HchwchilMr Wochenblatt
Amlsverkündigungsötalt für den Aezirk Schwetzingen.
Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.
Badische
H o p s c n) r i t u n g.
Prctü
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
M. 99.
Samstag, 23. August 1873.
VII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenstern L Vogler, Rudolf Wosse und H. L. Daube L Go., sowie die Süddeutsche Annoncen-Grpedition
von G. Stöchhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Bafel und Straßburg.
Demtsches Reich.
Karlsruhe, 10. Ang. (Schluß aus No. 98.)
Es ist bereits oben erwähnt worden, daß jetzt noch im
Kataster zahlreiche Ungleichheiten und Mißverhältnisse exi-
stireu. Nahe beisammen liegende Gemarkungen zeigen oft
die größten Mißverhältnisse in den Anschlägen gegenüber
der Ertragsfähigkeit. So hat z. B. die Gemarkung Hil-
perisau nn Einschätzuugsbezirk Gernsbach in den drei ersten
Ackerclassen jetzt noch Anschläge von 922, 747 und 503 fl.
per Morgen, während die bessere Gemarkung Gernsbach
nur solche von 546, 374 und 315 fl. hat. Die Gemarkung
Triberg, im Einschätzuugsbezirk dieses Namens, hat in den
zwei ersten Ackerclassen jetzt 630 und 462 fl. und in den
zwei ersten Wiesenclassen 714 und 522 fl. Anschlag, wäh-
rend daS bessere Hornberg nur solche von 534 und 409
in den zwei ersten Ackerclassen und 512 und 460 fl. in
den zwei ersten Wiesenclassen hat. Im Einschätzungsbezirk i
Karlsruhe hat die Gemarkung Graben in den drei ersten i
Ackerclassen Anschläge von 432, 344 und 218 fl. in den j
zwei ersten Wiesenclassen solche von 200 und 181 fl. auf i
den Morgen zu 400 Ruthen, während das entschieden ge-
ringere Neuthardt solche von 671, 539 und 383 in den
drei ersten Ackerclassen und von 362 und 244 in den zwei
ersten Wiesenclassen hat. Im Bezirk Sinsheim hat die !
Gemarkung Sinsheim in den drei Ackerclassen jetzt An-
schlüge von 313, 269 und 214 fl. und in den drei ersten
Wiesenclassen solche von 269, 267 und 200 fl. auf den !
Morgen von 400 Ruthen, während das nahe Kirchhardt, !
welches bezüglich des Ackerfeldes ungefähr gleich gilt, bezüglich !
der Wiesen aber geringer ist, Steueranschläge von 487, 400
und 339 beziehungsweise bei den Wiesen solche von 745, i
627 und 355 fl. aufweist. Im Bezirk Bühl ist die Ge-
markung Steinbach in den drei ersten Ackerclassen jetzt noch
mit 1092, 776, beziehungsweise 453 fl. für den Morgen
von 400 Ruthen angelegt, während die in der ersten Acker-
classe als gleich gut und nur in den geringeren Clasfen als
weniger gut zu betrachtende Gemarkung Bühl nur etwa
halb so hoch, namentlich mit 532, 382 und 287 fl. kata-
strirt ist.
Dies sind nur einige wenige Beispiele, es ließen sich
aber noch für die verschiedenen Culturarten zahlreiche ähn- -
liche Fälle aus allen Theilen des Landes anführen. Der- !
artig auffallende Ungleichheiten würden aber nicht beseitigt, i
wenn man lediglich auf die aus den örtlichen Kaufpreisen i
gezogenen Durchschnitte Rücksicht nehmen wollte und nicht
zugleich das in Art. 61 verordnete Correclivmittel der gegen- !
seitigen Vergleichung und Ausgleichung in Anwendung '
brächte. Man liefe sonst Gefahr, von vornherein wieder !
ein mit zahlreichen Mängeln behaftetes Kataster zu erhalten -
und gerade Das, worüber man jetzt klagt, nämlich die Be-
seitigung der ungerechtfertigten Ungleichheiten, nicht zu er-
langen.
