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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1901

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Erſcheint täglich mit Ausnahme der Somnz und Se
Als Bellagen das „Heidelberger Volksblatt“ und das Sfeitige
ua Unftrierte Sonntagsblatt“. Preis ZO Pfg., mit den Betz
lättern 10 Pfg. monatlich. Durch die Poft vierteljährlich

1Mk. ohne Beſtellgeld.









28. Jahrgang.
Druck und Verlag von G. Geiſendörfer.
Berantwortlich: ch. Geiſendörfer.

Nr. 174.
Deutſches Reich.

Berlin, 27. Juli. Das Befinden des ehemaligen
Kultusminiſters Dr Boſſe hat ſich nad den legten Rach—
ichten derartig verſchlechtert, daß der Tod ſtündlich ein—

treten kann.

Bremerhafen, 27. Juli. Yufolge Auftretens von
Peſtfällen in Porto ordnete das hieſige Quarantäne—
amt für die aus Porto und deſſen Vorhafen eintreffenden

Seeſchiffen die geſundheitspolizeiliche Kontrole an.
Holland.
Haag, 27. Juli. Die in auswärtigen Blättern ver-
breiteten Gerüchte von einer Intervention der nieder-
ländijhen Regierung zuguniften des Friedens in Süd—
afrifa find unbegründet. Die Hierherkunft Krügers ſteht
damit in keinerlei Zuſammenhange. Dr. Leids iſt abends
nach Brüſſel abgereiſt.
Fraukreich.
Paris, 27. Juli. Der bisherige franzöſiſche Geſandte
in Peking, Pichon, iſt hier eingetroffen und ſofort von
mehreren Berichterſtattern interviewt worden. Den Ver:
treler des „Eclair erklaͤrke der Geſandte: „Hwiſchen den
verbündeten Truppen hat ſtets das beſte Einvernehmen








Beziehungen die ganze Zeit zwiſchen den Deut-
ſchen und den Franzoſen beſtanden haben. In Pe—
fing lagen zwei Corps, ein deutſches und ein franzöſiſches,
und die Mannſchaften der beiden hatten Gelegenheit, ſich
egenſeitig kennen und ſchätzen zu lernen. Es gab niemals

uuch nur den leiſeſten Zwiſchenfall zwiſchen ihnen Das
Eingreifen des deutſchen Feldmarſchalls Grafen Walderſee
war keineswegs unnötig, aber es beſtand nur aus Takt
und Geſchick in einer überaus ſchwierigen Lage. Der
Feldmarſchall hat alle Umſtände auszunutzen gewußt und
ſeine Handlungen erſchienen als durchaus wohlthuend.“
In demſelben Sinne ſprach der Geſandte ſich gegenüber
einem Vertreter des „Echo de Paris“ aus, der ihn un—
mittelbar über den Grafen Walderſee ausfragte.
ehungen waren ſehr herzlich Der Marſchall iſt ein
Wann mit einem großen Taktgefühl, einer ſehr feinen

Auffaſſung und einer unermüdlichen Rührigkeit. Bei den
— Bügen, an denen unfere Truppen unter dem Befehl des

Generals Boyron und dem Oberbefehl des Grafen Walderfee
beteiligt waren, hatten fie ihre Selbitändigfeit. Zw |Ohen
den deutſchen und den franzöſiſchen Offizieren
dab es niemals die geringſte Meibung.. Die Pho-
_ tographieen, auf denen deutfche und franzöfijdhe Soldaten

zuſammen erſcheinen, ſind unzählig. Der Berlkehr des

franzbſiſchen Armeeſtabes mit dem Feldmarſchall und deſſen




Oberſtlentnant Marchand geführt. Der greiſe deutſche
Marſchall hatte für letzteren ſchon von dem Brande des
Palaſtes der Kaiſerin her eine befondere Achtung.









— Montag, den 29, Juli
Südamerika, Se
Mio de Janeiro, 27. Juli. Der geftrige Befuch
des Prüfidenten der Republik von Brafilien an Bord des
deutfchen großen Kreuzer$ „Bineta" und des ameris
kaniſchen Kreuzers „Atlanta“ gab Anlaß zıur einer freund»


Kriegsſchiff und zum Austauſch herzlicher Anſprachen
zwiſchen dem deutſchen und dem amerikaniſchen Geſandten
in Braſilien.



