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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 33 (20. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0131

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
nnd Boten nehme«
Bestellungen an.

Amlsverkündigungsötalt für den Bezirk Schwetzingen.


Ksditche Hopscnzeitung.

Preis
vierteljährlich 45 kr,
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.
Lokalanzeigen
3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

M. 33. Donnerstag, 20. März 1873.VH. Jahrgang
Für das »Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsbnrger Germersheimer Wochenblatt Gratis - Aufnahme

Bekanntmachung.
Es wird hiermit zur Kenntmß der Einwohner hiesiger Stadt gebracht, daß am
Samstag, den 22. d M, Bormittags 9 Uhr,
Mr Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des deutschen Kaisers
in den beiden Kirchen und in der Synagoge dahier Festgottesdienst stattfindet, und das Fest am Vorabend
eingeläutet werden wird.
Zugleich ergeht an die hiesigen Einwohner die Bitte, am Festtage die Häuser zu beflaggen.
Schwetzingen, den 19. März 1873.

politische Aeöerstcht.
Im deutschen Reichstag wünscht die Linke dem
Fürsten Bismarck Gelegenheit zu geben, sich über die Frage
der Anerkennung Spaniens auszusprechen. In dieser Be-
ziehung schreibt nämlich die „Voß'sche Zeitung" : Die Fort-
schrittspartei habe diese Angelegenheit in einer ihrer letzten
Fractionssitzungen eingehend erörtert und werde in der
nächsten noch einmal darauf zurückkommen, um über die
Zweckmäßigkeit und Oppertunität des parlamentarischen
Schrittes sich schlüssig zu machen. Inzwischen herrschen
darüber verschiedene Auffassungen, indem man sich sagt, daß
eine formelle Anerkennung der in Parteien zeriffenen Repu-
blik weder in Berlin, noch Seitens der übrigen Großmächte
auf besondere Bereitwilligkeit zu rechnen. Indessen handelt
es sich darum, dem unglücklichen Lande den Frieden und
die Ordnung wieder zu geben und dies könne nur dadurch
geschehen, daß die Autorität der gegenwärtigen Regierung
durch einen Act unterstützt werde, der ihre Feinde, welche
auch die Feinde Deutschlands seien, zu Rebellen stempelt.
Ueber den gegenwärtigen Stand der Räumungs-
frage drücken sich Berliner und Pariser Depeschen über-
einstimmend dahin aus, daß der Vertrag über die Räu-
mung des französischen Gebiets am 15. d. M. in Berlin
unterzeichnet worden ist. Die vierte Milliarde wird am
5. Mai vollständig bezahlt sein, und die fünfte, in vier
gleichen Beträgen, am 5. Juni, 5. Juli, 5. August und
5. September, bezahlt werden. Der Kaiser von Deutsch-
land verpflichtet sich, am 1. Juli die Departements der
Vogesen, Ardennen, Maas und Meurthe mit Belfort zu
räumen. Die Räumung darf nicht über vier Wochen dauern.
Als Pfand für die restirenden zwei Zahlungen bleibt nur
Verdun mit seinem Rayon bis zum 5. September besetzt.
Sobald die diplomatischen Acte ihre authentische Form er-

Bürgermeisteramt:
H. Wittmann._
halten haben, sollen sie der Nationalversammlung vorgelegt
werden, damit die Ratificationen ohne Verzug zwischen dem
Präsidenten der Republik und dem Kaiser ausgetauscht wer-
den können.
Wie man aus Wien erfährt, wurde der Ex-Kron-
Prinz von Hannover vom Kaiser von Oesterreich zum
Obersten eines österreichischen Infanterie-Regiments ernannt
und zwar, wie man sagt, blos deßhalb, damit die zu er-
wartenden Gäste in Berlin durch den Anblick einer han-
noverschen Uniform nicht unangenehm berührt werden.
In Spanien wurden m dessen Hauptstadt nicht
weniger als 30 Alcalden auf einmal abgesetzt. Außerdem
sollen 3000 Carlisten, welche bei Kera Don Carlos erwar-
teten, auf's Haupt geschlagen worden sein.
Die Gerüchte, wonach der englische Premier,
Hr. Gladstone, persönlich abzudanken wünsche, kreisen noch
immer, doch hoffen seine Parteigenossen, daß er die Eigen-
schaft als Premier-Minister beibehalten und erst kommendes
Jahr das Parlament auflösen werde, was ihm bekanntlich
nach der Amtsablehnung Disraeli's freisteht.
Die amtliche persische Zeitung motivirt heute die be-
absichtigte Reise des Schah's von Persien nach
Europa. Das Blatt betont, daß die asiatischen Völker
bisher ihre Sicherheit und ihre Unabhängigkeit in der Jso-
lirung gesucht und es vermieden hätten, mit anderen Natio-
nen Verbindungen anzuknüpfen. Der großen Vortheile
solcher Verbindungen habe man sich entschlagen, weil man
sie nicht zu würdigen verstanden. Die Entwickelung aller
Hilfsquellen des Landes, der Fortschritt der Künste, der
Wissenschaft, die Ausdehnung des Handels habe demzufolge
darunter leiden müssen. Ein Vorurtheil verbot den Asiati-
schen Fürsten ihre Staaten zu verlassen, wenn nicht an der
Spitze eines Herres. Aber dieser Umstand habe die Asia-