Die Steueranschläge sind von der Ministerialcommission
bis jetzt noch nirgends festgesetzt, weil noch nicht alle Re-
visionsversammlungen abgehalten sind und es sich empfiehlt,
vorher möglichst einen Ueberblick über die in den ver-
schiedenen Theilen des Landes von den Einschätzungscom-
missionen, den Prüfungscommissionen und den Revisions-
versammlungen begutachtenden Anschläge zu gewinnen
Sind die Anschläge festgesetzt, so steht dann den Grund-
eigenthümern, falls begründeten Forderungen nicht schon in
den Vorverhandlungen Rechnung getragen worden sein sollte,
noch der Recurs an das Finanzministerium offen. Man
sieht also: das Gesetz gewährt reichlich Bürgschaften für
eine zweckmäßige, gerechte Einschätzung, welche herbeizuführen
die damit betrauten Organe von allem Anfang an gewissen-
haft bestrebt waren.
Vollkommen ist allerdings Nichts auf dieser Welt und
diesem Geschick wird auch das neue Kataster verfallen. Aber
mit Fug und Recht läßt sich jetzt schon behauchen, daß wir
ein möglichst gutes Grundsteuer-Kataster erhalten werden,
daß der Zweck des Gesetzes, eine Peräcplation, eine Aus-
gleichung, eine möglichst gerechte Vertheilung der Steuerlast
unter den Grundbesitzern herbeizuführen, in Wirklichkeit er-
reicht werden wird.
Die neue Einschätzung ttiird ohne Zweifel auch eine
erhebliche Erhöhung des Gesammt-Steuerkapitals zur Folge
haben. Damit ist aber keineswegs gesagt, daß die Grund-
steuer-Pflichtigen nun auch künftig im Ganzen mehr Steuer
zu zahlen haben. Es ist schon bei Einbringung des Ge-
setzes und seitdem wiederholt von der Regierung ausdrück-
lich erklärt worden, daß der Zweck des Gesetzes nicht eine
Steuererhöhung, sondern eine Steuerausgleichung sei. Den
künftigen Steuerfuß, d. h. denjenigen Betrag zu bestimmen,
der von hundert Gulden oder hundert Mark Grundsteuer-
Anschlag zu entrichten ist, das ist eine Sache für sich, welche
Regierung und Stünde zugleich unter Berücksichtigung des
Verhältnisses zu andern Steuergattungen zu entscheiden
haben werben, wenn einmal die Ergebnisse der neuen Ein-
schätzung vorliegen.
Rundschau.
Was die Stellung des Fürsten Bismarck zum
preußischen Ministerium anbelangt, so können wir, schreibt
die „Elb. Ztg.", constatiren, daß in den letzten Wochen ein
totaler Umschwung stattgefunden hat, und daß in diesem
Augenblick der Einfluß Bismarcks, welchen seine Gegner
schon ganz vernichtet wähnten, wieder allein dominirend ist.
Unter solchen Verhältnissen gewinnt es an Wahrscheinlichkeit,
daß mit dem für den Herbst sicher zu erwartenden Rücktritt
Roon's aus dem Ministerium eine gänzliche Umgestaltung
desselben zu erwarten ist. Ob dabei der Wunsch des deut-
schen Reichskanzlers, an die Stelle eines preußischen Minister-
präsidenten einen preußischen Staatskanzler treten zu lassen,
in Erfüllung gehen wird, lassen wir dahingestellt.
Die R e i ch s c o m m i s s i o n zur Untersuchung über
die Entstehungsgründe der Cholera-Epidemie rc.
hat bis jetzt 13 Sitzungen gehalten und wird ihre Thätig-
keit noch in einer Reihe von Sitzungen fortsetzen. Die Re-
sultate ihrer Arbeit wird die Commission in einem Berichte
an das Reichskanzleramt mit einer Reihe von bestimmten
Anträgen zusammenfassen. Vorläufig ist anzuerkennen, daß
der rasche Geschäftsgang die schnelle Ausnutzung der werth-
vollen Arbeiten der Commission ermöglichen wird.
