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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 91 (5. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0365

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wöchentlich drei Mal:
Tienstaq, To-ncrsiag
und Samstag.
Alle Postmistaltcn
und Boten nehmen
Bestellungen an.


chwthilM WoihtnblM
Amtsverkündigungsökalt für den Wezirk Schwetzingen.



P a d i! ch c

H o p f c n z c i t u n g.

Preis
vlerretjähri ch 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzerle oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

AllWMmcr Anzeiger für Vic badische und bayerische Rheinpfalz.

Dienstag, 5. August 1873.

M. 81.

VH. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annonceu-Bureaux von Haasenstenr L Mogker, Rudolf Masse und ch. L. Daube L ßo., sowie die Süddeutsche Aunonceu-Gzpedtlion
von ch. Stöiühardt in Stuttgart, Frankfurt Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.


JesLell'uulM auf dieses Matt für
die Monate August und SepLemöer
werden bei sammLüchm Fostanflalleu
sowojjl als bei den MndPostvoten an-
genommen.
Die AnkLage gegen AdeLe SPitzeder
rmd Genossen.
(Forisitzuug )
München, 14. Juli.
Gleichwohl vergast sie i',n Taumel »es Erfolgs nicht,
au das unvermeidliche Ende der Z.chluagseu.stellung zu
denken, und sich, so weit eben thunlich, vor den strafbaren
Fo gru dieser Evennmluüt zu sichern. Dahin gehört vor
Alstm ihr Bemühen, nicht als „Kauffrau" erkmrt und zur
Fu men-Einzeichnung, beziehungsweise Eiittragiing ihrer
F!raia in das Handelsregister, v.-ri!rst)eilt zu werden. Der
Widerstand, den sie in dieser Beziehung entwickelte, sucht an
Hartnäckigkeit seinesgleichen. D'.e Acien des k. Haudels-
gench.S München l. d. I. geben hieniber genügenden Aut-
swinst. Einmal woll e sie der Verpflichtung zur kauf-
wün'l'schen Buchführung überhoben se>n, ans weicher mau
ihren, Vermögensstand seden Aa.eubttck leichst hatte nach
weisen können. Die Anklageschrift führt dies weiter ans.
Wie ans dem vorstehend Ausgefüstrten zur Genüge
hervorgeht, war das Geschäft der Adele Spitzeder im Grunde
Nichts weiter als ein großartig angelegter Betrug im vul-
gären Sinne des Wentes, gerichtet ans die schamloseste
Ausbeutung des Pubttkam-, eine organ si ,e M.fs.'nbeiaudnng
in moderner cwttisiru'r Gestalt. Die Absicht, die Gläubiger
zu benach heiligen, lag daher bereits dmn Beginn des Unter-
nehmens der Dachauer Bank zu Grunde — di.se Absicht
zchht sich durch den ganzen Geschüfisde:rieb, von dieser Ab-
sicht waren insbesondere auch jene Handlungn oder Unter-
iiaffangen geleitet, weiche, genau genommen, nur als die
twlhweudig« n Bestandtheile und Cous.q ienzen des Systems
sich diust.llen, auf welches das g.uze Uitternel.m m gedntt
war. Bei den nach bereits eingeueteuer Z ihlungseinskt llung
vorgenommeu n Verschleppungen vo t Berinögeiisstückeu er-
gib! sich das Vorhandensein dieser Adsi ht aus der Natur
und Beschaffenheit vsiser Handlungen von s lbst. Es k untte
Uiin eirnger Masten anffcklend gesunden lverden, dast Adele
Spitze der, wenn sie sich der ganzen Tragwette ihres Han-
delns, der hieran sich knüpfenden unvermeidlichen Lhatsäch-
lichen und rechtlichen Fo gen vollkommm be-viistt war, sich
nicht noch zur rech.en Zeit ihrer Verantwortung durch d:e
Flucht entzogen oder wenigstens einstweilen die Vorbereitungen
zur Flucht in emsprechender Weise getroffen hat. Allein
man muß eben Nicht vergessen, dast die Adele Spitzeder

