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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 36 (27. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0143

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die vürgefpaltene
Petitzeile oder deren
"LstE!"?" Amtsverkündigungsölalt für den Wezirk Schwetzingen.
Kadischr Hopscnseitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
Ao. 36. Donnerstag,"27^März 1873. VII. Jahrgang.

ihwchmgtr VochtnblM

Erscheint
wöchentlich drei Mai:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.

Für das „Schwetzirrger Wochenblatt" bestimALte Inserate stnDen auch im „PHMppsbnrger L Germersheimer Wochenblatt" Gratis - Aufnahme

politische Ileöerstcht.
Aus Berlin erfährt man, daß sich die Mehrheit der
Bundesrathsausschüsse principiell gegen die Ta-
bakssteuer-Erhöhung überhaupt und nur even-
tuell für die bekannten preußischen Sätze von 8 resp.
14 Thlr. erklärt haben. Dieses Resultat war übrigens bei
dem Uebergewicht der süddeutschen Stimmen in den Aus-
schüssen vorherzusehen. Im Bundesrath, an den die An- -
gelegenheit wahrscheinlich schon morgen gelangt, ist dagegen
die Mehrheit für Annahme des Gesetzentwurfes, da hier
Sachsen, die thüringischen Staaten rc. den preußischen
Stimmen zu Hilfe kommen. Es scheint, daß das Reichs-
kanzleramt den Gesetzentwurf jedenfalls an den Reichstag
bringen und diesem die Entscheidung überlassen will, ob
er den Ersatz für die Salzsteuer acceptiren will oder es
vorzieht, die letztere zur Zeit noch bestehen zu lassen.
Nach der „B. A.-C." befindet sich der erste Theil der
Aufgabe der Untersuchungs-Commission in
voller Verhandlung und haben bereits über mehrere Eisen-
bahnunternehmungen Beweiserhebungen stattgefunden, bei eini-
gen find dieselben sogar demAbschlusse nahe. Es ist anzunehmen,
daß dieser Theil der Aufgabe der Untersuchungskommifsion
in kurzer Zeit wird zum Abschluß gedeihen können. Dabei
hat sich schon so viel klar und unzweideutig herausgestellt,
daß das gegenwärtige Eisenbahngesetz, verbunden mit den
Verwaltungsgrundsätzen der Regierung einer ganzen Reihe
von Mißbräuchen Thür und Thor geöffnet, welche die Ab-
sichten des Gesetzes von der ersten Gründung eines Eisen-
bahn-Unternehmens an bis zur Ausführung ganz und gar
illusorisch machen.
Nach dem „Journ. off." hat der König von Portugal
Herrn Thiers für seine Leistungen auf dem Gebiete der
Wissenschaften das Großkreuz des St. Jakobs-Ordens
verliehen.
„Daily News" bringen aus Wien eine Depesche wo-
nach Fürst Gortschakoff dem russischen Staatsrath
ein Decret vorgelegt hat, welches dem russischen Gesandten
in Constantinopel das Recht einräumt allen in der Türkei
domicilireuden Ruffen, welche gegen die russischen
Interessen agitiren ihr Nationalitütsrecht, zu
entziehen.
Aus Spanien erführt man zunächst, daß die
Sklavenbill bezüglich Portoricos angenommen worden, und
daß den emancipirten Sklaven der Genuß der politischen
Rechte eingeräumt wird.
Die Nationalversammlung hat eine aus zwanzig Mit-
gliedern bestehende Permanenz-Commission ernannt und
ging hierauf mit dem Rufe: „Es lebe Spanien!
Es lebe die Republik!" auseinander.
Der „Jmparcial" erwähnt ferner eines Gerüchtes,
wonach Fremde in Madrid angekommen sein sollen, welche

