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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 28 (8. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0111

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Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
nnd Boten nehmen
Bestellungen an.

Mwchmgcr WochrMrül.
Amtsverkündigungsölatt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische Hopfen Zeitung.

Preis
vierteljährlich kr
Inserate
die viergespaltene
Petitzerle oder deren
Raum 4 kr.
Lokalanzeigen
3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Samstag, 8. März 1873.

Ao. 28.

VII. Jahrgang.

Für das „Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsburger Wochenblatt Gratis-Ausnahme.

auf dieses Blatt wer-
oefleuungeil den bei sämmtlichen Postan-
stalten sowohl als bei den Landpostboten angenommen.
Die Expedition.
'politische Ileöerstcht.
Das Münzgesetz ist nunmehr in den betreffenden
Ausschüssen des Bundesrathes durchberathen worden. Eines
der Hauptbedenken, welches sich bei der Berathung heraus-
gestellt, wendet sich gegen diejenigen Bestimmungen, welche
den Feingehalt des Silbers betreffen. Es sollen zu diesem
Zwecke noch technische Gutachten von Sachverständigen ein-
geholt werden, ein Umstand, welcher jedenfalls die Absicht,
den Entwurf seitens des Bundesrathes gleich nach dem Zu-
sammentritt des Reichstags an den Letzteren gelangen zu
lassen, in Frage stellt. In Weiterem war man auch dar-
über verschiedener^Meinung, ob nicht in der Stückelung der
Münzen insofern eine Aenderung anzubahnen, daß der Ab-
stand zwischen der untersten und nächstfolgenden Stufe nicht
zu groß sei, so daß der Gefahr einer Verteuerung vorge-
beugt werden könnte. Hier und da wünschte man eine
Zwischenstufe zwischen einer halben Mark und der höchsten ,
Nickelmünze; es war die Reoe von der Ausprägung von
Zwanzig-Pfennig-Stücken. Die Ausprägung von Nickelmün-
zen im Allgemeinen fand Beanstandung und sollte gleichfalls
noch durch technische Begutachtung entschieden werden. End-
lich kam es in Frage, ob man nicht zwischen Ein- und Fünf-
Mtrkstücke eine Zwischenstufe einfügen sollte; doch war man
einig, daß hierbei das Decimalsystem entscheidend sein müsse.
Für die Prägung von Drei-Markstücken (also Beibehaltung
des Thalers) hat sich auch nicht eine Stimme erhoben.
Endlich unterliegen die Bestimmungen über die Ausprägung
Seitens Privater noch weiteren Erwägungen, woraus er-
hellt, daß zur Fertigstellung des Entwurfes jedenfalls noch
längere Zeit erforderlich ist.
Ueber die C o m m i s s i o n s f i tz u n g e n des Bundes-
rathes dringen folgende Nachrichten in das Publikum. In
ihrer letzten Sitzung hat die Reichssteuercommission die Mo-
tive zum Tabaksteuergesetz festgestellt und die Berathung des
Börsensteuergesetzes begonnen. . Der Justizausschuß des
Äundesraths hat die Berufung einer Commission von 9
eventuell 10 Juristen zu schleuniger Berathung der Straf-
proceßordnung beantragt. Ueber den Gesetzentwurf betreffend
das Posttaxwesen hat der Ausschuß des Bundesrathes für
Eisenbahn- und Verkehrswesen jetzt Beschluß gefaßt und
dessen Annahme mit einer unwesentlichen, rein redaktionellen
Modification empfohlen. Der Bundesrathsausschuß hat die
Ablehnung des Reichsbeamtengesetzes Seitens des Bundes-
raths beantragt.
In Betreff der Räumungsfrage schreibt das !

