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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 121 (14. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0485

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lhwchmgcr Wochenblatt

Amtsverkündigungsölalt für den Aezirk Schrvehingen.
Kadischc Hapscn) eit u n g.

P reis
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 Er.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

121. Dienstag, 14. Oktober 1873.

VII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasensteirr <L Mogler, Rudolf Wosse und K. L. Jauöe L Ho., sowie die Süddeutsche Aunoncen-Hrpedition
von H. Stöckyardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Procch Bazaine.
Versailles, 8. Okt. (Dritter Verhandlungstag.)
Die Sitzung wurde um I Uhr 15 Min. eröffnet. Wenn
der Bazaine betreffende Theit des Berichts, der gestern zum
Schluß der Sitzung vorgetragen wurde, darthut, daß Ba-
zaine sich auf politische Unterhandlungen eingelassen, so sucht
der Bericht in dem Schluß seines zweiten Theiles darzu-
thun, daß der Marschall sich der Regierung vom 4. Sept,
gegenüber die unabhängige Stellung schaffen wollte, die er
auck dem Kaiser gegenüber einzunehmen versucht hatte. Der
Intendant Richard sowohl als General Leflo, gegenwärtig
Botschafter in Petersburg, gabeü in dieser Hinsicht Einzel- !
heilen an, welche für den Marschall sehr erschwerend sind, l
In dem Bericht wird ihm noch besonders vorgeworfen, daß !
er die Bemühungen der Regierung vom 4. Sept., um -
Metz mit Mundvorräthen zu versehen, nicht unterstützte, §
und keinen Ausfall in der N'chtung von Thionville machte, !
als der Intendant Richter ihn am 16. September in
Kenntniß gesetzt, daß er mit 120 Waggons Lebensmittel l
herannahte. Die Konklusionen des zweiten Theiles beschul- i
digen den Marschall der absichtlichen Unthätigkeit, der Un-
terhaltung von Verhiudungen mit dem Feinde, dem er mit- i
getheilt, für wie viele Tage er noch Lebensmittel habe, !
und der Verweigerung, die Regierung der Nation al-Ver-
theidiguug anzuerkenneu.
Der dritte Theil behandelt den Zeitraum vom 3. Okt. >
bis zur Kapitulation. In diesem Theil des Berichts wurde
besonders ein Aktenstück bemerkt, welches den Beschluß ent-
hält, welchen der Kriegsrath in der Sitzung vom 11. faßte.
Derselbe ist von den Marschällen Canrobert und Leboeuf
und den Generalen Ladmirault, Frossard, Desvaux, Solelle
und Lebrun unterzeichnet.
In demselben wurde einstimmig beschlossen:
1) Man wird sich vor Metz so lange halten, als
möglich.
2) Man wird es anfgeben, die deutschen Linien zu
durchbrechen.
3) Man wird Verhandlungen mit dem Feinde an-
knüpfen und ehrenvolle Bedingungen verlangen.
4) Wenn der Feind zu harte Bedingungen stellt, so
wird man sich durchzuschlagen versuchen. Der Bericht be-
spricht alsdann die Mission des Generals Boyer. Zuerst
wollte Herr v. Bismarck die nämlichen Bedingungen be-
willigen, wie in Sedan. Auf das Drängen des Generals
Boyer versprach aber Bismarck, vom Könige bessere Be-
dingungen zu verlangen, worauf dieser vorgeschlagen habe,
daß der Friede mit der Regentin abgeschlossen und daß die
Rhein-Armee ein Pronunciamento zu Gunsten der Kaiserin
mache, in welchem Falle die Armee und Metz frei sein
werde. Diese letztern Nachrichten befanden sich in dem
französischen offiziellen Blatt und im Figaro. Als Gene-