die gesetzlichen Autorüäten umzustürzen und die Commune
einzusetzen beabsichtigten. In den Straßen Madrids herrscht
jedoch vollkommene Ruhe, und die um den Sitzungssaal
der Cortes versammelten Gruppen wurden durch die Trup-
pen entfernt. Und doch herrscht Ruhe in den Straßen
von Madrid? —
* Aus dem deutschen Reichstag.
Die letzte Sitzung des Reichstages war etwas bedeu-
tungsvoller als die vorangegangenen, indem zunächst das
Haus dem Reichskanzler seine Anerkennung für das glän-
zende diplomatische Geschick darbrachtr, womit er es verstan-
den hat, die Auseinandersetzung mit Frankreich durchznführen.
Dann hob Abg. Bamberger die finanzielle Bedeutung
der anticipirten Zahlung hervor. Indem er in seiner Rede
mit Recht die Ueberführung eines Capitalwerthes von der
Höhe der französischen Kriegscontribution aus einer Nation
in die andere als ein wirthschaftliches Phänomen bezeichnet,
! welches denkende Finanzmänner noch lange beschäftigen werde,
! macht er zugleich auch den Unterschied aufmerksam, welcher
i zwischen der scheinbaren Liquidation, die mit Ueber-
i Lieferung der letzten Wechsel und Goldbarren von Seiten
i der französischen Regierung erfolgt sein wird und der wirk-
lich e n Liquidation, dem Zustande, besteht, in welchem diese
i gewaltige Deplacirnng von Capitalien in dem wirthschaftlichen
! Leben der Nation ausgeglichen sein wird.
j Sodann fand das Reichsbeamtengesetz in dem einzigen
! noch zu erörternden Punkte, der zwischen Bundesrath und
Reichstag noch übrig geblieben ist, der Communalsteuerpflicht
der Reichsbeamten in Preußen, ein Hinderniß auf seinem
Wege. Indessen zog es die große Mehrheit des Reichstages
Vor, gleich bei der zweiten Lesung auf een einen Punkt
der Aufhebung des Steuerprivilegs zu verzichten. Das Zu-
standekominen des so lange schon discuürten Gesetzes ist von
' großer Wichtigkeit und die Frage, ob die Reichsbeamten in
! Preußen die vollen Communalsteuern bezahlen oder nicht
immerhin erst in zweiter Linie von Bedeutung. Daß der
Boden zur Austragung der Frage der Steuerpflicht der Be-
amten in Preußen, per preußische Landtag ist, wurde von
Fürst Bismarck hervorgehoben. Er versprach im preußischen
Ministerium für die Abschaffung des Steuerprivilegs zu
wirken und wir hoffen, daß die Spuren dieser Wirksamkeit
, schon in nächster Session sichtbar werden.
Karlsruhe, 26. März. In Folge Kaiserlicher Ca-
binetsordre wurden S. K. H. der Generallieutenant Prinz
Wilhelm von Baden zum General der Infanterie
i und der Commandeur des I. Bad. L^ibdragoner-Regiments
Nr. 20, Obristlieutenant Freiherr v. d. Goltz, zum
Obersten ernannt.

