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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9512#1155

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Ferrrsprecher-S..2l. 7351—53.

„Heidelberger Neueste Nachrichten" — „Heidelberger Anzeiger"

kokal-Chronik.

Heidelberg, 14. April 1S36.

Auslese durch das Reichsstudenteuwerk.

nationalsozialistischer Forderungen zu
lhrer ?!nr Beurteilung der Abiturienten hinsichtlicb

pstd if>?^u)s,st9 hat das Reichsstudentenwerk der NSDAP
c»rb » ;Gnederungen, der S ch u l e und dern Reichs -
wrdpf,, >,s e n st die Vorauslese für die Studien-
der ubertragen. Sie üben ihr Vorschlagsrecht in

»sr^orm a»8. tt

, '-UI aus, dak sie geeignete Abiturienten auf dem
^rk g ^n für Studienförderung dem Reichsstudenten-
einxnr°^anntgeben. Der Reichserziehungsminister hat in
?iiher ^rlgß die Meldungen für die Studienförderung
biz -s.^^srgelt. Sie sind ^ür das Wintersemester feweils
ieyiber ^ür das sommersemester bis zum 1. De-

Tf an das Reichsstudentenwerk einzureichen.

t 5 <h e i du n g über die Aufnahme in die
H e j IdUwrderung treffen bie Studentenwerke der
Ivir», " t h o ch s ch u l e des Abiturienten. Die Auslese
dix Luch Abschiu^ tzrs Arbeitsdicnsthalbjahrs, gestützt auf
Betz,7?utachten und die Dienstzeugnisse der Schule, der
lesri^uung und des Arbeitsdienstes in mehrtägigen Aus-
ein" vorgenommen. Das Reichsstudentenwerk hat
^usgE^uberes Merkblatt für die Studienförderung her-

Seben.

Litllrgisch-MuMalische Feierstunde in der
Heiliggeistlrirche.

fr ^Einghe wäre die liturgisch-musikalische Kar-
ch^'^agsfrier in der Heiliggeistkirche dem glei-
^ocb, '^eschick zum Opfer gesallen, wie die vor vier
vw ebenfalls in letzter Stunde megen Er-
in,i üug dcs Organisten abgesagt werden mußte. Dies-
satn,?^ete Heinrich Siebenhaar durch seine Ein-
ind^Eschgft die Veranstaltung des Karfreitag Abeud,
strn m, Er für den wieder plötzlich erkrankten Organi-
a» nOE' Betzinger noch in letzter Minute den Dienst
ldvbr ^ Orgel zü übernehmen sich bereit erklärte, ob-
k>n«! ^ uerade an diesem Hauptkirchentag schon in
sein^Reihe kirchlicher Veranstaltungen an der Orgel
su» ^ Amtes gewaltet hatte. Allerdings litt der Be-
s»ae ^lvas unter der schon erfolgten teilweisen Ab-
Ü«n , "'ss einigen unwesentlichen Programmänderun-
^ wnnte aber dann die Feierstunde durchgeführt wer-
Zab'i?ur Genugtuung der immerhin in ansehnlicher
gekommenen Teilnehmer.

tzg^kit der Dorischen Toccata von Iohann Sebastian
srejt wüete Heinrich Siebenhaar die musikalische Kar-
lÄ,,, gsstunde feierlich und würdig ein. Hilde Starb
Bzii? bot Lieder von Max Reger opus 137 («Dein
ist Herr, geschehe", „O Ursprung aller Brunnen"!
tlqg üendeter Stimmführung und durchgeistigtem Vor-
Hans Vender (Violinei bewies iu der Wie-
techüuüe der „Chaconne" opus 117 Nr. 4 von Reger
tstbgüsche Reife und hohcs musikalisches Ausdrucksver-
tk^en Ergreifend wirkte die Sängerin mit dem Vor-
tzU „Geht hj„ g^bt mein Grab" aus Reger's
l»ng „Geistliche Lieder", und sie krönte mit der
tzv^uus der Iohannespassion „Es ist vollbracht" von
dya Un Sebastiau Bach (mit obligater Viola, gespielt
sgg.,vans Bender) die Reihe ihrer wertvollen Ge-
Ti-st "urbietungen in erhebender Form. Heinrich
tz» .^llhaar war Hilde Staab der gut sich anpassende
^"er auf der Orgel.

