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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 123 (18. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0493

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und Samstag.
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Ilhwthingtr Wochenblatt.

Amlsverkündigungsötatl für den Aezirk Schwetzingen.

H o p s c n z e i t u n y.

P reitz
vierteljährlich öl kr.
Inserat
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

«o. 123.

Samstag, 18. Oktober 1873.

VII. Jahrgang.

Inserate von Answürts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Mogter, Itudokf Masse und K. L. Danke Hs., sowie die Süddeutsche Annoncen-Hrpeditiorr
von H. Stöchhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Procch Bazaine.
Versailles, 10. Oktober.
(Fünfter Verhandlungstag.) Auch der heutige Tag
wurde von der Vorlesung der Anklageschrift vollständig in
Anspruch genommen. In derselben werden gegen Soleille
und Magnan herbe Vorwürfe erhoben:
Ersterer sei den „ehrgeizigen Plänen seines Vorgesetz-
ten (Bazaine) allzu gefällig gewesen und letzterer habe eine
ihm anvertraute Depesche nicht weiter befördert, bloß weil
das Gerücht verbreitet gewesen sei, daß in der Nähe der
Eisenbahn sich feindliche Ulanen gezeigt hätten."
Bei Besprechung der Proviantvorräthe sagt die Anklage,
Metz habe bei Ausbruch des Krieges gar nichts gehabt; da
seien denn in aller Eile Kontrakte abgeschlossen worden,
hätten aber zu nichts gedient, da man nicht direkt, sondern !
mit den Lieferanten abgeschlossen habe. Dank der großen
Thätigkeit der Ostbahn sei es aber doch gelungen, große >
Vorräthe nach Metz zu schaffen; man habe aber dann die i
Naivetät begangen, sie nach Forbach und Saargemünd zu '
senden und dort dem Feinde Preis zu geben. Der Beginn
der Feindseligkeiten habe bewiesen, wie schlecht die Wahl ,
dieser Orte gewesen sei. Nach dem Rückzüge habe man sie i
dem Feinde hinterlassen müssen, der außerdem eine große ,
Masse von Kriegsgeräthen erbeutet habe. Die Vorräthe, die
man später für Metz angekauft habe, seien aber auch nicht i
in die Festung gebracht worden, sondern mau habe sie in
den benachbarten Ortschaften gelassen, wo sie dem Feinde
in die Hände gefallen seien. Schluß der Sitzung um 5
Uhr 15 Minuten.
Der Andrang zu der heutigen Verhandlung war ein
größerer als sonst. Mau erwartete, daß eine Vertheidi-
gungsrede Bazaine's vorgelesen würde.
Die Sitzung wurde um 11 Uhr eröffnet und der Be-
richt des Generals Riviere weiter verlesen. Derselbe unter-
sucht, in welcher Weise die in Metz vorhandenen Lebens-
mittel verwendet wurden, bespricht die von Bazaine zur
unmittelbaren Versorgung der Armee getroffenen Maßnah-
men und erörtert die vom General Coffiniere als Komman-
danten von Metz bis zum 26. Oktober, an welchem Tage
derselbe das Kommando an Bazaine abtrat, zur Versorgung
der Stadt angeordneten Maßregeln. Eine große Verant-
wortlichkeit, so führt der Bericht aus, treffe den Marschall
Bazaine dafür, daß er gezögert habe, die nöthige Sparsam-
keit rechtzeitig anzuordnen. Hierdurch sei die Intendantur
zum Theil entlastet, Bazaine trage aber doppelte Verant-
wortung, erstens dafür, daß er nicht Alles gethan, was zur
regelmäßigen Verpflegung der Armee anzuordnen nöthig ge-
wesen wäre, und dafür, daß er durch ungenaue Auskunft
seine Unterchefs an der Ausführung der von denselben an-
gestrebten Vorsichtsmaßregeln verhindert habe.
Schließlich wird die Haltung Bazaines während der