Zur Vorbereitung einer medicinischen Sta-
tistik sind seitens des Bundesraths die Bundesregierungen
zu einer Aeußerung darüber veranlaßt worden: 1) welche
Einrichtungen behufs Herstellung einer medicinischen Sta-
tistik in ihren Gebieten bestehen? 2) in welchem Umfange
eine medicinische Statistik, die das gemeinsame Interesse der
Bundesstaaten vor Auge habe, anzustreben sei? 3) in wie
weit von den einzelnen Bundesregierungen zur Beschaffung
des Materials für eine solche Statistik mitgewirkt werden
könne
Die Theilnahme Frankreichs, Belgiens, Rußlands und
der Vereinigten Staaten von Nordamerika an dem inter-
nationalen Weltpostcongreß, welcher am 1. Sep-
tember in Bern zusammentritt, scheint durch die Erhöhung
des Maximums des internationalen Portosatzes von 2 auf
3 Sgr. und durch das Preisgeben des Princips erkauft
worden zu sein, dem zufolge für den Transitverkehr eine
Vergütung in der Regel nicht geleistet werden soll. —
Uebrigens ist man, der „Schles. Presse" zufolge, vielfach
mit den Vorschlägen des von Deutschland entworfenen Ver-
tragsentwurfs unzufrieden. Man erkennt zwar an, daß
der Wegfall minutiöser Abrechnungen über den internatio-
nalen Briefpostverkehr und die Ueberlassung des vollen Portos
an den Staat, wo der Brief aufgegeben ist, für die Ver-
waltung äußerst erleichternd seien. Das Publikum gewinne
aber vor der Hand nicht viel. Namentlich sei es lächerlich,
daß Postkarten gleich viel wie gewöhnliche Briefe kosten und
noch dazu dem Frankaturzwange unterliegen sollen. Eine
weitere Enttäuschung erfahre man dadurch, daß der Ver-
tragsentwurf nicht die Herstellung allgemein gültiger Fran-
katurmarken Vorschläge, 'welche als eine internationale Scheide-
münze begrüßt werde. Da, wie bereits oben vermerkt, jedes
Transitporto wegfallen soll, so wird namentlich der Schweiz
und Belgien ein nicht unerheblicher Verlust in ihren Ein-
nahmen erwachsen. Mit Sicherheit kann wohl angenommen
werden, daß die Vertreter mehrerer Staaten auf der Post-
Die Zigeunerin.
Novelle.
von Ianni) Klink.
(Fortsetzung aus Nr. 88.)
2.
Man konnte nicht lange im Zweifel bleiben, daß hier
ein Zigeunerstamm sein Lager aufgeschlagen. Die zerlump-
testen Weibergestalten hatten sich mit Korallen, Blumen und
farbigen Bändern geschmückt, .Ohrringe und Armbänder
fehlten kaum bei einer einzigen, und die jüngeren schienen
sich auf ihren Schmuck eben nicht wenig einzubilden.
Die Flasche ging unter wüstem Gesänge fleißig im
Kreise herum und begann bereits ihre Wirkung auf Männer
und Weiber auszuüben. Rohe Scherze und heiseres Lachen
verrieth zur Genüge, in welchem Stadium von Trunkenheit
sie sich befanden.
Abseits, von der Gruppe entfernt, standen zwei Ge-
stalten, junge Mädchen, kaum den Kinderschuhen entwachsen,
und blickten verächtlich auf die phantastische, wüste Grnppe.
Das ältere der beiden Mädchen war eine orientalische
Schönheit mit leicht gebräuntem Teint und dunklen, sinn-
verwirrenden Augen, die die ganze Gluth und Leidenschaft-
lichkeit ihres Charakters auszudrücken schienen. Schwarzes,
üppiges, krauses Haar schlang sich in schweren Flechten um
Stirn und Schläfen, von brennend rothen Korallenschnüren
durchzogen. Auch um den stolzen, ungebeugten Nacken und
die vollen Arme waren Korallen gelegt — der Anblick des
Mädchens war sinnverwirrend und bestrickend schön.
Ganz im Gegensatz zu ihrer Gefährtin befand sich das
andere Mädchen. Auch dieses war schön, vielleicht noch
schöner als ihre Kameradin, aber ihre Schönheit war an-
derer Art — man hätte sie melancholisch nennen können.
Das feine, etwas blaffe Gesicht war von zauberischer Lieb-
lichkeit. Die wohlgerundete Wange von einer dunklen
Röthe angehaucht, dunkle, glänzende Augen, feine rosige
Lippen, die beim Oeffnen eine Reihe der weißesten kleinen
Zähne durchschimmern ließen und weiches, dunkles Haar
bildeten ein Ganzes, wie es sich kaum schöner denken ließ.