titst. , ofessor Dr. Wilhelm Knevels waltete seines
stxjMschcn Amts mit der Schriftlesung über das Kar-
ieilAsgeschehen. Jn sciner Ansprache fiihrte er ein-
tz-Ud seinii andächtige Gemeindc im Geiste hin zum
stesUyeiiner Altar mit dem gewaltigen Bildnis des
ldjj^üzigteu Heilands von Matthias Grünewald. Es
lch>I^ für uns Christcn unerträglich, die Tragik von
iistMtha vcrstehen, wenn nicht über all dieser Pein
gesnIwusamen Marter das Kreuz des Heilands stehc.
?t?»E Ehristus starb tapfer. Nietzsche sagte über das
Ichkj vU dcs Heilands: „Von allcm was Jesus ge-
Utst f en, jst das am stärksten und tapsersten, was er
stihfi'Ucin Blut geschrieben hat." Das Kreuz Christus
d?r - w etwa sührte der Geistliche weiter aus, nach all
sich. Utsetzijchst», sinnlosen Schuld, die die Juden auf
ailf/eiaven, zur Erlösung. Das Kreuz wird so Sinn
dbeus, ist Ausdruck ticfster Liebe, ist Gott selbst.
>>> jst Goiws Sohn gewesen", iiugt der grotze Chor
>d e * Matthäuspassion vc»n Johann Sebastian Bach
d«st mreifenvster Form über das schmerzensreiche Lei-
n>s fsud das Martyrium und das tapfere Sterben Je-
, istus. Wir Christen dürfen die Stuuden des
°hste ^>tagserlebens nicht an uns vorübergeheu lassen,
A, st,!uren tiefen Sinn mit in den Alltag zu nehmen.
Ukgs. wd das Kreuz des Erlösers uns zum Halt, zum
lluell im Leben.

einem Orgelpräludium von Iohann Sebastian
ü»dV.tchloß eine erhebende Karfreitagsstunde groß
we>hevoll. bclr.

Die Arbeitslage in Südwestdeutschland.

Weitere Frühjahrsbelebung.

!?tzez '?. Frühjahrsbelebung des Arbeitsein-
Aeist' me i» SÄdwestdeutschland bereits in der zweiten
^Utistf, Uälfte begonnen und schon im Februar eine
!»> »sthug um 8000 Arbeitslose gebracht hatte, hat sich
Iiisti'"»Z volleuds in allcn Berufen und Bezirken
iNü r uurchgesetzt und ermöglicht, daß im März in
?kbei.-!^Ulberg 12 253 und m Baden 19867
°^,chse wieder in Arbeit kamen. Die Ge-

s->

»>te

im Landesarbeitsamtsbezirk Südwest-
^XiststUUNd betrug 32)20 Arbeitslose und zwar 29 9S0
5*1 n.?. und 2140 Frauen. Aus den Saisonberusen

Frauen. Aus den Saiionverufen
Ar SjUdwirtschaft, der Forstwirtschast, der Jndustrie
Krked^-Uen und Erden, des Baugewerbes uud des
Mstif>,,üowerbes fanden 17117 Personen wieder Be-
n^rstip ung und 15 003 waren Anqehörige der übrigen

Dio -_

Slterfest mit Echneefall.

Erster Zag wjnterlich kalt, Metter Zag schön. - Zrotzdem lebtzafter Aremdenverkebr.

!?^eüV Gesamtzahl der Arbeitslosen, die bei den

ru» sf "schen Arbeitsämtern vorqemerkt waren,
j» ^nde März 75 312 Persouen <59 444 Männer und

-?u>en ^uen). ^ Auf WUrttembcrg und Hohenzolleru
Aust^/2 714 Arbeitslose (9773 Männer und 29S1
^-istst " und auf Baden 62 598 Arbeitslose (49 711
'r uud 12 887 Frauen).

