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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 116 (2. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0465

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Kchwttzmgcr WochMitl

KmLsverkimdigungsötatt für den Wezirk Schwehingen. -

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vierlcljührlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petiizeile oder deren
Raum 4 Er.,
Garmondzeile 5 kr.

Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Badische H o p s c n j c i t u n g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rhetnpfalz.

Ao. 116. Donnerstag, 2. Oktober 1873. VII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Maserrsteirr L Wogker, Rudolf Wolfe und O. L. Jauöe L ßo., sowie die Süddeutsche Annoncen-Grpedition
von H. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Einladung zum Abonnement.
Zum Abonnement auf das mit dem L. Ok-
tober beginnende 4. Quartal des Schwetzinger
Wochenblattes laden wir hier mir ergebeuft
ein und ersuchen die auswärtigen Abonnenten,
die Bestellungen bei den betr. Postanstalten
und Landpostboten rechtzeitig zu machen» da-
mit, da wir bei der stets bedeutend steigenden
Abonnentenzahl unseres Blattes keine Nach
lieserung garantiren können, keine Unterbre-
chung im Bezug eintritt.
Die Expedition
Deutsches Reich.
— Die Abreise des Kaisers von Baden-
Baden nach Wien ist noch nicht festgesetzt, doch gilt es frag-
lich, daß damit bis zum 15 Okt. gewartet werden möchte;
wahrscheinlich wird der Kaiser sich schon am 9. k. M. nach
Wien begeben. Fürst Bismarck wird ihn nicht dahin be-
gleiten, da derselbe nach dem Rath seiner Aerzte so lange
wie möglich durch ländliche Ruhe Kräftigung zu erlangen
suchen wird. Ende Okwber kehrt der Hof nab Berlin
zurück; auch Fürst Bismarck dürfte dann seine hiesige Thä-
thigkeit wieder aufnehmen.
— Die U e b e r e i n st i m m nng , welche zwischen
den Cabinetten des deutschen Kaisers und des Königs von
Italien durch die Anwesenheit des Letzteren in Berlin er-
zielt würden ist, läßt, wie man in diplomatischen Kreisen
versichert, nichts zu wünschen übrig. Es hätte, so hört
man, gar keiner schriftlichen Abmachungen bedurft; die
Stellung, welche die beiden Regierungen in allen großen
europäischen Fragen einzuuehmen haben würden, ergäbe sich
naturgemäß aus der Übereinstimmung der Ansichten. Man
glaubte sich übrigens der Zustimmung Oesterreichs zu letz-
teren versichert halten zu dürfen. Es heißt, Oesterreich habe
fürs Erste auf bestimmte Vereinbarungen bezüglich der
Stellung der drei Regierungen gegenüber dem eventuellen
Bourbonenlönigthum in Frankreich hinwirken wollen.
— Der a l t k a t h o! i s ch e Bischof Reinkens
ist, wie man der „Spen-Ztg." aus guter Quelle mittheilt,
aufgefordert, nach Berlin zu kommen und sich hier vereidigen
zu lassen. Die Vereidigung soll nicht vom Oberpräsidenten
der Provinz, wo der Bischof domicckirt, sondern vom Kul-
tusminister und zwar vermnthllch im Laufe des Oktober-
geschehen. Der Bischof hat dann das Recht, im Einver-
ständniß mit dem Staat Parochien zu errichten und die
von ihm ernannten Geistlichen können rechtsgültige Akte —
Trauungen u. s. w. vollziehen, während den Amtshand-
lungen der gesetzwidrig angestellten neukatholischeu Geistlichen
die bürgerliche Rechtsgültigkeit fehlt.