sonst gut unterrichtete „Journal de Belfort" : „Die günstig-
sten Gerüchte sind in Betreff der baldigen Räumung des
französischen Territoriums verbreitet. Der Maire von Bel-
fort hat sie in der Versammlung der Lyre Belfontaine be-
stätigt. Alles wird in drei Monaten beendigt sein, Dank
den Erleichterungen, welche die französische Regierung wegen
der Bezahlung der fünften Milliarde von Preußen erlangt
hat. Die vier Departements, welche noch besetzt sind, sowie
Belfort werden dann geräumt werden."
Wie die anderen Blätter versichern, drückt sich dieses
Blatt aber zu optimistisch aus; bis jetzt haben noch gar
keine Verhandlungen betreffs der Garantien für die fünfte
Milliarde stattgehabt. Andererseits erfährt man dagegen,
daß General Manteuffel mit den französischen Behörden
Besprechungen angeknüpft habe wegen des Unterbringens
der deutschen Truppen, die nach der Bezahlung der vierten
Milliarde die jetzt von ihnen besetzten Departements räumen
müssen. *
In Spanien hat General Hidalgo die Carlisten
in Catalonien auf's Haupt geschlagen, ebenso erlitt in Va-
lencia eine ähnliche Carlistenbande eine großartige Niederlage.
In Rußland, allwo man bekanntlich schon seit
langen Jahren ethnographische und geographische Ukase er-
läßt , ist jüngst ein merkwürdiger Befehl publicirt worden.
Das „asiatische Rußland" nämlich soll aufhören. Dieses
Stücktein gehört in dieselbe Rubrik, in welcher sich auch das
„Weichselgouvernement" verzeichnet findet. Man fand eines
schönen Tages die geographische Existenz des Königreichs
Polens störend; flugs war das Aergerniß beseitigt und das
Weichsel-Departement tilgte jenen Begriff. Also soll eS
nunmehr auch mit „Russisch-Asien" geschehen. Die Gou-
vernements Orenburg und Ufa werden fortan dem „Euro-
päischen" Rußland einverleibt und die darüber hinausliegen-
den territorialen Kleinigkeiten sollen die Bezeichnung „Okrai-
nen," das heißt Rand- oder Grenzländer, führen. Hierzu
gehört fortan Ostsibirien. Auf diese echt russische Weise
wird für die Vergrößerung unseres Europäischen Continents
gesorgt.

Vom Ausschuß des badischen Städtetages.

(Fortsetzung.)
Sofort wird zur Berathung des Statuts des badischen
Städtetages geschritten. Daffelbe ist von Mannheim ent-
worfen ; Gemeinderath v. Feder fungirt als Berichterstatter.
Wir lassen es unlkn folgen.
8 1 wird ohne Besprechung angenommen, ebenso die
88 3, 4, 6, 7, 9 und 10. Mit 8 2 ist Konstanz nicht
einverstanden, der Gemeinderath soll auch andere Einwohner
als Gemeinderäthe und Ausschußmitglieder in den Städte-

tag absenden können; auch vermisse er die Bestimmung der
Zahl der Abgeordneten einer Stadt; es solle ein Maximum
bestimmt sein; ebenso Baden, welches 5 als Maximum vor-
schlägt, Durlach und Bruchsal. Gegen ein solches Maximum
sprechen Mannheim, Heidelberg und Freiburg, weil voraus-
sichtlich nicht zu viel Bert eter erscheinen werden und weil
nicht nach Mitgliedern, sondern nach Städten abgestimmt
werde. Ersterer Vorschlag, statt: „jeweils aus der Mitte
des Geweinderaths oder des Bürgerausschusses" zu setzen:
„jeweils aus der Einwohnerschaft" wird angenommen; da-
gegen der Antrag: die Zahl der Vertreter zu bestimmen,
verworfen. In Z 5 wurde die Unterstützung eines Antrags
durch mindestens 2 Städte verlangt; dagegen tritt Konstanz
entschieden auf und beantragt den Strich dieser Worte,
gegen welche sich Mannheim, Freiburg erklären, während
Heidelberg und Karlsruhe Vorschlägen: nur die Unterstützung
einer Stadt zu verlangen. Letzterer Vorschlag wird ange-
nommen , während für den Vorschlag von Konstanz nur
noch Bruchsal, Baden, Durlach, Karlsruhe und Lörrach
stimmten. Ein Antrag zu § 9, daß der Gemeinderath den
Stimmführer zu ernennen habe, wird von Freiburg gestellt,
aber es treten nur Bruchsal, Konstanz, Lörrach und Pforz-
heim bei. Das Statut lauter nun also:
8 1. Der badische Städtetag wird zum Zwecke der
Verständigung über die für das städtische Gemeindeleben
nothwendigen und wünschenswerthen Reformen berufen.
8 2. Zur Theilnahme an den Verhandlungen des ba-
dischen Städtetages sind die von den Gemeinderäthen der
einzelnen theilnehmenden Städte jeweils aus der Einwohner-
schaft ernannten Abgeordneten berechtigt.
8 3. Der Städtetag wird durch den Ausschuß dessel-
ben mittelst schriftlicher Einladung an die Gemeinderäthe
der theilnehmenden Städte berufen. Die Einladungen sollen
rechtzeitig erfolgen und die Bezeichnung der Tagesordnung,
sowie die vorzuschlagenden Resolutionen enthalten.
8 4. Der Ausschuß wird gebildet aus den Delegirten
der Gemeinderäthe von Baden, Bruchsal, Karlsruhe, Kon-
stanz, Durlach, Freiburg, Heidelberg, Lahr, Lörrach, Mann-
heim, Offenburg, Pforzheim und Rastatt.
Die Zahl der Delegirten ist auf zwei beschränkt. Der
Ausschuß wählt einen Vorsitzenden und eine engere geschäfts-
führende Kommission. Mitglied der letzteren ist der Bür-
germeister derjenigen Stadt, in welcher der Städtetag getagt
hat, und der Bürgermeister derjenigen, welche als der künf-
tige Tagungsort bezeichnet wird.
8 5. Der Ausschuß bearbeitet die dem Städtetag zu
machenden Vorlagen und ernennt zu diesem Behufe die Be-
richterstatter. Er formulirt die zur Abstimmung zu brin-
genden Resolutionen. Der Ausschuß ist nur verpflichtet,
solche Anträge und Abänderungsvorschläge in Betracht zu
nehmen, welche die Unterstützung von mindestens einer an-