Einschließung selbst untersucht. — Die Lesung des Dchluß-
resumes wurde sodann begonnen.
(Sechster Verhandlungstag.) 11. Okt. Nachdem auch
dieses Aktenstück, welches die einzelnen Punkte der Anklage
rekapitulirt, verlesen war, gab der Präsident den Befehl,
die Rechtfertigungszuschrift Bazaines zu verlesen. Die Denk-
schrift ist eine fast vollständige Wiederholung des bereits
bekannten von Bazaine verfaßten Buches über die Rhein-
Armee. Das Memoir erinnert mit ziemlicher Kürze an die
Schlacht bei Forbach, bezeichnet das Gefecht von Saar-
brücken als ein unzeitig unternommenes, das durch den
Kaiser angeordnet sei. Es suche sodann nachzuweisen, daß
der Kaiser alle Befehle bezüglich der Schlachs von Borny
gegeben habe und schreibt die langsamen Märsche vom 14.
und 15. den schlechten Dispositionen Cofsinieres, als Kom-
mandanten von Metz, zu, behandelt die anderen Schlachten,
berührt aber nur leichthin diejenigen Punkte, auf welche
sich die Anklage stützt. Bei der Besprechung des Kampfes
am 7. Oktober schiebt er die Verantwortlichkeit für dessen
schlechten Ausfall den Offizieren zu. Dieselben hätten eine
angeordnete Bewegung so schlecht ausgeführt, daß er einen
ernstlichen Versuch, den Marsch nach Mezieres einzuschlageu,
nicht mehr hätte machen können. Er schließt: Die Ereig-
nisse seien stärker als Alles Andere gewesen und fügt hin-
zu, sein Gewissen mache ihm keinen Vorwurf. Nachdem
die Lesung des Berichts beendet ist, verliest der Herzog von
Aumak den Sehiußspruch der Anklageakten, welcher lautet:
„Da nicht Alles gethan sei, was Pflicht und Ehre vor-
schrieben," — bei diesen Worten Zeigt Bazaine eine lebhafte
Aufregung, sein Gesicht ist von einer plötzlichen Röthe über-
gossen. Montag um 1 Uhr beginnt das Verhör Bazaines.
Der Briefwechsel zwischen dem Japste
und Kaiser Wilhelm.
Berlin, 14. Okt. Seine Majestät der Kaiser und
König haben ein Schreiben Seiner Heiligkeit des Papstes
i erhalten, das in wortgetreuer Uebersetzung folgender Maßen
' lautet:
Im Vatican, den 7. August 1873.
Majestät! Sämmtliche Maßregeln, welche seit einiger
Zeit von Eurer Majestät Regierung ergriffen worden sind,
zielen mehr und mehr auf die Vernichtung des Katholicismus
ab. Wenn ich mit mir selber darüber zu Rathe gehe,
welche Ursachen dies? sehr harten Maßregeln veranlaßt
haben mögen, so bekenne ich, daß ich keine Gründe aufzu-
finden im Stande bin. Andererseits wird mir mitgetheilt,
daß Ew. Majestät das Verfahren Ihrer Regierung nicht
billigen und die Härte der Maßregeln wider die katholische
Religion nicht gutheißen. Wenn es aber wahr ist, daß Ew.
Majestät es nicht billigen — und die Schreiben, welche Aller-

