Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

DOI Kapitel:
No. 142 (4. Dezember)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0569

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
O

Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Kchwchingtr Wochrnblalt.

Amtsverkündigungsötakt für den Mezirk Schwetzingen.

Pee 8
vierteljährlich 51 kr.
Inserat
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Badische

H a p f r n) c i t u n g.

Allgemeiner Anzeiger für Vie badische und bayerische Rheinpfalz.

Ko. 142.

Donnerstag, 4. Dezember 1873.

VII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Wogker, Rudolf Wosfe und K. L. Daube <L Go., sowie die Süddeutsche Rnrroncen-Grpeditiorr
von H. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Badischer Landtag.
Karlsruhe, 27. November.
Entwurf einer Adresse auf die Thronrede, nach dem
Anträge der Majorität der Kommission der zweiten Kammer.
Durchlauchtigster Großherzog!
Guädigster Fürst und Herr!
Seitdem sich das badische Volk des Segens einer kon-
stitutionellen Regierung erfreut, pflegte die Volksvertretung,
so oft es ihr bei Beginn einer Landtags-Sitzung vergönnt
war, durch eine Ansprache vom Throne aus beehrt zu wer-
den, dem Widerhall, welchen die fürstlichen Worte in den
Herzen der Bevölkerung erweckten, einen Ausdruck zu ver-
leihen.
Die zweite Kammer Ihrer getreuen Slände folgt auch !
diesmal dieser Sitte und zugleich ihrer Neigung, in dem '
Vertrauen, daß Eure Königliche Hoheit die ehrfurchtsvolle l
Aeußerung unserer Gefühle und Ansichten mit gewohntem
gnädigen Wohlwollen aufnehmen werden.
Eure Königliche Hoheit lenken voraus unsere Auf-
merksamkeit auf das Verbältniß zwischen dem neuen Deut-
schen Reiche und dem badischen Lande. Auch wir halten es
für zeitgemäß, näher zu prüfen, welche Folgen die Neuge-
staltung von Deutschland für die unter der Herrschaft des
früheren Deutschen Bundes entstandene und entwickelte ba-
dische Verfassung habe.
Wir können aber heute schon Eurer Königlichen Hoheit
die Versicherung geben, daß wir Ihrem leuchtenden Vor-
bilde nachstrebend, eben so von der Liebe und Treue zu
dem Deutschen Reiche eifnllt sind, wie wir zugleich unserer
badischen Heunath mit herzlicher Liebe und fester Treue er-
geben bleiben. Das Deutsche Reich, in welchem das deutsche
Volk einen Gesammlkörper für sein politisches Leben und
Streben errungen hat, und in welchem es sich einig und
mächtig und zugleich frei und glücklich fühlt, und der badische
Staat mit seiner bewährten freien Verfassung Widerstreiten
einander nicht, sondern ergänzen sich wechselseitig.
Manche Aufgaben und Vollmachten der badischen
Stände sind nun auf die Reichsgewalien übergegangen und
werden von denselben wirksamer erfüllt und ausgeübt.
Unsere Thätigkeit ist dadurch erheblich beschränkt worden.
Daß dieselbe aber auch jetzt noch sehr bedeutsam sei, wird
Jedermann offenbar, welcher die zahlreichen und wichtigen
Gesetzvorlagen überschaut, welche Eure Königliche Hoheit
durch Ihre Regierung unserer Prüfung zugewiesen haben.
Wir betrachten die volle Autorität und die freie Be-
wegung des Deutschen Reiches, wie dieselben durch die ge-
genwärtige Reichsverfassung geordnet sind, oder in Zukunft
durch die Organe des Reiches weiter entwickelt werden kön-
nen, als eine überaus werthvolle Errungenschaft einer Ge-
schichte, wie sie herrlicher unser Volk niemals erlebt hat,

