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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 50 (29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0201

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wöchentlich drei Ma-
Dienstag, Donnerst««
und Samstag.
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und Boten nehme«
Bestellungen «n.

Slhwchmgtr WoltstMatl.
Amtsverkündigungsblalt für den Wezirk Schwetzingen.
K ak> ilchr H o p s c n r c i t u n g.

Inserate
die viergespaltene
Petitzerle oder deren
Raum 4 kr.
Lokalanz eigen
3 !r.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Nheinpfalz.

Ao. 50. Dienstag, 29. April 1873. VH. Jahrgang.

Für das „Schwetzirrger Wochenblatt" bestimmte Inserate sirr Sen auch im „PHLLippsbnrger L Germersheimer Wochenblatt" Gratis-Aufnahme.


politische Aeöerstcht.
Im Reichstage wird demnächst, von süddeutschen Ab-
geordneten emgebrucht und von zahlreichen Milgliedcrn
aller Fractionen unterstützt ein Antrag erscheinen, welcher
die Errichtung von Reichseisendahn-Commis-
sariäten zum Gegenstände hat. Es soll dies durch einen
besonderen Gesetzentwurf in Ausführung derjenigen Bestim-
mung der Reichsv-'rfassung geschehen, welche die Eisenbahn-
angetegenheiten der Competenz des Reiches zuweist. Borde-
haitlich eines eigenen Reichs-Eistnvahngesitzes soll eine Be-
hörde unter der Benennung „Reichseisenbahn-Ämt" zur
Wahrnehmung jener verfassungsmäßigen Befugnisse berufen
werden. — Es ist nicht unwahrscheinlich, oaß mit Rücksicht
aus diesen Antrag das dem pr. Abgeordnetenhanse noch
vorliegende Gesetz über die Eisenbahn Commissariare abge-
lebnt od^r gar vorher zurückgezogen wird.
Sehr wahrscheinlich wird die gegenwärtige Reichstags-
session u. A. auch das werthvolle Resultat herbeiführen,
daß es nun endlich zur Beseitigung der Eisenzölle
kommt. Die sreie vollswirthschastliche Commission des
Reichstages wird einen Antrag einbringen, welcher die Ein-
führung eines bezüglichen Gesetzes vom !. Januar 1874
ad zum Gegenstände hat.
Die „Spen. Ztg." bringt eim interessante Nachricht.
Der im Reichskanzleramte ausgearlnitete Gesetzen:wurs zur
Ausführung des Abschnitts VII. der Reichsverfassung (Auf-
sicht des Reichs über das E isenbahnwese nl stoße auf
„unerwarteten" Widerstand von Seiten der Regierungen.
Es scheine indeß sicher, daß denk gegenüber der Reich s -
kanzler die Kabinelsfragc stellen (d. h. mit seinem Rück-
tritte drohen) wird Hiervon erwartet das Blatt cimn gu-
ten Erfolg, denn es fügt hinzu: Die Angelegenheit wird
also noch im Laufe der Session zu der wünschenswertsten
Erledigung kommen. — Die „Spen. Ztg." theilt zugleich
den zwischen den Vertrauensmännern sämmtücher Parteien
des Reichstages, mit Ausnahme der Ulirmuontanen, verein-
barten Eisenbahngesetz-Entwurf mit, dessen erster Paragraph
lautet: „Zur Ausübung oer dem deutschen Reiche in Be-
zug auf das Eisenbahnwesen zustehendeu Befugnisse wird
eine Zentralbehörde errichtet, welche die Benennung
„Re i ch s - E i s e n b a h n a m t" erhält. Das Reichs-Ei-
feubahnamt hat seinen Sitz in Berlin und besteht aus einen:
Präsidenten und der erforderlichen Anzahl von Räthen.
Als ein Zeichen der Zeit ist zu berichten, daß in der
hessen-darmstädtischen Provinz Starkenburg ein solcher Man-
gel an Feldarbeitern besteht, daß Grundbesitzer uns Pächter
rhre Felder brach liegen lassen, weil die Bebauung theuerer
zu stehen kommt, als die Ernte einträgt.
Kaiser Franz Joseph Hal den österreichischen
Relchsrath am Donnerstag geschloffen und in der
Thronrede mit großer Genugtuung das Zustandekommen

