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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 4 (11. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0015

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AmtsverkündigungsVlatt für den Jezirk Schwetzingen.
Badische Hopfen Zeitung.

PreiH
vierteljährlich 45 k:
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die viergespaltene
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3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Nheinpfalz.

Ko. 4.

Samstag, 11. Januar 1873.

VII. Jahrgang.

Depeschen.
(H.-B.-R.)
* G tz i s r e tz u r st, 9. Jan. Per Kaiser
Mapokeon III. ist heute Wittag 12^ WLjr gestorben
* London, 9. Jan. Die Bank von England hat
ihren Zinsfuß von 5°,o auf 4^o/o herabgesetzt.
* St. Petersburg, 8 Januar. Der Großfürst
Thronfolger hat eine sehr gute Nacht gehabt. Das Fieber
ist nur noch unbedeutend. Der Puls nahezu normal. Die
Kräfte sind im Zunehinen begriffen.

politische Aeverstcht.
Der deutsche Kronprinz fühlt sich von
Tag zu Tag behaglicher und wohler. Insbesondere sagt
ihm die Ruhe und die Zurückgezogenbei! in W esbaden sehr
zu, von der er umgeben ist.
Die deutsche F i s ch e r e i g e s e I l s ch a s t wird
unter dem Protectorate des deutschen Kronprinzen in den
Monaten Mürz und April eine Ausstellung veranstalten,
zu welcher die Fabrikanten aller Länder aufgefordert wer-
den, Artikel ihrer Fabrikate, Erfindungen und Verbesserun-
gen er uzureichen.
Wie der „B. B.-C." erfährt, hat der Kaiser von
Oesterreich aus Anlaß der jüngsten Gramont'schen
Enthüllungen ein Schreiben in der Absi ht au den Kaiser
Wilhelm gerichtet, eine Trübung der guten Beziehungen der
Kabinette von Wisn und Berlin, wie sie in Folge jener
Enthüllungen möglich wäre, zu vermeiden. Auch soll sich
der österreichische Botschafter, Graf Carolyi, seines Auftrags
den Brief persönlich zu überliefern, bereits entledigt haben.
Der Reichskanzler hat dem Bundesraihe einen
Entwurf vorgelegt, der eine Uebereinkunft mit Dänemarck
wegen Unterstützung Hilfsbedürftiger und Ueberuahme Ans-
zumeisender sestsetzen soll.
Ans London kommt über Paris die Nachricht,
wonach in dem Gesundheitszustand des Exkaisers Napoleon
eine nicht unerhebliche Verschlimmerung eiugetreten ist. In
Folge dessen sind die hervorragendsten Führer der bona-
partistischcm Partei nach Cyislehurst au das Krankenlager
des Kaisers gereist. Selbstverständlich ist die Spannung,
mit welcher die Partei nnd die derselben ergebenen Organe
dem Verlauf der Krankheit folgen, deren Ausgang, ob
in der einen oder der anderen Weise, jedenfalls für die
Partei bedeutungsvoll sein wird.
In dem kürzlich stattgehabten spanischen M i ni-
st e r r a t ff e beschloß man folgendes:
Das Oberkommando über die Truppen in Navarra
und den baskischen Provinzen soll dem General Moriones
übertragen werden, der wahrscheinlich schon auf seinen Po-
Feuilleton.
Schwetzingen, den 11. Januar 1873.
Georg
oder
Ein Opfer der Borurtheile.
Deutsch von H. K. Kißling.

(Fortsetzung.)
Die Schüchternheit des jungen Mädchens kämpfte
lange gegen diesen edelmüthigen Vorschlag Dorby's, indem
sie denselben für uneigennützig hielt, gab sie endlich seinem
inständigen Bitten nach, und theilte ihm arglos die Adresse
ihrer Wohnung mit, worauf sie sich entfernten.
Dorby, seines Sieges gewiß, kehrte mit einer hölli-
schen Freude nach Hause, woselbst er seine Angriffspläne
noch genauer überlegte, damit ihm ja sein Unternehmen
nicht mißlinge. Noch nie waren ihm acht Tage so lange
vorgekommen, wie diejenigen, welche bis zum Rendezvous
verfließen mußten, doch endlich war der Augenblick, den
er mit so lebhafter Ungeduld erwartet hatte, gekommen
und so machte er sich denn glücklich und vergnügt auf den
Weg nach Alicens Wohnung.
„Wird sie sich unserer Uebereinkunft entsinnen? Wird
sie mir ihre Thüre öffnen? Hat sie ihre Absicht nicht
geändert, oder wird sie mein Held annehmen, um sich rasch

