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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 110 (18. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0441

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KchwthilM WochrMitt.

AmLsverkündigmrgsölatt Mr den Mezirk Schwetzingen.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Donnerstag, 18. September 1873.

Fo. 110.

VII. Jahrgang.

Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstenr L Wogter, Arrdokf Masse und ch. L. Aauöe L tzo., sowie die Süddeutsche Annonceu-Grpedition
von K. StöLhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Preis
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garm ondzeile 5 kr.

Rundschau.
Das „N. Fr.-Bl." theilt folgendes offizielle Programm
für den Wiener Aufenthalt des Königs Victor Emanuel mit.
Am 17. September Abends erfolgt die Ankunft im Süd-
bahnhof; Empfang durch jden Kaiser und die Erzherzoge.
Am 18. Familiendiner in Schönbrunn und Soiree beim
italienischen Gesandten. Am 19. Besuch der Ausstellung;
Diner im Ceremoniensaale; Besuch des Ballets. Am 20.
Fahrt nach Laxenburg, Jagd, Pirutschade und Fischzug;
Diner. Am 21. Jagd im Thiergarten, Thee in Schön-
brunn. Am 22. Abreise nach Berlin.
Ein Privattelegramm des „N. W. T." spricht die
überraschende Behauptung aus: „Kaiser Wilhelm wird
noch im Laufe dieses Herbstes dem Könige Victor Emanuel
in Rom einen Gegenbesuch machen. In der Begleitung des
Kaisers wird sich Bismarck befinden." Bestätigung bleibt
selbstverständlich abzuwarten.
Der mißlungene Ausfall, den die Aufständischen von
Cartagena gegen Las Herrerias gemacht haben, sowie die
Landung des von 1000 Mann begleiteten Antonio Galvez
bei Torrevieja, werden in Madrid als ein Verzweiflungs-
streich aufgefaßt. Galvez soll von Torrevieja, nachdem er
sich mit Lebensmitteln versehen, in unbekannter Richtung
abgesegelt sein. Die Fregatte Navas Tolosa verfolgt das
Rebellenschiff — es ist der Fernando el Catolico — und
hat Befehl, es in den Grund zu bohren, wenn es sich nicht
ergibt. Aus dem Innern von Cartagena wird von wach-
sender Zügellosigkeit berichtet. Auch sprechen sich einige
Mitglieder der Junta für die Capitulation aus. Das Com-
mc.ndo der Velagerungstruppen hat in Folge der Erkrankung
Salcedo's der General-Capitän Martinez Campos wieder
übernommen. Derselbe hat über die Provinzen Castellon,
Valencia, Alicante und Murcia den Belagerungszustand ver-
hängt.
Der Kriegsminister entfaltet eine große Thätigkeit.
Zahlreiche Reserven organisiren sich in Madrid, Valladolid
und Saragossa. Der General Furon ist in Madrid ange-
kommen. Er wird zum Ober-Commandanten der Armee
von Catalonien ernannt werden, wohin er bald abgehen
und eine Verstärkung disciplinirter Truppen milnehmen
wird.
Wie man in Madrid vernahm, soll der Graf von
Ehambord an den Prätendenten Don Carlos ein Schreiben
gerichtet haben, in welchem er Letzterem seinen aufrichtigsten
Beistand zusichert. Bis diese Zusicherung ausgeführt wer-
den kann, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Mittler-
weile erheben die Carlistenführer in den von ihnen besetzten
Städten enorme Contributionen, so in Curcovillas (Arago-
nien) 16,000 Realen, in Caldas (Orense, Galicien) 21,000
Realen, in Mazallon, Morella, Batea und Calaceite (sämmt-
lich in der Provinz Castellon) zusammen 40,000 Realen.

