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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 24 (27. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0095

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
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Mwehingcr Wochrnlililll.
Amtsverkündigungsbtatl für den Bezirk Schwetzingen.

Biii> ischr

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Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

^0. 24. Donnerstag, 27. Februar 1873. VII. Jahrgang.

Für Vas „Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsburger Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

Iolitische Aeöerstcht.
Ncrch Nachrichten aus Berlin wird der Reichstag
in der am 9. März d. I. beginnenden Woche einberufen .
werden.
Aus Berlin telegraphirt man der „Times", daß
man nach Turkestan Seitens der Türkei Verstärkungen habe i
schicken müssen. !
Die französische Regierung geht mit dem Gedanken j
um, den Schlußact des Prozesses Bazaine in einer j
Stadt des westlichen Endes von Frankreich spielen zu lasten. :
Die Ausführung dieses Gedankens wird mit einigen Schmie- s
r gleiten verknüpft sein , da wenigstens 600 Zeugen vor »
dem Kriegsgericht vernommen werden müssen.
Die Ruhe in Spanien scheint einen ziemlich trüge- s
rischen Character an sich zu tragen, denn, wieman soeben von
dort erfährt, steht der Ausbruch einer Krise im spanischen ;
Ministerium bevor, die eine völlige Trennung der Radicalen >
und Republikaner zur Folge haben wird/ Man hofft, baß -
sich dann ein reines republikanisches Ministerium bilden
werde. Unseres Erachtens scheint diese Hoffnung auf sehr ;
schwachen Füßen zu stehen und halten wir es für ange- s
meffener und für die Republik ersprießlicher, ein Coalaiions- §
Ministerium zu bilden, das gewiß nicht schwer werden würde, l
da ja beide Parteien sich sehr nahe verwandt sind.
Aus London erfährt man, daß der österreichische
Botschafter wieder am Hofe zu St. James eingetroffen ist. —
In einem Meeting der Führer der confervativen Partei
sprach man sich gegen die irische Universitätsbill aus, doch >
ist man noch nicht entschlossen, was man eigentlich thun l
will. — Nach dem „Daily Telegraph" soll der russische
Gesandte am englischen Hofe, Herr von Brunow, durch den f
Grafen Schuwalow ersetzt werden. Inzwischen beabsichtigt ,
der russische Kanzler Gortschakow eine auglo-russische Com- ;
Mission zu constituireu, deren Aufgabe c» sein soll, Afgha- >
nistans Grenzen festzustellen, und glaubt dann, es werde s
sich China dem Ausspruche dieser Commission fügen. s
Die „Most. Z^g." ist mit der Schaffung einer neu-
tralen Zone, um eine Cotlision zwischen Rußland und Eng- ,
land zu verhüten, nicht einverstanden, sie glaubt vielmehr,
jene werde diese um so rascher herbeiführen. i

Rede Lasker s im prerrtz. Nbgeordrreterchaufe i
IV.
Die Folgen dieses Systems sind folgende: 1) die Bah- !
nen werden viel theuerer gebaut, mit einem noch größeren s
Nominalcapital, als sonst bei ehrlichen Leuten; ich stelle i
„ehrlich" im Gegensatz zu diesem System. (Heiterkeit.) 2) !
Wird das Gesetz über die Eisenbahnen hintergegangen, denn !
dasselbe nimmt die Steuern von den Revenuen und, wenn
die wahren Capitalien zum Vorschein kommen, die wirklich >

