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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 115 (30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0461

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Wezirk Schwetzingen

Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Badische H o p s c n z c i t u n g.

Preis
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 Er.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische unv bayerische Rhempfalz.
Ko. 115. Dienstag, 30. September 1873. VII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Burcaux von Kaasenstern L Wogl'er, Rudolf Wos(e und G. L. Aauöe L Go., sowie die Süddeutsche Annoncen-Expedition
von G. Stöckstardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Einladung zum Abonnement.
Zum Abonnement ans das mit dem 1. Ok-
tober beginnende 4. Quartal des Schwetzruger
Wochenblattes laden wir hier mit ergebenst
ein und ersuchen die auswärtigen Abonnenten,
die Bestellungen bei den betr. Postanstalten
und Landpostboten rechtzeitig zu machen, da-
mit, da wir bei der stets bedeutend steigenden
Abonnentenzahl unseres Blattes keine Nach-
lieferung garantiren können, keine Unterbre-
chung im Bezug eintritt.
Die Krpeditiou.
Rundschau.
Die Presse aller Länder ist unermüdlich in Betracht-
ungen, welche sich auf den Besuch des Königs V-clor
Emanuel in Wien und Berlin beziehen und außerhalb der
französischen und ultramontanen Presse erbebt sich keine
Stimme, welche nicht, unter Anerkennung der politischen
Wichtigkeit dieses Besuchs, mit den vorausgesetzten Ergeb-
nissen derselben sympathisirte.
Niemals waren die Tendenzen und die Tragweite
eines fürstlichen Besuches klarer ausgesprochen. Wir wissen,
daß vermöge Traditionen und persönlicher Beziehungen die
Hineigung zu Frankreich nicht allein beim. Könige Victor
Emanuel, sondern auch bei vielen seiner Staatsmänner
überwieg, nd ist; aber gerade de-, halb muß es als ein höchst
patriotische» Act anerkannt werden, wenn der König und i
sein Ratbgeber diese Neigung ; dem Staatswohle opfern. ,
Weit entfernt, in diesem Umstande eine Schwächung der
Beziehungen zwischen Deutschland un) Italien zu erblicken,
finden wir darin vielmehr die Bürgschaft des festesten
Bandes zwischen beiden Nationen, weil dadurch bewiesen
wird, daß es nicht um eines vorübergehenden politischen
Zweckes willen, sondern zur Sicherung der höchsten natio-
nalen Güter, welche bei beiden von demselben Feinde be-
droht sind, geknüpft wird.
Oesterreich Hai den Aufenthalt Victor Emanuels
in Berlin mit sichtlichem Interesse beobachtet und, wie wir
mit Genugthuung constatiren, jede unzeitgemäße Empfindlich-
keit in Betreff der Vergangenheit unterdrückt; selbst der Toast
Victor Emanuels auf den Kaiser Wilhelm, seinen alten Ver-
bündeten, ist so ausgenommen worden, wie er gemeint war:
als em Ausdruck der freilndschaftlichen Zuneigung des Königs
von Italien für den Kaiser von Deutschland ohne jegliche
Beziehung auf das ehemalige feindliche Verhältniß zu Oester-
reich.
Bei Gelegenheit der Berliner Festfeier am 2. Septem-
ber haben 11 ausgeschiedene Maltheser einstimmig be-
schlossen : 1) auf der Grundlage des Statuts der schlesischen