: der WaPr.-form hcrvorgehoden. Bemerkenswerche Stellen
I derselben und außerdem noch diejenigen, welche die Aus-
! sichten aus Erhauung oes Friedens betreffen und der be-
vorstehenden Eröffnung der Wiener Weltausstellung, welcher
auch der Kronprinz des deutschen Reichs als Protektor der !
deutschen Adlh-nlung beiwohnen wird, gewidmet sind.
Die französische Republik steht offenbar
an einem Wendepunkte. Der Ausgang der Nachwahlen für !
die Nationalversammlung wird jedenfalls für die Haltung der :
Republik und der verschiedenen Parteien bestimmend lein. Ins- i
besondere ha; d.r Wahlkamps in Paris, wo in den h onen des :
l auswärtigen Ministers Herrn von Remusat un s Herrn '
' Barodet die Anhänger der Thiers'schen und d'» radikalen
! Republik sich gegenüber stehen, die Bedeutung > aes poli-
! tischen Ereignisses gewonnen. Während auf der wn Seite l
die hervorragendsten Mitglieder der republikanis n Linken, i
wie Arago, Manin und selbst Grevy die Wah Remusat's !
als nothwendig für die Befestigung der Republik . Wählern
des Seine-Departements dringend empfohlen hab i hat Gam- >
: betta sich in nicht minder entschiedener Weise für di- Zahl Baro-
! der's ausgesprochen In diesem Augenblicke ist eine chersagung '
über den Ausgang der Wahlen kaum annähernd möglich, doch
liegen die Chancen Remusat's dem Anschein nach günstiger. >
Eine dritte Kandidatur, welche viel von sich reden macht,
! aber nur aus eine sehr empfindliche Niederlage rechnen kann,
ist die von den. vereinigten Legitimisten und Bonapartisten
ausgestellte des Obersten Stoffel, der durch seine militärischen
- Gerichte aus Berlin auch in Deutschland bekannt ist. Eine
! Bedeutung hat diese Kandidatur nur gewonnen, weil sie i
zeigt, daß „der Ekel und der Haß gegen die Republik",
' wie der bekannte Gassenbube, des Kaiserreichs, Herr Paul
i aus Cassagnac, sich ausdrückl, selbst die unnatürlichsten Ver-
! bindungen in Frankreich hervorzurufen im Stande ist. Die
Orleanisten und jener Theil der legitimistischen Partei, wel- !
cher sich dcr Allianz mit den Freunden des „Oger von -
Korsika" schämt, werden sich der Abstimmung enthalten.
Die neuesten Nachrichten aus Spanien lauten leider i
bedentlich, insofern nämlich die republikanische Regierung sich i
genöthigt gesehen hat. die von der Nationalversammlung
ernannte Permanenz-Kommission aufzulösen, weil die Ma- !
joritäi derselben an Stelle des gegenwärtigen Ministeriums t
dem General Serrano die Regierung übertragen wollte, der §
! Madrid mit der Erklärung verlassen haben soll, daß er sich
an di? Spitze einer konservativ-republikanischen Ordnungs- -
Partei zu stellen entschlossen sei. >

Zur Reform der Gemeiude-Ordrruug.
IV.
„Das Schwurgericht liegt daher einzig in den Arbeiten
des Gemeinderathes. Darin besteht ein organisatorischer
Mangel. Denn, wenn der Ausschuß die Verantwortlichkeit