ral Boyer nach Metz zurückkam, versammelte Bazaine den
Kriegsrath, dem er mittheilte, daß Metz dem Feinde seine
Thore öffnen werde, ohne jedoch, wie ihm der Bericht vor-
wirft, den Marschällen und Generalen wie den Blättern
von obigen Bedingungen Mittyeilung zu geben.
Um 3 Uhr wird die Sitzung auf 25 Minuten ver-
tagt. Nach dieser Pause wird nut dem Vortrag des Be-
richts fortgefahren. Derselbe faßt die stattgehabten Unter-
handlungen zusammen und thut dar, wie sehr dieselben ge-
gen die Ordonnanz vom 3. Mai 1832 verstoßen. Die
Stellen, welche auf die Unterhandlungen Bazaine's mit dem
Feinde Bezug haben, machen auf die Richter und das Pu-
blikum keinen für Bazaine günstigen Eindruck. Der Mar-
schall sieht auch sehr düster aus, und sein Vertheidiger
Lachaud, der fortwährend den Vortrag des Berichts nach
einem Exemplar in der Hand sehr aufmerksam verfolgt,
spricht mehrere Mal zu ihm und scheint ihm Muth einflö-
ßen zü wollen. General Boyer verließ ein zweites Mal
Metz und begab sich zur Kaiserin nach Hastings. Seine
Mission konnte nach dem Bericht keinen Erfolg haben; dies
werde dadurch bewiesen, daß der preußische Generalstab, der
am 26. Oktober gewußt, daß die Stadt keine Lebensmittel
mehr habe, nun ohne Schonung vargegangen sei. Er habe
dem Marschall einen Brief gesandt, in welchem er erklärte,
daß jedes Einverständniß unmöglich sei, da das Kaiserreich
von der Nation nicht anerkannt werden würde und die
deutsche Regierung nicht mit einer Regierung unterhandeln
könne, die Frankreich nicht annehmen würde. Hier wirft
der Bericht Bismarck vor, so lange von einem Einverständ-
niß gesprochen zu haben, als die Metzer Armee kampffähig
gewesen sei, aber sich dessen, was er früher gesagt, nicht
mehr erinnert zu haben, als der unheilvolle Augenblick ge-
kommen sei. Der Bericht ergeht sich sehr breit über die
politische Frage und theilt die Einzelheiten über die ersten
Unterhandlungen Boyer's mit dem deutschen Hauptquartier
mit, insofern sie den mit der Kaiserin abzuschließenden
Frieden betreffen. Schließlich wird dann die Frage wegen
der Fahnen besprochen, die Bazaine bekanntlich nicht ver-
nichten lassen wollte. Diese Stelle des Berichts macht auf
die Versammlung einen erregenden Eindruck, besonders, da
sie mit den Worten schließt:
„Deßhalb erklären wir, daß der Marschall Bazaine
gegen seine Ehre gehandelt hat."
Bazaine verliert in diesem Augenblick sein kaltes Blut,
er legt seine Hand auf die Stirn und es scheint, als wolle
er sich erheben. Lachaud sagte aber einige Worte zu ihm,
und Alles geht fast ohne Aufsehen zu erregen vorüber.
Um 4 Uhr 45 Minuten war der Vortrag des eigentlichen
Berichts beendet.
Das Ussurno muß nun vorgetragen werden.
Der Präsident vertagt den Vortrag desselben auf eine nächste

Sitzung und befiehlt, den Marschall hinwegzuführen. Der
Präsident vertagt dann die Sitzung auf morgen 1 Uhr.
Rundschau.
Der preußische Ministerpräsident, Graf Roon, hat,
wie der „Fr. Ztg." gemeldet wird, eine Verlängerung fei-
nes Urlaubs nachgesucht und erhalten, woraus man schlie-
ßen will, daß der Gesundheitszustand des Feldmarfchalls
demselben die Fortführung des preußischen Amtes nicht ge-
stattet, wogegen es nicht unwahrscheinlich ist, daß derselbe
Mitglied des Bundesraths bleibt und in dieser Eigenschaft
das dem Reichstage vorzulegends Heeresorganisationsgesetz
vertheidigen wird. Sollte Roon's Rücktritt demnächst er-
folgen, so wird die Stelle eines Präsidenten des preußischen
Staats-Ministeriums, in welchem Bismarck übrigens ver-
bleibt, neu zu besetzen sein. Daß mit dem Präsidium ein
besonderer Einfluß nicht verbunden ist, das hat Bismarck
schon gesagt.
Aus Mainz wird berichtet, Bischof Ketteler wolle
gegen die Anerkennung des Bischofs Reinkens als „katho-
lischer" Bischof in Hessen durch die Regierung sich mit
einem Proteste verwahren. Die Verwahrung werde sich zu-
vörderst auf die Abmachungen mit dem päpstlichen Stuhle
stützen, welche in den beiden, die sogenannte oberrheinische
Kirchenprovinz betreffenden Bullen als die Grundlagen des
Rechtsverhältnisses zwischen den betreffenden Staaten und
der römischen Kirche auch für Hessen wirksam und mittels
besonderer Verordnungen eingeführt wurden. In jenen
Bullen werden die Diözesanfprengel bestimmt, deren „Orte
und Pfarreien und ihre Einwohner beiderlei Geschlechts,
geistlichen und weltlichen Standes, als Klerisei und Volk,
auf immer zugewiesen, unterworfen, gänzlich der geistlichen
Gerichtsbarkeit jedweden Vorstehers" der Erzdiözese oder
Diözese u. s. w. Eine praktische Folge dürfte der „Pro-
test" indessen schwerlich erlangen.
Die Urkunde über die landesherrliche Anerkennung des
Professors Reinkens in Breslau als katholischen Bischof
lautet, wie folgt:
Wir Wilhelm von Gottes Gnaden, König von Preu-
ßen rc. thun kund und fügen hiermit zu wissen, daß Wir
den ordentlichen Professor in der katholisch-theologischen
Fakultät der Universität zu Breslau, Dr. Josef Hubert
Reinkens auf Grund der am 4. Juni d. I. in Köln
stattgefundenen Bischofswahl und der ihm am 11. Aug.
d. I. in Rotterdam durch den Bischof von Deventer er-
theilten Konsekration als katholischen Bischof hiermit und
in Kraft Dieses anerkennen. Demgemäß befehlen Wir
Unseren Ober-Präsidenten, Präsidenten und Landes-Col-
legiis, wie auch Allen und Jeden Unserer VasallenAund
Unterthanen, weß Namens, Standes, Würden und We-
sens sie sein mögen, hiermit so gnädig als ernstlich, daß