Berlin, 29. Sept. Im vorigen Jahre faßte bei Bcrathung des
Gesches, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichs-Be-
amten, bekanntlich der Reichstag den Beschluß, den Reichskanzler
l aufzufordern, Maßregeln zur Anbahnung der höchst nothwendigenVer-
! sorgung der Veamten-Witiwen des Deutschen Reiches und der minder-
! jährigen Kinder derselben zu treffen. Der D. R. C. zufolge ist nun
gegenwärtig im Reichskanzleramte ein Gesetzentwurf zur Vorlage an
den Bundesrath bearbeitet worden, nach dem jede Wittwe eines Reichs-
beamten i/s des Gehaltes als Pension erhalten soll, ohne daß der Be-
amte zur Zahlung eines Beitrages bei Lebzeiten verpflichtet sein soll:
Auch soll im Einverständniß mit dem preußischen Finanzmimfter be-
i schlossen worden sein, diesen Versorgungsmodus unter Aufhebung der
preußischen Wittwen-Verpflegungs-Anstalt in Preußen einzuführen.
Baden, 29. Sept. Der deutsche Kaiser ist heute Nachmittag
2 Uhr 30 M. mit Extrazuz im besten Wohlsein hier eingetroffen zu
ungefähr 14tägigem Aufenthalt, empfangen von der Prinzessin Elisa-
beth von Baden, der Herzogin Hamilton, der Erbprinzessin Monako,
dem Erbprinz und Prinzessin Fürstenberg, den Gesandten und Spitzen
der Behörden. Die Großh. Familie wird heute Abend 7 Uhr er-
wartet.
! Ausland.
New-Avvk, 13. Septbr. Die Ursache jahrelanger Gereiztheit
zwischen den Vereinigten Staaten und England — schreibt die N.-H
H.-Z. — ist in dieser Woche definitiv begraben worden. Die uns vom
i Genfer Schiedsgericht zugesprochenen Entschädigungsgelder sind vom
i britischen Gesandten in Washington in bester Form pünktlich bezahlt
worden. Hwr Hamilton Fish gab eine Quittung über 15^2 Millio-
, nen Dollars, es erfolgte ein „llunäsllaRinA ullronnck" und der
große historische Akt Hütte ein Ende.
Neueste Kopfen-Aerichte.
Vom CorMrrent.
Schweringen, 1. Oktober. Nachdem im Laufe
der vorigen Woche die Preise um mehrere Gulden zurückge-
gangen und das Geschäft eine gewiße Stagnation angenom-
s men hatte, hat sich dasselbe wieder ziemlich gehoben und
steigen die Preise allmälig wieder in die Höhe. Es wird
z doch, wenn auch die vor vierzehn Tagen im Geschäft herr-
schende große Lebhaftigkeit momentan noch nicht wieder ein-
j getreten ist, lebhaft gekauft und fl. 70, 75 und 80 mit
i Trjnkgeld bezahlt. — Bis heute sind auf hiesiger Stadt-
i waage 1100 Ctr. abgewogen worden. Ain hiesigen Platze
ist jetzt so ziemlich die Hälste geräumt. — Von den umliegen-
. den Orten wird ebenfalls Lebhafter Kauf zu 70 — 75 fl.
i per Et. gemeldet.
Wiesloch, 29. Sept. Die Hopfenpreise sind durch
i die Zurückhaltung der Käufer sehr gesunken. In Folge der
i anhaltenden guten Witterung ist eine abermalige Reduzirung
l in Aussicht. Kleine Verkäufe zu fl. 55—60 haben dennoch
startgefunden.

Ehingen a. d. Donau, 28. Sept. Mit der Hopfen-
ernte werden wir in ein paar Tagen fertig, das Ergebniß
ist in Qualität sehr gut, in Quantität von 3—7 Ctr. per
Morgen, durchschnittlich fünf Ctr. Bis jetzt rst nur ein Kauf
vorgekommen, nämlich 20 Ctr. Frühhopfen der Stadt zu
fl. 75 an einen Kundschaftshändler. Produzenten sind sehr
zurückhaltend.
Saaz, 28. Sept. In der abgelaufenen Woche hatten
wir hier ein sehr animirtes Geschäft; es ist am Platze,
insbesondere auf dem Lande, sowohl von Händlern als von
Brauern lebhaft gekauft und von letzteren in manchen Orten
auch höhere Preise angelegt worden wie z. B. im Orte
Welletitz, wo Brauer 180 zahlten. Man notirt gegenwärtig
Stadt 180-190, Bezirk 160—162 und Kreis ä 150 fl.,
und dürften die Preise ihre steigende Tendenz dadurch be-
haupten, indem im Saazer Lande nicht viel weniger
als zwei Dritt hei le der heurigen Ernte bereits auf-
gekauft sind, wovon sich jedoch ^/s in den Händen der
Händler befindet.
Bischweile?, 26. Sept. Unsere Hopfenernte ist
nun fast allenthalben glücklich zu Ende gebracht; nur wenige
Felder bleiben noch übrig, werden aber bei dem fchönen
Wetter, welches uns in den letzten Tagen begünstigt, auch
bald eingeheimst sein. Was die Verkäufe betrifft, so ist es
auf unserem Platze und auch in der Umgegend noch sehr
stille. Die von einigen Unterhändlern gebotenen 125—135
Franken bleiben von den Pflanzern größtenteils unberück-
sichtigt, da man überzeugt ist, daß unsere Hopfen dieses
Jahr wenigstens 200 Fr. per Ctr. erzielen werden. Das
Sprichwort: „Bange machen gilt nicht!" wird sich hoffent-
lich dießmal auch wieder bewähren. Wenn die israelitischen
Feiertage vorüber und die Hopfen sackbar sind, wird woh-
mehr Leben in das Geschäft kommen, den überall ist die
Ernte geringer ausgefallen als man erwartete, alte Hopfen
sind keine mehr übrig und der Bedarf für das nächste Jahr
stellt sich durch den Weinmangel und den daraus hervor-
gehenden stärkeren Bierconsum täglich mehr heraus.
Alost, 27. Sept. Die Hopfenpflücke ist jetzt im
Aloster Bezirke fast beendigt. Der Ertrag bleibt auf eine
gute halbe Ernte geschätzt, die Qualität ist im Allgemeinen
eine ausgezeichnete. Unser heutiger Markt hatte eine Zu-
fuhr von 160 Ballen, welche zum Preise von Frs. 85—90
per 50 Kilo — je nach Qualität — Absatz fanden. Da
unsere Ernte gering und das Defizit in England und
Amerika nunmehr konstatirt ist, scheinen mir diese Preise
Vortheilhaft.
Antwerpen, 26. Sept. Im Gegensätze zu der vo-
rigen Woche haben alle während der letzten 8 Tage von
den Haupt-Hopfenmärkten Europas eingelaufenen Berichte
eine große Ruhe im Geschäfte und einen Preisrückgang an-
gezeigt. Unser Markt hat hievon natürlich die Folgen em-