Durch Inseraten.
Ehen werden im Himmel geschlossen, heißt es in einem alten
Sprichwort: aber dasselbe muß schon sehr alt sein, denn fast will mir
scheinen, vaß die meisten Ehen heutzutage im Jnseratenthcile der Lo-
calblätter geschlossen werden. Ich kenne einen sonst höchst nüchternen
Mann, welchermit einer Art von Begeisterung versichert, daß diese Art
Ehen die besten und erfreulichsten seien, weil sie meistens nur auf —
„Probezeit" engagirt würden. Ein anderer Vortheil der „Heiraths-An-
kündigungen" dürfte darin zu sehen sein, daß dieselben allen majoren-
nen und heirathslustigen Damen die Hoffnung offen halten, noch „an
den Mann zu kommen," wenn ich mich so ausdrUcken darf und wenig-
stens können sie durch dieselben in einer gewissen erwartungsreichcn und
daher freudigen Beziehung zur Männerwelt bleiben. Etwas mehr schien
das fojgende bescheiden gehaltene Inserat zu bezwecken:
„Eine Wittwe in gesetztem Alter, welche eine gut eingerichtete
Wohnung und ein ausreichendes Einkommen hat, sucht, des Alleinseins
müde, einen Lebensgefährten in- noch rüstigem Alter und entsprechenden
Verhältnissen. .
Herr Zapfel ein ältlicher und natürlich dicker Bierbrauer, der sein
Schäfchen im Trockenen hat, ebenfalls Wittwer seit zehn Jahren, hatte
sich die Adresse verschafft und machte sich auf die Strümpfe, um die
Dame aufzusuchen.
Er ging mit einiger Anstrengung in den vierten Stock eines
Vorstadthauses hinauf und ließ sich durch die Magd — anmelden. . .
O *
Herr Zapfel bemerkte bei seinem Eintritte eine hübsch^ aufgeputzte
Dame,, welche in voller Erwartung zu sitzen schien. Schön war sie nicht
aber ziemlich alt, sah aber noch ganz resolut aus. Ihr Blick der scharf
etwas stark herausfordernd und zugleich recht freundlich war, sagte ihm
nicht sonderlich zu, aber das Aeußerliche, der „ganze Anstrich" mit
Einbegriff der Einrichtung, mochte seinen Zwecken entsprechen. Die
Dame sah den robusten Mann, welcher Stattlichkeit mit Kraft undWürde zu