höchstdieselben früher an mich gerichtet haben, dürften zur Genü-
ge darthun, daß Sie dasjenige, was gegenwärtig vorgeht, nicht
billigen können, wenn, sage ich, Ew. Majestät nicht billigen, daß
ihre Regierung auf den eingeschlagenen Bahnen fortfährt,
die rigolösen Maßregeln gegen die Religion Jesu Christi
immer weiter auszudeynen und letztere hiedurch so schwer
schädigt, werden dann Ew. Majestät nicht die Ueberzeugung
gewinnen, daß die Maßregeln keine andere Wirkung haben, als
diejenige, den eigenen Thron Ew. Maj. zu untergraben?
Ich rede mit Freimuth, denn mein Panier ist Wahrheit, u.
ich rede, um eine meiner Pflichten zu erfüllen, welche da-
rin besteht, allen die Wahrheit zu sagen, auch denen, die
nicht Katholiken sind, denn jeder, welcher die Taufe emp-
fangen hat, gehört in irgend einer Beziehung oder auf ir-
gend ein? Weise, welche hier näher darzulegen nicht der
Ort ist, sage ich, dem Papste an. Ich gebe mich
der Ueberzeugung hin, daß Ew. Majestät meine Betrach-
tungen mit der gewohnten Güte aufnehmen und die in
vorliegendem Falle erforderlichen Maßregeln treffen werden.
Indem ich Allerhöchstdenselben den Ausdruck meiner Erge-
benheit und Verehrung darbringe, bitte ich Gott, daß er
Ew. Majestät und mich mit den Banden der gleichen Barm-
herzigkeit umfassen möge. Pio.
Darauf haben seine Majestät folgender Maßen geant-
wortet :
Berlin, 3. September 1873.
Ich bin erfreut, daß Ew. Heiligkeit, wie in früheren
Zeiten, die Ehre erweisen, mir zu schreiben; ich bin es um
so mehr, als mir dadurch die Gelegenheit zu Theil wird,
Jrrthümer zu berichtigen, welche nach Inhalt des Schreibens
E.v. Heiligkeit vom 7. August in den Ihnen über deutsche
Verhältnisse zugegangenen Meldungen vorgekommen sein
müssen. Wenn die Berichte, welche Ew. Heiligkeit über
deutsche Verhältnisse erstattet werden, nur Wahrheit meldeten,
so wäre es nicht möglich, daß Ew. Heiligkeit der Vermuthung
Raum geben könnten, daß meine Regierung Bahnen ein-
schlüge, welche ich nicht billigte. Nach der Verfassung meiner
Staaten kann ein solcher Fall nicht eintreten, da die Ge-
setze und Regieruugsmanregeln in Preußen meiner landes-
herrlichen Zustimmung bedürfen.
Zu meinem liefen Schmerze hat ein Theil meiner ka-
tholischen Unterthanen seit zwei Jahren eine politische
Partei organisier, welche, den rn Preußen seit Jahr-
hunderten bestehenden confessionellen Frieden durch staats-
feindliche Umtriebe zu stören sucht. Leider haben höhere
katholische Geistliche diese Bewegung nicht nur gebilligt,
sondern sich ihr bis zur offenen Auflehnung gegen die be-
stehenden Landesgesetze angeschlossen. Der Wahrnehmung
Eurer Heiligkeit wird nicht entgangen sein, daß ähnliche
Erscheinungen sich gegenwärtig in der Mehrzahl der euro-
päischen und in einigen überseeischen Staaten wiederholen.

Die Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
Mit diesen Worten nahm sie ihren Strohhut und ihr
Tuch, um die Alm zu verlassen.
„Das hat keine große Eil', Jungfer," sagte der Bursche,
„wenn's Euch beliebt, schauen wir zusammen ein Bisle
aus, 's macht mehr Spaß. Außerdem habe ich längst auf
eine günstige Gelegenheit gehofft, um ein Wörtle im Ver-
trauen mit Euch zu sprechen, die möcht' so bald nicht wie-
derkehren. "
Franziska war todtenbleich geworden, ihre kleine Hand
Preßte den Strohhut fest zwischen ihren Fingern, und sie
sah hülfesuchend umher, aber nirgends war eine Menschen-
seele zu erblicken.
„Ihr habt mir nichts zu sagen, Jörg," sagte sie end-
lich so ruhig wie möglich, obgleich ihre Stimme merklich
zitterte. „Ihr wißt, wir haben nichts miteinander zu schaffen."
„He, he, Jungfer," sagte Jörg, auf sie zuschreitend,
„seid nicht gar zu stolz, wißt Ihr, Ihr könnt mit Eurer
Herkunft nicht prahlen."
„Ich weiß das Alles, Jörg," versetzte Franziska
mit vollkommen fester Stimme, obgleich sie sich keinen