Sie Zigeunerin.
Novelle
voil Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
„Nicht doch, Leon, mir hilft kein Arzt," flüsterte
sie matt.
„Sprich doch nicht so, liebste Mutter," entgegnete Leon,
der ihre Worte nicht begriff, erschrocken. „Du befandest
Dich doch bis jetzt immer vollkommen wohl."
„Körperlich ja," murmelte die Gräfin, „aber —"
„Aber, Mutter?" forschte Leon.
Die Gräfin richtete sich plötzlich von ihrem Sitze auf,
indem sie heftig ausrief:
„Weißt Du, was es heißt, arm sein, von allen
Mitteln entblößt, wenn man nie, nie Mangel gekannt hat,
sondern von Reichthum, Glanz und Luxus umgeben war?
— Weißt Du, was das bedeutet, Leon? — Weißt Du,
daß das einen Menschen zu allen ehrlosen Handlungen
treiben kann? Weißt Du das?"
Leon's bleiches Gesicht war noch bleicher geworden; er
verstand seine Mutter nicht, nie hatte er eine Ahnung ge-
habt, daß solche Worte auf seine Eltern oder ihn Anwen-
dung finden könnten; er dachte auch jetzt nicht daran, und

nur das aufgeregte, sonderbare Benehmen seiner Mutter
brachte ihn außer Fassung.
„Ich weiß nicht, Mutter," stotterte er endlich, „ich
verstehe Dich nicht."
Die Gräfin sank, wohlberechnend, in ihren Sessel
zurück.
„Armer Leon!" seufzte sie, „ich glaube wohl, daß Du
mich nicht verstehst, und doch ist es bittere Wahrheit. Doch
läßt sich dieser .entsetzliche Schicksalsschlag nicht abwenden.
Höre denn, mein Sohn, Du wirst doch die Schande und
das Unglück Deiner Eltern erfahren müssen: Dein Vater
ist arm — einige Wochen, und wir sind verloren — er
wird in's Gefängniß wandern müssen — der angesehene
Graf von Cölestin."
Sie bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen.
„In's Gefängniß?" murmelte Leon tonlos.
„In's Gefängniß!"
Leon gehörte zu denjenigen Menschen, die bei klein-
lichem Kummer ihren Schmerzen kein Ende wissen, sobald
es aber ein wirkliches Unglück giebt, sich entschließen, zu
handeln.
Auch in diesem Augenblick, nachdem der erste Schrecken
vorbei war, richtete Leon sich auf.
„Sage mir Alles, Mutter," sagte er nur noch mit
einem leisen Beben der Stimme, während die Gräfin mit
Mühe einen befriedigten Ausdruck ihrer Züge verbannte;
„auch das Geringste muß ich wissen. Warum muß der
Vater in's Gefängniß?"

Die Gräfin schien kaum noch sprechen zu können, und
erst nach vielen vergeblichen Versuchen entgegnete sie kaum
hörbar :
„Dein Vater hat Wechsel gefälscht."
Kein Zug veränderte sich mehr in Leon's Gesicht, nur
einen namenlosen Schmerz fühlte er, als seine Mutter diese
Worte aussprach.
„Und welche Summe fordert die Deckung?" fragte
er fest.
„Zwanzigtausend Thaler!" entgegnete die Mutter.
„Es wird nicht möglich sein, die Lumme anzuschaffen,"
sagte Leon, noch immer ruhig, „und wenn auch, wir wür-
den sie später nicht zurückerstatten können. Es geziemt
mir nicht, dem Vater Vorwürfe zu machen, und wozu auch?
Es würde unsere Lage nicht verbessern. Also bleibt uns
nur noch ein Mittel übrig; wir müssen Alles verkaufen,
unsere Schuld bezahlen und uns in einer andern Gegend
unseren Lebensunterhalt verdienen — Arbeit schändet nicht."
„Auch den Edelmann nicht?" fragte die Gräfin,, als
sie ihren letzten Hoffnungsanker schwinden sah.
„Auch den Edelmann nicht, Mutter," entgegnete Leon
fest, „aber Schande würde es uns bringen, wenn wir uns
mit dem Erlös unserer Sachen entfernten, um davon ruhig
uud ohne Sorgen leben zu können, unbekümmert um den
Fluch, der nothwendiger Weise auf unrechtmäßig erworbenem
Gute liegen muß."
(Fortsetzung folgt.)
 
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