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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.43807#0687

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Erjcheint täglich mit Ausnahme der Somn- und Feiertage.
AS Beilagen das „Heidelberger Boltsblatt“ und das Sfeitige
en tfırteite Sonntagsblatt“. Preis 36 Pfg., mit den Bei-
lättern 40 Pfg. monatlich. Durch die Poſt vierteljährlich
E 1 ME, odne BefteNnelbd. .







28. Jahrgang.
Druck und Verlag von G. Geifendürfer,
Bexrantwortlich: ch. Geiſendör fer.



*








Anzeigen; die 14paltige Petitzeile oder deren Raum
20 Lokale Geſchäfts und Privat-Anzeigen bedeutend
ermäßigt. Heklamen 40 Big. Für Aufnahme von Anzeigen |
an beftimmten Tagen wird nicht garantiert. Gratisverbreitung |

; durch Säulenanſchlag.

28. Jahrgang.
IIIIIII Urchurſruſe ſl.












Dir. 171.
Das Dentſche Reich und der Weltmarkt,

Unter dem Titel „Das Deutiche Reich und der Welt-
markt“ hat Profeſſor Dr. Julius Wolf in Breslan ein
Buch verbffentlicht, welches die induſtrielle und die laud
wirtſchaftliche Konkurrenz auf dem Weltmarkte zum Gegen-
ſtande hat und nach jeder Richtung hin zu interejfanten,
auf reiche Belege geftüßten Ergebniffen gelangt. Die
„Schlefijche Zeitung“ hebt einige der. wefentliche Reſultate
der Schrift hervor. Die induftrielle Leiſtungsfähigkeit
Englands und Frankreichs, der alten Induſtrielaͤnder, ge
genüber Deutjchland, wird, wie Wolf ausführt, in hohem
Grade durch den Umfang ihrer Bodenjhäge an
Kohlen hier und dort mitbeftimmt, Die Kohlenreviere
bon Central-Frankreich find in etwa 100 Jahren erfhöpft,
Im Mord-Cngland gehen die Kohlenvorräte in 100-—200
Jahren zu Ende, die übrigen engliſchen und franzöſiſchen
| ohlenfelder follen in etwa 350 Jahren abgebaut fein.
; Dagegen verfprechen die Kohlenreviere in Nord: Weft-

Fernſprechanſchluß Nr. 621.








= für 800 Jahre. Für England hat der Schabkanzler
britannien das — was e$ ijt,“ aber hinzugefügt:
| „BWenn mon nun auch nicht an eine baldige Erſchöpfung
der Kohlenlager glaubt, fo muß doch gefagt werden, daß

verſchiebene Gruben der Erſchöpfung bedenklich nahe ſind,
| Und daß wir in abfehbarer Zeit dazu gelangen können, daß
+} der gefteigerte Kohlenpreis eine Schädigung unferer In—

Aiſtrie verurfacht.“ Im Zufammenhang damit teilt Pro—
X feſſor Wolf das Ergebnis ſehr gründlicher Unterſuchungen
| Mit, die von franzöfijcher Seite uͤber die engliſchen Kohlen
lager in jüng:rer Zeit gepflogen worden find, und die zu
dem Ergebnis kommen, daß das „fommerzielle Verfiechen“
der Kohle, das heißt der Zeitpunkt, wo die Geftehungs-
loſten derſelben in England höher ſind, als in anderen
ndern, in 50 bis 60 Jahren zu erwarten ſei. Pro—
feſſor Wolf hält dieſen Zeitraum für kurz bemeffen immer-
IM wird überzeugend dargethan, daß ‚im Zufammenhang
Mit vielfachen anderen Momenten, welche die induftrielle
Teiftungsfähigfeit der Länder Geftimmen, Deutichland die
“Onfurrenz der alten Indujirieländer zweifellos nicht zu
befürchten hat. % 2 ; ;
| Sind e8 nun hier einzelne Daten, nicht aber das Re-
J ſultat, die überraſchend genannt werden dürfen, ſo gilt
das Lehlere dagegen für die Aeußerungen Wolfs üher die
Oftaftatifche, die fogenanute „gelbe Gefahr“. Nach Wolf
Wäre die Gefahr außerordentlich Überfchäßt worden; da-
m habe e8 nun aber am längſten gedauert. (Er citiert
Se Anzahl Chinakenner erſten Ranges und geht auf die
Verhältnifje der Induſtrie und des Arbeiters in Oſtaſien

