!?Uge>/ -Duguspruchnahme der Untersfiihungseinrich-
Mi ig rp in der Arbeitsloscnversicherung
» Upt ? und in der K r i seu fü r s o r ge um 6160
l^hl ^uerstiihungse»>psänger zurückgegangen; die

lÄUten ^ -s? der öffentlichen Fürsorge stehenden aner-
sAtz P cWohlfahrtserwerbslosen hat um
>?chten n-, uen abgenommeu. Der Stand an unter-
i? der ^"^'osen war am 31. März 1936 folgender:
»üzz ^>)fi>cherungsmäßigen Arbeitslosenunterstühung
^>se»sjj7?onen (n 979 Männer, 1664 Frauen). in der
^O,7°rgc 29 850 Personen (24 935 Männer und
8»?sä»»)>. die Gesamtzahl der Hauptunterstützungs-
N beirug 43 473 Personen (36 914 Männer,
Ahe»,'AUen). Davon kamen aus Württemberg und
)st?Uen> ^u 6495 Personen (5524 Mäuner, 971
"Uste) "nd auf Baden 36 978 Personen (313M
Die'v'^ Fraueu).

e Mhl der anerkannten Wohlfahrts-
iu ° sen belies sich nach dem vorläufigen

^ürtt-» r uvf 8240 Personen und zwar auf 1038
'«Mberg und aus 7202 m Baden.

Andrang von Kraftfahrzeugen am ersten Feiertag auf dem Universitatsplatz.

Mufii.: Ruvv.)

Es ist erstannlich, wie fest sich das Osterwetter
an die „amtliche" Marschroute der sür uns zuständi-
gen Stuttgarter Wettervoraussage gebunden fühtle.
Den voraufgegangenen schönen Tagen, die uns schou
einen verhältnismäßig starken Zuzug vou Fremden am
Karfreitag und Samstag gesichert hatten, folgte ein
Ostersountag mit Schneefall am Vormittag
und am Nachmittag mit einer Kälte, die bis aii
den Gefrierpunkt heraureichte. Die Berge waren
gegen Abend vollkommen weiß: ebenso machte die
Stadt durch die schneebedeckten Dächer eine» stark wm-
terlichen Eiudruck. Die Besucher von auswärts blie-
ben soweit wie möglich in den Gaststätten der Stast,
die Personenkraftwagen kamen verschneit wie mitten
im Winter herein, und die Heidelberger selbst blieben
möglichst zu Haus.

Ein erfreulicheres Bild bot aber dann der Oster -
montag. Die Sonne schien schon friih am Morgen,
blieb sogar fost de-n ganzen Tag am Himmel, uud es
wurde allmählich auch wieder leidlich warm, sodaß die-
ser zweite Festtag vieles wieder gutmachte von
dem, was der erste verschuldet hatte. Der Fremden-
verkehr aus der Nähe (Mannheim, Ludwigshafen,
Frankfurt usw.) sehte lebhaft ein, sodaß nun auch die
weiter euifernten und höher auf den Bergen gelege-
ueu Ausflugsstätteu mehr Zustrom hatten. Sehr leb-
haft war z. B. der Besuch der Bergstraße. Dadurch
kamen auch die zahlreichen Kraftwagenfahrer aus fer-
nereu Gauen (beson-ders aus Westdeutschlaud) noch
aus ihre Rechnung.

Aber wir wollen auch hoffen, daß die Obst-
blüte, die ja noch einen großen Teil der Besucher
herangelockt hatte, keinen Schaden durch den Wetter-
sturz gelitten hat! Es gibt allerd-ings Gebiete, dte
weit stärker von der Kälte getrosfen wurden als un-
sere Gegend.

An Einzelheiten vom Reiseverkehr ist noch zu cr-
wähnen, daß die Reichsbahn starkeu Osterverkehr
besonders schon vor dem Fest hatte, daß aber natürlich
der Nahverkehr am Ostersonntag wegen des schlechten
Wetiers sehr klein war. Die Heidelberger Straßen-
bahn hatte im ganzeu natürlich ebensalls unter dem
Druck des Sonntagwetters nicht dte Höhe des vorjäh-
rigen Verkehrs zu verzcichnen. Bei der Bergbahn

wurde am Ostersonntag nur ein Drittel der Fahrgäste-
zahl vom vorjährigen Ostersonntag erreicht. Gut war
der Karfreitag, an dem die Bergbahn etwas mehr
Fahrgäste als im Vorjahr hatte, und verhältnismätzig
gut war auch der Ostermontag.

Di« Gasthöfe von den großen Hotels bis zu
den kleineren waren während der Feiertag« sehr
gut besetzt, zum Teil für einigc Nächt« sogar
ausverkaust.