Maitheservereinigung sich zu Werken der christlichen Liebe
nn Kriege wie im Frieden zu vereinigen; 2) dem Herzog
von Natibor die Leitung der Vereinigung anzuvertrauen;
3) die seither an die schlesische Genossenschaft gezahlten Bei-
träge fortznzahlen und zu einem eigem-n Fonds zu sammeln;
4) diesen Fonds bis zu einer Höhe von einigen Tausend
Thalern für Kriegszwecke aufzusammeln, des Weiteren aber
für Friedenszwecke, wie bisher, zu verwenden ; 5) eine förm-
liche Anerkennung des Vereins vorderhand weder in Berlin
noch in Rom nachzusuchen; 6) an alle ans dem schlesischen
Verein ausgeschiedenen Konfratres die Aufforderung zu rich-
ten, sich mck ihnen zu verbinden und an den Herzog von
Ratibor ihre Zustimmungserklärung einzusenden.
In Frankreich sind jetzt die Vorbereitungen für
das große Drama, welches sich dort vielleicht schon im Ok-
tober abspielen wird, im Ganzen und Großen beendet; der
Herzog von Broglie hat als Amanuensis und Bevollmächtig-
ter des Grafen von Chambord so geschickt operirt, daß nicht
nur das rechte Centrum, sondern sogar sechzig Mitglieder
des linken Centrums schon für die Sache der Monarchie
gewonnen sind — natürlich unter der Voraussetzung, daß
die Tricolore das Emblem des wiedergeborenen Königreichs
Frankreich bildet. Aber das ist Nebensache, das Wesentlichste
ist, daß die Idee der Monarchie gegenwärtig in Frankreich
triumphirt.
Am Abend des 25. wurde der Marschall Bazaine aus
seiner bisherigen Wohnung in Versailles nach Trianon ge-
bracht. Als der Oberst Luccioni, der von da zurückkam,
ihm gegen 7 Uhr mittbeilte, daß alles zur Uebersiedelung
bereit sei, konnte der Marschall seine Bewegung nicht ver-
bergen. Er ordnete seine Papiere, ertheilte die nöthigen
Weisungen wegen seiner Effeckten und bestieg hierauf mit
seinen Adjutanten, Oberst und Billette und Oberst Luccioni
ein seiner am Gartenthor harrendes Coups! Ein zweiter
Wagen mit dem Gepäck und dem Dienstpersonal folgte.
Während der fünfzig Mann starke Wachposten, der nun
seines Amtes enthoben war, nach Versailles zurückkehrte,
fuhr der Marschall durch die Dunkelheit gegen die Neu-
gierde der Vorübergehenden geschützt, seiner neuen Residenz
entgegen. Der Wagen hielt vor dem Perron des einstigen
Lieblingssitzes von Marie Antoinette, dessen erstes Stockwerk
dem Gefangenen, seinem Adjutanten und einem Gefüngniß-
brigadier angewiesen ist, während der Oberst Luccioni, der
Hauptmann Mandhuy und zwei Unteroffiziere das Erdge-
schoß inne haben. Fünfzig Mann sind zur Bewachung aller
Ausgänge, des Gartens und des Parkes bestellt. Der Mar-
schall nahm sogleich von seinen Gemächern Besitz; er schien
sehr niedergeschlagen zu sein und begab sich spät zur Ruhe.
Spanien fängt an, sich zu sammeln; aus dem bis-
herigen Chaos bildet sich allmählig ein fester Kern heraus,
dessen Mittelpunkt die von Patriotismus getragene Wieder-

aufrichtung der militärischen Disciplin bildet. Die Carlisten
begreifen die totale Veränderung der Situation und werden
stutzig; ihre aggressive Bewegung macht einer retrograden
Platz. Die militärische Organisation der Spanier schreitet
erfreulicher Weise fort, nur wäre es voreilig, davon sofortige
glänzende Erfolge zu erwarten. Die Carlisten mögen einen
Moment zurückweichen, aber sie werden bald zur Offensive
zurückkehren und noch mancher Monat mag vergehen, bis
die spanischen Regierungstruppen ihnen eine empfindliche
Niederlage beizubringen im Stande sind. Für den Anfang
aber verdienen die Anstrengungen, welche die Regierung
macht, die Armee zu reconstruiren, alle Beachtung und An-
erkennung.

Deutsches Reich.
Karlsruhe, 24, Sept. Durch eine Entscheidung
des Oberhofgerichts ist neuerlich ausgesprochen worden, daß
auch in ihrer Eigenschaft als Religionslehrer an der Volks-
schule die Geistlichen nicht Beamte im Sinne des Reichs-
strafgesetzbuches sind.
Berlin, 26. Sept. Der König von Italien ist heute
Abend 10 Uhr mit der Görlitzer Bahn abgereist. Derselbe
verabschiedete sich aufs herzlichste von dem Kaiser durch
Kuß und Umarmung, ebenso von dem Kronprinzen und
dem Prinzen Friedrich Karl. Der Bahnhof war bengalisch
beleuchtet. Eine ungeheure Menschenmenge begrüßte den
König mit sympathischen Zurufen.
Berlin, 27. Sept. Der Kaiser reist morgen Abend
11 Uhr per Extrazug über Frankfurt, wo das Dejeuner
im Westendhotel eingenommen wird, nach Baden-Baden.
Berlin, 26. Sept. Der Feldmarschall Freiherr v.
Manteuffel hat gestern Berlin wieder verlassen, um sich
zum Kurgebrauche nach Gastein zu begeben. Vorgestern
Abend stattete derselbe dem Reichskanzler Fürsten Bismarck
alsbald nach dessen Eintreffen aus Varzin einen Besuch ab
und hatte mit ihm eine mehrstündige Besprechung. Die
lange Dauer dieser Unterredung erklärt sich zum Theil wohl
aus dem großen Interesse, welches die Mittheilungen des
Oberbefehlshabers der Okkupationsarmee über die Zustände
Frankreichs allen Verhältnissen nach dem Reichskanzler dar-
boten. Andererseits spricht man aber auch von einem be-
sonderen Auftrage, welcher den Freiherrn v. Manteuffel zu
dem Fürsten Bismarck geführt habe. Im Zusammenhang
damit verbreiten sich in hiesigen politischen Kreisen Gerüchte
von einer in Aussicht stehenden Personalveränderung an der
Spitze des preußischen Staatsministeriums. — Seit einigen
Tagen verweilt hier der Regierungspräsident Bitter aus
Schleswig. Derselbe hatte bereits in mehreren Ministe-
rien Unterredungen über Angelegenheiten seines Verwaltungs-
bereiches.

