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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 113 (25. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0453

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Schmhinger Wochenblatt.

Amtsverkündigungsölatt für den Wezirk Schwetzingen.
Badische H o p f c n; c i t u n g.

Preis
viertetjührlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 Er.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Ao. 113. Donnerstag, 25. September 1873. VII Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen fiir uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Wogter, Rudolf Waffe und ch. <L. Aauöe L Ko., sowie die Süddeutsche Annoncen-Krpedition
von G. Stölkhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Run- s ch a u.
Der Generalfeldmarschall Graf v. Moltke, welcher am
21. ds Mts. mit den Offizieren des großen Generalstabes
von der- diesjährigen Uebnngsreise nach Berlin zurückkehren
wird, bat, wie die „D. N." mitthei'en, bei seinem Aufent-
halte in Wilhelmshaven dem Capitän Werner, welcher sich
krank gemeldet hat, einen einstündigen Besuch gemacht. Be-
züglich dieses vielgenannten Seemannes wird der „Sp. Z."
geschrieben: „Wenn die „Schl. Z " berichtet, daß Capitän
Werner auf seinem Abschiedsgesuche bestehe, so ist dies nur
in sofern richtig, als damit sein Ausscheiden aus dem acti-
ven Militärdienst gemeint ist. Wenngleich die Gründe für
diesen Entschluß sich der Oeffentlichkeit entziehen, so glauben
wir doch das Richtige zu treffen, wenn wir behaupten, daß
die Abberufung als solche nicht das Hauptmotiv hiefür ist,
vielmehr sollen es die begleitenden Umstände sein, die dem
Capitän einen solchen Schritt nothwendig erscheinen lassen.
— Damit unserem der Entwicklung noch so sehr bedürftigen
Seewesen diese Kraft erhalten bleibe, ist schon von Berlin aus
im „Hcmnoo. Courir" der beachtenswerthe Vorschlag ge-
macht worden, dem Capitän die Leitung der neu zu be-
gründenden Reichs-Oberseebehörde zu übertragen. Nach uns
gewordenen Informationen würde er ein solches Anerbieten
nicht ablehnen, vielmehr in dieser Stellung feine Kräfte
nach wie vor gern dem Staate widmen. Daß er zu diesem
Posten besonders qualificirt erscheint, dürfte zur Genüge
schon aas dem Umstande hervorgehen, daß er im Jahr
1864 die nauttische Zeitschrift „Hansa" gegründet und st
bis 1870 nut vielem Geschick geleitet hat."
Zwischen deutschen und italienischen Blättern ist ein
Streit über die Frage entstanden, wer die Initiative zur
RJse des Königs von Italien nach Berlin ergriffen habe.
Wenn die deutschen Zeitungen- behaupten, daß es Victor
Emanuel gewesen ist, der zuerst die Absicht ausgesprochen
hat, einen Besuch in Berlin zu machen, so ist dies, wie aus
gut informirter italienischer Quelle berichtet wird, nicht ganz
zutreffend. Genau genommen ist der Entschluß" des Königs
nach Berlin zu reisen, das Resultat einer Reihe glücklicher
Umstände, welche zusammengewirkt haben, um ihn zur Reise
zu bringen. Die beiden Souveräne haben schon zu verschie-
denen Malen den Wunsch ausgesprochen, sich die Hände zu
schütteln. So als Prinz Humbert und die Prinzessin Mar-
garetha in Berlin waren und als das kronprinzl. Paar in
Italien war, dann als der Kaiser Wilhelm die Prinzessin
Margaretha in Schmalbach besuchte und als er erfuhr, daß
Victor Emanuel die Wiener Weltausstellung besuchen würde.
Aber Fürst Bismarck war es, der zuerst in offizieller Weise
zu verstehen gab, daß der Besuch des Königs von Italien
in Berlin sehr Wünschenswerth wäre, und als der Kaiser er-
fuhr, daß der König nach dem Besuch der Ausstellung in
Wien auch Berlin zu besuchen gedächte, so telegraphirte er