Augenblick verhehlen konnte, daß sie bei diesem rohen Menschen,
der ihr seit langer Zeit auf Schritt und Tritt folgte, einer
nicht geringen Gefahr ausgesetzt war. Sie hatte ihn durch
ihren offenbaren Widerwillen, den sie nicht zu verbergen
gelernt, schon furchtbar erbittert, und jetzt war sie voll-
kommen in seiner Macht — kein Mensch, so weit ihr Auge
reichte — keine Hülfe. Aber Franziska war entschlossen,
sich auf das Aeußerste zu vertheidigen, und sie fühlte sich
von einem wunderbaren Muthe beseelt.
„Ich weiß, Jörg," fuhr sie ruhig fort, ihm fest in die
Augen blickend, „daß ich nicht mit meiner Herkunft prahlen
kann, Du hast früh genug dafür gesorgt, daß ich es erfahren
hab', was es heißt, ein Findelkind zu sein; ich fühl' es
täglich, stündlich, obgleich mir noch keine Menschenseele
etwas davon gesagt hat, als nur Du. Daß ich daher
nicht gerade dankbar bin, daß du mich aus meiner Unwissen-
heit gerissen hast, kannst wohl denken, ich vergeb' Dir's
aber Jörg, ich denk', du bist nicht so schlimm."
Ein häßliches Lächeln umspielte Jörg's Lippen.
„Es ist mir gleich, Jungfer, was Ihr von mir denkt.
Ich weiß nur, daß ich Euch etwas zu sagen hab', wasNie-
mand zu hören braucht als Ihr. Macht'» Euch bequem, das
Gras ist weich."
„Ich habe Dir schon einmal gesagt, Jörg, daß ich
nichts mit Dir zu schaffen hab'. Laß mich gehen."
Mit flüchtigen Schritten eilte Franziska dem Abhange der
Alm zu, aber Jörg erfaßte sie bald wieder. Er ergriff ihren
Arm, daß sie laut aufschrie; ihre Sinne schwanden vo^ Angst

und Furcht, und sie sank bewußtlos auf den Rasen nieder
„Heda! Hallo!" rief in diesem Augenblicke eine laute
Stimme und ein junger, kräftig gebauter Mann trat dicht
an Jörg heran. „Was ist los, guter Freund? Ich glaubte
einen Schrei gehört zu haben."
Knirschend wandte Jörg sich dem Sprecher zu. „Was
kümmert'» Euch?" schnaubte er zornig, „macht, daß Ihr
hier von meiner Alm fort kommt!"
„Nichts für ungut," lachte der junge Mann, seinen
derben Knotenstock schwingend; „ich konnte es nicht wissen,
daß diese Alm Euer Eigenthum ist, und übrigens hat vor
Euch noch Keiner gesagt, daß ich mich packen sollte."
Als Jörg den Knotenstock des jungen Mannes sah,
wurde er bedeutend eingeschüchtert.
„Allmächtiger Gott!" rief in diesem Augenblicke er-
schrocken der junge Mann, welcher näher getreten war und
Franziska aufmerksam betrachtete. „Ist das das Mädchen
vom Pfarrhofe?"
Er beugte sich zu ihr nieder, während Jörg sich schleichend
wie eine Katze entfernte — legte ihren Kopf sorgfältig höher
und erwartete so geduldig ihr Erwachen. Sie dankte ihm
noch bei Weitem schöner als am Morgen, wo er sie beim
Pfarrer gesehen hatte, und kaum konnte er es taffen, eincn
Kuß auf die weiße, hohe Stirn zu drücken. Aber er
bezwang sich, er war zu stolz, um von der Hülflosigkeit
des reizenden Geschöpfes Gebrauch zu machen — dieses
Mädchens, das ihm wie eine Erinnerung aus schönerer Zeit
erschien. (Forts, folgt.)

Hierzu eine Beilage: „Der General-Anzeiger Nr. 7.
 
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