Sie Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
„Aber, um kurz zu sein, nenne mir Diejenige, die Du
für Leon ausgesucht hast," fuhr der Graf fort.
„Olympia, die Comteffe von Wildbach," sagte die
Gräfin kalt.
„Wäre unsere Lage nicht so verzweifelt," entgegnete
ihr Gatte, „ich wäre wahrlich versucht, in das hellste Ge-
lächter auszubrechen. Nun, Amalie, ich habe gegen diese
Sache nichts einzuwenden; versuche Dein Glück bei Leon
— laß' mich aber bei der Geschichte aus dem Spiele."
Während der Graf aufstand und an das Fenster trat,
erhob seine Gattin sich von ihrem Sitze und rauschte, ohne
ihn noch eines Blickes zu würdigen, zur Thür hinaus.
Der Graf athmete erleichtert auf, als die Thür hinter
ihm in das Schloß fiel, und sein Gesicht nahm einen bei
Weitem heitereren Ausdruck an. Selten oder nie nahm die
Unterhaltung zwischen beiden Gatten eine minder gereizte
Färbung an.
Die Gräfin, ihrem Gatten in jeder Beziehung weit
überlegen, behandelte diesen fortwährend mit einer Gering-
schätzung, die ihn schon oft an die Grenzen der Verzweiflung

gebracht hatte. Er war für sie eben nur ein Gegenstand,
den sie nöthig hatte, um das Ziel ihrer Wünsche zu er-
reichen. Obgleich sie jetzt weniger als je zuvor Aussicht
hatte, dahin zu gelangen, wohin ihre Gedanken sie oft führ-
ten, nämlich eine Hauptperson des gesellschaftlichen Lebens
zu werden, konnte sie sich doch nicht von dieser Lieblings-
idee losreißen.
Die beabsichtigte Verbindung ihres Sohnes mit der
Comteffe von Wildbach, der Tochter einer der ersten ange-
sehenen Adelsfamilien, würde sie nun, nach ihrer Meinung,
ihrem Ziele um ein Bedeutendes näher bringen, aber sie
fürchtete doch heimlich, bei ihrem Sohne auf Widerstand zu
stoßen. Zwar konnte sie sich nicht über denselben beklagen,
daß er häufig dem Wunsche seiner Eltern zuwiderhandelte
— besonders seit den letzten vier Jahren hatte es stets nur
einer Andeutung bedurft, ihn zu Allem zu bewegen, was
seinen Eltern Freude machen konnte — aber die Gräfin
war dennoch nicht überzeugt, daß er sich ruhig fügen werde,
wo es das Glück seines Lebens galt.
Und in der That — Leon widersetzte sich diesem An-
sinnen auf das Entschiedenste, der blaffe, unentschlossene
Jüngling hatte seiner Mutter nichts weiter zu erwidern, als
daß aus dieser Verbindung nichts werden könne.
Seine Mutter, die wenigstens nicht auf ein solch festes
Benehmen seinerseits gefaßt war, sah ihn erschrocken an;
jene Aeußerungen, die er einst im Fieberwahnsinn gemacht,
traten wieder lebhaft in ihre Erinnerung, und so sah sie
auf einmal alle ihre glänzenden Hoffnungen, ihre kühnsten

Pläne vernichtet. Der Gedanke, daß ihr Sohn wirklich
verlobt fei mit einem armen Mädchen ohne Stand — denn,
daß sie das sei, daran zweifelte die Gräfin keine.- Augen-
blick — ließ sie erbleichen, und sie ergriff krampfhaft die
Lehne eines Stuhles.
„Um's Himmelswillcn, was ist Dir? Was hast Du,
Mutter d" rief Leon, erschrocken auf sie zueilend. „Bist Du
krank?"
Die Gräfin machte eine abwehrende Bewegung und
sank wie erschöpft in einen Sessel, während Leon sie angst-
voll betrachtete,
„Ein paar Tropfen Wasser!" hauchte sie mit kaum
hörbarer Stimme, aber als Leon in das Nebenzimmer eilte,
das Verlangte herauszuholen, warf sie ihm verstohlen einen
zufriedenen Blick nach; doch gleich darauf sank sie wieder
mit geschlossenen Augen in ihre vorige Stellung zurück, und
als Leon eintrat, erblüh er über den traurigen Anblick, den
seine Mutter, die er trotz ihrer Fehler zärtlich liebte, dar-
bot. Er eilte besorgt auf sie zu, schlang seinen Arm um
ihren Nacken und sprengte ihr Wasser in das Gesicht. Doch
erst nach längeren Bemühungen schien die Gräfin sich etwas
zu erholen.
„Du bist krank, Mutter!" flüsterte er besorgt. „Er-
laube mir, daß ich zu unserem Arzte schicke."
Mit diesen Worten wollte er seinen Arm frei machen,
aber die Gräfin ließ ihren Kopf schwer zurücksinken und hielt
ihn auf diese Weise fest.
(Fortsetzung folgt.)
 
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