ihm: „Ich bin sehr erfreut, daß Ew. Mas. einem meiner
lebhaftesten Wünsche Ausdruck gegeben haben."
In Belreff des Processes Bazaine, der wie
nunmehr bestimmt, am 6. Oktober beginnen wird, verlauten
folgende Details. Eine der Vertheidigung nahestehende Per-
sönlichkeit hat berechnet, daß der Bericht des Generals Ri-
viere drei Tage beanspruchen werde und daß die Debatten,
selbst wenn man von einem allgemeinen Verhöre Abstand
nimmt und sogleich zu jedem einzelnen Anklagepunkte schreitet,
immerhin noch 6 Wochen erforden werden. In dem andern
Falle würden drei Monate hierzu kaum ausreichen. Der
obengenannte Bericht umfaßt 90 einzelne Anklagepunkte.
172 Zeugen sind von dem Staatsanwalts, 70 bis 79 von
der Vertheidigung vorgeschlagen. Man nimmt allgemein an,
daß der Marschall Mac Ma ,on, trotzdem keine besondere
Vorladung an denselben ergangen ist, doch in der Sitzung
erscheinen und seine Anssage zu Protokoll geben werde. Ge-
rade diese Aussagen sollen von großer Wichtigkeit sein. Der
Vertheidiger Mr. Lachaud begibt sich jeden. Tag mit seinem
Sohne nach Versailles, um die einzelnen Notizen zu ordnen
und zu clasiciren. Außer den zahlreichen Protokollen der
Voruntersuchung und der Zeugenverhöre, müssen die genannten
Herren noch von 1100 Schriftstücken Kennlniß nehmen, die
zur Vertheidigung dienen. Mr. Lachaud glaubt, daß er, ab-
gesehen von den besondern Momenten, wo er im Laufe dec
Debatten das Wort ergreifen will, zu der eigentlichen Ver-
theidigungsrede doch nur drei Stunden gebrauchen wird.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 20. Sept. Durch die Verwal-
tungsorganisation von 1864 wurden den B e-
zirksämtern für das Rechnungswesen dem Amtsvor-
stand subordinirte A m t s r e v i d e n t e n beigegeben. Es
macht sich nun unter den Letzteren der Wunsch nach größe-
rer Selbstständigkeit geltend, dessen Berechtigung in den
Fachblätrern für und wider erörtert wird.
— Die badischen Demokraten haben kürzlich ein Wahl-
programm erlassen, das ein wenig stark nach Particularis-
mus riecht. Die Forderungen, welche darin aufgestellt wer-
den, sind so stark, daß sie selbst der demokratische Börssn-
Courier als ungerechtfertigt zurückweist. Der betreffende
Artikel schließt mit folgenden Worten:
„Im Particularismus liegt die Freiheit, das wollen
wir den badischen Demokraten nicht abspre l.en. Baden ge-
hört aber zu dem Bundesstaat Deutschland, welcher mehr
und mehr nach gleicher Norm regiert werden soll. In
Annahme d mokratischer Regierungsgrundsätze wird Baden
nicht vorauseilen, schon weil es zu Deutschland gehört, die
besonderen Beziehungen zwischen Preußen und Baden wer-
den zur Genüge dafür sorgen, daß den Demokraten in Ba-
den die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Gewiß

sollen die Demokraten auch bei den Landtagswahlen ihr
Programm aufstellen, aber einen Zweck hat es weiter nicht."
— Die Könign Victoria wird noch in diesem
Herbst nach Deutschland kommen. Sie will in Darmstadt
ihre Tochter, die Pnnzesssn Alize, besuchen und in Hom-
burg mit ihrer ältesten Tochter, der deutschen Kronprinzessin,
zusammentreffen.
Berlin, 22 Sept. Der König von Italien ist heute
Nachmittag 3^/2 Uhr hier angekommen. Auf dem Gör-
litzer Bahnhofe wurde derselbe von dem Kaiser und den
königlichen Prinzen des Hauses herzlich begrüßt und fuhr
darauf an der Seite des Kaisers nach dem königlichen
Schloß. Die Häuser in den passirenden Straßen waren
reich beflaggt. Eine ungeheure Menschenmenge begrüßte
den Kaiser und seinen Gast mit enthusiastischen Zurufen.
Aus Berlin, 19. Sept., wird der „Hess. Maztg."
geschrieben: „Nach einer aus Bayern hierhergelangten Mit-
theilung stünde zu erwarten, daß beim Zusammentritt des
Bundesraths der Bevollmächtigte der Münchener Regierung
sein zustimmendes Votum zum Lasker-Miquel'schen Gesetz-
vorschlag, betreffend die Ausdehnung der Competenz des
Reiches ans das gesummte Civilrecht, erklären wird."
Kasssl, 22. Sept. Der Kurfürst hat einen Protest
gegen jede Abmachung zwischen der Krone Preußen und dem
Landgraf von Hessen erlassen.
Auslands
Rom, 23. Sept. Gestern veranlaßten 5000 Perso-
nen vor dem Deutschen und dem Oesterreichischen Gesandt-
schaftspalais eine sympathische Demonstration. Auf die In-
tervention der Polizei gingen die Demonstrirenden aus-
einander.
Madrid, 22. Sept. Man versichert, die Konferenz
zwischen Castelar, Serano und Topeto habe die besten Resul-
tate gehabt. Alles Mißtrauen sei geschwunden und die
Hoffnung vorhanden, die Vereinigung aller liberalen Par-
teien werde sich kürzestens verwirklichen.
Paris, 22. Sept. Der „Agence Havas" zufolge
soll Graf Chambord in einer Unterredung mit einem
Mitglied der Rechten geäußert haben, daß die Behauptung,
er wolle Italien bekriegen, Thorheit fei; er wisse, daß Frank-
reich nicht Krieg führen könne, dasselbe bedürfe der Ruhe,
um sich zu constituiren.__
Neueste Kopfen-Werichte.
Bom Corrtrnent.
Stuttgart, 19. Sept. Die Stadt Stuttgart hat
auf mehrfache Anregung einen Hopfenmarkt dahier einzu-
richten, hierzu ein passendes Local eingeräumt, wozu die neu-
erbauten Stadtmagazine an der Seidenstraße erwünschte und
passende Gelegenheit boten. Letzten Montag nahm der
Hopfenmarkt für dieses Jahr nun seinen Anfang und wurde