München, 24. März. Wie die hiesigen Blätter mel-
den, hat Se. Maj. der König vorgestern dem Deutschen^
Kaiser zu dessen Geburtstag in einem Telegramm seine inni-
gen Glückwünsche ausgesprochen. Auch die Offiziere hiesiger
Garnison feierten in ihren Casinos das Geburtsfest des
Kaisers.
München. Ueber den Beginn des Salvatorbier-
Ausschanks schreibt die „Südd. Post" : „Die Münchener
wanderten gestern in Hellen Haufen nach ihrem Mekka —
. dem Salvatorkeller. Die Wallfahrt wurde durch das schönste
Wetter begünstigt. Der Andrang war ein kolossaler. Den
Packträgerw wurde der Liter Bier Anfangs mit 18, später
mit 24 und 30 kr. bezahlt. An den beiden Schenken war
ein Gedränge züm Ersticken und Erdrücken, das die Frage
nahe legt, ob denn der Ausschank nicht anders organisirt
werden könnte. Es wäre das sehr leicht, wenn man sich
einmal etwas über die Münchener Gemüthlichkeit Hinweg-
setzen wollte, die nicht überall am Platze ist. An Exzessen
und Raufereien fehlte es natürlich in Folge von Trunken-
heit nicht. Der Polizeiarrest war) schließlich mit einer ganz
bunten Gesellschaft gefüllt. — Im Hirschbräukeller wurde
nach Ausgehen des Salvators gewöhnliches Bier als solches
geschenkt, worüber Publikus, als sich das Falsum heraus-
stellte, begreiflicher Weise in hochgnädige Entrüstung gerieth;
das vom Schenkwirth zunächst ergriffene Beruhigungsmitte!,
die zuviel bezahlten Beträge zurückzugeben, mußte bald wie-
der aufgegeben werden, da die Zahl Jener, welche enorme
Quantitäten Salvator getrunken haben wollten, eine gar zu
unglaubwürdige Größe annahm. Die Polizei stiftete schließ-
lich Frieden; gegen Wiederkehr 'ähnlicher Jrrthümer ist
gesorgt."
Leipzig, 24. März. Die selbstständigen Schuh-
macher Deutschlands stehen im Begriff, zu einem allge-
meinen deutschen Schuhmacher - Verein zusammenzutreten,
und ein thätiges Comits in Leipzig hat einen Congreß
einberufen, der, mit dem ersten Ostertag beginnend, in den
Räumen des Leipziger Schützenhauses abgehalten werden
wird. Es handelt sich hierbei nicht um eine Versammlung
nach veralteter Handwerksweise, sondern es liegen die Be-
strebungen vor, auf der Basis des technischen und geistigen
Fortschritts eine vollständige Reformation aus dem Gebiete
des Schuhmachergewerks im Sinne der Jetztzeit herbeizu-
führen. Durch Gründung von Ortsvereinen in den mei-
sten deutschen Städten, die wieder je nach den Gegenden
zu Provinzial- und Gauverbänden zusammentraten, ist seit
einigen Jahren die Bewegung in zweckentsprechender Weise
ungebahnt worden; durch die Erwirkung einer „Deutschen
j Schuhmacher-Zeitung" (F. A. Günther-Berlin) ist ferner
! eine einheitliche Verbindung hergestellt und die ganze Be-
j wegung concentrirt, so daß die aus dem Leipziger Con-
' greß hervorgehenden Beschlüsse als ein Ausdruck der Be-

K d e k i n e.
Novelle von Gottlieb Richter.
(Fortsetzung.)
Der Winter brach herein.
Der Jagdlärm war verhallt, nur die Axt der Holzfäller klang
dumpf durch die Tiefe des Waldes hervor. Es ist die Zeit der Arbeit
für den Forstmann.
Kaum graut der kurze Wintermorgen, so zieht er hinaus in den
Forst. Dort hinten im Thale liegt die Waldhütte, da warten auf ihn
Holzfäller und Köhler, Haufen von Landleuten mit Gespann, Kauflustige
zur Auction, Unterförster und Aufseher. Bäume werden gezeichnet,
Befehle gegeben, Verkäufe abgehalten, Rapporte entgegen genommen.
Und dann muß das Revier durchstreift werden, den Wald zu sichern
vor dem Holzdiebe und das Wild zu hüten vor dem frechen Wild-
schützen.
Daheim im einsamen Forsthaus fitzt die Mama allein mit den
Kindern. Draußen, so weit das Auge reicht, nichts als Schnee. Am
Himmels jagen die Wolken, in den Wipfeln heult der Sturm und
peitscht die wirbelnden Flocken vor sich her, der Tag geht zu Ende.
Im Forsthause zündet man Licht an. Drinnen in der Wohnstube
ist's so still, so'gemüthlich, die Lampe brennt hell, das Feuer rollt im
Ofen. Die Mama sitzt im Divan, hat das blauäugige Töchterlein auf
dem Schoos und läßt es lesen, ein Knabe sitzt am Tisch und studirt,
der andere zaust sich auf dem Teppich mit dem Dächfel herum. Draußen
ist's finster, der Sturm rauscht, der Schnee rieselt an den Scheiben

