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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 70 (17. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0281

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
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'chwchuM Wochenblatt.
AmtsverkündigungsUatt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische H o p s c n s e i t u n g.

Preis
vierteljährlich 45 kr.
Inserate:
die visrgespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

M. 7«.

Dienstag, 17. Juni 1873.

VII. Jahrgang.

d-

Jnserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Saasenstcin L Rogker, Rudolf Masse und H. L. Dauöe L Ho., sowie die Süddeutsche Ännoncen-Hrpedition
von H. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Rundsch a u.
Der Reichstag verwies am 13. den Gesetzentwurf
über Regelung des Reichsetats Pro 1872 in erster Berathung
an die Budgetcommission und genehmigte den Entwurf über
die Wahtkreisveränderung des Regierungsbezirks Oppeln in
erster und zweiter Lesung. Der Antrag Schulze betreffend
rechtzeitige Einbringung des Berathungsmaterials und Aba-
stellung des gleichzeitigen Tagens der einzelnen Landesver-
tretungen, wird fast einstimmig angenommen. Delbrück er-
klärt, daß durch ein Tagen des Reichstages in den Herbst-
monaten viele seitherige Mißstände beseitigt würden. Bei
der sodann folgenden Berathung des Lasker'schen Antrages,
betreffend die Einberufungszeit des Reichstags, hob der
Reichskanzler hervor, daß die Einberufung des Reichstages
dem Kaiser zustehe, der dieses Recht gewiß nach den Wün-
schen des Reichstags handhaben werde. Eine Herabsetzung
der Beschlußfähigksüszahl des Reichstags sei nach dem Bei--
spiel Englands gefahrlos. Der Reichstag begnügte sich bis-
her mit der von den Landtagen übrig gelassenen Zeit; die
Landtage würden mit weniger Plenarsitzungen bei Abkürzung
der Redelängen auskommen können. Der Reichstag müsse
das Recht haben, sich die geeignetste Zeit zu wählen. Der
Lasker'sche Antrag scheine .ihm sehr annehmbar, namentlich
der Sessionsbeginn im November. Er habe in diesem Jahre
vielfach auf eine frühere Einberufung des Reichstages ge-
drängt. Bei der jetzigen Einrichtung war eine frühere Ein-
bringung der Vorlagen, namentlich des Budgets, nicht mög-
lich. „Wir werden die Wünsche des Reichstags dem Kaiser
zur Berücksichtigung empfehlen und keine Rücksicht auf Einzel-
staaten wird mich dann von der zeitigen Einberufung ab-
halten." Der Lasker'sche Antrag wird fast einstimmig an-
genommen, nachdem der Reichskanzler gegenüber Hoverbeck
noch bemerkt hatte, daß der Mangel an Diäten mit der Be-
schlußfähigkeit des Hauses nicht Zusammenhänge, was die
Vergleichung der Liste der fehlenden Abgeordneten und der
Einkommensteuerliste ergebe. Es folgt die dritte Berathung
des Gesetzentwurfs betreffend Errichtung eines Reichseifen-
bahnamtes. Bamberger erwähnt im Laufe der Debatte die
Begünstigung der Mout-Cenis-Linie seitens der in französi-
schen Händen befindlichen lombardischen Bahnen zum Nach-
theil der dem deutschen Verkehr dienenden Brenner - Linie,
welche auch im italienischen Parlamente angeregt worden
sei. Der Reichskanzler erwidert, die deutsche Gesandschast
sei in dieser Angelegenheit bereits im Sinne Vamberger's
instruirt worden, der Reichskanzler würde das weitere in-
formatorische Material Vamberger's gern benutzen. Das
Haus vertagt sich, nachdem noch eine längere Debatte über
den Gesetzentwurf in der Fassung der zweiten Berathung
und über eine von Lasker beantragte Umarbeitung desselben
stattgefunden.
Dem B e u r l a u b t e n st a n d e des deutschen