für seine Beschlüsse tragen soll, so muß ihm auch die Mög-
lichkeit selbstständiger Prüfung gewährt werden.
„Ihm gebührt zugleich das Recht der Jnitiatwe. Er
muß im Stande sein, eine erlahmende Gemeindeverwaltung
anzutreiben und zu beweisen, daß und wie es besser gemacht
werden sollte.
„Von zwei verschiedenen Seiten hat man Bedenken
gegen eine derartige Einrichtung ausgesprochen. Von der
einen war es die Befürchtung einer oppositionellen Stellung
zwischen Gemeinderath und Ausschuß. Die Möglichkeit
einer solchen ist vorhanden ; sie muß indeffe« auch vorhanden
sein, wenn der Gemeinderath keinen Anspruch auf Unfehl-
barkeit erheben will. Eine Opposition ist an und für sich
kein Uebel, vielmehr eine Nothwendigkeit. Es handelt sich
nur darum, ihr einen sachlichen Charakter zu erhalten und
solche Formen zu schaffen, welche eine Garantie hiesür lei-
sten. Diese Garantie liegt aber darin, daß der Bürgeraus-
schuß nach oer vorzuschlagenden Gestaltung auftauchende
Vorschläge und Anträge zunächst in sich verarbeiten muß
und daß dort schon Gelegenheit zur Klärung und Berichti-
gung der Meinungen gegeben ist.
„Von der anderen Seite wurde das Verlangen als zu
weitgehend bezeichnet, daß der Bürgerausschuß sich mit einer
controlirenden Bearbeitung der gemeinderäthlichen Vorlagen
befasse.
„Nach unseren jetzigen Verhältnissen kann allerdings
ein derartiges Begehren nicht gestellt werden und es scheint
sich jene Einwendung auch nur auf die Beachtung der heu-
tigen Lage der Dinge zu gründen. Allein sobald einmal
der Ausschuß als selbstständige Körperschaft constituirt ist,
sobald er einen die Geschäfte leitenden Vorsteher besitzt,
Commissionen einfetzen kann und das Arbeitsmaterial des
Gemeinderaths denselben zu Gebot gestellt wird: dann ist
er so gut wie der Gemeinderath in die Verfassung gesetzt,
einer eingehenden Prüfung irgend welcher Arbeiten nahe zu
treten. Die Einwohnergemeinde wird ihm die hiezu erfor-
derlichen Kräfte, wenn sie irgendwo bisher gefehlt haben
sollten, zuführen. Das ist aber gerade der große Werth
der vorgeschlagenen Einrichtung, daß sie die Thätigkeit der
verschiedenen Organe der Gemeindeverwaltung und Vertre-
tung wesentlich erhöht; daß sie die darin vorhandenen in-
tellectuellen Kräfte richtig verwendet und zur Thätigkeit
anspannt und anspornt, sowie daß sie befruchtend auf das
ganze Gemeindeleben im Interesse der Gemeinde einwirkt.
„Einer besonderen Erwägung bedarf die Frage, auf
welche Weise eine zwischen dem Gemeiuderathe und Aus-
schüsse entstehende Meinungsverschiedenheit zu erledigen ist.
Daß hiebei durch den Zusammentritt einer gemeinschaftlichen
Commission und' wiederholte gemeinschaftliche Berathung in
xlsuo geholfen werden muß, versteht sich von selbst. Wenn
aber trotzdem eine Einigung nicht zu erzielen ist, so bleibt
die Wahl entweder


G d e t i n e.
Novelle von Gottlieb Richter.

! Fortsetzung.)
„Du hast mich also doch lieb?" jauchzte er, umfaßte die Zusam-
mengesunkene, zog sie empor an seine Brust und bedeckte ihre Stirn
und Hände mit glühenden Küsten. Und sie wehrte ihm nicht, sondern
lehnte ihr Haupt still an seine Brust. Und so standen sie in minu-
tenlangem Schweigen, während durch ihre Herzen der lauteste Jubel zog.
„Sei lieb, Eüeline," bat der Jäger, zeig mir dein liebes, liebe?
Antlitz.
Da nahm sie daS Tuch vom Gesicht uns sah ihn lächelnd an.
In den Augen perlten noch Thränen, aber dir Seligkeit des Himmels
strahlte aus dem Blicke.
„Wie konntest du mir denn zürnen? fragte er weich.
„Hab' ichs denn gewußt, daß du mich lieb hattest?" flüsterte sie,
§,Du bist fortgegangen ohne Adje, ohne Gruß in die Weite —"
„Hab' meine Liebe mitgenommen und wiedergebracht" unterbrach
er sie. Aber nun sag', hast du mich denn auch lieb. Du süße, stolze
Elfe?"
„Ja, von Herzen!" sagte sie einfach und lehnte wieder ihr Köpf-
chen an seine Brust.
Und so standen sie lange, lange und flüsterten miteinander. Aber
roaS sie sich erzählten, das versteht niemand als ein Herz, das im Lenz
der Liebe glüht, und dem brauch ichs nicht zu erzählen, es weiß es doch.
Oben vor dem Forsthause stand der alte greise Bergmann und
sah verwundert auf die Wiese hinab, wo seine Nichte mit einem Forst-
männe heraufkam. Als er aber näher kam, da erkannte er ihn
Mld eilte dem Paare entgegen, den jungen Mann herzlich begrüßend.
„Haben Sie Deutschland doch nicht lasten können?" fragte er.
„Nein Herr Förster!" antwortete der Forstmeister lächelnd, „deut-

