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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 15
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0321

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Forfchungen

311

in Rom herrfchenden Michelangelo-Partei
feindlich gegenüberftand, insbefondere Da-
niele da Volterra haßerfüllt kritifiert. —
Die abgebildeten Federzeichnungen zeigen
in fich bewegte, oft abgefetzte Linienzüge
in der unruhigen Zeichenweife des fpäteren
Cinquecento. Die Innenzeichnung derKör-
per wird mit kurzen, oft oval gebuchteten
oder häkchenartigen Strichen gegeben,- die
Köpfe find nur mit fummarifcher Andeu-
tung von Augen, Nafe und Mund be-
handelt. Die Gehalten haben manieriftifch
heftige Bewegungen in komplizierten Mo-
tiven. — Eine Auswahl wichtigfter Stücke
aus dem handfchriftlichen Teil der Skizzen-
bücher befchließt den Auffatz, der die zwie*
fpältige, reichbegabte und vielfeitige, doch
zu zerfplitterte Natur des Meifters gut
hervortreten läßt.
Die deutfche Reichskrone. Als be-
deutendftes und faß das ältefte Stück der
ehemaligen »Schatzkammer des Aller-
höchften Kaiferhaufes« in Wien liegt dort
die Reichskrone, die faft acht Jahrhunderte
lang das Symbol der höchften weltlichen
Herrfcherwürde Europas war. Julius von
Schlößer ift über diefes alte Reichskleinod
in dem Prachtwerke, das er jetzt über die
Schatzkammer veröffentlicht, zu inter-
eflanten Feftftellungen auf Grund der
Forfchungen Otto v. Falkes gekommen.
Danach ift die Krone ebenfo wie der
Goldlchmuck der Gifela von Schwaben
auf Befehl des Kaifers Konrad II. im
frühen 11. Jahrhundert in einer Mainzer
Goldfchmiedewerkftatt entftanden. Die
eigentliche, urfprüngliche Form der Krone
ift jetzt ftark verwifcht. Es fehlen heute
die charakteriftifchen, aus dem fpätantiken
Orient entnommenen Pendilien, reichver-
zierte Anhänger, die zu beiden Seiten herab-
fallen und dem Antlitz einen feierlichen
Rahmen geben. Die Kaiferfiegel zeigen fie
wiederholt noch unter den Staufern ganz
deutlich/ das fpätere Mittelalter hat fie als
altfränkifch empfunden und entfernt, die
Öfen ihrer beiden Befeftigungsftellen find
aber noch heute vorhanden. Ebenfo find
röhrenförmige Öfen im Innern zu erkennen,-
fie dienten zur Befeftigung der bifchöflichen
Mitra, die dem Kaifer bei der Krönung
aufgefetzt wurde, derart, daß ihre Spitzen,

durch den Bügel getrennt, aus dem Kron-
reifen emporragten. Die heute im Innern
befindliche rote Samtkappe ift eine ganz
fpäte und charakterlofe Erneuerung. Erft
durch die Verbindung der geiftlichen Mitra
mit dem weltlichen Diadem ward die Kö-
nigskrone zu dem einzigartigen Symbol
der Kaiferwürde, fowie der Römifche Kö-
nig, der feine Infignien felbft nach Rom
bringt, zum Römifchen Kaifer wird, in
dellen Stellung wie in feinem gefamten
Ornat fich die geiftliche Stufenleiter vom
Diakon durch den Priefter zum Bifchof
abfpiegelt. —' Dem in feiner farbigen Ge-
famterfcheinung ungemein prächtigen Denk-
mal fehlt endlich heute auch fein vor-
nehmfter, im ganzen Mittelalter gefeierter
Schmuck, der »Waifen« genannt, jener
prächtige Stein, den Walter von der Vogel-
weide in feinem fchönen Spruch auf die
Krönung feines »echten« Königs Philipp
von Schwaben 1198 befungen hat: »Der
ftein ift aller fürften leitefterne.« Er ift erft
bei jener Krönung Jofefs II., die Goethe
miterlebt hat, in Frankfurt 1764 verloren
gegangen und heute durch einen Hyazinth
erfetzt. Auf dem Bügel nennt fich in
Perlenfchmuck ein Kaifer Konrad. Es ift
eben der Salier Konrad II., dellen römifche
Krönung ein denkwürdiges, mit Prunk
gefeiertes Ereignis war. Die Krone ent-
fpricht in der Altertümlichkeit ihrer Er-
fcheinung fehr wohl der deutfchen Gold-
fchmiedekunft gerade des 11. Jahrhunderts.
Der byzantinifche Einfchlag in den merk-
würdigen hierarchifch - myftifchen Darftel-
lungen ihrer Emailleplatten weift noch auf
die fächfifche Periode zurück. Das zuge-
hörige Reichskreuz ift ein Reliquiar, zu-
nächft zur Aufnahme eines Stückes vom
Kreuze Chrifti beftimmt, das aber fpäter
noch drei andere uralte Reichsreliquien auf-
genommen hat: die ihres Schaftes entklei-
dete heilige Lanze, den Zahn des Täu-
fers und das Armbein der heiligen Kuni-
gunde. Auch hier nennt fich Konrad als
Befteller. Dagegen ftammt der Reichsapfel
aus dem 12. Jahrhundert, Eine ganze Reihe
von Reichskleinodien find Erzeugniffe der
Stauferzeit aus Sizilien, aus dem Schatze
der dortigen Normannenkönige: Kaifer-
mantel, Alba, Purpurdalmatika, Hand-
fchuhe, Strümpfe, Schuhe, Zeremonien-
 
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