sten abgegangen ist. Außerdem sollen alle disponiblen ?
Mittel zum Ankäufe von Waffen für die Armee und die i
FreiwilUgen-Regimenter verwandt werden, deren Mobilma- j
chung in mehreren Provinzen erfolgen wird. Der Minister
des Innern soll eine Gesetzvorlage einbringen, betreffend i
die strengere Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. '
Dieselbe soll sogleich in Kraft treten, um den Ruhestörun-
gen und Aufständen ein Ziel zu setzm; von den zu diesem
Zwecke getroffenen Maßregeln soll den 'Cortes später Re- i
chenschaft gegeben werden.
In Petersbur g herrschen bezüglich des Ge- !
snndheitszustandes des Großfürsten Thronfolgers zwei
Strömungen. I i militärischen und reacnonären Kreisen
fürchtet man seinen Tod, in Volkskreiseu knüpft man an
ihn Hoffnungen. Die Sache verhielt sich ganz umgekehrt
zur Zeit der Krankheit seines älteren Bruders, des Groß-
fürsten Nicolaus. Mau hat dir Ueberzeugung, daß, wenn -
Großfürst Alexander zur Regierung gelangt, viele der
freieren Einrichtungen seines Vaters rückgängig gemacht
werden würben. Besonders fürchtet man, daß die Schulen
wieder die Einrichtung erhalten werden, welche sie zur Zeit
Nicolaus I. hatten, da Prinz Alexander gar kein Freund
von Realschulen oder auch von wirklich classiücher Bildung
ist. In vertrauten Kreisen nennt man ihn „Kosak", und i
dieses ist hinlänglich bezeichnend. . >
R ußla n d s Stellung in C e n t r a l a s i e n er-
regt nach und nach die Aufmerksamkeit der gesammten po-
litischen Welt, man hat zwar die von russischen und englischen
Journalen gebrachte Nachricht bezüglich stattgehabter englisch-
russischer Konferenzen in Betreff der gegenseitigen Stellung
Englands und Rußlands in Centralasien dementiren zu j
müssen geglaubt. Trotz dieser Dementi scheinen indessen .
doch solche stattgesunden zu haben, denn die „Daily News"
bringen heute ein Telegramm, wonach der englische Konsul '
in St. Petersburg von seiner Regierung aufgefordert worden
mit dem dortigen Minister über die Stellung zu conferiren,
welche Rußland im Oriente einnimmt und welche Pläne eS
daselbst verfolge. Wie man vernimmt, soll sich das St.
Petersburger Cabinel hierüber ganz offen und freimüthig '
ausgesprochen und sogar die engl. Regierung eingeladen j
haben, der russischen Expedition in Centralasien einen eng- ,
lischeu Militär beizugeben. Was ist nun der Zweck dieser -
Expedition? Diese Frage läßt sich aber nicht genau be- l
antworten. ES scheint auf Khiva abgesehen zu sein. Und
was wird dann das Resultat derselben sein? Diese Frage i
läßt sich leichter beantworten. England wird sich dann in
die Eventualität versetzt sehen, an den Grenzen Indiens i
eine Diversion gegen Rußland zu unternehmen.
„Uns kann es gleichgültig seinmeint die „N. Fr. '
Pr.", „ob in Centralasien russische Caravauen oder Percal-
fabrikanten aus Manchefter die Herrschaft führen, aber >

was uns, die wir so fern von Centralasien liegen, nicht
gleichgültig sein kann, ist das, daß die englischen Streit-
kräfte nicht an dem Tage durch russische Operation in
Centralasien im Schach gehalten werden, an weichem der
kranke Mann gezwungen wird, sein Haus gegen den ruffi-
scheu Coloß zu vertheidigen." In London scheint man
dies nicht zu befürchten, denn die meisten Journale bespre-
chen die bevorstehende russische Expedition ganz kühl, ja
einige versteigen sich sogar so weit, zu behaupten. England
werde aus diesem für die Civilisation unternommenen Kreuz-
zuge großen Nutzen ziehen. Unseres Erachtens drückt aber
die Haltung Englands mehr gezwungene Resignation als
freiwillige Zustimmung aus._
Ausland.
* New-Nork, 9. Januar. Nach einem hier kreisen-
den Gerüchte soll d r Präsident Grant behufs Wieder-
herstellung des Friedens auf Cuba ein Ultimatum an Spa-
nien zu richten entschlossen sein, in welchem die Aufhebung
der Sclaverei auf der Insel oder der Verkauf derselben an
die Vereinigten Staaten gefordert werde.
Neueste Hapseu-Nachrichlen.
Nürnberg, 9. Jan. Das Geschäft kann in den
letzcen acht Tagen trotz der günstigen amerikanischen und
englischen Berichte nicht als lebhaft bezeichnet werden.
Dasscibe war äußerst unregelmäßig und nur zeitweise er-
langten die Umsätze größere Ausdehnung.
Aloft, 5. Jan. Im Geschäfte war es diese Woche
sehr lebhaft und wurde flott zu Jrcs. 100 gekauft.
Der heutige Markt war mit wenigen 11 Ballen Ho.-fen
befahren, welche zu Frs. 92 L 105 je nach Qualität Unter-
kommen fanden.
Unsere Hopfen sind auf dem Lande aufgekauft.
Bischweiler, 7. Jan. Das Geschäft ist hier sehr
fest und werden Frcs. 175 bis 180 bezahlt.
Es sind hier noch ca. 200 Ctr. ; im ganzen Elsaß
kaum 35Y ä 400 Ctr. bei Producenten.
Handel," Jnvuftrl^unv LairUvirthschaft.
Karlsruhe, 6. Jan. Nach dem Beschlüsse des Bun-
desraths findet am 10. d. M. im ganzen Deutschen Reiche
eine Zahlung des Viehstandes und der landwirth-
s ch a f t l i ch e n H an s h a l t u n g e n statt. Für das Groß-
herzogthum Baden wird die Ausführung dieses Beschlusses
durch die Verordnung des Großh. Handelsministeriums vom
20. v. M. angeordnet.
Viehzählungen werden bei uns alljährlich vorgenommen
und, wenn schon das für die bevorstehende Aufnahme vor-
geschriebene Formular in Einzelheiten von dem üblichen
Formular abweicht, so bringt dieselbe für uns nichts we-
sentlich Neues.
-m... . >.... -

