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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 7 (18. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0027

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Ichwktzingtr Wochenblatt


Amtsverkündigungsötatt für den Wezirk Schwehingen.

s kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

VII. Jahrgang.

Samstag, 18. Januar 1873.

«o. 7.

Für das „Schwetzirrger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch Lm „PhiLippsburger Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

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a"f dieses Blatt werden f o r t-
BkMUUNgkll während von allen Post-
expeditionen , Landpostboten sowie von der Expedition ent-
gegengenommen.
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Depeschen. ,
(H.-B.-R.)
* Chislehurst, 16. Jan. Der LeiKenwageu, wel-
cher den Kaiser Napoleon zu seiner letzten Ruhestätte brachte,
wurde von 8 Pferden gezogen; denselben umgaben Pariser
Arbeiter, welche Jmmortellen-Kränze trugen. Der Leichen-
zug verließ Camdon-House um 11 Uhr, und erreichte die
Kirche um 11*/r Uhr.
Eine ungeheure Menge Theilnehmer hatte sich zu Wa-
gen und zu Fuß eingefunden. .
Der kaiserliche Prinz, bleich und mit verweinten Au-
gen, folgtWesten Schrittes, dem Leichenconducte.
* BMfiel, 16. Jan. In der heute stattgehabten
GeneralversaiMlung von Aktionären der Bank de l'Union
Jacobs Fröres u. Cie. theilte Herr ^Jacobs selbst mit, daß
18 Millionen für die Bank als total verloren angesehen
werden müßten. Art' eine Reconstiruirung ist demnach nicht
zu denken. Den ^Mubigern sollen 26 Procent ausgezahlt
werden.
* Madrid ^^6. Januar. Auf eine Interpellation
über den.-Notenaustausch der spanischen Regierung mit
Amerika, bEeffend die Aufhebung der Sclaverei in Cuba,
stellte der Minister des Auswärtigen in der heutigen Cor-
tessitzung in'Abrede, daß über diesen Gegenstand zwischen
den beiden Regierungen verhandelt worden sei. Die Regierung
habe die Abschaffung der Sclaverei aus eigenem Antriebe
und ohne irgend welche Pression einer auswärtigen Macht
beantragt.
* Madrid, 16. Jan. General Rivero verfolgt
die Carlistischen Banden, welche sich in die Provinz Alava
geworfen, woselbst sie von den königlichen Truppen cernirt
worden sind. Andere Banden wurden geschlagen, zwei Ca-
becillas getödtet und zugleich mehrere Gefangene gemacht.
* Bayonne, 16. Jan. Der Commandant der Car-
listen, Guipuzcoa, hat an die Bahnbeamten der Nordbahn
die Aufforderung erlassen, 6 Stunden lang den Dienst der
Bahn zu sistiren.
Im Falle, daß die Bahnbeamten dieser Aufforderung
nicht nachkämen, wurde mit Demolirung der Bahn und
Füsilirung der Beamten gedroht.
Götttische Zleöerstcht.
Ueber die preußische Cabinetsfrage, welche
bekanntlich durch die Ernennung des Kriegsministers Grafen
von Roon ihre Lösung gefunden bat, äußert sich „Daily
News" dahin, daß, als Graf Roon die Präsidentschaft
Feuilleton.
Schwetzingen, den 18. Januar 1873.
Georg
oder
Ein Opfer der Vorurtherle.
Deutsch von H. K. Kißling.

(Fortsetzung.)
Bei der Berührung ihrer Hand zitterte Alice, ihr
Busen hob sich und das süße Gift der Liebe schlich durch
ihre Adern, ohne daß sie sich Rechenschaft darüber zu geben
vermochte, wie dies zugegangen war.
Dorby, sanft ihren Arm ergreifend, führte sie zu einem
Stuhle, in welchem sie sich niederließ, während er vor ihr
stehen blieb, um das Ende dieser Krise, deren Anschauen
ihn so glücklich machte, abzuwarten.
Als Alicens Aufregung nachgelassen und sie sich ihrer
Lage, in der sie sich befand, schämte^ so suchte sie ihrer
Schwäche Herr zu werden.
„Mein Herr" hob sie deßhalb mit jenem unnacham-
lichen Stolze der Tugend an, welche gewöhnlich am Rande
des Abgrundes sich vernehmen läßt, die Achtung und Liebe,
welche ich für meine alte, arme Großmutter^hege, hat mich
Ihre großmüthigeu Gaben annehmen lassen, auch schienen