scher Wald, deutsche Waldblumen haben mich hergezogen. Ich bin ei-
gentlich gekommen, um mir aus ihrem Forstgarten eine B l u m e zu !
holen."
„Eine Blume aus meinem Forstgarten?" fragte der greise Förster
ungläubig.
„Ja, diese hier, meine ich," antwortete der Glückliche und faßte
die lächelnde Adeline bei der Hand.
„Aha!" machte der Alte, während eine Helle Zufriedenheit über
sein Gesicht flog. „Nun meinen herzlichsten Glückwunsch !" rief er dann
lustig, küßte und umarmte feine Nichte und schüttelte dem Jäger kräf-
tig die Hand
„Aber hat doch die Edeline kein Wörtlein davon verlauten lasten,
aber in Gedanken hat sie oft genug gefesten, daß wir gesorgt haben,
sie würde uns noch krank."
„Onkel, Onkel!" rief Edeline lachend, indem sie Karls Hände er-
griff und sich an ihn schmiegte, „das mußt Du ja hier nicht erzählen
vor diesem fremden Menschen aus Rußland. Aber jetzt laß mich los.
Du Herzensdieb," wandte sie sich an Karl, „ich will zur Tante."
Sie flog ins Haus hinein und kam nach zehn Minuten, an der
Hand die Tante, deren Gesich! vor Freude strahlte, zurück. Und das
Mütterchen ergriff die Hand des jungen Forstmannes, der ihr entgegen-
gesprungen war, und sagte:
„Des Himmels Segen mit Euch, Kinder, Ihr habt mich glücklich
gemacht durch Euer Glück," und dabei standen ihr die Hellen Thränen
in den alten grauen Augen. Sie wollte noch etwas sagen, aber die
glückliche Edeline schloß ihr den Mund mit Küsten-
Das war ein seliger Sonntag in dem alten, ernsten Forsthause.
Und als nun gar am Nachmittag eine ganze Gesellschaft zum Besuch
kam, da brach ein ordentlicher Jubel aus, daß einer der alten Eichbäume
den andern fragte, was denn eigentlich los sei in der stillen Waldein-
samkeit.
Auch der Pastor nut seiner Gattin und Mariechen waren gekom-
eri. Und als Edeline Karl dem Pastor vorstellen wollte, da fragte sie
ihn lächelnd: „Ja, aber als was soll ich Dich den vorstellen?«
„Vor allen Dingen als deinen Bräutigam, das ist ^er höchst«

Rang, den ich habe," antwortete er. „Willst du aber sonst noch etwas
wissen, so thue ich dir kund, daß du Frau Forstrreisterin sein wirst."
„Frau Foritmeisterin!" sagte sie lachend und bedeckte mit beiden
Händchen das Gesicht. O, mir wird ganz schwindlig bei der Würde."
Bis tief in die milde Sommernacht hinein blieb die Ges llschKt
beisammen. Als sie geschieden war, wollte auch der Forstmeister auf-
brechen, um nach Eichhorst zn kommen. Die beiden Al en sagten ihm
Lebewohl und gingen zur Ruhe. Der Abschied von Edeline daunte
freilich länger. Wir wollen ihn aber nicht belauschen, nur von weitem
sehen, wie sie leis mit einander flüsterten, — eine zärtliche Umarmung
— rin Kuß — und der Wald nimmt den jungen Forstmei-
ster auf.

Vor Forsthaus Elchhorst saß neun Uhr Morgens Albin, der junge
Affesor, unter der breitästigen Linde, las die Zeitung und rauchte die
zweite Morgencigarre. Da hörte er Schritte, er blickte auf vom Blatt
und erkannte vierzig Schritt von sich den Wanderer.
Cigarre und Zeitung flogen unter den Tisch.
Er stürzte vor die Hausthür und schrie hinein:
„Mutter, Mutter! nimm deine Schätze in Acht, die Ruffen rück-:-,
heran!"
Und dann flog er jubelnd dem Bruder in die Arme, hielt ihu
so fest umschlungen und küßte ihn so heftig, daß der unglückliche Forst
meister fast erstickt wäre. Jetzt kam der Oberförster und die Mama
auf sein lautes Geschrei aus dem Hause.
„Da hast Du ihn, den Wolfsjäger!" rief der Affesor und schob
den Abgeküßten der Mutier in die Arme, „er ist, wie ich glaube, noch
ganz heil."
So wanderte er aus einer Umarmung in die andere, bis der erst:
Rausch des Wiedersehens vorüber war.
„Nun, laß ihn mal, Mütterchen!" sagte der Jurist, als die Mut?
ter ihn immer wieder umarmte, „er möchte sonst den Schlagfluß bb-
kommen."
(Schluß folgt.)
 
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