Aber ein, um zu dem Schluß zu gelangen: „Die oft-
ertiſche Gefahr beſteht, ſie wird aber Europa in

umma mehr Nutzen als Schaden bringen. Einzelne
nd über das

Ndnftrien werden leiden, andere ebenmäßig u
m. ni es 7 KERNE ET NO — 7

Aug' um Auge, Zahn um Zahn.
9 0 —— Koman von Karl Cden. |
[Nachdruck verboten.]




(Fortſetzung)
N

2 In der Weltftadt. ——
Qegan tt BrOße Veränderung war in Georgs Leben vor-
Men Er hatte ſich immer auf dem Lande aufge⸗
das und wußte nichts von London und feinem Leben,
Un anfangs ganz überwältigte. Um neun Uhr mor-













bei 9, noch vor Tag, um fieben Uhr aufzuftehen, um {ich
dinaldwachem Kerzenlicht anzukleiden, eine Taſſe Kaffee
das Olitürzen und danıt in die Straße hinauszueilen, in
| 5 ewühl von Menjchen, die alltäglich zwijhen acht
— Yeun Uhr ojtwärts Arömten.
er N" einem Haufe in der großen Ormondſtraße hatte
don Zimmer gemietet bet einer Dame, welche ihm
Dier enhams Kaſſierer Nugget empfohlen worden war.
Del hatte auch Nugget als glücklicher Junggeſelle gelebt,
ht vergnügter als eht in ſeinen Billa. Fran Kip-
Me hrerſeir⸗ ſprach gleichfalls ſehr beredt von den Vor⸗
Niet des Kaſſierers, den ſie ſtets als das Muſter eines
7818 betrachtete und rühmte, ;
jeden lebte Georg in einer Umgebung, die fehr ver-
Oi, war von feiner früheren, in einer dden Miets-
Mg und unter einem Gefühl bon Verlaffenheit, das













Donnerstag, den 25, Yuli

ziehen.“ Man fann, meint Wolf, um die oftafiatifche
Gefahr zu illuſtrieren, darauf hinweiſen, daß während der
zehn Jahre 1888 bis 1898 die japaniſche Ausfuhr von
200 Mill. auf 260 Min. Mt. im Wert geftiegen iſt; die
Ausfuhr von Papier aus Japan von 900000 im Fahre
1888 auf 2%/, Mill. im Yahr 1898, die Ausfuhr von
Baumwollwaren von 600 000 auf 71/, Mill. die von Seiden-
waren von 5 auf nicht weniger als 34 Mil. Das find
jicher gewaltige Steigerungen des Exports )
Auf der anderen Seite hat aber, während die javanifche
Ausfuhr von 200 auf 360 Millionen Mark geftiegen ift,

Millionen erhöht! Das Wachstum der Exporte während
Zehn Sahren beträgt alfo 80 pEt., das Wachstum der
Importe 200 pCt. Das läßt, nach Krofelfor Wolf, den

der Europäiſterung der wirtſchaftlichen Verhältniffe in
Oſtaſien erheblich mehr Nutzen ziehen dürfte, als ihm
Schaden daraus erwachſen kann