_PiM
tischen Muhamedaner zum Stillstand verurtheilt und bei
ihnen jeden Gedanken an Fortschritt und Vervollkommnung
erstickt. Das Blatt fügt hinzu: Die Thronbesteigung
unseres Souveräns, Nasredin Shah, darf als ein Abschluß
dieser Periode der Finsterniß betrachtet werden. Persien
habe jetzt freundschaftliche Beziehungen mit Staaten ange-
knüpft , die den Persern seitdem nicht einmal dem Namen
nach bekannt waren. Die Bemühungen des Schah würden
nicht dabei stehen bleiben. Er selbst wolle der Vermittler
des Fortschritts in seinen Staaten sein. Er wünsche die
Souveräne Europas kennen zu lernen und die Regierungs-
methoden zu studieren, welche so glückliche Resultate hervor-
brachten. Die Repräsentanten der Europäischen Mächte in
Teheran hätten ihm den lebhaften Wunsch ihrer Souveräne
ausgesprochen, ihn an ihren Höfen zu empfangen. Er
werde mit Beginn des nächsten Jahres (28. Febr.) Persien
verlassen und nach einjähriger Abwesenheit zum Anfang deZ
folgenden Jahres zurückkehren.

* Aus dem deutsche« Reichstag.

In der dritten Sitzung desselben befinden sich am Tische
des Bundesrathes Präsident Delbrück und General-Post-
director S t ep h a n. Die Tagesordnung des Hauses bildet
die Berathung über einige Abänderungen des Gesetzes des
Posttaxwesen im Gebiete des deutschen Reiches vom 28.
Oct. 1871 betreffend. General-Postdirector Or. Stephan
ergreift zuerst das Wort und führt nach Voranschickung
eines geschichtlichen Ueberblicks über das deutsche Posttax-
wesen aus: der gegenwärtig gültige Post-Tarif für Packet-
und Geldsendungen ist bei Herstellung der einheitlichen Post-
gesetzgebung für das Deutsche Reich unverändert aus dem
Gesetze über das Posttaxwesen im Gebiet des Norddeutschen

K d e k i n e.
Novelle von Gottlieb Richter.
(Fortsetzung.)
„Beim Zeus! Menschen in der Wildniß!" rief Albin, „das ist
gewiß ein verzaubertes Schloß, und daraus befreit Don Karlos eine
verwunschene Prinzessin!"
„Nur ForsthauS Steinthal," beruhigte Karl, „da wohnt der alte
Förster Bergmann mit seiner Frau einsam und kinderlos."
Durch die Bäume schimmerte cS licht, ein altes, düsteres Forsthaus,
ganz von Eichen überschattet, lag da vor einer lustigen, blumigen Wald-
wiese, rechts und links hübsche Blumenfelder und längs der Wiese ein
accurat gehaltener Forstgarten.
„Was hat denn der alte Bergmann da für eine wunderbare Blume
im Forstgarten?" rief Albin, zwischen den Bäumen durch auf eine
augenscheinlich junge Dame zeigend, die im Forstgarten spazieren ging.
„Die betracht' ich auch seit einigen Minuten," antwortete der Ge-
fährte, „es ist zu weit, als daß man das Gesicht endecken könnte; aber
wenn ich nicht irre, so scheint sie über die Wiese ins Haus gehen zu
wollen, wenn wir uns nun absichtlich irren im Wege und statt links,
rechts um den Forstgarten gehen, so werden wir grade Mit ihr zu-
sammentreffen, wenn sie aus dem Forstgarten tritt, dann können wir
»Ns das Gesichtchen charmant ansehen."
„Nun seh' einer de« Philister! welch' ein heimtückischer Ueber-
faLylan l Mensch, bekenne I woher hast du solche List?"