Die NS-Gemeinschaft „Krast durch Freu-
d e" war an den Ostertage-n sehr stark am Verkehr mit-
beteiligt. So waren hier am Karfreitag ein Sonderzug
aus Nürnberg und cine Autobuskolonne ans Nürnberg
und Ostbahern. Ueber Ostern kam ein Sonderzug aus
Frankfurt, und Autobusse folgten aus dcn verschieden-
sten Gau-en Deutschlands, ganz besonders aus West-
deutschlan-d. Jm g-anzen -dürfte KdF an Karfreitag,
Ostersonntag und Ostermontag jedesmal etwa 1200
Personen nach Heidelberg gebracht haben.

Der Kraftwagenverkehr war zu manchen
Stunden so stark, daß das Parken Schivierigkeiten
machte, daß aber auch solche Kreuzungen, wie die un-
übersichtliche Stelle am südlichen Brnckenkops der
Friedrichsbrücke (beim Gymnasium) verkehrs-hemmeiid
waren. Hier am Brückenkopf wurde schließlich ein
Verkehrsschntzmann anfgestellt, der die Regelung über-
»ahm. Hoffentlich erfolgt di« an dieser Stelle geplante
A-enderung bald!

»

Ans Obstbauernkreisen hören wir, daß man immer-
hin befnrchten muß, daß der Frost von zwei bis
drei Grad, der im Bergstdatzengebtet in der Nacht
znm Ostermontag ansg-etreten ist, eme gewisse Schädi-
gung der Blüten und der Fruchtansätze bei den
schon weirer vorgeschrittenen Bäumen gebracht hat.
Wie fast immer, so wird die Wirkung aber auch dies-
mal in den verschiedenen Lagen nicht gle-ichmäßig sein.
Es ist ja auch nicht allein der einmalige Nachtfrost, der
schädigend wirkt, sondern ebenso kann die gesunkene
Gesamttemperatur schon eine Hemmung des Saftzu-
flusses in den BSnmen bringen. Wir werden also erst
in etwa zwei Wochen sehen können, welche Folgen die
Osterkälte hatte.

Nliik M -en MmnrMatz.

Kurz vor -em Seit.

y Me, ^wttagsrückfahrkartcn zum 1. Mai gelten
^.Esche»"'^ 1- Mai, der „Nationale Feiertag
Bofies", sällt in diesem Jabr aus ei


vier

des

in diesem Jahr aus einen
- - - daher die

die he-

zn allen Feiertagen ausge-
auch auf den zwischen dem Feiertag

koO Ustg-5' Die Dcutsche Reichsbahn hat daher
«^Utlich ,uu^> der Sonntagsrücksahrkarten, die
>,>.^ll st!°2?u> 1. Mai wie zu allen Feicrtaqen a

»O ' «>>w aus oen zwiicyen oem Mieriag
d>/)test „,fiU»»tag liegenden Werktag ausgedehnt. Die
z^u 3 0^?" ?lso zur Hinfahri ab Donnersiag,
tz«- ^ücki»? s' l > 12 Uhr, bis Sonntag, den 3. Mai,
' ^ Nk n»,' "l> Donnerstaq, den 30, Avril, 12 Ubr,
aa. v-n Mai. 15.. ' "

tzrx

^ückjahrt^" ^ ^l-lhr (spätester An-

Festtage sind die großen Zeiten unserer Stadt.
Wo es auch sei, man erinnert sich dann der Schönhei-
ten Heidelbergs und kommt gefahren — mit der Bahn,
zu Wagen, zu Rad, mit allen Verkehrsmitteln, die
schneller sind als Schusters Rappen. Es hat aber mit
Festtagen noch eine ganz besondere Bewandtnis. Sie
sind nicht Plötzlich und auf einmal da, sie haben einen
langbeginnenden und langausebbende-n Rhythmus, ste
durchlaufen viel« Stationen des frohen erregten Her-
zens von derjenigen der ersten Vorfrende bis zu der
des letzten Ausklangs, des wehmütig-glücklichen Er-
innevns. -.

