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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 61 (24. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0245

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
nnd Boten nehmen
Bestellungen an.

Ichwehingcr Wochenblatt.

Aintsverkündigungsblatt für den Wezirk Schwetzingen.
Badische Hopscnjkitu n g.

P r - i ?
vierteljährlich 45 kr
Inierate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.
Lokal anz eigen
3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rhetnpfalz.

Ao. 61. - - Samstag, 24. Mai 1873. VH. Jahrgang.

Für das „Schwetzirrger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden anch im „Philippsburger «L Germersheimer Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

Rundschau.
Die Reisepläne des Kaisers u. Königs
haben insofern eine Aenderung erfahren, als der Besuch
am Wiener Hofe erst im Laufe des Monats Juni zu emer
noch näher zu bestimmenden Zeit stattfinden soll. Zunächst
wird in der ersten Woche des Juni der Schah von Persien
zum Besuche nm hiesigen Hofe eintreffen. Zu diesem Zeit-
punkte wird auch die Rückkehr der Kaiserin von Baden-
Baden nach Beendigung der Frühsahrskur erwartet. Am
16. Juni gedenkt Se. Majestät sodann nach Frankfurt a.
M., am 17. nach Jugenheim zu gehen, um dort mit dem
Kaiser von Rußland zusammenzutreffen und beim Groß-
herzoge von Hessen einen Besuch zu machen. Von dort
aus wird die Reise nach Karlsruhe fortgesetzt, wo am 18.
die Confirmation des Enkels Ihrer Majestäten stattfindet,
und dann am 19. die Reise nach Wien angetreten. In
der ersten Woche des Juli wird sich der Kaiser zur Kur
nach Ems begeben.
Der Bundesrath beschloß am 20. dem Reichs-
tag mitzutheilen, daß die verbündeten Regierungen von der
Vorlegung der Gesetzentwürfe, betreffend die Tabak- und
Börsensteuer Abstand genommen haben, theils weil die Vor-
lagen unter den gegenwärtigen Umstünden ungeeignet er-
schienen. Der Gesetzentwurf, betreffend den Jnvalrdenfonds,
wurde nach den Beschlüssen des Reichstages angenommen,
der Gesetzentwurf, betreffend Registrirung der Kauffahrtei-
schiffe behufs Vorlegung an den Reichstag festgestellt und
den Reichstagsbeschlüssen, betreffend das Parlamentsgebäude,
vorläufig zugestimmt.
Der Kronprinz und die Kronprinzessin des deut-
schen Reichs sind am 19. von Wien nach Venedig obge-
reifl. "Schon um 6 Uhr begab sich Kaiser Franz Joseph
nach Hetze.ldorf, nahm dort gemeinschaftlich mit der kron-
prinzlichen Familie das Dejeuner ein und begleitete dieselbe
darauf zum Bahnhofe, wo sich der preußische Botschafter,
Graf Audrassy und die gesammie deutsche Ausstellungs-
commission eingefunden hatten. Der Abschied zwischen dem
Kaifir und der kronprinzlichen Familie war ein überaus
herzlicher. Der junge Prinz Friedrich Wilhelm reiste bereits
am vorhergehenden Abend direct nach Berlin zurück.
In nächster Woche wird im Reichstage der Ge-
sammtvorstand zusammentreten, um über die Ab-
wickelung der Geschäfte weiter zu berathen. Von manchen
Seiten treten Wünsche nach einer längeren Vertagung für
das Pfingstfest hervor, ein Wunsch, dessen Erfüllung jedoch
zur Unmöglichkeit wird, wenn man nicht bis in den Hoch-
sommer fortlagen will. Die Anberaumung einer Herbst-
session wird in Reichstagskreisen sitzt als ein wünschens-
werther Ausweg bezeichnet, dessen Cinschlagung möglicher
Weise Gegenstand der Berathung seitens der Commission
werden möchte.

