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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 38 (1. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0151

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Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz

Dienstag, 1. April 1873

Ao. 38.

VH. Jahrgang

Füf das »Schwetzinger WscherrbLaLL" bestimmte Inserate finden auch im „PHMppsbnrger Germersheimer Wochenblatt" Gratis - Aus-mhm

Die Expedition.

PreiL
.mertsliSdrüch 45 ir
Inserate
di; v>. r zefpaltene
Petitzeüe oder deren
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Erschein!
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
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Bestellungen «o.

Kinladung zum Abonnement,
auf das
Schwetzinger Wochenblatt.
. Mit dem II. Quartal des Jahres 1873 '
beginnt ein neues ubonnement auf das „Lchwetzin- j
ger Wochenblatt", welches aus seinem von Monat
zu Monat zunehmenden Leserkreis ersieht, daß seine
Haltung correct und seine Leistungen dem Publikum j
entsprechen. Dasselbe wird daher wie bisher fortfahre l,
die politischen Ereignisse in einer gedrängten Uebersicht !
seinen Lesern zur Kenntniß zu bringen, dann aber
beim Beginn der landwirthschaftlichen Kul-
turen, insbesondere jenen des Hopfens und
Tabaks, sowie den localen und provinciellen An-
gelegenheiten seine ganz besondere Aufmerksamkeit
zuwenden.
Schließlich wird die Rubrik „Verschiedenes"
sowie das Feuilleton stets den anziehendsten Unterhal-
tungsstoff bieten.
Indem das Wochenblatt auf diese Weise hofft,
allen billigen Anforderungen gerecht zu werden,
ladet zu zahlreichem Abonnement ein und werden
auswärtige Abonnenten ersucht, ihre Bestellungen
rechtzeitig äufzugeöen, damit in der Expedition keine
Unterbrechung eintritt.

dem persönlichen Rencontre der Heiden Kaiser um sv mehr
eine große Bedeutung beigelegi, als es bekannt ist, daß die
beiden Cvbinets von Berlin und St. Petersburg sich in dem !
Mißtrauen gegen die Friedenspoluik Les Herrn Thiers be- .
gegnen. Es-wäre deshalb nicht unmöglich, daß es in Pe- !
' tersburg zu Stipulationen kommt, welche aus die künftige '
ConstelZatwn der europäischen Verhältnisse von großem Ein- -
- fluk sein müssen.
In der jüngst erschienenen Denkschrift derDeu 1 schen
- Admiralität wird bestimmt, daß alle neue Schiffs-
bauten der Deutschen Marine ausschließlich nur noch im
Inlands ausgesüh ' werden sollen. Den Privat-Schifss-
- geseüschaften wird mvon ein sehr beträchtlicher Theil über-
- wiesen werden und zwar sollen d-S zum Jahrs 1882
3 PanzerkorvetLen, 3 Panzer-Fahrzeuge (Monitors), 2 Pan- :
i Zer-Batterien, 4 Schrauben-Korvstten, 4 Aviso, 5 große -
. Torpedo-Fahrzeuge und 18 Torpedo-Boote, zusammen also
p 40 Schisse, Fahrzeuge und Boote, darunter 9 Panzer-
Schisse , fertig gestellt werden. Bei einem so bedeutenden
, Umfange der für die Deutsche Schiffsbau-Industrie in Aus-
' sicht genommenen Aufträge und Bestellungen kann wohl ein
außerordentlicher Aufschwung derselben nicht aüsbleiben. ,
Wenn wir recht berichtet sind, so denkt man sich in
Berlin nach Räumung des occupirL § n fran-
s z ö s i s ch e n G e b l e L e s d's Situation so, wie dieselbe !
j jüngst von einem unsererStaarsmänner formulirr wurde, der da
f sagte; Deutschlands Regierungen, die kein Verlangen nach
, einem neuen Kriege tragen, müssen dennoch auf dein (zui
viva bleiben, nicht weil sie dem gegenwärtigen französischen
j Gouvernement, sondern weil sie seinen Erben mißtrauen.
' Die Franzosen hingegen, vornehmlich ihre Generals und
, der besitzende The?! des Volkes wissen genau, was sie von
i der deutschen Wehrkraft zu haltest Kaden, daß ohne Alli'an-
zen kein Krieg zu machen ist und daß eine zweite napoleo- ,
nische Katastrophe den Untergang Frankreichs bedeutet."
- Mit der Vorlage wegen Erhöhung der Ta L a k st e u e r
s an den Reichstag schein: es noch gute Weile zu haben.
Wenigstens schreibt der über diese Materie stets gut unter-
richtete Berliner Korrespondent der „Magd. Ztg.": Der
i Beschluß der Commission des Bundesrathes, welcher die
, Erhöhung der Tabaksteuer im Princip verwirft, har nicht ,
> verfehlt, einen bedeutenden Eindruck hervorzubringen. Es i
ist zwar sehr Leicht möglich, saß das Plenum des Bundes- >.
, caths zu anderen Beschlüssen kommt, als der vorberathende i
Ausschuß, allein selbst in diesem Falle wäre die Wahr-
scheinlichkeit gering, daß die betreffende Vorlage bereits dem
gegenwärtig tagenden Reichstage gemacht werden würde, s
Unter allen Umständen hat mau aber ser Opposition gegen l
die projectitte Steuecmaßregel im Reichstage selbst einen
großen Vorschub geleistet, manche bisher schwankende Els- -
mente derselben zugetrieben. Mit dem Schwinden der Aus-