im preußischen Staatsministerium acceptirte, dies mit der
ausdrücklichen Bedingung geschah, daß ihm gestattet werde,
das Ministerium nach seinen eigenen Ansichten umzuformen.
Man erwartet nun, fügt das Blatt hinzu, daß die drei
liberalen Minister zusammen ihre Demission anbieten wer-
den und daß Graf Eulenburg das Oberpräsidium einer
Provinz acceptiren werde. Im Ministerium sollen, glaub-
würdigen Berichten zufolge, große L Haltungen herrschen.
Die Feudalen des Abgeordnetenhauses tragen dem Minister-
präsidenten kein großes Vertrauen entgegen. Sie erinnern
daran, daß Roon s. Z. zu den entschiedensten Gegnern der
Politik von Olmütz gehörte, später mit Bismarck den Feld-
zug gegen die Oesterreicher am preußischen Hofe (die beiden
Manteuffel rc.) vorbereitete und schließlich von allen Prin-
cipien abfiel, welche die eigentlichen Conservativen in die
Arme des Nationalliberalismus trieben. Sie meinen jedoch,
daß sie im Abgeordnetenhause vorläufig eine abwartende
Stellung einnehmen wollten, indessen sie mit Zuversicht hoffen,
daß ihre Freunde im Herrenhause den principiellen Stand-
punkt gegen die Bismarck-Roon'sche Politik wahren werden.
Nach der „Prov.-Corr." wird die Session des preus-
sischen Landtags wohl längere Zeit in Anspruch neh-
men, als in Aussicht genommen war. Das Blatt führt
nämlich aus:
„Die Berathung des Staatshaushalis und der mit dem-
selben im Zusammenhänge stehenden Finanzgesetze (über die
Veränderungen der Klassensteuer, über die Gewährung von
Provinzialfonds, über die Bewilligung von Wohnungsgelder-
Zuschüssen u. s. w.) wird zunächst im Abgeordnetenhaus^
noch mehrere Wochen erfordern, und die endgültige Feststel-
lung des Staatshaushalts kann im Herrenhause erst nach
gleichmäßiger Genehmigung ver erwähnten Finanzgefetze
erfolgen.
Die Berathung der Vorlagen über die kirchlichen An-
gelegenheiten wird an und für sich mit Bezug auf die Wich-
tigkeit und Schwierigkeit der betreffenden Fragen eine län-
gere Zeit in Anspruch nehmen, soweit aber dabei Verfas-
sungsveränderungen in Aussicht genommen sind, wird über-
dies in jedem der beiden Häuser eine zwiefache Berathung
mit einem Zwischenräume von 21 Tagen statlfinden müssen.
Die Session des Landtags wird daher, auch bei all-
seitiger bereitwilliger Förderung der unerläßlichen Aufgaben,
jedenfalls weit in die Zeit hineinreichen, welche für die
demnächstige Session des Reichstages in Aussicht genom-
men war."
Die Gramont'schen Enthüllungen veran-
laßten nun auch den österreichischen Minister des Auswär-
tigen, Grafen Andrassy, in einer Depesche an den österrei-
chischen Botschafter in Paris Grafen von Apponyi einen
Versuch zu machen, die Vorgänge vor Ausbruch des deutsch-
französischen Krieges in'S rechte Licht zu stellen. Herr von

Andrassy versichert darin, Oesterreich habe erklärt, daß es
außer Stande wäre, einen Krieg"zu führen, und habe der
französischen Regierung dringend vorgestellt, daß sie selbst
im Juli nicht in der Lage gewesen sei, gegen Preußen
einen Kampf mit gleichen Waffen zu unternehmen. Ob-
gleich diese Depesche einen persönlichen Charakter hatte, hat
Graf Andrassy doch ohne Bedenken Herrn von Apponyi
ermächtigt, sie dem Präsidenten der Republik mitzutheüen
Es wäre wahrlich für Herrn von Gramont Zeit, die be-
rühmten Schriftstücke, die er angeblich -in Händen hat, zu
veröffentlichen, wenn er wünscht, daß die öffentliche Mei-
nung seinen Angaben die Bedeutung beimesse, die er für
sie in Anspruch nimmt.
Nach Nachrichten ans Valparaiso vom 30. No-
vember beabsichtigt die Regierung einen Gesetzentwurf, die
Anleihe von 8 Millionen Dollars betr. behufs Ausführung
von Eisenbahnbauten, dem Kongresse vorzulegen. — Wahr-
scheinlich werden die Einnahmen des Staates in 1872 die
des Vorjahres um 2,000,000 Dollars übersteigen. — Im
Süden hat ein Sturm die Ernten sehr schwer heimgesucht.
Nach Wiener Blättern wird nunmehr die Laurion-
frage definitiv in das Stadium eines Schiedsgerichts tre-
ten, denn diesen wird aus Athen gemeldet, der österreichisch-
ungarische Gesandte habe von seiner Regierung dringende
Depeschen erhalten, mit dem Auftrage, dem griechischen
Gouvernement vorzustellen, daß es sich ohne Säumen (d)
über die Schiedsgerichts-Vorschläge aussprechen möge und
aus London wird dazu gemeldet, daß die griechische Regie-
rung dem britischen Gesandten eröffnet habe, sie sei bereit,
sich einem Schiedsgerichte zu unterwerfen, sobald die Groß-
mächte darüber einverstanden seien, daß die Frage einen
internationalen Charakter habe.
Ueber die Mission desGrafen Schuwaloff
in London wurden bekanntlich dem Publikum verschiedene
Lesarten vorgelegt. Erkundigungen zufolge, die man in
Berlin eingezogen, hat diese Persönlichkeit nichts weiter zu
thun, als das englische Cabinet über die von der russischen
Regierung gegen das Khanat Khiva beabsichtigte Expedition
aufzuklären. Rußland will nämlich dem Straßenräuberwe-
sen, welches Centralasien unsicher macht, ein Ende machen,
und demgemäß gegen den Souverain von Khiva ebenso vor-
gehen, wie es seiner Zeit gegen die Souvera'me von Bok-
hara und Kachghar vorschritten ist, d. h. es will ihn zum
Eingehen ernster Verpflichmngen zwingen, um die Handels-
straßen und die Grenzprovinzen des asiatischen Rußlands
von den Straßenrändern zu säubern. Weit entfernt, schwer
zu behauptende Eroberungen zu machen, zieht es Rußland
vor, sich mit den muselmännischen Civilisations-Mittelpunk-
ten zu verbinden, und mit denselben ähnliche Beziehungen
anzuknüpfen, wie dies unter civilisirten Staaten zu geschehen
pflegt. Man "wird sich schließ'ich erinnern, daß Rußland