Zur Wahlbewegung.
Spechbach, 8. Juli. Die heutige Wählerver
ſammlung der BDeutſch ſozialen Partei nahm
mit allen gegen eine Stimme folgende Reſolution an:
„Ueber 100 am 28, Juli in Speh bad im Lamm
verJammelte Wähler drücken Herrn Landtagsabgeordneten
Mampel ihr volljtes Vertranen aus und danken ihm
für ſeine erſprießliche und aufopfernde Thätigkeit im ba-
dijchen Landtage. Sie fprehen die Hoffnung aus, daß
Herr Mampel bet den bevorftehenden Landtagswahlen
möglichft einjtimmig wieder gewählt werde."

— — EEE ναναννναναννπνανναανανννανννννννννπννπνπππν νππνrν

Der ſüdafrikaniſche Krieg.

London, 27. Juli. „Daily Mail“ veröffentlicht
einen Bericht Lord KithHeners, welcher das Ergebnis
der Unterfuchung Über Erſchießung verwundeter
englijher Soldaten dur die Huren bei Blad-
fontern enthält. Leutnant Duff jagte aus: Am Tage
nach der Schlacht habe ihm Leutnant Hearn erzählt, er
habe gefehen, wie ein jünger Bur zwei leichtverwundete
Engländer erfhoß, die ſich gegenfeitig ihre Wunden vers
handen. Heart fagte noch, daß auch andere verwundete
Engländer. von den Buren erfehoffen worden feien. Der
Bericht enthält ferner Ausſagen von act Soldaten, die
jahen, daß die Buren Verwundete erſchoſſen.
Soldaten ſagten, ſie Hätten gefehen, daß cin Burenoffigier
ich bemühte, feine Leute davon abzuhalten, die englijchen
Verwundeten zu erfchießen. Ale Bernommenen liegen zu
Johannesburg im Hoſpital und ſagen, ſie ſeien bereit,
ihre Ausſagen zu beſchwören.

Qondon, 27. Juli. Eine Depeſche Lord Kitcheners
vom 26. beſagt: General Stephans berichtet; Eine be—


{cheinlich dem Kommando von Amfterdam, gewungen, den
Platz zu räumen. Die Abteilung fchlug {id nach dem
16 Meilen entfernten Lembobo durch. Die VBerlufte an
Toten und Berwundeten betragen 10. Einige Mann
werden vermißt. . ; .

London, 27. YJuli- Die „Zimes” meldet aus
Bloemfontein vom 25. d. Ml.: Die SGejamtzahl weißer
Flüchtlinge in den Lagern des Oranjefreiftaates betrug
Seit Ende Juni ſtellt ſich der







Anzeigen: die 1-{paltige Betitzeile oder deren Kaum
20 Big. Lokale Gefdhäfts- und Privat-Anzeigen bedeutend
ermäßigt. Keklamen 40 Pfg. Für Aufnahme von Anzeigen
an beftimmten Tagen wird nicht garantiert. Gratisverbreitung

durch Säulenanſchlag.

28. Jahrgaug.
Geſchüflüſtele: Unlere leltarſrafe ſl.

Fernſprechanſchluß Nr. 621. 1901.

Todesfälle kamen im Juni durche
ſchnittlich 109,1 auf das Tauſend gegen 116,76 im Mat
auf das Taujend vor.
hoch, zeigt aber doch ſchon ein Sinken der Tendenz, ob-
wohl in einzelnen Lagern noch immer Epidemieen herrſchen