chwchmgcr H schmbsM
Amlsverkündigungsötatt für den Aezirk Schwetzingen..

! sicht auf eine irgend bedeutende Mehrheit im Reichstage
t wird aber auch die Neigung der Bundes-Negierungen g^
s ringer, dis projectirte Maaßregel im Reichstage verhandeln
. zu lassen und für einschneidende Maaßregeln bestenfalls
i auf Sine kleine Mehrheit zu basiren. Einen bedeutenden
' Einfluß auf die Lösung dieser Frage wird jedenfalls der
- za erwartende Ausweis über die Reichs-Einnahmen im
Jahre 1872 habet». DerErtrag derZolle und V rb.auch»-
s Abgaben wie der Reichseisenbahnen wird beträchtliche M-Hr«
. einnahmcn Nachweisen, was wiederum ein Gewicht g gn
Erhöhung einer bestehenden Sumer in die Waagschaale
l, werfen wird. Die Höhe der Einnahmen aus Zollen ist
zum Theil aber wiederum dem Einflüsse zuzuschreiben, welche
Me Nachricht von der beabsichtigten Erhöhung der Labaks-
. steuer auf den Tabaksimport geäußert hat. Die Sp c ilaiion
- in dieser Branche ist eine ganz außerordentlich lebhafte bis
jetzt gewesen ; der Ausgang der schwebenden Verhandlungen
über dre Steuererhöhung ist selbstverständlich auf die Chancen
dieser Speculation von maßgebendem Einflüsse und damit
ist der Kreis der Interessenten, die mit Spannung der end-
lichen Entscheidung entgegensehen, noch ganz besonders
j erweitert.
Aus Paris schreibt man den „Times", daß in dein
Arbeiterviertel Bclleville in Folge der Stockung des Ge-
l fchäftes und der Lähmung des Handels, Jammer und Elend
in herzzerreißender Weise zunehmen. „Ohne Zmifel", be-
merkt er, „rührem Armuth und Eleud-in diesem'Smdwiertel
Zum großen Theil von Ausnah-nmrsachen her, allein die
Männer klagen über Mangel an Arbeit und Tausends von
Frauen Haden während der Herrschaft der Commune ibre
natüruchm Beschützer verloren und weroen nur durch die
mildthätigeu Bemühungen von Privatpersonen, deren Mittel
. beschränkt sind, vom Hung-rswde errettet. Abgesehen davon,
daß manche Familien von armseligen 8 Franken monatlich
seit geraumer Zeit gelebt haben oder viemwhr langsam dem
Hnngertode entgegengegangeu sind, verlangt dis Regierung
von allen Frauen, deren G üten als Communisten verurtheitt
sind, 27 Fr. 5 C. als Gerichtskosten, was denn doch Zn
der Unbill noch den Hohn hinzufügen heißt. Die armen
Weiber, die schon ohnehin brodlos geworden sind, werden
, dadurch auch noch ihres ärmlichen Hauärathes beraubt, um
i für das Kriegsgericht Zu zahlen, welches ihre Gatten in's
, Gefängniß oder in die Verbannung sandte."