Ganz im Gegenſatz zu der Beurteilung, die Oſtaſien
erfährt, ſteht in dem Buche die Beurteilung der Kon—
kurrenz aus dem Weſten, d. h. von Nordamerika her
Profeſſor Wolf führte eine große Zahl von ſachverſtändigen
Aeußerungen der Induſtriellen verſchiedenſter Branchen,
die mit Amerika konkurrieren, an, um die Eigenart der
amerikaniſchen Konkurrenz deutlich zu machen. Er erklärt
daraufhin: „Ich halte dafür, daß ſich Nordamerika nicht
nur den europäiſchen Importen allmählich immer mehr
verſchließen, ſondern gleichzeitig auf dritten Märkten den
europäiſchen Induſtrien ein gefährlicher Nebenbuhler werden
wird.” Die Stärke der amerikaniſchen Konkurrenz liegt,
nach Wolf, auf der entgegengefeßten Seite der oftafiatijchen.
Während Iektere dort das Feld gewinnt, mo die Klein-
arbeit den Ausichlag giebt, triumphiert Anierifa, wo der
Koloſſalbetrieb Erſparungen, Herabſetzung der Produktions—
koſten in größerem Umfange ermöglicht. Man behauptet,
daß drei Viertel der amerikanijehen indujtriellen Ausfuhr
aus Produkten ſolcher Induſkrien beſteht, die von Truſis
oder Kapitalsvereinigungen beherrfcht werden. Mach den
Verhältniſſen der induftriellen Konkurrenz erfahren jene
der landwirtſchaftlichen Konkurrenz eine Beleuchtung.
Hier kommt Brofejfor Wolf auf Grund vielfach neuen
und neueſten Materials zu dem Ergebnis, daß die Periode
des Tiefſtandes der Preiſe noch einige Zeit währen dürfte.
„Für 10 bis 15 Jahre werden wir — mittlere Ernten
vorausgeſetzt — auf eine nachhaltige Erhöhung der bis-
herigen Preiſe kaum zu rechnen haben“ Für ſpäter wird
allerdings eine Entwicklung ähnliqh wie im abgelanfenen
Jahrhundert ſignaliſiert, welches, nachdem 1825 in Berlin
die Tonne Weizen 95 Mark notiert hatte, es in den fünf—
ziger Sahren auf einen Preis vom durchfehnittlich. 210
Mark die Tonne brachte und an diefem Preis volle drei





"Glüclidherweije bejaß

Stunde der Zerftreuung gewährten. Doch die. Winter-
abende waren ſtill und einſam, da er jich von feinen Xol-

leben fern hielt. Bonham Hatte ihn anfangs öfters ein—


und mehrmals Hatte der junge Mann von dieſen Ein:
ladungen Gebrauch gemacht; aber als er bemerkte, daß
keiner der anderen jungen Leute in gleicher Weiſe begün⸗
ſtigt wurde, ſtellte er ſeine Befuche ein und verbarg auch
ſeinem Prinzipal den Grund dafür nicht.
Sin Geheimen hielt Bonham aufmerkſam Wache über
feinen Mündel und erfuhr bald, daß er keinen Grund
habe, um deffen Zukunft beforgt zu fein; denn Georg
hatte fAnell die Anfangsfinfe feiner faufmänntfchen Aus-
bildung durchgemacht, ex begann Intereffe an feiner Ar-
beit zu finden und zeigte großen Eifer, fih mit allen Ein-
zelheiten vertraut zu machen. Nicht ſelten fand er auch
Gelegenheit, ſich beſonders nütlich ju zeigen, wenn deutſche
oder franzöſiſche Geſchäftsfreunde in Abweſenheit derjenigen
Angeftellten, die diefen Nationalitäten angehörten, im Ge—
ſchäft erſchienen. Schon frühzeitig hatte Georg eine große
Befähigung für Sprachen bewieſen und als er jetzt ſah,
wie nützlich ihm dieſe waren, beſchloß er ſeine Kenntniſfe
in der franzöſiſchen und in der deutſchen Sprache aufzu⸗
friſchen, welche ihm beide ſchon ziemlich geläufig waren,
und dann ſich dem Studium einer noch viel ſchwierigeren



Sprache, der ruſſiſchen, zu widmen. Kaum wußte er,











Fernſprechanſchluß Rr. 621.
Deutſches Reich.

B.N. KRarlsruhe, 24. Juli. Die tägige Giltigkeits—
dauer der Rückfahrtkarten iſt mit Wirkung vom 20. Juli
I. J. laut „Karlsr. Ztg.“ nunmehr auch im Verkehr mit
den Niederlanden (Amfterdam, Rotterdam, Utrecht
u. |. w.) angenommen worden. ? .

Berlin, 24. Juli... Wie die „Kreuzzeitung“ Hört, iſt
der Zolltarifentwurf nunmehr dem Bundesrat zu-
gegangen. .