— Qondon, 27. Suli. Der „Standard“ erwähnt an
hervorragender. Stelle eine brieflihe Mitteilung aus der
Kapkolonie, wonach Lord Kitchener Ende Auguſt den Ober—
befehl an Sir Bindon Blood abgeben werde, um zu einem
fünfmonatlichen Urlaub nach England zurüczukehren, um
dann zur Nebernahme des Oberbefehls nach Indien zu
gehen. Daß um die Zeit von Lord Roberts Rückkehr
eine derartige, auf dem damaligen Erwartungen über den
Verlauf und das Ende des fübafrikaniihen Feldzugs be
ruhende Anordnung der Dinge in Ausfjicht genommen
war, fteht fejt, allein es wäre möglich, das Kommando
des gegenwärtigen indiſchen Kommandeurs das im Früh—
jahr abläuft, auf ein halbes Jahr zu verlängern. Ob
General Blood als Nachfolger in Betracht kommt, ſcheint
bei feiner Nang- und Dienſtſtellung (fo lange Lord Mes
thuen noch auf dem Kriegsſchauplatze weilt) zweifelhaft.

Vermiſchte Nachrichten.

O Mannheim, 28. Juli. Geländet. Bei Oppau
wurde im Rhein eine männliche Leiche geländet, welche,
wie man aus den bei derfelben bvorgefundenen Papieren:
ſieht, die des Poſtſekretärs Robert Gaſteiger von Karls—
ruhe iſt.

Mannheim, 27. Juli. [Ein Materialzug verz
unglüct.] Geſtern Nachmittag zwijdhen 4 und 5 Uhr
entgleijte an den Kafjernenneubauten ein mit etwa 40 Erd:
arbeitern beſetzter Materialzug der Firma Grün u. Bil-
finger. Die Wagen kippten um und dabei wurde der ab-
{pringende Erdarbeiter Matthäus Colbo aus Congo von
einem der Lowries erfaßt und zu Tode gequet{ht. Er
wurde mit eingedrücktem Bruftkaften hHervorgezogen. Zwei
weitere Arbeiter wurden verlebt. Ciner davon wurde ins
Allgem. Krankenhaus überführt. Wie der Polizeibericht









ſchraube zurückzuführen. Bon anderer Seite wird dem
„De. FTgbl.“ gemeldet, daß man einen Racheakt vermutet.
Bon der Gergfiraße, 26. Yuli. [Großes Aufrs
fehen] erregt hier das plöglihe Verjhwinden des Kauf-
manns X. Sang, der zulegt in Auerbach ein Warenkonz
fumgefchäft auf den Namen feiner Frau betrieb. Lang,
der aus dem Badiſchen ſtammt und auch in Darmjtadt
kurze Zeit einem Laden innehatte, hat von zahlreichen
Perſonen Waren erſchwindelt. Das Gericht hat geftern den
Konkurs eröffnet. ; —
3% Pforzheim, 28, Juli. Meteor.] Geſtern früuß
4 Uhr wurde Hier ein in bläulichem Licht ſchimmerndes
Meteor bemerkt, das ſich ſchnell in der Richtung von
Süden nach Nordwejten am Himmel hin bewegte. Das





— Mug’ um Auge, Zahn um Zahn,
22 2 MNMoman von Fark Eden. | ;
A ; ; [Nachdruck verboten.)
. Gortſetzung)

Die Begrüßung

und Stockes beraubt und von dem freudig erregten Mäd—
Yen dem Fräulein Dorothea Quilter vorgeſtellt. Bald

ſaß er am Fruͤhſtückstiſch, und hätte er nur die Hälfte
der guten Biffen verfehlungen, mit welchen die beiden Da-
Men in überhäuften, fo Hätte e8 mit jeinem dreiwöchent—
len Urlaub ſchlimm ausfallen fönnen, denn Fränlein
Dolly ſchien fich nicht von dem Gedanken losmachen zu
. fönnen, daß eine Reife von London nach Yorkfhire den
Reiſenben allen Schrecken der Hungersnot ausfegen müffe.