und als eine sichere Bürgschaft der nationalen Wohlfahrt.
Wir billigen es daher, daß di« Stimme Badens in dem
Bundesrathe stets in nationalem Geist ausgeübt wurde.
Wir legen aber, in vollem Einverständniß mit Eurer
Königlichen Hoheit, auch darauf einen Werth, daß zugleich
innerhalb der Grundverfassung des Reiches die Selbststän-
digkeit und die freie Entwicklung des badischen Staats zum
Schutze unseres berechtigten Sonderlebens sorgfältig gewahrt
werde. Ein Hauplvorzug der Neugestaltung des Deutschen
Reiches besteht offenbar darin, daß in demselben der volle
Reichthum des deutschen Geistes und Gemüthes in allen
seinen mannichfaltigen Weisen harnionisch verbunden werde.
Demgemäß wünschen wir lebhaft, daß auch die Vorzüge
unseres Stammes und Landes zum Wohl des Ganzen ver-
wendet uiid die Stimme Badens mit dem Nachdruck geltend
gemacht werde, wie solches dem Werthe und den Eigenschaf-
ten unseres Landes gemäß ist. Die Negierung Eurer Kö-
niglichen Hoheit darf mit Beruhigung auf die kräftige Un-
terstützung der Volksvertretung rechnen, indem sie in diesem
Geiste handelt.
Wenn der Kampf der römischen Kirche wider das
Deutsche Reich gegenwärtig im Großherzogthum Baden we-
niger lebhaft geführt wird als in andern deutschen Ländern,
so mögen verschiedene Gründe Zusammenwirken, um diese
Erscheinung zu erklären. Je höher wir die religiöse Frei-
heit Aller achten und je weniger wir geneigt sind, in das
religiöse Leben der verschiedenen Kirchen uns ungebührlich
einzumischen, um so entschiedener halten wir die Forderung
des Staates aufrecht, daß dem Reichs- und Landesrecht,
welches die nothwendigen Gcund 'dingungen des friedlichen
und freien Lebens Aller ordnei'und schützt, Niemanu im
Lande sich entziehen dürfe. In diesem Gust ist unsere Ge-
setzgebung erlassen und mit dieser Gesinnung werden wir
die Gesetzvorlage erwägen, welche bestimmt ist, eine Lücke
der bestehenden Rechtsordnung za ergänzen.
Die Fürsorge Eurer Königlichen Hoheit für den wirth-
fchaftlichen Fortschritt und für die Culturintereffen des Lan-
des werden jederzeit die dankbare Unterstützung Ihrer ge-
treuen Stände finden.
Die zahlreichen Gesetzentwürfe und Vorlagen über das
Schulwesen, die nothwendige Verbesserung der Gehalte der
Volksschullehrer, die Wohnungsgeld-Zulageu für Staatsdie-
ner und Angestellte, die Ruhegehalte, die Städteordnung,
die Verhältnisse unserer Eisenbahnen und Landstraßen, eine
gerechtere und ausgleicheude Ordnung des Stcuerwesens, die
Verwendung der Kriegsentschädigungs-Gelder, welche unserm
Lande zu Gute kommen, werden wir mit Sorgfalt und ge-
wissenhaft prüfen und leben in der Hoffnung, daß in allen
diesen Beziehungen ein Einverständniß des Landtags mit der
Slaatsregieruug zu Staude kommen werde. Auf diesem
Einverständniß beruht, wie Eure Königl. Hoheit mit Recht

erklären, die Gesundheit und die gedeihliche Wirksamkeit des
badischen Staats.
Zu großer Befriedigung vernehmen wir von dem gün-
stigen Zustande der Finanzen, welche uns gestatten, den
Aufgaben der Zukunft getrosten Muthes entgegenzugehen.
Wir bitten Gott, daß er Eure Königliche Hoheit auch
ferner mit seinem Segen geleiten und in frischen Kräften
zum Wohle des engeren und des weiteren Vaterlandes er-
halten möge.

Deutsches Reich.
Werkin, 1. Dec. Wir hatten vor einiger Zeit über
die Wegnahme deutscher Schiffe in den ostindischen Gewässern
durch ein spanisches Kanonenboot „Patino" berichtet. Die
deutschen Schiffe wurden, wie erinnerlich, beschuldigt, den
gegen die Spanier in Aufstand begriffenen Bewohnern des
Sulu-Archipels Waffen und Munition zuführen zu wollen.
Jetzt meldet in Bezug auf diese Angelegenheit die „N. Allg.
Ztg." : Nachdem bereits auf die ersten, sehr unvollständigen
Nachrichten von diesen Vorfällen die kais. Gesandtschaft in
Madrid und die Botschaft in London beauftragt waren,
hinsichtlich des Thatbestandes und der eventuellen Vertretung
der deutschen Rheder die geeigneten Schritte zu thun, hat
dem Vernehmen nach auf Grund der jetzt eingegangenen
vollständigen Consularberichte die genannte Gesandtschaft
angewiesen werden können, die diesseitigen Interessen und
Rechte der spanischen Regierung gegenüber darzulegen und
zu vertreten, und dürfte, soweit sich die Verhältnisse hier
übersehen lassen, die Hoffnung gerechtfertigt sein, daß diese
Regierung bas Unheil des Prisengerichts in Manila n i ch t
aufrecht halten werde.
— 1. Dezbr. Der „Reichsanzeiger" publicirt kaiser-
liche Verordnungen vom 29. Nov., durch welche die Auf-
lösung des Reichstages ausgesprochen und die Vornahme
von Neuwahlen auf den 10. Januar 1874 anberaumt
wird.
— 1. Dec. Der Bundesrath hat beschlossen, die Ein-
ladung der amerikanischen Regierung zur Betheiliguug
Deutschlands an der internationalen Ausstellung in Phila-
delphia im Jahre 1876 anzunehmen und dem Reichskanzler
die Einsetzung einer Ausstellungscommission, sowie die Be-
stellung eines Bevollmächtigten derselben in Philadelphia
anheimzugebeu.
Aus Waizm, 29. Nov., ist dem „Staatsanzeiger"
folgendes Schreiben zur Veröffentlichung zugegangen: „Ich
wiederhole die Bitte, daß Diejenigen, welche während meiner
Beurlaubung Privatbriefe an mich richten, mich beim Aus-
bleiben einer Antwort entschuldigen wollen, da ich durch-
schnittlich mehrere Stunden täglich würde aufwenden müssen,
um auch uur die von sachlich berufenen oder kundigen Per-