Die R e i ch s c o m m i s s i o n für das Civil-
Ehegesetz hat ihre Arbeiten beendet; diese wie das
Preßgesetz sollen den Reichstag noch vor Pfingsten be-
schäftigen, man geht also nach der Rückkehr von Wilhelms-
haven schweren Arbeitstagen entgegen. Trotz aller offiziösen
Gegenreden denkt man an eine Vertagung der Session zu
Pfingsten bis zum October. Eine auch nur annähernde
Abwickelung der Reichstagsarbsiten würde die jetzige Session
bis in den Juli hinein verzögern und das Haus bald be-
schlußunfähig finden.
Trotz der in parlamentarischen Kreisen so sehr bemerk-
lichen und eben so erklärlichen Abspannung haben doch die
Reichstagsverhandlungen über den elsaß-lothringischen Ver-
waltungsbericht einen sehr lebhaften Charakter gezeigt. Nament-
lich kam, es zu sehr scharfen und pointirten Auseinander-
setzungen zwischen dem Fürsten Reichskanzler und den Ab-
geordneten Windthorst (Meppen) und v. Mallinckrodt, wäh-
rend Abgeordneter Sonnemann sich die Rolle zugetheilt
hatte, von der Tribüne des deutschen Reichstags herab dem
französischen Chauvinismus nach dem Herzen zu reden.
Das sachlich Wichtigste der Verhandlungen war die Er-
klärung des Reichskanzlers, daß bereits eine Gesetzesvorlage
wegen Aufhebung der Dictatur in den deutschen Reichslan-
den vorbereitet werde. Man erkennt daraus, daß die Reichs-
regierung , welche schon bisher klar genug bewiesen hat,
daß sie sich durch „Stimmungen" und „Demonstrationen"
nicht irritiren läßt, ein Vertrauen in die Festigkeit der
etadlirten Zustände und in ihre eigene Kraft zur Wahrung
derselben setzt, kraft dessen sie jede außerordentlichen Voll-
machten entbehren zu können glaubt. Fürst Bismarck fuhr
dann ungefähr wörtlich fort: „Ich verspreche mir von dem
Zusammensitzen der Elsässer mit uns Reichstage ein
gutes Verhältniß zur Enttäuschung derjenigen Parteien,
welche das Gegeittheil hoffen. Die Niederhaltung der
französischen Sympathien ist in dem Lande, welches wir
zur Sicherung unserer 200 Jahre lang bedrohten Grenzen
erworben haben, nothwendig. Die Maßregeln gegen die
katholischen Elemente sind durch ultramontante Agitationen
herbeigeführt. Die Wirkung der Schulbrüder ist nach An-
sicht der Regierung viel schlimmer, als der Lehrermangel
selbst. Jedes Losreißen von Altem und Verbinden mit
Neuem hat Bitterkeiten. Wir Norddeutschen sind auch im
Gewinnen von Sympathien nicht sehr geschickt, aber wir
wollen Eisaß-Lothringen möglichst wenig wehe thuü. Zwei-
feln Sie nicht an unserem Geschicke, an unserer Ausdauer
an unserem Muthe und unserem Bestreben, allen Angriffen
zu wiederstreben. (Stürmischer Beifall.) — Als Herr v.
Mallinckrodt, dis Anklage Bismarcks gegen die Röm-
linge im Elsaß für unbegrüudet erklärte, ergriff der Reichs-
kanzler das Wort und sagte: „Darüber, ob ich die
Ru h e- u nd Friede ns st örer im Elsaß, ob ich
die Anschürer aller Oppositionen ver-