Sie Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
Rosi lächelte über Kathrin's Eifer, ihre Ansicht zu
vertheidigen.
„Ich seh' wohl, Kathrin, Du bist noch immer die
Alte," sagte sie scherzend, „aber nun sage mir, warum
willst Du Franziska verheirathen ? Es würde uns keinen
Nutzen bringen, wir würden uns dann erst recht von ihr
trennen müssen, und außerdem können wir sie nicht verhei-
rathen — wir wissen ja nicht einmal, wer und woher
sie ist."
„Aber wenn sie sich heirathen wollte," sagte Kathrin
bestimmt, „wenn sie Jemanden hätte, den sie leiden
möcht' ?"
„Du willst doch nicht sagen, Kathrin?" fragte Rosi
gespannt, indem sie sich von ihrem Sitze erhob, und etwas
wie Freude schimmerte in ihren Augen.
„Ich will nichts sagen, Rosi," entgegnete Kathrin, das
Spinnrad fortschiebend, „aber 's könnt' doch sein, daß ihr
des Nachbars Andres nicht gleichgültig wär'!"
„Andres?" rief Rosi freudig aus. „Katharin, wenn
das wahr wäre? Aber nein," fügte sie gleich darauf trau-

rig hinzu, „Du mußt Dich irren; der Andres ist wohl ein
guter Bursch', aber für Franziska paßt er nicht. Das ist
nicht möglich, Andres ist ein rechter, echter Bauernbursche,
und Franziska scheint mir eher für alles Andere, als für
eine Bäuerin geschaffen zu sein. Nein, nein, Kathrin, ich
glaub's nicht!"
„Wir werden sehen, Rosi — wir werden sehen," ver-
setzte Kathrin mit einer gewissen Zuversicht. „Ich will
jetzt uicht weiter mit Dir darüber sprechen, sondern aufpas-
sen, ob ich recht gedacht und geschaut habe."
„Grüß Gott!" rief in diesem Augenblicke Franziska's
silberhelle Stimme zum geöffneten Fenster hinein und gleich
darauf überschritt eine zarte, schmiegsame Gestalt die Schwelle
der Hütte. „Grüß Gott, Mutter, Kathrin!" sagte sie, auf
Beide zuschreitend. „Bin schon wieder daheim; der Herr
Pfarrer hat mich wieder fortgeschickt; er könnt' mich heute
nicht gebrauchen."
„Und warum nicht, Fränzchen?" fragte Rosi, die gol-
denen Locken drs Mädchens streichelnd.
„'s war Besuch beim Herrn Pfarrer, ein junger
Mann aus der Stadt," sagte Franziska, und einem auf-
merksamen Beobachter würde das flüchtige Erröthen ihrer
bleichen Wangen nicht entgangen sein.
„Ein junger Mann aus der Stadt?" fragte Kathrin
neugierig. „Ach, das wird wahrscheinlich der Neffe des
Herrn Pfarrer sein. Du weißt Rosi, 's sind ganz genau
zwei Jahre, seit er zuletzt hier war."
„Wie genau Du das behalten hast!" rief Rosi nicht

ohne Beziehung aus. „Ich denke immer, Du weiß von
einem Tag zum andern nicht, daß Du lebst!"
Kathrin erröthete über und über bis unter das dunkle,
braune Haar.
„Es war grad' Sonntag," stotterte sie endlich ver-
legen.
„Immer bester! Bist Du ein närrisch Ding, Kathrin,"
flüsterte Rosi ihr zu, als Franziska sich dem Fenster zu-
wandte, um die blühenden Rosen und Nelken draußen im
schmucken Gärtchen zu bewundern. „Ich denk' ich seh's
noch, daß die Kathrin, die die Mannsleut' nicht leiden
kann, sich ganz fügsam in's Ehejoch spannen läßt." — Und
lauter fuhr sie dann zu Franziska gewendet fort! „Nicht
wahr, Franziska, es war ein kleiner, hübscher Mann mit
dunklem Haar?"
„Nein, nein," entgegnete diese erröthend, „ich glaube,
er hatte blondes Haar und dunkelblaue Augen."
Franziska mochte fühlen, daß sie sich verrathen hatte,
als sie sah, wie Rosi ihre Augen erstaunt auf Kathrin hef-
tete. Sie erröthete noch tiefer und wandte sich wieder zum
Fenster, als wenn sie dort etwas aufmerksam zu suchen
hätte.
„Es muß doch wohl ein Anderer gewesen sein," sagte
Kathrin endlich zu der Schwester; „ich denke auch, der
Neffe unseres Herrn Pfarrers wollte noch zwei oder drei
Jahre fortbleiben."
(Fortsetzung folgt.)
 
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