Bruder und Schweiter Hatten {ich viel zu erzählen,
als fie im hellen Somnenjchein durch den Garten gingen.
Beide bemühten ſich, die Veränderungen, welche die Zeit


das Reſultat diefer Prüfung war für beide gleich befrie—
Ddigend. Eva fand ihren Bruder männlicher, aber immer
Noch voll Humor, der nicht beeinträchtigt wurde durch eine
Sewijje, im Kampf des Lebens erworbene Stetigkeit und
Sejtioleit des Charalters,

— Auch der Bruder Hatte Urfache genug, ftolz auf die
Schweiter zu fein, die jebt an feiner Seite ging. Daß
ie {con jebt eine Schönheit war, und daß fich Diefe noch
Mehr entwicfeln werde, war Mar erfichtlich. Alle Befürch-





ſtrumpf wiederſehen werde, verſchwanden in den nächſten
Minuten. Daß ſie talentvoll war und ſehr gebildet, konnte


Geoͤrg dies, und augenſcheinlich ohne daß die Schweſter es
beabfichtigte. Heiter und unſchuldig wie ein Kind, erſchien
ſie ihrem entzückten Bruder als die Erfüllung aller der
ſchönen Träume, und innerlich pries er die Damen, welche
die Stelle der Mutter mit ſolchem Erfolg verkreten und
die natürlichen Anlagen des jungen Mädchens zu einer
ſolchen Entwicklung gebracht hatten

Es wurde beſchloſſen, daß ſie ſogleich nach dem Früh—
ſtück nach Leyburn abfahren ſollten, von wo aus ſie leicht
ein Fahrzeug nach dem Farmhauſe finden konnten, das
für die nächften drei Wochen ihre Heimat fein ſollte. Das
arme kleine Fräulein Dolly bemühte ſich vergebens ihren
Kummer beim Abſchied zu verbergen und ſuchte Troſt in
der Herſtellung eines rieſigen Berges von Butterbroten
für die Reiſenden.

„Adien, Herr Donnington!“ rief ſie, indem ſie Georg
herzlich die Hand ſchüttelte, während ihre Augen feucht
ſchimmerten. „Nehmen Sie ihre Schweſter wohl in Acht,
und Eva, vergiß nicht, mir einige gute Wurzeln von
Farrenkräutern mitzubringen. Viel Vergnügen, meine
Lieben! Verlieren Sie nicht die Butterbrote, Sie werden
beide ſehr hungrig werden! Adieu!“

Der Wagen fuhr ab nach dem Bahnhof, und am
Abend ſaßen die jungen Leute im ihrer Billa. Eva hatte



dieſen Sommeraufenthalt hauptſächlich deshalb gewählt,

weil er die Vorzüge einer ſchönen Landſchaft mit guter
Gelegenheit zum Fiſchfang für Georg verband, und außerr
dem befand fie ſich hier kaum eine Meile entfernt von
ihrer Schulfreundin Edith Marsden, deren Vater Eigen-
tuümer eines großen Landbeſitzes war

Edith ſicher Vielleicht auch dachte ſie daran, daß eine
Zuneigung zwiſchen Georg und ihrer Freundin entſtehen
fönne. Edith Marsden war eine reiche Erbin und dabei
hübſch und liebenswürdig, und ſo konnte dieſe Heirat ſie
von allen ihren Sorgen um die Zukunft befreien und die
Freundin in Wirklichkeit in eine Schweiter verwandeln.
Nach Mädchenart hatte fie oft von ihrem Bruder ges
fprochen und etwas Neugierde bei Chith erregt.
‚foflten fie in einem romantiſchen Lande zuſammentreffen
und wer fonnte voransfehen, was daraus entftehen werde ?
Man hat nie genan erfahren, ob Eva wirklich einen ſolchen
lan verfolgte, als fie diefen Ort zum Ferienaufenthalt
wählte; aber wenn fie wirflich eine ſolche Hoffnung hegte,
ſo bewies fchon die erſte Woche, daß fie Unerfüllt bleiben
ſollte. Ediths Lebhaftigkeit und Schlagfertigkeit beluſtigte
Georg, aber es war deutlich zu bemerken, daß er das
junge Mädchen nur als Freundin ſeiner Schweſter anſah
und daß fein Herz ganz unberührt blieb. Wohl war es

Stellung einnehmen könnte, wenn er die Liche diefes Müd-
chens gewann; aber ſchon bei dem bloßen Gedanken, alles
feiner Frau zu verdanken, erwachte fein Stolz. Cdith






 
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