Komische Ileöerstcht.
Die G«s ch ä f k S o r d n u n g s c o m m ission des
Reichstages Lerieth jüngst über die Frage, ob das Mandat
des Abg. Prinzen Wilhelm von Baden Lurch seine Er-
nennung zum Generäl 'der Inf. erloschen sei oder nicht.
Wie der Prinz selbst in seinem Anschrsibsn an den Präsi-
denten mirtheilt, bezieht er als General kein Gehalt, und
Lis Commission ist dann auch in Betücksichügung dieses,
wie mehrerer anderer greifbarer Umstände zu dem Beschlüsse
gekommen, dem Reichstage zu empfehlen, das Mandat des
Prinzen als nicht erloschen zu erklären.
In Betreff der Reise des Kaisers von Deutsch-
land nach St. Petersburg wird in bestinformirten -
Kreisen als ziemlich wahrscheinlich angenommen, daß Fürst
Bismarck und Feldmarschall Graf MMe sich in dem Ge- i
folge befinden werden. In den diplomatischen Kreisen wird f

* Kus dem deutschen Aeichstag.
Im Reichstag wurde der M ü n zge setzen twu rf
einer ersten Berathung unterzogen, bei welcher Gelegenheit
der Bundes«Commissär Dr. Michaelis einen historischen
Rückblick über die bisher staitgefundeue Ausprägung der
Reichsgoldmünzen gab und wobei er schließlich den fragst ben



Adeline.
Nsvelle von Gottlieb Richter.
-.Fortsetzung.)
Karl wurde das JagdgesprSch im Angesicht der Tochter peinlich,
so freundlich auch der alte Herr war. Glücklicher Weift mischte sich
jetzt auch der Revierförfler mit in die Conversaüon. Karl löste sich
aus der Unterhaltung und war eben im Begriff, Edeline anzure'üen,
«lS plötzlich die Musik das Zeichen zum TanzengagemmL gab.
Der Rerv'erförster veradschied.ic sich von seinem Bekannten und
dieser berührte Karls Schulter mit der Hand und sagte: „Also Sie
kommen bestimmt?"
„Jedenfalls!" war die Antwort.
Aber während er durch die Anrede des Oekonomen gezwungen
war, sich zu diesem hinzuwenden, hatte er seine Dame aus den Augen
gelassen, und dieser kurze Augenblick genügte einem raschen Husarenost
freier, sie ihm zu entführen. Aergerlich ging er zum Nebenzimmer,
»on wo aus die RevicrfSrsterm mit scharfen Auge» die ganze Scene
beobachtet hatte.
„Angeführt!" sagte sie zu ihm lachend, „was wollte der Papa
Don Ihnen, als sie im Begriff standen, die Elfe zu engagieren?"
„Mich zur Jagd einladen!" antwortete der Schütz.
„Und darüber ging Ihnen das Wild aus dem Garne," spottete
Kr, „nun, trösten sie sich, ich will ihnen Helsen, der Ball währt noch