wieder meiner zu entledigen? Hat sie keine Ahnung von
der sträflichen Absicht meiner tugendhaften Handlung?"
So lauteten die Fragen, die Edgar Dorby unterwegs
an sich stellte, bis er endlich das bezeichnete Haus erreicht
hatte, in welchem er drei Treppen hinaufstieg, dann klopfte
er leise an eine Thüre, worauf eine wohllautende, freund-,
liche Stimme ihn eintreten hieß.
Es war Alice, welche ihn wie einen Boten Gottes,
einen guten Engel ansah, weßhalb sie sich mit unendlicher
Anmuth entschuldigte, ihn in einem so einfachen Zimmer
empfangen zu müssen, wobei sie ihm zugleich im Voraus
für das dankte, was sie erst in Empfang nehmen solüe.
„Sie usurpiren meine Rolle, gutes Kind", betonte
Dorby, „denn ich habe ihnen thatsächlich dafür zu danken,
daß Sie mir Gelegenheit gegeben, meinen Nächsten nützlich
zu sein, ich bin reich, sehr reich, aber ich wäre des Reich-
thums unwürdig, wenn ich nicht einen Theil desselben den
Nothleidenden zuwendete, betrachten Sie sich also als meine
gesetzmäßige Gläubigerin. Dabei brauhen Sie jedoch mei-
ner Großmnth durchaus keine Rechnung zu tragen, da ihre
Gaben, sofern Sie arm sind, ein weit größeres Verdienst
nämlich das der Kostbarkeit an sich tragen.
Ich werde in acht Tagen um dieselbe Zeit wiederkehren
um die Liquidation meiner Schuld, die, so lange Ihre
Großmutter lebt, nicht getilgt ist, fortzusetzen, und ich
wünsche recht lange in Ihrer Schuld zu stehen, damit Sie
sich Ihrer Großmutter, dem noch einzig lebenden Gliede
Ihrer Familie, noch recht lange erfreuen können."
Alice schwieg, während ihre Schüchternheit mit genauer

Noth den Sturm der Dankbarkeit zurückhieit, der sich in
ihrer naiven Arglosigkeit Bahn brechen wollte.
Edgar Dorby entfernte sich, um diese warm und zart-
fühlende Seele nicht noch mehr zu verwirren, ohne auch
nur Alicen zum Lebewohlsagen Zeit zu lassen. Der Böse-
wicht wußte recht wohl, daß dies die beste Manier war,
seine Herrschaft in Alicen's unschuldigem Herzen zu befesti-
gen. Getreu seinem Versprechen kam er nach Verlauf von
acht Tagen um dieselbe Zeit wieder, aber diesmal ward
ihm nicht derselbe Empfang. Alice errieth zwar seine Ab-
sichten noch nicht, aber die abgelaufene Woche hatte ihr
ooch Zeit zum Nachdenken gelassen, wobei ihr zarifühlendeZ
Herz bei dem Gedanken an ihren Wohlthäter in einen
Aufruhr gerathen war, der sich in seiner Gegenwart nur
noch steigerte.
Natürlich entstand hiedurch eine stumme Scene, die
leider Alice verlor und die später das Grab ihrer Unschuld
wurde. Indem sie ihren Wohlthäter mit bleichen und
niedergeschlagenen Augen empfing, ließ das Zittern, welches
kurz darauf ihre Glieder überfiel, ihn mehr als alles An-
dere die Art der Aufregung, deren Beute sie war, erkennen.
Dorby hatte, diesen Sieg vorhersehend, an diesem Tage
eine sehr gewählte und reiche Toillettc gemacht, aber von
dem Wunsche beseelt, sie möge sich selbst in dem Netze
fangen, das er ihr gestellt, so that er. als ob er ihre Ver-
wirrung nicht bemerke und nahm, ohne ein Wort zu reden,
ihre zitternde Hand, öffnete sie leise und legte eine reicher
wie sonst mit Geld gespickte Börse in die Hand.
(Fortsetzung folgt.)
 
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