Proccß BnMnr.
Versailles, 28. Oktober.
Siebzehnter Werhandkungstag.
(Schluß.)
Er erklärte, daß er sich augenblicklich aus Frankreich
entferne, weil er keine Präventivhaft ertragen wolle; er
werde sich stellen, wenn man die Sicherheit gebe, daß er
nur in folgenden drei Fällen verhaftet werden würde:
1) Wenn man in seiner Broschüre eine einzige falsche That-
sache aufweisen kann; 2) wenn man beweisen kann, daß er
dem Feinde irgend etwas mitgetheilt, wozu ihn Bazaine
nicht ermächtigt hat; 3) wenn mau beweist, daß er bei sei-
nem Auftreten von einem schändlichen Beweggründe geleitet
worden sei. Wie es heißt, hat der Präsident Regnier's
Bedingungen keineswegs angenommen, sondern sofort einen
Verhaftsbefehl gegen ihn erlassen.
Nach Wiederaufnahme der Sitzung ist der erste Zeuge
der Commandaut Tissier, der erklärt, daß ihm General de
France am 22. mitiheilte, Marschall Mac Mahon werde dem
Marschall eine Depesche senden, um ihn aufzufordern, nach
dem Norden zu marschiren. Der Kommandant befand sich in
Mouzon, wo er ein Pferd requirirte, um die Botschaft an
Bazaine zu senden.
Der Unterpräfekt von Montmedy, d'Aubanel, der er-
klärt, daß seine Boten nicht nach Metz gelangen konnten,
ist der nächste Zeuge. Ihm folgt, der Kommandant Reboul,
der in Montmedy befehligte. Er sandte vier Boten mit der

Depesche Mac Mahons nach Metz Zwei derselben konnten
bis nach Thionville gelangen.
Verth.: An welchem Tage? — Reboul: Am 23. Ich
habe den Empfangschein vom Obersten Turmier. Die näm-
liche Depesche wurde an den Maire von Longuyon und an
den Kommandanten von Verdun gerichtet.
Der Zeuge Thomas, Eisenbahnhof-Jnspector in Mont-
medy, hat die chiffrirte Depesche des Marschalls Mac Ma-
hon durch Fräulein Leonard gesandt. Sie wurde vom
Maire von Longuyon in Empfang genommen. Die De-
pesche sagt, die chiffrirte Mittheilung durch vier Boten nach
Metz zu senden. Der Maire sandte mehrere Boten, die
aber gefangen wurden. Die Depesche wurde auch von
Montmedy nach Metz durch Boten gesandt. Sie mußten
am 23. von Montmedy abgehen.
Regierungs-Kommissär: Es gab eine andere Depesche
vom 19. bis 20. — Bazaine: Ich glaube keine andere De-
pesche erhalten zu haben, als die chiffrirte.
Präs.: Nach dem, was Sie in der Untersuchung sag-
ten, liegt hier mehr als ein Jrrthum, eine Art von Erfin-
dung vor.
Zeuge erklärt, daß er verwirrt gewesen wäre; er las
die Journale und nahm die übersetzte chiffrirte Depesche für
eine neue.
Regierungs-Kommissär: Ich habe für den Augenblick
nichts zu sagen. Die Sache ist aber seltsam.
Der Zeuge wird zur Verfügung des Gerichts gehalten.
Einige Zeugen, die als Boten nach Metz gesandt wurden,

sagen aus, daß sie nicht bis dorthin gelangen konnten, wäh-
rend der Schriftsteller Renon, der zur Gesellschaft für die
Verwundeten gehörte, sich am 20. nach dieser Stadt begab,
ohne auf einen einzigen deutschen Soldaten zu stoßen. Um
5 Uhr 15 Minuten Wird die Sitzung geschlossen.
Achtzehnter Werhandkrmgstag.
29. October.
Der Saal ist lange vor Beginn der Sitzung in allen
seinen Räumen so überfüllt, wie er es noch niemals gewe-
sen. Die Liste der heute zu vernehmenden Zeugen verspricht
bedeutende Emotionen, da Oberst Lewal und Kapitän Mag-
nan, der vielgenannte, heute zur Vernehmung gelangen.
Die Zahl jener Deputirten, welche ihre letzten Ferientage
dazu benützen wollen, einer interessanten Gerichtssitzung an-
zuwohnen, ist Legion, und es wäre zeitraubend, sie alle
namentlich anzuführen. Der zuerst vernommene Zenge ist
Douanier Patts aus Thionville (31 I). Er map von
seinem Kommandanten beauftragt, eine Depesche nach
Beaumont zu bringen, welcher Mission er sich auch ent-
ledigte.
Der zweite Zeuge Douanier Weber hat am 26. Aug.
ebenfalls eine Depesche nach Beaumont befördert, diese war
in eine Cigarette gerollt.
(Schluß folgt.)
 
Annotationen