herab. Plötzlich springt der Dächfel vom Knaben weg, setzt sich leise
kläffend an die Thür. „Der Vater kommt und Herr Sangers!" ruft
der Knabe. Bald werden Schritte draußen laut. Die Hausthür geht
auf, des Dächsels Gekläff wird ein förmliches Heulen. Die Jäger
schütteln den Schnee aus den Pelzen. Der Reviergehülfe geht hinauf i
auf feine warme Stube, der Revierförster hängt Jagdtasche, Mütze
und Pelz an die Hirschgeweihe auf der Flur, das Gewehr aber nimmt
er mit hinein zum Abputzen. Er reicht der Gattin die Hand, die
Jungen hängen sich au ihn und drängen ihn in den Divan. Die
kleine Elli schleppt die Morgenschuhe herbei, die Knaben knöpfen die
Gamaschen des Vaters auf, ziehen die Schuhe aus und die Pantoffeln
an. Die Mama hat den Tisch gedeckt, und beim Essen erzählt der
Vater, wie heute eine arme Wittwe ihn frierend und zitternd um Holz
' gebeten, er habe es ihr versprochen und wolle es ihr morgen hinfahren
lassen. Nach Tisch muß Bodo den Meerschaum stopfen und der Papa
i erzählt sich mit Herrn Sanders lustige Jagdgeschichten, oder Herr San-
ders erzählt den Kindern wunderbarfchöne Märchen. Wenn aber der
Kukuk an der Uhr neun mal ruft, dann müssen sie schlafen gehen.
Und eine Stunde später, dann ruhen sie alle im Forsthause, die Fenster
find dunkel. Draußen rast der Wind, ein Fuchs bellt heiser, eine Eule
schreit auf der alten Ruine. Im einsamen Haus aber ist Friede, Ruhe
§ und süße Träume.

Eine halbe Meile von der Sachsenburg lag ein kleines Städtchen,
drin von den ersten Bürgern, einigen Beamten und Husarenofficieren,
deren Schwadron rings auf den Dörfern im Quartiec lag, ein gemüth-
licher Club gebildet war. Allershausen und Karl waren Mitglieder und

gingen auch zuweilen Sonntags hinab, um einen Robber Whist oder
eine Partie L'hombre zu spielen. — Kurz nach Weihnachten aber nahm
besagter Club einen bedeutenden Anlauf und beschloß einen Ball. Der
bestimmte Tag kam heran.
Es war gegen sechs Uhr Abends. Vor der Sachsenburg hielt der
Rennschlitten, der Reviersörster stieg mit seiner Gattin und Karl ein,
die Kinder und die alte Tante standen auf der Veranda, riefen ade!
und davon stoben die flüchtigen Rosse nach der Stadt.
Im lichtglänzenden, decorirten Saale schmetterten lustige Melo-
dien und bewegte sich eine bunte Menge: Grünuniformierte Forstleute,
schmucke, bunte Husarenofficiere, blaue Beamte, Bürger im feierlichen
Frack, junge Damen in Weiß, Mütter und Tanten in Schwarz. Und
diese Mischung von Roth, Gelb, Grün, Blau, Weiß und Schwarz gab
dem Ganzen ein Aussehen,, als sei der Frühling eingezogen in den
Saal mit all seinem Farbenspiel.
Karl stand in einem Nebenzimmer neben dem Sessel seiner Prin-
cipalin. Sie konnten durch die offene Thür den Haupteingang des
Saales gewahren und waren gerade in einem unschuldigen Geklätsch
über die Anwesenden begriffen. Da thaten sich wieder die Flügelthüren
des Saales auf —
„Die Elfe vom Walde!" entfuhrs Karl unwillkührlich, als er einen
Blick auf die Eintretenden geworfen.
„Wie? — was? — Elfe vom Walde? Wen meinen Sie damit,
Herr Sanders?" fragte neugierig die Dame. „Das Fräulein dort?"
„Ach," antwortete Karl in leiser Verlegenheit, „das ist eine alte
Geschichte."
(Fortsetzung folgt.)
 
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