Deutsches Reich.
Karlsruhe- 12. Sept. Sicherem Verehmen nach
hat der Großherzogl. Regierungsrath Dr. Gerstner bei der
Generaldirection der Staats-Eisenbahnen eine Berufung Zum
Eintritt in's Reichs-Eisenbahn-Amt mit dem Charakter als
Geheimer Regierungsrath erhalten nnd angenommen.
Karlsruhe- 16. Sept. Der Großherzog wird sich
morgen nach Schloß Meinau begeben.
Aus Baden- 16. Sept. Auch die „bad. Corresp"
berichtet jetzt mit lebhaftem Bedauern, daß man im nächsten
Landtag die bisherigen Führer der Kammermajorität
zumeist vermissen werde.
München- 15. Sept. Der König hat die vom ge-
jammten Staatsministerium beantragte Vertagung des Land-
tags bis auf weiteres genehmigt.
Meiningen, 12. Sept. In hiesiger Stadt ist seit
zwei Tagen die Reichs-Schulcommission zur Be-
rathung einiger das höhere Schulwesen betreffender Fragen,
besonders die einheitliche Organisation höherer Schulen an-
gehend, versammelt. Bei dieser Commission sind jbetheiligt: l
Oberregierungsrath Wiese für Preußen, Gymnasialdirector '
Heerwagen aus Nürnberg für Bayern, Geh. Rath Gilbert
aus Dresden für Sachsen, Director Binder aus Stuttgart
für Württemberg, Oberschnlrath Deimling aus Karlsruhe
für Baden und Schulrath H^nNwig aus Schwerin für
Mecklenburg.
Magdeburg, 15. Sept. Der „Magdeb. Ztg." wird
von zuverlässiger Seite aus Dessau gemeldet, daß die
Nachricht von der beabsichtigten Abschließung eines Acces-
iionsv ertrags zwischen Anhalt und Preußen ans
einer Kombination beruhe, welche ohne jede Basis sei.
Berlin, 14. Sept. Die „Voss. Ztg." bringt folgende
Mittheilung, welche wohl der Bestätigung bedarf: „Es
wurde kürzlich hervorgehoben, daß das neuerdings besonders
hervorgetretene intime Verbältniß zwischen dem hiesigen und
dem Anhalter Hofe vielfach zu der Vermuthung Veranlas-
sung gegeben habe, daß der Herzog von Anhalt ent-
schlossen sei, auf die Regierung zu verzichten und Anhalt
mit Preußen zu vereinigen, und es wurde dann bemerkt,
daß der Herzog nur geneigt sei, einen Accesstonsvertrag mit
Preußen abzuschließen. Von zuverlässiger Seite erfahren
wir nun heute, daß schon seit einigen Jahren mit Unter-
brechungen Verhandlungen über eine Accessionsakte,
ähnlich der mit Waldeck abgeschlossenen, zwischen Preußen
und Anhalt im Gange seien. Es wird hinzugefügt, daß
Seitens des anhaltischen Fürstenhauses hier zuerst das An-
erbieten gemacht worden sei, völlig auf die Suveränetät zu
Gunsten der preußischen Krone zu verzichten, wie dies im
Jahre 1850 die beiden hohenzollerischen Fürsten thaten, daß
dies hier aber keinen Anklang gefunden habe. Dagegen

soll sich Preußen erbötig gezeigt haben, mit dem Herzog
von Anhalt einen Accesstonsvertrag abzuschließen."
Ausland.
Wien, 14. Vom Fürsten Bismarck kursirt hier
ein bedeutsames Wort. Das italienische Kabinet hatte, ziem-
lich taktlos, in Berlin die Reiseroute über Wien fast zu
entschuldigen versucht; „der nächste Weg nach Berlin führe
eben über Wien." — „Geographisch und diplomatisch der
nächste" — soll der Reichskanzler mit einigem Nachdruck
erwidert hab-m.
TltMN, 15. Sept. Der König von Italien reiste
heute um 71/2 Uhr Morgens nach einer Abschiedsbegrüßung
mit den Prinzen Carignan, Amadeus und den Behörden
unter Zurufen der Volksmenge nach Wien ab.
London, 15. Nach einer dem „Reuter'schen Bureau"
aus Teheran zugegangenen Nachricht wäre der bisherige
Großvezier als Gefangener nach Koom geschickt. Nach
anderweitigen Nachrichten wäre die Absicht, das Großvezirat
aufzuheben, aufgegeben und es würde der frühere Staats-
minister Moostofi Khan für diesen Posten genannt.
Paris, 13. Sept. In Genf ließ — nach einem Privattele-
gramm der Franks. Ztg. — Sonnabend der deutsche Reichskanzler
bei Thiers vertraulich ansragen, ob derselbe anläßlich der vollständi-
gen Räumung nunmehr geneigt sei, die ihm schon 1871 im Oktober
von Seiten des Kaisers zugedachte Allerhöchste, damals aber refüsirte
Auszeichnung anzunehmen. Thiers lehnte dankend ab mit der Be-
merkung, des Vaterlandes Dankbarkeit genüge ihm als Belohnung
für sein Wirken.
New-Nork, 15. Sept. Die Dividente der Central-
Pacific-Bahn ist auf 3 pCt. in Gold per Actie festgesetzt
worden. __
Wmeste Kopfen-Merichte.
Bom Continent.
* Schwetzingen, 17. Sept. Mit der Hopfenernte
geht es jetzt in Folge des höchst ungünstigen Wetters sehr
langsam von statten. — Der Geschäftsgang im Handel ist
fortwährend ein sehr lebhafter. — Heute wurde hier von
Brauern eingekauft und für bessere Qualität 85 fl. per Ctr.
bezahlt. — Deßgleichen melden auch die Berichte vom
Lande ein abermaliges Höhergehen der Preise und leb-
haften Einkauf.
Nürnberg, 16. Sept. (Offizieller Marktbericht des
Syndicats der vereinigten Hopfen-Commissionäre Nürnbergs.)
Im Anschlüsse an unseren letzten Bericht vom 13. Septem-
ber c. fanden Sonntag schon beträchtliche Abladungen, vor-
wiegend Hallertauer, Hopfen statt, welche sich gestern fort-
setzten. Am Sonntag wurden circa 200 Ballen Hallertauer
und Badische von fl. 60 bis 66 umgesetzt, und gestern für
Export circa 500 Ballen bessere Sorten zu Preisen von

