ges
fangene. ; S

„Kurilowitſch“, erwiderte der Agent verwundert.

„Kurilowitſch“, wiederholte Middleton, „dann find Sie
der Schurke, der bei Donningtons Abendgeſellſchaft in
London falſch ſpielte! Es wundert mich nicht, daß Sie
Newgate geſehen haben! Die meiſten Gefängniſſe in CEu-
ropa ſind wahrſcheinlich mit Ihrer Gegenwart beehrt wor-
den; glauben Sie nicht, daß ich ſo einfältig ſein werde,


Bei dieſem unerwarteten Ausbruch war Kurilowitſch
zuerſt ganz verdutzt. Er faßte ſich aber und rief wütend
aus: „Donnington! Ya, ich kenne den englijhen Hund!
und weiß, daß er in wenigen Wochen auf dem Weg nad
Sibirien fein wird. Nehmen Sie ih in Acht, mein
Burſche, daß Sie ihn nicht nachfolgen.“


gen, und auf Kurilowitjh’s Befehl wurden Middleton
Handſchellen angelegt a
„Yun, mein Freund“, rief er Höhnifch, „ich ſehe ſchon,
wie Sie mit Donnington zufammen den langen Spazier-
gang oftwärts antreten!” . EN
„Wie dumm", dachte Weiddleton, „auf eine oldhe Ka-
naille ehrlichen Zorn zu verſchwenden! Aber id möchte
wiſſen, ob er die Wahrheit geſprochen hat, oder ob es
nur Prahlerei war, um mich zu ſchrecken ? .
 
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