leumdet habe, — darüber rufe ich den Wahr-
spruch der öffentlichen Meinung an, dar-
über erwarte ich getrost dasUrtheil der
Geschichte. Ich glaube recht zu thun,wenn,
ich schwarz nenne, was schwarz, und weiß,
was weiß ist." (Stürm. Beifall.1
Das preußische Herrenhaus nahm am 19. in
Schlußberathung die Gesetzentwürfe über das Expropria-
tionsverfahren m dem vormals bayerischen Gebietstheil
und über die Revision von Normalpreisen fast ohne De-
batte an, genehmigte sodann die Gesetzvorlagen über den
Antheil Preußens an der Kriegsentschädigung und über
die Eisenbahnanleihe, sowie den Bericht über die Staats
einnahmen und Ausgaben im Jahre 1871 nach dem er-
statteten Berichte der Commission in der Fassung des Ab-
geordnetenhauses und erledigte endlich Petitionen. Die
Gesetzvorlage über die Belheiligung von Beamten an der
Verwaltung von Erwerbsgesellschaften wurde abgelehnt.
Der Solothurner Cantonsrath hat bei der Berathung
des Strafgesetzes die Todesstrafe mit 70 gegen 11 Stim-
men aufgehoben und die Bestimmung gegen den Kanzel-
mißbrauch angenommen.
Die Nachrichten aus Rom über das Befinden des
Papstes lauten widersprechend, aber es steht nach glaub-
würdigen Angaben fest, daß der Schwächezustand zunimmt
und eine volle Wiedergenesung unwahrscheinlich ist.
Ueber den bisherigen Gang des Krieges gegen die
Medoc-Jndianer herrscht in Nordamerika große Un-
zufriedenheit, die sich besonders gegen den bisherigen Kom-
mandanten, General Gillem, richtet, der niemals für einen
besonders geschickten Befehlshaber gegolten hat. Von Sei-
ten des Gouverneurs von Oregon ist der Vorschlag gemacht
worden, eine Anzahl von Gränzern anzuwerben, um den
Krieg gegen die Medocs auf ihre Weise zu führen. In-
zwischen mehren sich die Vorzeichen eines allgemeinen In-
dianerkrieges. In Oregon haben verschiedene Stämme den
Kriegspfad betreten, so daß die weißen Ansiedler es für
rathsam hielten, die Flucht zu ergreifen.

Ukber die Armcc-Proviant-Fabrik,
welche in Mainz errichtet werden soll, berichtet man der
„K. Z." weiter folgende Einzelheiten; „Die Armee-Proviant-
Fabrik, für deren Errichtung die Wahl zwischen Köln,
Straßburg, Metz und Mainz anfänglich schwankte, wird
eines der bedeutendsten Etablissements dieser Art auf dem
Kontinente werden und ist auf die Produktion allev Bedürf-
nisse einer großen Armee berechnet. Sie wird die ge-
wöhnlichen Mannschafts-, Offiziers- und auch die Pferde-
i Rationen in gepreßten und kondensirten Konserven liefern.
Das dicht an und innerhalb der neuen nordwestlichen Um-
wallung um den Preis von 110,000 Thalern erworbene,

Aer Much des Goldes.
* *
(Fortsetzung.)
3.
„Ich hege eine Abneigung gegen diesen Mann, die ich nicht über-
winden kann, trotzdem ich zugeben muß, daß ich bisher nur gute Seiten
seines Charakters kennen lernte," sagte Hedwig, als sie neben ihrem
Vater im Wagen saß, der sie zu verschiedenen Magazinen bringen sollte.
„Ich fürchte, er trägt eine Maske, hinter die wir nicht blicken können
und es wäre mir lieb, wenn sie ihre Beziehungen zu diesem Manne so
vollständig abbrechen — "
„Liebes Kind, ich begreife diese Abneigung nicht," unterbrach Cor-
nelius sie erstaunt. „Peter Schwind hat deine Pflegemutter bis zu
ihrem Tode unterstützt, er hat vir noch vorhin bewiesen, daß er für
deine Zukunft besorgt ist, worauf also gründet diese Abneigung sich?"
Hedwig schüttelte zweifelnd das Köpfchen. „Ich kann mir darüber
keine Rechenschaft geben, mir ist, als ob eine innere Stimme mich vor
diesem Manne warnte"
Sie hatte, während sie das sagte, die Hand ihres Vaters ergriffen,
an der ein schwerer, massiver Siegelring blitzte.
„Ich habe mir oft gesagt, daß ich undankbar sei, wenn ich den
Wohlthäter meiner Mutter nicht mit der Freundlichkeit und Liebe be-
handle, die er verdiene," fuhr sie fort, „aber ich kann mich nicht über-
winden, ihm mit herzlicher Wärme entgegenzukommen. Es wäre mir lieb,
wenn sie sich entschließen könnten, Ihrer Vaterstadt den Rücken zu wen-
den, ich gestehe offen, daß ich nicht hier wohnen möchte."