„Abe^ gerade um dm ersten Tanz war? mir zu ihun!" war
des Trostlosen Erwiederung.
„Ach, lassen sie doch die langwellige Polonaise. Sehen sie den
Lieutenant an, wie er sich bemüht, Fräulein Edeline zu amüsiren, sie
scheint aber sehr einsilbig. — Aber wirklich, sie ist ein reizendes Mäd-
chen, ich hab sie in Jahren nicht reschen, damals war sie ein Kind,
und nun ist sie wunderbar schön aufgeblüht."
Karl sah zum Saal hinüber. Der Osficicr war so interessant,
wie es nur ein impertinenter Lieutenant sein kann. Er bog sich zu ihr
hinab und sagte ihr vielleicht seine besten Fadaisen, und sah Karl zu
seiner geheimen Freude, daß sich über Ede'inms Gesicht ein eisizer Zug
lagerte.
„Geben Sie Acht, wo ich bleibe!" sagte die Revielförsterin zu
ihrem Schützlinge und erhob sich.
Hier im Gespräch mit einer befreundeten Dame, da grüßend, hier
dem Tanze zuschauend erreichte die gewandte Frau bald wie zufällig
den Platz, wo Herr Segard mit seiner Tochter gesessen. Ihre B rech-
nung war richtig: Al? der Tanz zu Ende war, führte der Ofsicier
seine Tänzerin wieder zu dem Men Platze zurück, verbeugte sich tief
und ging.
„Ah, Frau Revierförsterin!" rief Edeline freudig aus, als sie sich
umwendend dieselbe im Divan sitzen sah, „das ist schön von Ihnen,
daß sie sich meiner ein wenig annehmen wollen. Papa hat mich über
seine alten Bekannten vergessen, und ich bin hier ein wenig fremd
geworden."
„Bitte, setzen sie sich zu mir in den Divan, Fräulein Segard,"
antwortete die Angeredcte, „und erzählen Sie mir, wo Sie so lange,
lange gewesen sind, daß man sie kaum wieder erkennt."

Ach, ich armes Kind habe mich zwei Jahre in der Welt hcrumge-
triebm. Ein Jahr war ich in einer Pension und ein Jahr b.i meinem
Onkel, der ist Pfarrer am Rhein, und.guterletzt war ich noch einige
'Wochen auf Forsthaus Ststnthal beim Onkel Bergmann."
In diesem Momente strich Karl durch den Saal. Tie Ncvicr-
sörsterin rief ihn leise an. Eigentlich hatte Karl nichts gehört, ab.r
er hatte das Gefühl, als müßte er zu der Principalur Hinsehen. Sie
winkte ihm leicht.
„Herr Sanders," sagte sie lächelnd zu dem Herantretenden, „wür-
den sie uns nicht den Ritterdienst erweisen, uns etwas Limonade cder
Eis zu verschaffen? Es ist hier unerträglich warm."
Karl flog davon, bemächtige sich eines Dieners, gab diesem den
Auftrag und lehrte zurück. Augenblicklich z^g ihn die Nevierförstenn
ins Gespräch. Und als sic die Conversaüon der beiden im Tang:
hatte, lehnte sie sich im Divan zurück, sah in den Saal hinein, beob-
achtete aber dabei verstohlen Karls Gesicht unv bewunderte im Lt Ü.n
die geistreichen, oft rotzigen Fragen und Antworten des. Mädchens,
das ihr vorkam, als wenn ein unbeachteter Stern mit einem Male
im goldensten Glanze hinter .iner Wolle weg an den tiefblauen, mäch-
tigen, Himmel tritt. Und wie sah das Gesicht Karls glücklich aus!
Wie glühte sein ausdrucksvolles Auge! Wie aufmerksam lauschte er
der leisen Worte Edelincns! Wie hing sein Lück an ihrem wunder-
baren Auge, das im Gespräch wie träumend in das Lichtmecr deZ
Saales schaute, als suche cS etwas in der Ferne, dann aber auch zu-
weilen den Jäger streifte wie ein Blitz, während er ihr -rzählü von
den lustigen Bergen, von den dunklen Thälern feiner Heimaih.
Da fiel schmetternd die Musik ein. Karl bat sie um den Tanz.
(For.fttzung folgt.)
 
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