Wer vor Ostern gegen abend am Bismarckplatz
vorbeikam, der konnte sehen (wenn er's nicht an stch
selbst gesühlt hätte), wie das österliche Fest im Sinn
der Menschen schon viele seiner Vor-Etappen durch-
lanfen hatte und eifrig dabei war, die volle Freude in
aller Herzen zu senken. Die Leute gingen schnell, froh
und beschwmgt vorbei, als spürten sie alle die Ver-
heißung der Natur, die das strahlende und wunder-
bare Wetter so kurz vor Ostern bedeutete. Sie trugen
die Paket-e ihrer Ostereinkäuse mtt dem beruhigenden
Bewußisetn, nun doch noch zeitig alles erledigt zu ha-
ben un-d freuten stch der gelungenen Wahl. Doch anch
die Geschäfte beeilten sich, die Osteraufträge rechtzertig
zu erledigen. >wre Lieferwage-n slitzten fröhlich unv
fttnk über den Platz, Bäcker- und Metzgerjungen ha--
ten die Körbe auf ihren Transporträdern voll geladen.
Man s-ah da mit Freude, wie ausgtebig sich alle Gast-
häuser verproviantierten und ihre Fürsorge für ^dre
Gäste über Ostern mußte jeden kulinarisch Jnteressier-
ten erwartungsvoll beglücken.

Will nun einer sehen, wer an Ostern hierhergekom-
men ist, wer von den lieben Bekannten Besuch hat.
welcher seiner Freunde die Feiertage znhans ver-
bringt, so stelle er sich eine kleine Weile nnr am B>s-
marckplatz auf. Bekannte, die man seit Monaten mcht
mehr sah, gern gesehene Gesichter und solche, auf die
man etwas schmollend reagiert, ste tauchen alle a»l >»>
vorbeiströmenden Fluß der Menschen. Wer aucv, der
Anspruch daranf macht, ein echter Heidelbergcr tt> w>>>,
kann's über sich g-ewinnen, an Ostern in der Fremde
zn sihen und dte Heimat nicht zu sehen! .

Piele hatten stch schon am Samstag nachmrttag
einen kleinen Vorschuß auf den österlichen «Pazier-
gang genommen. Sie waren hinausgestrebt m die
Frühlingslandschaft der Umgebung und entstiegen
nnn gegen abend etwas flügellahm, etwas verstauin
und doch sehr glücklich den einlausenden Wagen der
OEG. .

Die Urlaubsautos, dte Wagen der Reisonden h«-
stimmten -das Bild der Straße. Aber nur ein einzrger
Fernlastzug kam eilends daher, obwohl diese machjj^
summcnden Hummeln sonst doch eine auf Sieandere
folgen. Eine grotze Kohlensuhre wurde geniachitch von
zwei Gäulen über den Platz gezogen und gleich als
erstaunlich empfunden. Denn wer, so fragte man sich,
will da über Ostern noch so gewaltig einheizen?

Sehr wenige der Autos stammten aus der -nahere»
Umgebung. Die Nummern des Rheinlands, des -trank-
furter Beztrks, aus Hessen, Schwaben und aus Berltn
waren neben den Einheimischen am stärksten vertreten.
Der Schutzmann in seiner schmncken Unisorm niußte
sehr oft Auskunft über Fahrtziele geben. Viele frag-
ten nach Heidelberger Gaststätten, a-nder« jedoch hatten

noch viel vor an diesem Abend. „Herr Wachtmeiste
welcher Weg ist kürzer nach München. über Heilbron
oder uber >Dtuttgart?" Was sür eine Gewisseiisjrac
für einen Heidelberger Schutzmann! Ein Berliner ri-
herüber: „^ch will nach Freiburg, mutz ich da üb<
straßburg fahren?" Das sei nur verzeichnet, nm ai
zudeuten, daß selbst in einem feinen Auto ein schlechfi
Geograph sitzen kann.

Man brauchte die Reihe der vorüberkommendc
Wagen garnicht lange zu betrachtcn, um zu merkei
Ostern rst das Fest der unternehmungslustigen Ji
gend! Wieviele dieser Wagen waren alte Kästen, do
»on lebensfrohen jungen Menschen aufgemöbelt z
dieser großen Fahrt in alle Schönheiten des Frnl
lings! Ein junge Mann, eine junge Frau, so surrtc
ste horbei, als wollten ste an diesem Abend noch bi
"u^ Ende der Welt. Und selbst der nachdenkliche B
"hchter, d-er ihnen mit den Augen folgte und no
nlcht wußte, wo ihn die Wogen des österlichen Fest«
Yi-ntreiben werden, er konnte nicht neidisch sern ur
yatte alle Lnst, hinter ihnen herznrufen: Fröhlici
^itern! _

Engllsche PuWenspieler in Heidelberg.