„Weshalb nicht?" fragte Cornelius überrascht. „Ich denke mir,
das Leben in der Residenz —"
„In jeder anderen Residenz würde ich sie bitten, sich dauernd
niederzulassen."
„Deine Gründe?"
„Der erste Grund ist die Vergangenheit. Bedenken sie, die Tochter
eines Schusters, ein Mädchen, welches durch seiner Hände Arbeit sich
kümmerlich ernähren mußte. —"
„Und der zweite Grund?" fragte Cornelius verstimmt.
„Ist der Wunsch, mit dem Trödler nicht mehr in Berührung zu
kommen."
Der alte Herr zog seine Hand zurück. „Der Ring ist gefährlich,"
sagte er, „mit der Gefahr darf man nicht spielen."
„Gefährlich?" fragte Hedwig erstaunt. „Wie kann ein Ring ge-
fährlich sein?"
Der alte drückte auf ein kleines, kaum bemerkbares Knöpfchen,
welches neben dem dunkelgrünen Stein angebracht war. Der Stein
drehte sich um die Achse, das Goldblättchen auf der Rückseite des Steins
sprang zurück.
„Sieh', dieses Kügelchen, nicht größer als ein Nadelknopf, genügt,
einen Menschen augenblicklich zu tödten," sagte er, „es enthält ein
Pflanzengift, welches bisher nur die Indianer kennen."
„In der That, der Ring ist gefährlich," erwiderte Hedwig bestürtzt.
„Wer gab ihnen das Gift?"
„Ter Häuptling eines Jndianerstammes, er ließ den Ring für
mich anfertigen, nachdem ich ihm einen nicht unbedeutenden Dienst ge-
leistet und jede Belohnung dafür abgewiesen hatte. Aber wir sind
! von unserem Thema abgekommen, deine Gründe kann ich nicht aner-

kennen, der Trödler wird uns fortan nicht mehr lästig fallen; sollte er
es dennoch thun, so erkläre ich ihm mit dürren Worten, daß er unsere
Verbindung als gebrochen betrachten möge, und was deine Vergangen-
heit betrifft, so finde ich in derselben nichts, was dir zum Vorwurf ge-
reichen oder Andere zu unangenehmen Annäherungen berechtigen könnte."
Der Wagen hielt vor einem Manufacturwaaren-Magazin; nach-
dem die Beiden ihre Einkäufe gemacht hatten, fuhren sie weiter.
Der alte Herr war verstimmt, er schien nicht gern zu sehen, wenn
seinen Anordnungen und Wünschen widersprochen wurde.
Auf dem Rückwege befahl er dem Kutscher, bei dem Advocaten
Steittmüller vorzufahren.
„Ein alter Bekannter, der mir die Bitte, uns heute Nachmittag
zum Notar zu begleiten, nicht abschlagen wird," wandte er sich zu seiner
Tousier, gleichsam als Antwort auf ihren fragenden Blick.
Der Advocat empfing seinen Klienten und dessen Tochter in der
elegant eingerichteten Gaststube.
Er sagte bereitwillig die Erfüllung der Bitte, welche Cornelius
an ihn richtete, zu.
„Sic werden vier Zeugen haben müssen," sagte er, „ich vermuthe,
daß sie nicht gern Jeden dazu nehmen."
„Nein, gewiß nicht," entgegnete Cornelius, „Sie und Schwind
haben zugesagt, woher ich die beiden andern nehmen soll, weiß ich
noch nicht."
„Würde es ihnen unangenehm sein, wenn ich meinen Sohn dazu
vorschlüge? Als vierter Zeuge könnte der Schreiber des Notars fungi-
ren, der ja auch von dem Inhalt des Documents in Kenntniß gesetzt
wird^ '(Fortsetzung folgt.)
 
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