„Ein Jäger muß das Wild des Waldes mit Schlauheit fangen,"
erwiderte Karl lachend.
Wie vorausgesehen, kam's. Die Dame trat aus der Gartenthür,
als die beiden jungen Männer artig grüßend vorbeigingen. Sie trug
ein grünes Kleid, in der rechten Hand einen zugemachten Sonnenschirm,
z Mit leichter, fast stolzer Beugung dankte sie, überschritt rasch den
Weg und ging langsam die Wiese hinauf dem Hause zu.
„Mensch, Karl, Ueberfallscommandant, sieh Dich doch mal um!"
raunte Albin dem Jäger zu, „hast du schon jemals einen solchen Wuchs
gesehen, einen solchen Gang? Nur das Gesicht habe ich nicht deutlich
erkannt; sie ging ja vorüber wie eine Fürstin, ich wurde ganz verwirrt,
und doch glaube ich, es lief ihr ein Rosenschimmer übers Gesicht."
„Nun, das Gesicht hab' ich gesehen," erwiderte der andere, „und
ich habe fast nie so liebliche Züge gesehen, eine so weiße Stirn, so
volle blonde Flechten; und das grüne Kleid steht ihr reizend. Aber ich
glaube auch, daß sie stolz ist. Doch komm, sie hat gleich das Haus
erreicht und würde es uns übel auslegen, wenn sie dort sich umblickte
und sehe, daß wir ihr so nachstarren."
„Nebel auslegeu meinst Du? Nein, sie steht aus, als ob sie spöttisch
über die beiden hoffnungsvollen deutschen Jünglinge lächeln könnte,
denen sie durch einen Blick ihres Auges so imponierte."
„Ich möchte nur wissen, wer sie ist. Aber halt! in einer halben
Stunde erreichen wir ein Dorf, der Wirth solls verrathen."
Unten im Dorfe stand der dicke Wirth in der Thür und bewill-
kommnete, die Zipfelmütze in der Hand, die beiden fremden Herren.
Eben läutete es zur Frühkirche. Die beiden Wanderer schauten sich
von der Bank unter der Wirthshauslinde die Kirchgänger an.
Ein Wagen kam im scharfen Trabe um dir Ecke.

„Nort äs ms, vis! unsere Fürstin vom Walde!" rief Albin
und sprang auf.
Richtig! sie wars und fuhr mit dem Förster Bergmann zur Kirche.
Wieder nickte sie so stolz mit dem blonden Köpfchen, als der Wagen
an den beiden, die sich grüßend erhoben, vorüberrollte, während der
alte Förster mit der Hand winkte, den grünen Rock unter der Linde
gewahrend.
„Wer sind die Herrschaften?" wandte sich Karl an den herange«
tretenen Hausvater vom „weißen Roß."
„Der Herr ist der Förster Bergmann vom Forsthaus Steinthal —'
„Und die Dame?"
„Ist eine Verwandte von ihm."
„Woher?"
„Unten aus der Ebene."
„Wie heißt sie?"
„Ich kenne nur den Namen Fräulein."
„Ist sie schon lange hier?"
„Einige Wochen; man sieht sie aber wenig, ins Dorf kommt sie
fast nie. Die Leute sagen, sie sei stolz, deshalb hätte sie auch nur
Umgang mit Pastors Mariechen. Ich kann das freilich nicht sagen;
vor vierzehn Tagen, als ich von Wachhausen herüber kam, traf ich sie
im Walde, sie hatte den Weg verloren und fragte mich. Und da unser
Weg derselbe war, so ging sie wohl eine halbe Stunde mit mir. Da
hat sie so freundlich mit mir geredet, als ob ich ihr Onkel wär'. Mir
ist wohl nie ein Weg so kurz geworden. Ich hätte ihr noch stunden-
lang zuhören können. Mir wars immer, als ob sie eine von den
Waldelfrn sei, von denen meine Großmutter erzählte. — Doch mit Er-
laub, Weine Herren, da find noch andere Gäste gekommen." (F. f.)
 
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