Reichsheeres werden, wenn alle Claffen desselben voll-
zählig sein werden, der „Voss. Ztg." zufolge an M/s Mil-
lionen Mann angehören. Die Controle aller dieser Mann-
schaften, von deren Genauigkeit der sichere Verlauf der Mo-
billisirung des Heeres, die ja in den letzten Jahren mit
bewunderungswürdiger Schnelligkeit vor sich ging, wesentlich
abhängt, ist unter den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen
mit großen Schwierigkeiten verbunden. Sie läßt sich nur
hurchführen, wenn die zu diesem Zwecke vorgeschriebenen Mel-
dungen von den Beurlaubten regelmäßig erstattet und die
Ordres zum Dienste, insbesondere auch zu den Control-
Versammlungen, pünktlich befolgt werden. In den 88 68
und 113 des Militär-Strafgesetzbuches für das deutsche
Reich vom 20. Juni 1872 sind der Militär-Verwaltung
ausreichende gesetzliche Bestimmungen an die Hand gegeben,
Verstöße gegen die erwähnten Vorschriften zu ahnden. In-
dessen erkennt die Militärverwaltung an, daß es hart wäre,
auf die an sich oft geringfügig erscheinenden Versäumnisse
strenge Freiheitsstrafen zu setzen. Es ist daher ein anderes
Mittel, das jedoch manchen davon Betroffenen viel schwerer
als die Freiheitsstrafe treffen kann, in Anwendung gekom-
men, daß nämlich diejenigen Mannschaften, welche eine
Ordre zum Dienste ohne ausreichende Entschuldigung unbe-
folgt lassen oder durch Unterlassung der vorgefchriebenen
Meldungen sich der Controle länger als ein Jahr entziehen,
das betreffende Jahr als Dienstzeit nicht gerechnet wird.
Diese Einrichtung, von der man nur wünschen kann, daß
sie nur selten in Anwendung kommen möge, hat sich nichts-
destoweniger als höchst wirksam erwiesen, und in Verbin-
dung mit derselben haben biZL - Disciplinarstrcff.-.'. zur
Ahndung jener Verstöße genügt, so daß die schärferen Stra-
fen der oben genannten 88 (Freiheitsstrafe von 6 Monaten
bis zu 5 Jahren) des Militärstrafgesetzbuches außer Anwen-
dung bleiben konnten.
Aus M e tz meldet der Telegraph : Auf eine Schild-
wache in Sedan wurde ein Attentat ausgeführt, der Thäter
blieb unenthM. Die Kommandantur von Sedan ordmte
in Folge dessen die Schließung aller öffentlichen Locale um
9 Uhr Abends an. Von 10^/s Uhr an darf Niemand
von der Bevölkerung die Straßen ohne Erlaubniß paffiren.
In den französischen Regierungskreisen scheint
eine sehr animose Stimmung gegen die ausländische Presse
und- ihre in Paris weilenden Korrespondenten zum Durch-
bruch zu gelangen. Es heißt, der Herzog v. Broglie mache
große Anstrengungen, nm bei Mac-Mahon die Erlaubniß
zur Unterdrückung aller fremden Zeitungen und zur Aus-
weisung aller Correspondenten zu erwirken, welche der neuen
Regierung Opposition machen.
Die Exkaiserin Eugenie traf mit ihrem Sohne am
13. um 4 Uhr Nachmittags per Bahn von Belgien in
Köln ein und reiste um 5 Uhr nach Arenenberg weiter.