Bon, 24. Juli. Der Großherzog von Medlen |
burg: Schwerin ft heute Bormittag hier eingetroffen
und wurde am Bahnhof vom Kronprinzen empfangen.

Bayreuth, 24. Huli. Zu dem Heute. Mittag ftattge-
habten Jubiläumsbankett Hatte Frau Cofjima Wagner
zahlreiche Einladungen an Künftler ergehen laſſen, dem
auch eine zahlreiche Menge Folge leifteten. Siegfried
Wagner und Hans Richter hielten Anſprachen

Gumbinnen, 24. Yult, Wie die „Preuß, Lit. Big.
meldet, ijt die Machricht der „Oftdeutichen VBolksztg.“ in
Inſterburg, gegen den Gendarmerie-Wachtmeifter Meldh er
in Gumbinnen und den Dragoner Vicewachtmeilter Schneider
ſei Unterſuchung wegen verſuchte Beeinfluſſung des Dra—
goners Scopek eingeleitet worden, durchaus unzutreffend

Port Said, 24. Juli. Auf der Fahrt durch den Kanal.
wurde der Dampfer „Sera“, an deffen Bord fich Graf Walder-
fee befindet, von einem ihm begegnenden franzöfifchen Truppen-
transportſchiff mit Hurrah und Fanfaren begrüßt, was vom
Bord des Dampfers „Gera“ lebhaft erwidert wurde. Geſtern

1901.







direkt nach Rom reifen. Graf Walderfee brachte einen Trink
iprucd auf das Wohl der beiden ans. Die Scheidenden ge-
dachten dankbar der Ehre, dem Oberkommando angehört zu
haben. Der Dampfer „Sera“ traf um Mitternacht in Port
Said ein und übernimmt im Laufe des heutigen Tages Kohlen.
‚Das Schiff wird vorrausſichtlich Malta anlanfen. OA

Zur Wahlbewegung,
B.N. Donaueſchingen, 24. Juli. Laut „Bad. Cdsztg."

Geſundheitszuſtand die Wiederannahme einer Landtags—
kandidatur abgelehnt. An ſeiner Stelle iſt von den Ver—
trauensmännern Herr Hofapotheker Julius Kirsner als
Landtagskandidat aufgeftellt worden
Italien.
Neapel, 24 Juli. Der heute ausgegebene Krankheits
bericht über das Befinden Crispis lautet: Das allge-
meine Befinden weift eine weitere Befferung der Ner-






wie er dieſen Zweck erreichen ſollte, denn die ausländiſchen
Kommis waren wenig geneigt, einem, anderen, der in Bu-
funft ein gefährlicher Nival für fie werden konnte, darin
behilflich zu fein. Doch der Zufall war ihm günftig.
Is Georg eines Abends nah Haufe Kam, ftolperte er
in dem finfteren Hausflutr über einige Geräte, welche im
Wege Handen und fiel zu Boden. Bei diefeın Seräufeh
erſchien Frau Kipper fogleich mit einer Kerze in der Hand,
und eine gemwiffe Wichtigkeit, die ficdhh auf ihrem Geficht
ausgebreitet Hatte, bedeutete, wie er aus Erfahrung wußte,


brannte, {fi defjelben zu entledigen. Dennoch beobachtete
fie eine ungewohnte Zurückhaltung. und fprach mit fo viel
Umſchweifen, daß Georgs Ungeduld über die Maßen er—
regt wurde. Nachdem Frau Kipper endlich ihr Geheimnis
verkündigt hatte, mußte ſie zu ihrem Kummer bemerken,
daß dafjelbe wenig Eindruck machte. €$ war nichts ge
ringeres, als daß ein neuer Mieter eingezogen war. 7
Der neue Mieter aber wolle Feine Lampe im BZim-
mer haben, er verwende Kerzen, und Sarah, das Dienft=.
müdchen, wäre ansgefandt worden, um etwas zu beforgen,
Und nun will
der neue Mieter ein paar Kerzen Haben, und vielleicht ift
Herr Donnington fo glitig, von feinen Kerzen einige ab
augebhen. / U U .

Das alles wurde mit großer Zungenfertigfeit erzählt,
und ohne die geringjte Unterbrechung, .

Dieſer geringfügige Umftand war dennoch ein Glied


 
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