bezahlt werden, ergeben sich 4, 5 pCt. Revenuen, die be, j
steuert werden müssen; dadurch aber, daß Scheinverträge s
abgeschlossen werden und man 82, 70, 60 Thlc. für 100
erhält, werden natürlich keine Revenuen gegeben und der s
Staat ist um seine Steuer geprellt (sehr richtig! links), s
uuter Mitwirkung eines andern Zweiges der Staatsverwal- !
Lung, welcher dieß System begünst gt. Außerdem fallen die i
Personen hinein, welche diese Verhältnisse nicht verstehen. §
Wie die Gimpel fallen die Landleute, die Communen hinein,
die Vollzahlungen machen in der Hoffnung, dadurch die
Bahn zu Stande zu bringen; der gute Landmann bezahlt i
und die Geldherren stecken den Profil in die Tasche. Dann !
liegt Folgendes klar auf der Hand: Wenn die Tarife >
festgestellt werden, so werden sie von der Aufsichtsbehörde !
nach dem Selbstkostenpreise bemessen. Da der Staat es in >
der Hand hat, den Tarif herabzudrücken, so wird er sich
erkundigen: Wieviel beträgt die ursprüngliche Anlage? l
Wenn also minderwerthige Papiere zu hoch ausgigeben
werden, so werden statt 4 Millionen in Wahrheit 6 Millio- '
nen berechnet und es sind die Transporttarife viel höher.
Wenn der Staat sich gefallen läßt, daß er die Tarife nicht j
unter dem Procentsatz der Selbstkosten hernnterdrücken kann, s
so versteht sich von selber, daß ein großer Unterschied ist, !
ob die Herstellungskosten 200,000 oder 300,000 Thlr. §
jährlich an Zinsen geben, und wenn der Vertreter des j
Handelsministeriums die Sache nicht so berechnet, so bin s
ich auf seine Verwaltungsgrundsätze außerordentlich neugierig. s
Wie kommen aber Personen dazu, die Actien zu niedrig ,
abzugeben? Hier entstehe ein offenes Geheimniß! Die
Regierung ist wissend und theilnehmend an der Umgehung i
des Gesetzes (Hört! Hört!) sie läßt übermäßige Taxationen ?
zu in dem Bewußtsein, daß Actien dafür im Nsminalwerthe
gegeben werden; sie nimmt Theil an den mannigfachen !
Machinationen, wtlche durch Scheinverträge gemacht werden,
damit das Actiengesetz umgangen werde. Was entsteht da- s
durch für die Volkswirthschaft im Ganzen? Ein theurer ,
Eisenbahnbau, denn es werden Personen dazu angelockt, die s
bloß Nutzen und Gewinn davon ziehen wollen, bald aus ,
dem hohen Adel, bald Abenteurer, natürlich auch von der
hohen Finanz. Diese gehen aber in der Gesetzumgehung §
nur bis zu einem gewissen Stadium, und fangen an ordent- ,
lich zu werden, wenn sie ihren Gewinn haben, während die
Abenteurer fort und fort durch einen Schmutz von Schein- j
geschifften gehen, wie wir sie einmal gehört haben bei der ,
pommerischen Bahn und bei anderen Bahnen, die leider in .
Verbindung stehen mit dem Prinzen Biron und anderen
Namen. Wenn nun solche Scheinverträge gemacht werden, Z
so ist die Folge davon, daß man mit den Preisen für die i
Maaren nicht wählerisch ist; man gibt hohe Preise für ,
geringe Waare; eS leidet dadurch der Bahnbau und die j
Beförderung, und es werden Menschenleben gefährdet. Es !