Neueste Post.
Karlsruhe, 14. Juni. In Folge der veränderten
Reisepläne Seiner Majestät des Kaisers und Königs ist
nunmehr die Konfirmation Seiner. Königlichen Hoheit des
Erbgroßherzogs auf Dienstag den 24. Juni festgesetzt. Am
23. Juni wird die Ankunft Ihrer Majestät der Kaiserin
und Königin, sowie Seiner Kaiserlichen Hoheit des Deut-
schen Kronprinzen hier erwartet.
Berlin, 10. Juni. Der Reichstag setzte heute
die zweite Berathung des Etats pro 1874 weiter fort.
Ohne Widerspruch wurden die verlangten Mittel zur Er-
weiterung des auswärtigen Amtes 303,000 Thaler und
sodann alle sonstigen Positionen des Etats bewilligt. Der
Antrag auf Beseitigung der Eisenzölle wurde von der T.
O. abgesetzt, weil der Präsident Delbrück eine ent-
sprechende Vorlage noch in dieser Session in Aussicht stellte.
Leipzig, 11. Juni. (Reichs-Oberhandels-
gericht.) Ein großes Modewaaren-Geschäft hatte bei
einem Fabrikanten eine größere- Liefermrg von künstlichen"
Blumen nach einzelnen Sorten nnd mit bestimmtem Preis
-für jede Sorten und Stückzahl bestellt. Dem Käufer ge-
fielen einzelne Sorten der Sendung nicht und er stellte nun
die ganze Sendung zur Verfügung des Verkäufers, ohne
anzugeben, welche Stücke nicht probemäßig seien, sondern
nur mit dem Bemerken, Verschiedenes lei mcht nach Wunsch
ausgefallen, doch wolle er eine gewisse Anzahl behalten,
wenn der Verkäufer damit einverstanden sei. Dies wurde
vom Reichs-Oberhandelsgericht als ungenügend befunden,
weil bei einer theilbaren Lieferung der Käufer diejenigen
> Maaren bezeichnen müsse, welche er nicht als vertragsmäßig
rügt. In Folge dessen muß die ganze Sendung nach Art.
347 des H.-G.-B. als durch den Käufer genehmigt ange-
sehen werden.
Den Werthpapieren sind meistens Talons beigefügt,
welche für den Inhaber die Anweisung auf Erhebung des
neuen Kouponsbogens enthalten. Dem Eigentümer einer
Prioritätsobligation war der Talon gestohlen worden, wäh-
rend er die Obligation noch besaß, und die betreffende Ge-
! fellschaft weigerte sich, ihm den neuen Couponsbogen auszu-
händigen, obwohl der Talon nicht bei ihr präsentirt worden
war. In der ersten Instanz obsiegte der klagende Obliga-
tionsinhabep, in zweiter Instanz die verklagte Gesellschaft, und
der oberste Deutsche Gerichtshof hat das erste Erkenntniß wieder
hergestellt. Diese wichtige Entscheidung rechtfertigt sich durch
die Betrachtung, daß der Talon nur den Zweck hat, dem
Obligationsinhaber den Bezug des neuen Kouponsbogens zu
erleichtern und nicht mehr in Betracht kommt, wenn vor
der Präsentation des Talons die Obligation selbst vorgezeigt
wird.
Rom, 12. Juni. Die klerikalen Blätter speien Femr
und Flamme über die Rede Bismarck' s im Reichstag,

Aer Much des Holdes.

4- -je
(Fortsetzung.)
5.
»Guter Freund, so kommen wir nicht zurecht," sagte der Schneider
achselzuckend. „Ihr wollt euch den Anschein geben, als ob ihr zwischen
mir und ihr vermitteln könntet, und doch doch trifft euch zunächst die
Folge meiner Drohung. Glaubt ihr, ich traue euren Worten? Die
Ruhe, die ihr mir zeigt, ist erheuchelt, ihr wißt eben so gut wie ich,
daß ihr auf einem Vulkan steht, der heute oder Morgen ausbrechen
kann. Und selbst dann, wenn es euch gelingt, mich zu befriedigen, mein
Schweigen zu erkaufen, ist die Gefahr für euch noch nicht beseitigt.
Von ihr rede ich nicht, sie hat nicht viel zu verlieren und sie stützt sich
augenblicklich auf euern Beistand. Ich habe ihr gestern gesagt, daß
ich sie erkannt habe und daß ich sie am Abend erwarten werde, um
mit ihr eine Uebereinkunft zu treffen, sie hat sich den Anschein gegeben
als ob ich ihr ein Fremder sei und ich erwartete sie vergeblich."
„Das habt ihr dem Fräulein gesagt?" fragte Schwind bestürtzt.
„Mit dürren Worten, sie zeigte mir die Thür. Daraus könnt ihr
entnehmen, welchen Trotz sie besitzt und wie wenig sie geneigt ist, sich
durch Drohungen einschüchtern zn lassen. Wie' gesagt ihr steht auf
einem Vulkane, denn ich bin nicht der Einzige, der sie kennt und es
könnten viele kommen, die ihr Schweigen gern verkaufen möchten. Zu-
dem gebe ich euch zu bedenken, daß ihr ebenfalls auf Dank von ihr
nicht rechnen dürft. Ihr habt ihr einen großen Dienst erzeigt, und
dafür euch sicherlich einen hohen Lohn bedungen; gebt Acht, wenn ihr