Die Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
„Fränzchen!" rief sie leise mit weicher Stimme, und
das Kind streckte beim Klange derselben ihr jauchzend beide
Aermchen entgegen.
„Sie ist es," murmelte Zendale, „es ist seine kleine
Nichte, wovon er so gerne sprach, welche er noch nicht kannte
und die jetzt meiner Sorge übergeben ist. O, mein kleiner
Liebling, sei ruhig — Dir soll gewiß kein Leid geschehen."
Sie nahm das Kind auf ihre Arme und bedeckte sein
Gesicht und die blonden Locken mit Küssen, während Thräue
auf Thräue langsam ihren Augen entrollte.
Fränzchen ließ es geschehen und streichelte Zendale's
Weiche Wange.
Plötzlich fiel etwas klirrend zur Erde, und als Zendale
es aufhob, sah sie, daß es ein kostbares Ohrgehänge war.
Sie betrachtete es genau und gewahrte auf der Rückseite
die Buchstaben N. v. 6. Sie steckte es sorgfältig in ihre
Kleidertasche, ebenso die goldene Kette mit dem Kreuze, die
um Fränzchens Hals geschlungen war. Dann begann sie
das Kind zu entkleiden, was dasselbe ruhig geschehen ließ,
obgleich sie sich bei der Mutter mit Händen und Füßen
gewehrt hatte.

Eine Viertelstunde später erkannte Niemand in dem
Zigeunerkinde das liebliche Fränzchen wieder.
Das Kind begann abermals zu weinen, als es auf
seine zerlumpten Kleider sah, und rief nach Papa und Mama,
aber Zendale beruhigte es bald, indem es ihm versprach, es
so schnell wie möglich hinzubringen. Vom Weinen ermüdet
schlief Fränzchen endlich in Zendale's Armen ein.
„Schlafe nur; mein Kind," murmelte Zendale, „Dir
soll kein Leid geschehen — Du sollst nicht unter Verbrechern
zu einer Verbrecherin erzogen werden. O Leon, ich werde
Deine kleine Nichte retten, um Dir Sorgen und Kummer
zu sparen, und Du sollst mein Andenken segnen, wenn ich
nicht mehr bin."
Z.
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, aber in
dem Arbeitscabinet des älteren Grafen von Cölestin waren
die Jalusien noch dicht verschlossen. Dennoch saß er an
seinem Schreibtisch, den Kopf in die Hand gestützt, starrte
er unverwandt auf einen vor ihm liegenden Brief. Der
Graf war seit der Zeit, wo wir zuerst seine Bekanntschaft
machten, furchtbar gealtert, das Haar erbleicht, die Schläfen
eingesunken und die Augen lagen tief in ihren Höhlen; selbst
seine Gestalt schien kleiner und zusammengeschrumpft.
Eine Ursache muß diese furchtbare Veränderung haben,
sagten Freunde und Bekannte, und in der That, diese Ver-
änderung hatte eine Ursache. Vier Jahre voll Gewissens-
qualen, Sorge vor Entdeckung und Angst vor der alten
Zigeunerin, die jeden Augenblick zurückkehren konnte, ihn

herabzustürzen von seiner Höhe, genügten, aus dem Manne
einen lebensmüden Greis zu machen, der keine Ruhe, keinen
Frieden mehr kannte und sich nur sehnte, von seinen Qualen
erlöst zu werden. Jeder ungewöhnliche Schritt, jedes Klop-
fen an der Thür ließ ihn zusammenschauern und ängstlich
umsehen, ob nicht schon sein Verderben nahe.
Und wofür hatte er dies Alles eigentlich gethan? Aller-
dings würde Leon einst der Erbe feines Onkels, aber war
ihm damit geholfen? Nein, er befand sich in solch' pecu-
niären Bedrängnissen wie nie zuvor, Venn einestheils wollte
er seinen jüngeren Bruder nicht um ein Dahrlehen bitten,
das er doch niemals wieder zurückerstatten konnte, andern-
theils mußte er sich gewärtigen, von demselben abgewiesen
zu werden, da nie ein brüderliches Verhältniß zwischen Beiden
gewesen war.
Der Credit des älteren Grafen war zu einem solchen
Punkt herabgesunken, daß die Gläubiger Tag für Tag mit
dem härtesten Vorgehen drohten, und gelangte nur irgend
etwas davon an die Oeffentlichkeit, so nützten Leon's Aus-
sichten, der Erbe seines Onkels zu werden, ihm gar nichts,
sondern er mußte alle seine glänzenden Hoffnungen begraben
und der düsterste, freudenloseste Lebensabend mußte den im
Genüsse verschmelzten Tagen folgen, denn an eine vortheil-
hafte Verbindung für Leon durfte dann natürlich nicht mehr
gedacht werden, der reiche Graf von Cölestin war der Ab-
gott der vornehmen Welt, dem armen Grafen würde man
höchstens ein mitleidiges Achselzucken zu Theil werden lassen,
wenn er von seiner Höhe herabgestürzt war. (Forts, folgt.)
 
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