Besuch der ,)8ritish Puppet and Model Theatre Guild
(Vereinigung)".

Am Ostersonntag kamen über die Autobahn 25
ruglische Fachleutedes englischen Puppen-
theaiers unter Fnhrung von Gerald Morice
irach Heidelberg. Eine Panne aus der Auto-Bahn ver-
spatete die Anknnjt ein wenig, sodaß die englischen
Gaste erst gegen 12 Uhr bei uns ankamen und dann
sofort sich zur Stadtbsbliothek begaben, wo sie der Lei-
ter, Stadtbibliothekar Zink, empfing. Jn orrg-i-
neller Form ging dann die Begrütznng vonstatten. Die
Herühniteste Figur des englischen Puppentheaters, der
Pnnch, hielt eine Ansprache, die der deutsche Kaspar
vergnügt erwiderte. Die Gäste wnrden daranf durch
die reichhattige Sammlung an Puppen und anderen
Gegenständen, die zn den Requisiten des Puppenthea-
ters gehören, geführt. Bis 2 Uhr dauerte diejer
Gang durch die Sammlungen, wobei die
einzelnen Stücke eingehend betrachtet wurdeii und selbst
die ältesten Requisiten gründliche Beachtung fanden.
Anschließe-nd wurden die Gäste bei einem gemeinsamen
Mtttagessen niit Heimpuppenbühnen-Besitzern und
-Sammlern aus Darmstadt und Worms bekannt. Da-
bei entwickelte sich ein lebhaster Gedanken-austausch,
Mappen und Bilder wurden herumgezeigt, und diese
Stunden gaben beiden Teilen fruchtbare Belehrung.
Man entschloß sich bei dieser Unterhaltung dazu, oie
hervorragendsten Puppen a u s z u t a u s ch e n, so-
daß also die Heidelberger Sammlung bald im Besitz
eines Punch ist und ein Heidelberger Kaspar die Fahrt
ins Londoner Museum antreten wird. Auch die Un-
terhaltung brachte noch manches andere Jnieressante
zutage. Di« Engländer teilten z. B. mit, daß die deui-
schen Autostratzen einen solchen Eindruck ans die rei-
sen-den Engländer gemacht hätten, daß in wohlhaben-
den englischen Kreisen gegenwärtig eine Geldsamm-
lnng in Gang sei, deren Ziel wäre, dem englischen
Köntg bei seinem nächsten Geburtstag die Summe jür

Dienstag, 14. 2lpril 1936

>eile 3

eine Teilstrecke einer Autobahn nach deutschem Mustek

Astischließend <m dies« kamera-dschaftttch verlansenen
Besprechungen wurden die Gäste aufs Schloß ge-
fübrt: sie sahen auch di« besonderen Sehenswnrdigkel-
ten der Stadt. Jhrem Wunsch, einmal ausfuhrnch
mit dem Pfälzer Wein Bekanntschaft zn machen, lietz
sich ja am Abend bestens entsprechen. Sie setzten ihre
Fahrt am Ostermontag früh um 8 Uhr nach -stutt-
aart fort Diese Studienreise der englischen Puppen-
theater-Jnteressenten dnrch Snddeutschland geschieht im