Sie mir so gütig und wohlwollend, daß ich Sie zu be-
leidigen fürchtete, wenn ich Vie Hand Ihren Almosen ver-
schlossen hätte, aber sollte ich auch Ihr Gefühl verletzen, so
muß ich doch in allem Ernste den Wohlthaten Ihrer ver-
schwenderischen Seele entsagen und Sie bitten, diese Börse,
die ich nicht annehmen darf, wieder zu sich zunehmen, Ihre
Menschenfreundlichkeit hat mich bis zu einem Grade ver-
blendet, daß ich darob meine Pflicht vergaß. Ich hätte
nicht sollen zu fremder Hülfe meine Zuflucht nehmen, um
eine Aufgabe zu lösen, die mir die Natur aufgelegt und
wozu der Lohn meiner Arbeit hingereicht hätte. Wenden
Sie sich daher an ärmere Personen, wie ich bin, mein
Herr. So lange meine Hand eine Nadel halten kann und
meine Augen gut genug sind, meine Arbeit sehen zu können,
würde ich in der That den Unglücklichen das Brod dadurch
zu stehlen glauben, wenn ich einen Tßeil Ihres Reichlhums j
für mich beanspruche. Nehmen Sie daher Ihr Geld wie-
der zurück, mein Herr, denn ich bedarf dessen nicht, um die l
Ihnen schuldende, Dankbarkeit in meinem Herzen zu unter-
halten."
Alice schwieg und bot nun mit abgewaudiem Gesichte
die noch in ihrer Hand befindliche Börse Dorby hin, indem
sie in befehlenden Tone hinzusetzie: Nehmen Die nun Ihr
Geld zurück, mein Herr!
Da sie vergebens auf Dorby's Hand wartete, die ihr
die Börse abnehmen sollte, wandte sie sich um, um ihre
Bitte zu erneuern, doch die Überraschung machte sie stumm
als sie ihn vor sich auf den Knien liegen sah, ihr armes

Herz begann auf's Neue zu pochen und nur mit Mühe
vermochte sie Vie Worte hervorzubringen.
„Nehmen Sie Ihr Geld, mein Herr, ich bitte Sie."
Edgar Dorby hielt es nun an der Zeit, die vom Liebes-
Codex in solchen Fällen vorgeschriebenen Maßregeln zu er-
greifen; er nahm daher hastig ihre Hand, drückte einen
langen Kuß darauf und benetzte sie mit Thränen, die sein
Schweigen und sein tiefer Seufzer weit beredter machten
als die schönsten Reden.
Diese Thränen brannten auf Alicens Hand und dieser
Brand.dehnte sich bis zum Herzen aus, sie wollte sich zu-
rückziehen, um wenigstens ihre Hand frei zu bekommen, aber
dieses Zurückziehen war zu schwach, da ibre Kräfte sie zu
verlassen anfingen, so daß der glückliche junge Mann keinen
Zoll breit von seinem Terrain einbüßte, zugleich fachte er
durch einen wiederholten Kuß das von ihm angezündete
Feuer noch mehr an, so daß dasselbe bald zu einer wahren
Feuersbrunst wurde. Jetzt glaubte er es sei der Augenblick
gekommen, den letzten Streich gegen diese arme im Delirium
befindliche Seele zu führen.
(Fortsetzung folgt.)

* Carlisle's „Leben Schiller's" wird im
Februar oder März in neuer Auflage erscheinen und manche
wichtige Hinzufügungen aufweisen können.
 
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