werden die Preise in die Höhe getrieben, und die reellen
Bahnen, namentlich aber der Staat, wird mit einem un-
geheuren Conto belastet, weil er eine Concurrenz illegitimer
Bahnen hat und in Folge dessen alle Materialien mit viel
höheren Preisen bezahlen muß. — Ich komme jetzt zu der
hiesigen „Nordbahn." Da geht dasselbe vor und wieder
sind die betheiligten Personen der Fürst Putbus, der Prinz
Biron, Herr Bernhardt und Herr Thiele (Heiterkeil), Fürst
Putbus und Prinz Biron sind Verwaltungsrath, Bernhardt
und Thiele BamConsortium. Ich habe über diese Bahn
nicht genug urkundliches Material, ich will hoffen, daß es
in der Untersuchung gleichfalls sich ergebe, — aber mir ist
Persönlich kein Zweifel darüber, daß es das System Straus-
berg wieder ist, in welcher Weise Bau-Consortium, Verwal-
tungsrath sich zusaminengethan hat, und hier sind auch
Trinkgelder ausgetheilt worden, Summen von bedeutender
Höhe, die ebenfalls Gegenstand der Untersuchung sein wer-
den. D)iese Geschäfte unterscheiden sich vom niedrigsten
Wucher wie ein Ei vom andern. Weßhalb aber diese Un-
ternehmungen schlimmer sind, als die der sogenannten Wu-
cherer, deren Namen ich jetzt nicht nennen will, das besteht
darin, daß die anderen kleine Geschäftchen machen, wie sie
sie gerade bekommen, während diese Wucherer mit so uuge-
heuren Summen umgehen, daß sie Personen kaufen können,
die für kleine Summen nicht zu haben sind, daß also die
Corruption, die bei den Wucherern nur unter dem niedrig-
sten Gesindel sich bewegt, bis in die höchsten Schichten hin-
aufgeht; darin liegt die große Gefahr. Ich habe über das,
was im Lande vorkommt, genug mitgetheilt, um erstens die
Angaben zu rechtfertig, n, welche ich das vorige Mal gemacht
habe. Sofern ich Jync t diese Thatsachen, als urkundlich
und unter Zeugeneid gestellt und durch Bücher zu erweisen
darthue, so werden Sie mir in der That Recht geben, daß
ich wirklich nur leise ein ungeheures sociales Uebel das vorige
Mal berührt habe (sehr richtig!), genug, da wir Alle ohne
Un erschied dabei betheiligt sind, eine Aufklärung der Thal-
fache herbeizufübreu; und, meine Herren, lassen Sie mich
noch Eines mit wahrhaftem Stolze anführen; ich darf sa-
gen: So weit meine Erkundigungen reichen, habe ich nicht
gefunden, mit Ausnahme einzelner Nebenpersonen habe ich
unseren Staatsbeamten, so weit ich es ermittelt habe, einen
Vorwurf nur darin zu machen, daß sie der Leitung des
Geschäftes nicht gewachsen sind (sehr richtig; links), daß sie
hineingetaumelt sind in einen verderblichen Weg. (Sebr
wahr! links.) Aber hier vor dem Lande und der Welt
möchte ich feststellen, was früher als Gerücht umgegangen
ist, und selbst mir zu Ohren gekommen ist, als ob Charak-
terschwäche bis zur Corruption in den Beamtenkreisen vor-
käme und sogar in die hohen Beamtenkreise hinein, das
weife ich weit von mir und weit von den Beamten (Bravo!)';
ich habe wenigstens, soweit ich Erkundigungen eingezogen

„Nein!"

(Schluß.)
Diese kleine Geschichte wurde bekannt.
Man tadelte hauptsächlich Fräulein Louise, die keine Mitgift be-
saß. Man glaubte, daß sie eine heimliche Liebe verberge, und sprach
nicht mehr davon, allein es fand sich auch kein ander r Freier. Die
Wahrheit ist, daß die Eltern Fräulein Louisen's ihre Tochter nach
großen Traditionen erzogen hatten, und sie zählten so ganz auf ihren
Gehorsam, daß sie selbst nicht gedacht hatten, sie zu befragen, ob Graf
V. ein Gatte nach ihrem Herzen sei.
.Allein sie hätte doch ihrer Mutter sagen können, daß sie den
Grafen nicht liebe."
„Ihre Mutter würde sie nicht verstanden haben."
„Ihrem Vater/
„Ihr Vater würde sie nicht einmal angehört haben."
„Sie hätte es doch dem Grafen selber sagen können."
„Ihre Eltern hätten sie vielleicht in ein Kloster geschickt bis zu
ihrer Großjährigkeit."
„Und warum haben sie es nicht gethan?"/
Weil Fräulein Louise ihre Erziehung beendigt hatte und weil es einer
Ursache bedarf, ein junges Mädchen in's Kloster zu schicken."
„Aber ihre Antwort vor dem Altar?"
„Ihre Antwort erfolgte unter dem Schutze des Gesetzes."
„DaS ist merkwürdig"
„Es ist ganz natürlich."
„Die Geschichte endet damit?"
„Nein. An dem Tage, da meine Mutter mir diese Details erzählte
fragte ich sie, was sie von all' dem denke. Sie sagte mir, daß sie vor
Kummer zestsrhen, wenn Louise ihre Tochter gewesen wäre."