den Lohn holen wollt, wird sie auch euch zeigen, wo der Zimmermann
das Loch gelassen hat."
Peter Schwind mußte zugeben, daß die Warnung begründet war,
er hatte es ja bereits erfahren.
„Was ist eurer langen Rede kurzer Sinn?" fragte er. „Rennt
den Preis —"
„Er wird euch zu hoch scheinen, was hilft'S, ob ich ihn nenne?
Der alte besitzt 2 Millionen Dollars — *
„Auch das wißt ihr schon?" unterbrach der Wucherer ihn.
„Wie ihr hört. Von diesen zwei Millionen verlange ich nur den
zwanzigsten Theil, in runder Summe hunderttausend Dollars!"
„Seid ihr wahnsinnig?"
„Ich wäre es, wenn ich diese Gelgenheit, ein gutes Geschäft machen
zu können, unbenutzt vorübergehen ließe."
„Ihr seid es, weil ihr eine Summe fordert, die das Fräulein
weder zahlen kann noch wird."
„Weshalb kann sie es nicht?"
„Glaubt ihr, der alte Herr habe ihr sofort eine Million zur
Verfügung gesteÜt?" höhnte der Trödler.
„Nein, das glaube ich nicht, wohl aber glaube ich, daß sie binnen
einigen Tagen im rechtmäßigen Besitz des Geldes sein kann," entgeg-
nete der Vagabund ruhig.
„Wie versteht ihr das?"
„Ist sie nicht die Universalerbin ihres Vaters?"
„Laut Testament, ja."
„Also wenn der alte Mann stirbt, muß das Gericht ihr die ganze
Hinterlassenschaft zuerkennen."

„Das ist richtig. Aber Herr Cornelius, ist ein gesunder rüstiger
Mann, derartige Leute sterben gern plötzlich.
Peter Schwind blickte den Vagabunden eine geraume Weile schwei-
gend an. Die Beiden verstanden einander, es bedurfte keiner weiteren
Worte.
„Gesetzt, der Mann ist tod, und das Fräulein weigert sich, uns
den Lohn zu zahlen —
„Machts schriftlich mit ihr in eurem und meinem Namen,"
unterbrach Schneider den Trödler, „ich denke, sie wird lieber die Hälfte
von 2 Millionen verlieren, denn als Bettlerin in's Zuchthaus wandern.
— Ich habe bei der ganzen Geschichte nichts zu verlieren," fuhr er
gleichgültig fort, „ihr müßt .nun wissen, ob euer Vortheil euch gebietet
mit ihr, oder mit mir euch zu verbünden, zwischen diesen Wegen
liegt kein dritter. Ueberlegt euch die Sache und redet mit ihr, ich werde
morgen eure Antwort holen und je nachdem sie lautet, handeln."
„Ihr verlangt also Hunderttausend Dollars?"
„Ja, das heiß? nur dafür, daß ich mich verpflichte, zu schweigen,
für den anderen Fall, auf den ich euch aufmerksam machte, verlange
ich eine halbe Million, wenn das Fräulein nicht vorzieht, mich zu ihrem
Gatten zu nehmen. Die andere Hälfte der Million mögt ihr nehmen."
Der Trödler wanderte nachdenklich auf und ab.
„Wenn man wüßte, wie man's glatt abmachen könnte," sagte er.
„Wollt ihrs übernehmen?"
„Wenn meine Forderung bewilligt und mir sicher gestellt wird,
ja! Und ich gebe euch die Versicherung, daß kein Hahn darnach
krähen soll."
(Fortsetzung folgt.)
 
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