—* Auferstehungsfcier am Ostermorgen. Seit
einer Reihe von Jahren hat sich in derev a-ngeli-
schen Kirchengemeinde H» " d)ch" h s h e i m
die von Norddeutschland überkommene schone kirchliche
Sitte eingebürgert, den Auferstehungsmorgen mit emer
Feierstunde auf dem Friedhof zu begehen.
Wie sehr diese Feier in das kirchliche Leben Eingang
gefunden hat, beweist nicht nur die starke wachse-nde
Beteiligung bei dieser kirchlichen Ostermorgenandacht
im Stadtteil, sondern besondcrs auch ihre Ausbreitung
und Einführung in anderen benachbarten Orten. Grotz
war wie-der die Zahl der evangelischen Gemeindeglie-
der, die in der achten Morgenstunde des ersten Oster-
feiertags die Höhe zum stillen Vorstadtfriedhof hin-
anfpilgerten. Feierlich hallten die Glockenklänge der
Friedenskirche durch die im Schmuck des Frühlings
prangende Flur und schwangen über das weite Tal.
Sie grüßten mit ihrem ehernen Klang das nene Leben
in der Natnr und läuteten das große Auserstehungs-
wund-er des Ostermorgens ein, das die Christen im Ge-
denken an den Erlöser und Heiland feiern. Welch iie-
fer Znsammenklang eines immerwährenden Neuerle-
bens im Dafein der Menschen. Stadtpfarrer Höfer
gab in Schriftlesnng und Ansprache dem Auferstehungs-
wunder im Garten Gethsemane beim Grab des Erlö-
sers die tiefe Ausdeutung. Christus ist auferstanden.
Dieses göttliche Wunder verleiht dem Kreuzestod am
Karfreitag, dem Leiden und Sterben auf Golgatha
das große Tröstlich-Bersöhnende. Der Sieg Jesus
Christus über das Sterben wir-d znm Symbol alles
Lebens und Sterbens. Der Tod ist Uebergang, ist
Eingang und Erfüllung. Der Tod und die Äufersteh-
ung des Menschheitserlösers und Heilands gestalten
die Niederlage des Sterbens zum Sieg über das Jrdi-
sche, zum Eingang in das Ewig«. Damit löst
das Auserstehnngswunder am Ostermorgen die Tvdes-
schrecken des Karfreitags. Das Krenz Christi ist zum
steghast leuchtendon Glaubenszeichen erhoben. Es
macht di« Herzen leicht und froh im gläubigen Gott-
vertrauen. Das Kreuz hat für die Ehristenheit die
hohe Bedeutung des Gsaubenssymbvls erlangt, es ist
Ausdruck der großen göttlichen Liebe und seiner All-
machl. „Snrsnm corda!" ruft nns der Ostermorgen zu.
Erhebet die Herzen! — Der Posannenchor der Friedens-
kirche, sowie die schöne Freiorgel, insbesondere die
Wiedergabe des sttmmungsvollen „Ave verum" (Cello
und Orgel) schufen gemeinsam mit den Liedern der Ge-
mein'de d-en würdigen Rahmen zn den ergreisenden
Worten des Geistlichen. Mit den tragendcn Weisen
eines Chorals dnrch den Posaunenchor klang die Auf-
erstehungsfei-er am Ort des Friedens in Andacht und
Weihe aus. bckr.

8is Vtsrt Lllk «Znslität? vaon kanfsn 8is
8tokks, IVssvkkIsiäsr, 8ollnr2Sn, Hsobllsoksn

im kKLEO-itLvtÄö, »snptLtr. 7S
siottqarfixs -^usveabl, nnr inäLntkrsn

* Ostern in der Jcsuitenkirche. Das feierliche
Hochamt am Ostersonntag in der Jesuitenkirche
wurde durch eine sehr schöne Aufführung der Messe
in C von Horack für gemischten Chor, Orchester
und Orgel verherrlicht. Das Werk des zu Beginn des
vorigen Jahrhnnderts lebenden Komponisten entstand
1826 und zeichnet sich durch klangvolle Jnstrnmentation,
einsache, aber tiesempfundene Melodik und reiche Ver-
werfimg Les Streichinstrumente ans. Stark an den
Geist des Barock anklingend, passen die jubelnden Ak-
korde so recht zur österlichcn Frende, vor alleni das
Gloria und Credo. Von zarter Jnnigkeit sind die
Solostellen im Kyrie und Sanktus und d-as Quartett
im Äenediktus. Trotz aller Tonfreudigkeit und sast
spielerischen Eleganz atmet das Werk tiefen religiösen
Geist nnd fiigt sich gut in den Rahmen der liturgischen
Handlung. — Die Aufführunq unter Leitung von
Chordirigent Otto Bundschuh durch den geschnl-
ten Kirchenchor war eine schöne Festgabe der Sänger
znm silbernen Jubiläum ihres Dirigenten. Auch oie
Solisten Panla Schneider (Sopran), Maier-
Becker (Ält), Hnbert Weiß (Tenor) und Xaver
Waibel (Baß) sowie Maria Metzler a-n der
Orgel weihten mit gleichcr Liebe und gewohntem Kön-
nen ihre bewährten Kräfte dem Werk, sodaß die Meffe
mit dem Tantum ergo von Mozart zu einem religiös-n
und künstlerischen Erlebnis für das dicht gefüllte Got-
teshans wurde.