vereinigen schien — und mit bezauberndem Lächeln nöthigte sie ihn §
Platz zu nehmen. Einen Augenblik saß das Pärchen schweigend. Er !
glaubte die Verpflichtung zu haben, zuerst zu reden und sprach flüsternd:
„Gnädige Frau stehen mit dem Inserat im Zusammenhang. . ."
„Ich bin es selbst," lächelte sie mit verschämter Offenheit.
Ihr Auge suchte dabei das seinige, welches in der angeborenen
oder angewohnten Freundlichkeit fortfuhr zu blinzeln.
„Ich bin in der That geneigt, mein Junggesellenleben aufzugeben,"
sagte er; „es kommt nichts dabei heraus und ich liebe die Bequem-
lichkeit."
Die Dame hüstelte und lächelte, als wollte sie sagen: Ganz
mein Fall. ,
» * l-e
Er betrachtete sie jetzt näher und bemerkte am Halse zwei Erhöh-
ungen, welche an einem andern Platz und in anderen Umrissen mög-
licher Weise reizend hätte sein können; er bemerkte auch bei ihrem Lächeln
eine Reihe Zähne, welche nicht im Einklang stand mit den zahlreichen
Runzeln und der Schminke im Gesichte und — sonst bemerkte er
Nichts.
Das machte ihn indessen nicht bedenklich, denn'er verlangte auch
Nichts . . .
„Ein stilles Hauswesen mit einer gemüthlichen Ansprache," fuhr
Herr Zapfel fort, „war seit lange mein sehnlichster Wunsch. Ich bin
ein vcrmöglicher Mann und eine Frau würde es bei mir ganz gut
haben . .
Dann setzte er mit einer ernsten Betonung hinzu:
„Ich liebe nichts mehr, als eine gute Hausmannskost . ."
„Sehen Sie," sagte die Dame, „das träfe sich prächtig; ich bin
nicht Ungeschick! im Kochen, meine Bekannten behaupten, daß keine
Köchin bessere Kartoffelnudelnmacht, wie ich . . . und erst die Zwei-
schenknödel ..."
Das Gesicht des Herrn Zapfel leuchtete.
„Meine Leibspeisen!" sagte er entzückt.
„Also der Herr ist ein großer Verehrer von Zwetschenknödel —
wie schade, daß wir jetzt nicht in der Jahreszeit sind . . ."

Herr Zapfel blickte sie mit freudiger Bewunderung an; er schien
den Wink zu verstehen.
„Wie meinen Gnädige . . .1" fragte er gespannt aber schüchtern.
Es müßte eine prächtige Schüssel beim Hochzeitsessen sein."
Herr Zapfel hob sich freudig bewegt von seinem Sessel:
„Sie sind eine ganz geschmackige Frau;" sagte er mit Pathos.
Die Dame streckte ihm ihre Hand entgegen und Herr Zapfel
fühlte einen merkwürdig feurigen Druck . . .
Seltsam! Dieser Druck war für den dicken Herrn Zapfel ein
Guß kalten Wassers.
Den feurigen Augen der Dame setzte er nur ein blöden verschäm-
ten Blick entgegen.
„Ich habe aber noch eine Bemerkung zu machen", bemerkte er
mit leiser Stimme; „eine Bemerkung, welche unseren eingehenderen
Verhandlungen vorangehen müßte."
Die Dame drückte ihm wieder freudig die Hand und ersuchte ihn
an ihrer Seite Platz zu nehmen.
^,O Sie Schlankl", lächelte sie selbstgefällig; „in Bezug auf den
Hochzeitstag haben Sie gewiß noch besondere Bestimmungen zu treffen."
„Hochzeitstag? nein, im Gegentheil; ich wünsche keinen Hochzeits-
tag zu feiern", stieß er mit emer sichtlichen Selbstüberwindung heraus.
„Wie soll ich das verstehen?", fragte die Dame verblüfft.
Herr Zapfel betrachtete nachdenklich — und es war eine bedeut-
same Nachdenklichkeit ein gewisses breites Möbelstück im Zimmer
und wiederholte:
„Nein, damit ist es nichts, gar nichts . .
„So-„ machte die Dame, es war ihr offenbar ein Licht
aufgegangen, „so — so — dann muß ich sehr bedauern ..."
Sie hatte sich erhoben und machte eine sehr verbindliche Ver-
beugung und dann noch eine Verbeugung.
Herr Zapfel bemerkte nicht, daß an diesen stolzen Bewegungen
ein fataler Hohn lag. Er verbeugte sich ebenfalls und ging.
Auf der Treppe murmelte er: „Schade — Schade — um die
Zwetschkenknödel — rs wäre eine Ehe wie im Himmel geworden."
 
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