durch die übereinstunmende Versicherung ihrer juridischen
Rathgeber, dast man ihr, so lange sie die Zinsen bezahle
und die fälligen Wechsel einlöse, nichts anhaben könne,
offenbar sicher gemacht war. Mangel an Einsicht und
Ueberlegung war gewiß nicht die Ursache, denn Adele Spitz-
eder war eine viel zu geriebene Person, um nicht alle Even-
tualitäten ins Auw zu fassen und zu überdenken. Wohl
aber mögen gewisse Eigenschaften ihres Charakters mit zu
dein Entschlüsse beigetragen haben, vorläufig den Schauplatz
ihrer Thäligkeit nicht zu verlassen, den Kampf aufzunehmen
mit dem gegen sie gerichteten Theil der öffentlichen Mei-
nung, dem Gesetze, vor dem sie sich gesichert glaubte, un-
geachtet der von der Negierung ergangenen Warnungen
Trotz i zu bieten. Ihre Esielkeit, ihre zum Widerstand ge-
neigte Gemüthsart mochte darin einen gewissen Reiz, eine
Art Befuediaung finden. UebrigenS bleibt es immerhin
ein beachtensweriher Umstand, daß man bei der Beschlag-
nahme ihres Vermögens in ihrer Wohnung Pretiosen, vor-
zugsweise aus Brillanten bestehend, im Werthe von 34,137
Gulden vorgkfunden bat. Es ist nicht unwahrscheinlich daß
diese Pretiosen mit Rücksicht auf eine beabsichtigte Flucht
angckauft wurden, da sie bei hohem Wertste doch nur einen
sehr geringen Raum entnehmen und leicht zu verpacken sind.
In einem euifachen Handtäsch den lassen sich enorme Wertste
lir VrAanten unterbiingen. Außerdem müßte man in dem
Ank uif dieser Kostbarkeiten nur einen Act ihrer maßlosen
V rschwendungssucht erblicken, welche allerdings so einzig
ui ihrer Art war, daß es nicht ohne Interesse ist, hier noch
einige Proben derselben auzusühren. Abgesehen von der
Kostspieligkeit ihrer Hansemrichiung, welche bereits oben
berührt wurde, und wobei nur noch zu erwähnen ist, dast
sie, außer jenen großen Lpietkästen in einigen Zimmern,
auch noch zwei Pmiios und ein Harmonium im Besitze
hatte, verköstigte sie in der letzten Zeil ihr ganzes Personal,
welches sich ans etwa 28—30 P rsonen belief. Theils aß
dasselbe in ihrer eigenen Wohnung, theils auf ihre Kosten
in der von ihr käuflich erworbenen Wirthschast zum „Tell".
Die Küchcnrechnung machte per Woche l30 —140 Fl.,
wobei die Emküufe beim Specerer- und Desicattssenhänoler
und beim Wursthänbler nicht eingerechnet sind; in der
W:nhshaft zu „Test" betrug die Rechnung in der Woche
durchs hutttlich !20 Gulden. Außerdem veranstaltete sie
Sonntags gewöhnlich größere Gastgelage, wo es hoch her-
ging. Häufig wuroen auch von ihr an Sonntagen g'ößere
Ausflüge in eigenen Equipagen und in größerer Gesellschaft
unternommen, bei welchen sie Alles bezahlte und dabei eine
außerordentliche Bersch vendung in Bezug auf Bewirthuug
rhrer Gäste und Spendung von Trinkgeldern u. dgl, an
dcn Tag legte.
Ihren Bediensteten gewährte sie außerordentlich hoste
Dienstbezüge. Einer ihrer Bediensteten, Franz Silchinger,
hatte nebenbei noch das merkwürdige Privilegium, alles