—* Abendmustk in der Wicbliuger Kreuzkirche.

Eine Stunde dcr Weihe erlebte am Abend des Kar-
freitag die Wieblinger evangelische Gemeinde in der
dichtgefiillten Kreuzkirche. Werk« von Bach, Buxtehude
und Pachelbel bitdeten mit den cwig-schönen Passions-
chorälen der Gemeinde und den Lesungen des Litur-
gen, Stadtpfarrer Bähr, eine Einheit, die ihre tiefe
Wirknng nicht versehlte. Mitwirkende waren: Konzert-
sängerin Rose Huth (Sopran), Bcrghammer
(Viotine), cin Streichorchester und der Kirchenchor un-
ter der Leitung von Erwin Sch.nitt. Rose Huth
sang schlicht und ergreifend mit ihrer vollen, modnla-
tionsfähigen Stimme mehrere Lieder und Arien, von
Berghammer geschickt begleitet und die Chorkaniate
gab der Solistin Gelegenheit, in den Sopransoli ihr
volles Kön-nen zu zeigen. Der Organist holte bei der
Begleitung der Gesänge ans seinem an Klangfarben
armen Jnstrument das Mögliche heraus; seine tech-
nische Fertigkeit bewies er in Bachs Fnge (Ricercata)
c-moll, wie auch in den Ehoralvorspielen von Bach
und Pachelbel. Der stattliche Chor brachte Perlen
evangelischer Kirchenmusik zu Gehör. Die von ihm
vorgetragenen drei A-capeÜa-Chöre von Bach zeugten
von emer beachtttchen Stimmkultnr und erklangen tief
empfunden. Sein Bestes aber gab der Chor in
Buxtehudes Kantate „Jesu, meine Freude", in der er
stch mit den Soltsten (Rose Huth un-d zwei Mitglieder
des Chors), der Orgel und den Streichern zu herr-
lichem Musizieren vereinte. Die Sicherheit, mit der
das ergreifends und schon etwas cmspruchsvollere Werk
bewältigt wurde, beweist, datz der Chor auch in tech-
nischer Hinsicht grotze Fortschritte zu verzeichneii hat.

—* Seinen 80. Geburtstag feierte gestern Her-
mann Backfisch, Brückenstr-aße 16. Jnhaber cmcr
-stahl- und Werkzeugh-andlimg, in seltener körperlicher
und gcisiiger Frische, sodaß er noch als Achizigjährigsr
,emem Geschäst vorsiehen kann.

willkommene Freüde machte ein ans
Mitgliedern des Kirchenmusikalischen Jnstiiuts be-
siehender Chor den Kranken der akademischen
Kliniken, als er am Grnndonnerstag nachmittag
^4 Uhr in der Kapelle der Kliniken sang. Manch
wnnderschöner Chor alter Meister im Wechsel mit Ein-
zelspielen ans dem Harmoiiinm der Kapelle stellt« die
andächtig Lauschenden in das Geschehen der Passion
Christi. Der Geistliche der Kliniken und Lie zahlreich
erschienenen Kranken nnd Schwestern trugen die
schlichte und tiefbc-wegliche Feier mit durch Gebet und
Lied. Jn allem ein dankenswerter Dicnst, der an den
Kranken geschah!

—* Der Iscnheimer Altar. Der Richar d - Wa g.
ner-Verband deutscher Frauen batte fur Kar-
freitag nachmittag seine Mitgli-eder nnd sfrennde^zu einer
Feier besonderen Gepräges in den grosien «aal des
Lutherhauses gerufen. Es sprach Dr. Ernst Z e h lDarnr-
stadt) über den I i e n h e i m e r A l t a r vmi Matthios
Grünewald. Der Sprecher bemubte nch, dnrch eine weit.
greifende Analyse des aroßen Werkes seine Hörer v«,
einer Schöpfung großer deutscher Kunst ans m das KaV.
freitagserlebnis zu fubren. Dabei schilderte er in ei-l^
oft an altdeutsche sprachformen anklingenden .

barocken Ausdrucksweise das Leiden des Herrn' stsi '^^'

sich in diesem Bildwerk ergreifend verdeutlichi. Nn'n
Gemalde em großes emheitliches Ganzes. eiu
 
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