„Ich sprach meinem Vater davon, der mir seinerseits erwiderte,
daß er nicht den Muth gehabt hätte, ein junges Mädchen von gleichem
Charakter zu heirathen."
Des andern TageS zur Mittagsstunde gestand ich ihnen, daß ich
Louisen liebe, und daß ich um ihre Einwilligung bitte, um sie anzu-
halten. Mein Vater und meine Mutter beobachteten ein tiefes Still-
schweigen. Ich erhob mich und ging aus, entschlossen zu handeln.
Ich wurde in der Familie Louisens empfangen. Ich stellte mich
am Nachmittage ein. Man kam mir mit einer gewissen Ueberraschung
entgegen. Ich bemerkte Vorbereitungen zur Abreise. Louise war mit
ihrer Mutter allein, welch' Letztere uns hierauf ziemlich lange allein
ließ, offenbar, um die Anordnungen zur Reise zu treffen.
Das Abenteuer hatte kaum drei Tage überdauert. Louise schien
so beruhigt, als ob sich nichts zugetragen hätte.
Sie betrachtete mich einen Augenblick und reichte mir lächelnd
die Hand.
„Sie sind mein Freund," rief sie mir zu.
„Von Herzen."
„Ich bin Ihre Freundin."
„Wollen Sie meine Gattin sein? . . . ."
„Ja."
„Louise, ich liebe Sie . . .
„Ich weiß es, Gustav, ich liebe Sie ebenfalls."
Ich ergreife rasch die Gelegenheit, über die letzten Vorfälle zu
sprechen und sie von der erhaltenen abschlägigen Antwort meiner Eltern
zu unterrichen. Sie erwiderte mir, daß ihre Eltern meine persönliche
Werbung nicht annehmen würden, daß sie mir aber rathe, dieselbe zu
wagen.
Ich sagte ihr hierauf, daß dies unsere Trennung bedeuten würde,
und es vielleicht besser wäre, Zeit zu gewinnen. Sie ließ mich ver-
stehen, daß meine Eltern, vorsichtig geworden, alle Beziehungen zu
ihrer Familie abbrcchen würden, und rS mir unmöglich wäre, der Zu-
kunft gegenüber gerüstet zu fein.

Sie gab mir einen Ring und ihr Porträt, versprach mir so ost
zu schreiben, als es ihr möglich sein werde, und bat mich, ihre Groß-
jährigkeit abzuwarten. Sie zählte neunzehn Jahre.
Sie reiste noch an demselben Abend ab.
Ihre Mutter trat wieder ein. Ich bat sie, mir einige Minuten
einer Unterredung zwischen uns allein zu gewähren. Als Louise sich
entfernt hatte, brachte ich mein Anliegen vor.
Sie erwiderte mir kalt, daß sie die abschlägige Antwort meines
Vaters und meiner Mutter billige.
Ich ging. Ich weiß nicht, wie ich während der acht Monate,
welche die Abwesenheit Louisens dauerte, gelebt habe. Sie schrieb mir
oft, und ihre Brise waren das Einzige, das meine Gedanken beschäftigte.
Sie kam Mitte Jänner nach Wien zurück. Sie erzählte mir von
ihren Ausflügen, von ihren Spazieraängen. Ich sah sie in Concerten
und im Theater, und ich war glücklich genug, nie von ihrer Mutter
oder ihrem Begleiter bemerkt zu werden.
„Wie konnte sie Dir Briefe zukommen lasten, ohne beim Absenden
überrascht zu werden?"
„Ich hatte wich mit einem Drehorgelspieler ins Einvernehmen
gesetzt, der alle Tage unter ihrem Fenster seine Musik ertönen ließ.
Sie warf ihm ein Geldstück herab, das in ein Papier gewickelt war.
Die Münze war für den Musiker, das Papier für mich. Jetzt, lieber
Alfred, kennst Du mein Geheimniß. Die beiden Familien wissen,
daß wir entschlossen sind, uns zu heirathen und haben endlich nachge-
gcben. Die HoLzeit wird in fünf Tagen stattsinden, und ich rechne
auf Deine Freundschaft, mein Zeuge zu sein."
„Von ganzem Herzen, mein theuerer Gustav!"
„Und nun begreifst Du wohl, warum das junge Mädchen, wel-
ches Du heute in der Oper gesehen, bei der Scene, wo Rosina an der
Liebe Almaviva's zweifelt, gelächelt hat. Nicht wahr?"
(Aus der Tagespreise.)
 
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