Geld, welches er bei Schluß des Geschäftes in den Ge-
schäftslocalitäten auf dem Boden liegend fand, für sich
behalten zu dürfen.
Rosa Ehinger bezog als Gesellschafterin, wie sie selbst
angibt, ein Monatsgehalt von i700 Fl. Tstatsache ist we-
nigstens, daß sie sich während ihres kurzen Ausenchaltes
bei der Spitzeder von ihrem Gehalt und durch Geldge-
schenke, die sie von dieser erhielt, ein Vermögen von 10,000
Fl. ersparte.
_(Schluß folgt.)
Aus Cartagena
geht der „Köln. Z'g." eine Erklärung zu, welche sie auf
den Wunsch ihrer Unterzeichner (Hr. Spowrno ist bekannt-
lich Consul des Deutschen Reichs) der Oeffen'.lichkeit übergibt.
Dieselbe lautet:
Die unterzeichneten deutschen Einwohner von Cartagena
fühlen sich veranlaß', sowohl um eine Pflicht tiefster Dank-
barkeit gegen den wackern Kommandeur des deutschen Pan-
zerschiffes „Friedrich Karl", den Kap.Lau zur See W erne r,
zu erfüllen, als um irgendwelcher irrigen Darstellung der
letzten Ereignisse zu begegnen, einen wahrheitsgetreuen Be-
richt als Augenzeugen derselben zu veröffentlichen, der der
deutschen Marine zur höchsten Ehre gereichen urtt. dcn wirk-
samen Schutz, den dieselben den deutschen Interessen im
Auslands leistet, beweisen wird.
Im Begriff, am 22. Juli Abends von Attcante sich
nach Cartagena zu begeben, um mit seinem Sch ffe die Deut-
schen daselbst vor irgendwelcher Unbill zu schützen, die den-
selben von dem aufständischen Volke in Cartagena wider-
fahren könnte, wurde Kapitän Werner das D.kcei der neu-
coustituirten Regierung in Madrid behändigt, das die auf-
ständischen Sch ffe für Piraten erküret, da deren rolste
Flagge von keiner Nation anerkannt und dieselbe ohne
Offizere oder irgendwelche international anerkannte Auwri üt
die Küsten befahren, und diese Schiffe den inländischen und
ausländischen Fahrzeugen als Vogelfrei in die Hände gibt.
Dicht vor Cartagena begegnete am Margen des 23.
Juli der „Friedrich Karl" dem spanischen Kanonenboote
„V'gilante", das von einer Expedition nach Torrev cji zu-
rückkehrte und, wie Kapitän Werner später erfuhr, den Haupt-
anführer des Aufstandes in Cartagena an Bord fü r e.
Kapitän Werner beschloß sofort, auf dem Boden der inter-
nationalen Seegefetze bestehend, Vas Sch ff aufzugreifen und
unter den Kanonen des Forts von Cartagena und der in
dem Hafen b.finslichen sehr überlegenen Sch.ffe nöthigte er
dasselbe, seine röche Flagg? zu streichen, und verhinderte im
Verein mit dem englischen Aviso „Pigeon", der sich seinen
Absichten angeschlossen hatte, das Auslaufen der genannten
Flottlle.
Mehrere Mitunterzeichneten,^die vor dem aufgeregten
Volke sich in Sicherheit zu bringen wünschten, trafen im

Baron und Schauspieler.
N o v e ! i e.
von I. Krug es.
Viertes Kapitel.
Eirr Besuch arrs der Fremde.
(Forisitzuug.)
Zwar lebte ihm eilt Sohü, den er mit L ebe hätte um-
fassen können, lind vielleicht wäre das mit der Z it auch
gejcheh-n, oellucht hüte er die Abneigung gegen denselben,
weil dessen Mutier ihn verrathen.nach und nach überwunden
und ibn zu sich kommen lassen. Es war aber ein Fall
eingeneteu, der ihn bestimmte, seine Hand gänzlich von
Losem Lohne abzusieheu. Fernau's Freund in Vesth, den
er mit der Erziehung des Jünglings beauftrag', hatte ibn
nach Ablauf der Sedu jahre auf die Univ rsilät g schickt,
dort sollte Adettpb Warte, der aut den Rainen seiner un-
glücklichen Muster geiautt war, Metncin sind reu. Er war
dort aber nur zwei Semester g bti.ben. hatte dann p östlich
feilt Studium bei Sene geworfen und war, wie der Freund
aus Prsth Herrn von Fernau vor ungefähr anderthalb
Jahren mitgelhcilt, zur Bühne gegangen und hatte einen
Stand gewählt, für den er schon als Knabe eine besondere
Vorliebe gezeigt. Diese Nachr elt hatte den Baron im höch-
sten Grade aufgebracht, der, so sehr er u'" Jüngling diesen
Stand geliebt, ihn als Mann in Folge der W»-er n E-fah-
rungerr, die er in Pest gemacht, nun seit langer Znt haßte.