Sie Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
Ihre Gesichtszüge waren scharf markirt, buschige Brauen
über den durchdringenden tiefliegenden Augen liefen über
der spitzen Nase dicht zusammen, und die Lippen waren be-
ständig aufeinander gepreßt. Trotz dieser wenig schönen
Außenseite suchte die Gräfin sich durch alle nur erdenklichen
Toilettenkünste, sowie durch jugendliche Kleidung in der
Reihe der jüngeren Damen zu erhalten, und machte sich
dadurch nicht selten zum Gegenstände allgemeinen Gespöttes.
Auch heute war sie schon in eleganter Toilette. Sie
trug ein blaues Seidenkleid, oben am Halse tief genug aus-
geschnitten, um die Hagern Schultern sehen zu lassen, und
mit kostbaren, gelblichen Spitzen reich besetzt, aus den halb-
langen Aermeln sahen dürre Arme hervor, um welche sich
kostbare Reifen schlangen. Statt einer Haube, die ihrem
Gesichte nur Vortheilhaft gestanden hätte, trug sie eine Art
Kranz von blauen Blumen auf ihrem aschfarbenen Haar.
Mit einer höchst erstaunten Miene stand sie ihrem
Gatten gegenüber, der noch immer an seinem Schreibtische
saß und auf den geöffneten Bief starrte.
„Es nimmt mich Wunder," begann sie mit scharfer,

schneidender Stimme, „daß du mich durch deinen Diener
hierherbefehlen läßt — seit wann ist das in unseren ge-
sellschaftlichen Kreisen Sitte geworden?"
„Keine unnützen Worte," entgegnete der Graf finster,
„ich habe nicht Lust, den Wortwechsel von heute Morgen
fortzusetzen — es handelt sich jetzt um andere Dinge. Sieh
aber zuvor nach, ob sämmtliche Thüren dicht verschlossen
sind, damit kein unberufenes Ohr etwas von unserer Unter-
redung auffängt."
Starr vor Staunen und Verwunderung folgte die
Gräfin halb bewußtlos seinen Worten und eilte, die Thüren
dicht zu verschließen. Seit ihrer Verheirathung hatte sie
ihren Gatten nie so bestimmt, so entschieden sprechen hören,
und sie sah wohl ein, daß irgend etwas Besonderes vorge-
fallen sein müsse.
„Aber ich bitte Dich — so sprich doch, was hast du?"
fragte die Gräfin, sich endlich auf den Divan niederlassend,
indem sie sich mit ihrem mit Spitzen besetzten Taschentuche
Kühlung zufächelte.
„Das ist bald gesagt," entgegnete er. „Oder noch
besser," fügte er hinzu, „lies selber."
Er reichte ihr den Brief hin und ein Ausdruck von
Hohn machte sich in seinen Zügen kaum bemerkbar — er
fühlte eine gewisse Schadenfreude im Voraus.
Die Gräfin nahm ruhig ohne Zeichen von Bewegung
den Brief und begann zu lesen; aber nichts verrieth, daß
er sie besonders berühre, nur für einen Moment überflog
eine leichte Blässe ihr Gesicht.

Als sie die Lektüre beendet hatte, faltete sie den Brief
ruhig wieder zusammen und reichte ihn schweigend ihrem
Gatten.
Dieser sah sie erstaunt an.
„Nun?" fragte er mit gepreßter Stimme.
Sie zuckte gleichgültig die Achseln und ein mitleidiges
Lächeln umspielte ihre blutlosen Lippen.
„Ich glaube, es handelte sich um viel ernstere Dinge,"
sagte sie, „wenigstens sollte man das der feierlichen Ein-
leitung nach meinen. Was ists weiter d Dein Bruder, nach-
dem er sein eigenes Kind verloren, faßt die tolle Idee, ein
Kind zu adoptiren und in die Rechte eines eigenen einzu-
setzen. Ein solcher hirnverbrannter Gedanke konnte auch nur
in seinem^Kopfe auftauchen. Wir sind auf diese Weise ge-
prellt und um ein gut Theil Reichtum ärmer, geworden,
unsere Vorsichtsmaßregeln haben durchaus nichts genützt,
sondern jede Aussicht auf eine Erbschaft ist, wenn er seine
Idee wirklich ausführt, verloren."
„Und denkst du nicht daran, Amalie, daß uns unser
Verbrechen gar nichts genützt hat, daß —"
„Bitte," unterbrach ihn die Gräfin höhnend, „du
scheinst zu vergessen, daß ich mit der ganzen Angelegenheit
nichts zu thun gehabt habe."
Der Graf war aufgesprungen, er preßte seine Lippen
fest zusammen und warf seiner Gattin einen durchbohrenden
Blick zu.
(Fortsetzung folgt.)
 
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