Wäre Adolph als Doctor der Medicin vor ihm erschienen,
er Hütte seine Abneigung gegen ihn vielleicht überwinden
können, a.s Schauspieler, so hatte er im ersten Zorn ge-
lobt, solle er ihm nie vor die Augen kommen.
Da im Laufe des Herbstes und des nächsten Winters
sich nichts auf dem Gute ereignete, was einer besonderen
Mittheilung für unsere Leser bedürfte, so knüpfen wir unsere
Erzählung an den Zeitpunkt wieder an, wo der holde Früh-
ling mit seinen duftigen und farbigen Schwingen sich wie-
der aus die Erde niedergelassen, und die ganze Umgebung
des Feriwn'schen Gms in dem herrlichsten Grün prangte.
Die 'M Garten gepflinz'en Blumen waren zwar noch nicht
zur vollen En'faltnng gekommen, dagegen hatte sich eine
andere, eine lebende Blume, die Tochter des alten Feldmann
zur schönsten, lieblichsten Jungfräulichkeit eittwickelt, worüber
der sie vergötternde Vater freilid am Meisten entzückt war,
weil sih mit der Schönheit des Mädchens die nicht allzu-
serne Gew ßheit verband, daß sie die Carröre, für die er
sie bestimmt hatte, mit Glück betreten und sich Ruhm und
Schätze erwerben würde. Aber auch Herr von Fernau hatte
das Aufblühen des holden, bescheidenen Mädchens nut Wohl-
gefallen bemerkt. Er wich ihr j tzt seltener aus als in der
ersten Z it ihrer Anwesenheit auf seinem Gute. Begegnete
er ihr aus einem Spaziergange, so plauderte er oft recht
lange mit ihr und ließ sich auf ihre Birte im Pavillon ein
kleines hübsches Volkslied Vorsingen, das sie mit glockenheller
Summe einfach und zart vorzutragen pfl gte.
Es war in den ersten Tagen des Monats Mai, als

plötzlich dem Baron ein Fremder angemeldet wurde, der
aus der Residenz kam und ihm einen Brief von dem Grafen
von Rohrüb-n, einem Jugeufreunde Fernau's, zu übergeben
hatte.
Er ließ den Fremden sogleich vor sich kommen. Dieser,
ein noch sehr junger Mann, der höchstens einige zwanz'g
Jahre alt sein konnte, verbeugte sich mit feinem Anstande
vor Herrn von Fernau und legte den Brief des Grafen
von Rohrleben in seine Hände. Indem der Baron das
Schreiben empfing, heftete sich ein Blick auf das wohkge-
bildete Antlitz des jungen Menschen. Es war ihm, als wenn
ihm alte, wohlbekannte Züge darin begegneten, doch wußie
er nicht, an wen unter seinen Bekannten und ehema igen
Freunden sie ihn erinuerien. Jedenfalls aber, das wurde
schon im ersten Augenblicke klar, sah er diese Züge nicht
zum ersten Male im Leben.
Nachdem er den Jüngling höflichst zum Sitzen einge-
laden, erbrach er den Brief, dessen Inhalt — wir geben
ihn im Auszuge — folgender war:
Graf von Rohrleden bat seinen Jugendfreund mit
herzlichen Worten, dem Ueberbringer dieses Schreibens für
emige Monate Gastfreundschaft auf seinem Gute zu gewähren.
Derselbe, sagte er, der dem Künstlerstaude angehöre, sei in
Folge eines traurigen Geschicks, das sich von seiner Geburt
an durch sein Leben ziehe, fett Kurzem in eine Melancholie
verfallen, die ihm das geräuschvolle Leben in der Residenz
unerträglich mache.
(Fortsetzung folgt.)
 
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