Die Kleidung beider Mädchen war nicht wenig geeignet,
ihre zauberische Schönheit noch mehr hervorzuheben. Ein
rother Rock mit reicher Silberstickerei, ein schwarzes, knappes
Mieder mit schneeweißem Unterhemdchen, an den kleinen
Füßen rothe Sandalen mit farbigen Bändern, das war
eine Zusammenstellung, wie sie sich kaum schöner und
poetischer im grünen Waldesdunkel gedacht werden kann.
„Ach, Zendale, nach Spanien!" sagte in diesem Augen-
blick das ältere Mädchen mit leuchtenden Augen. „Fort
aus diesem kalten Norden mit seinen kieselharten Bewohnern!
Fort nach Spanien, wo die Citronen blühen! Ach solch'
eine Mainacht in Spanien im Vergleich zu der öden Natur
des Nordens!"
„O Fiora," entgegnete das jüngere Mädchen mit
traurigem Lächeln, „ich theile Deine Sehnsucht nach dem
Süden nicht. Die deutschen Eichen und Buchenwaldungen
sind mir an's Herz gewachsen, daß ich mich nimmer von
ihnen trennen möchte."
Fiora sah sie erstaunt, fast erschrocken an. Tausenderlei
Gedanken durchzuckten auf einmal ihren Kopf. Sie dachte
an den weißen Mann, der seit der Stunde, wo sie ihr
Lager hier aufgeschlagen hatten, jeden Tag hergeritten kam,
um einige Stunden unter ihnen zu weilen wie er Zen-
dale immer mit traurigen Blicken betrachtet hatte, und sie
wiederum ihn, — wie er nur mit ihr gesprochen und ihr
Gesicht von einer Purpurröthe übergossen wurde, wenn er
sie anredete. Nur in seiner Gegenwart ließ Zendale sich
bewegen, den Zorongo zu tanzen, und nie hatte Fiora sie
schöner, hinreißender gesehen, als in solchen Augenblicken.
Nein, Fioca konnte sich nicht täuschen, Zendale liebte
den bleichen Jüngling und nun wollte das Schicksal sie vön
ihm reißen! Darum ihre Vorliebe für diese Gegend, ihr
träumerisch stilles Wesen, ihr heiteres, frohes Lachen in
seiner Gegenwart. Wie ein Blitz durchzuckten alle diese
Gedanken Fiora's Herz und tiefes Mitgefühl für die ge-
liebte Gefährtin, das einzige Wesen, welches sie auf der
Welt liebte, zog darin ein.
„Arme Zendale!" sagte sie traurig, indem sie den
kleinen Kopf an ihre Brust zog — „Du kannst meinen
Haß gegen die Bewohner des Nordens nicht theilen, weil
Du einen dieser Bewohner liebst!"
(Fortsetzung folgt.)
Amlsverkündigungsötalt für den Aezirk Schwetzingen.
Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.
Badische
H o p s c n) r i t u n g.
Prctü
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
M. 99.
Samstag, 23. August 1873.
VII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenstern L Vogler, Rudolf Wosse und H. L. Daube L Go., sowie die Süddeutsche Annoncen-Grpedition
von G. Stöchhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Bafel und Straßburg.
Demtsches Reich.
Karlsruhe, 10. Ang. (Schluß aus No. 98.)
Es ist bereits oben erwähnt worden, daß jetzt noch im
Kataster zahlreiche Ungleichheiten und Mißverhältnisse exi-
stireu. Nahe beisammen liegende Gemarkungen zeigen oft
die größten Mißverhältnisse in den Anschlägen gegenüber
der Ertragsfähigkeit. So hat z. B. die Gemarkung Hil-
perisau nn Einschätzuugsbezirk Gernsbach in den drei ersten
Ackerclassen jetzt noch Anschläge von 922, 747 und 503 fl.
per Morgen, während die bessere Gemarkung Gernsbach
nur solche von 546, 374 und 315 fl. hat. Die Gemarkung
Triberg, im Einschätzuugsbezirk dieses Namens, hat in den
zwei ersten Ackerclassen jetzt 630 und 462 fl. und in den
zwei ersten Wiesenclassen 714 und 522 fl. Anschlag, wäh-
rend daS bessere Hornberg nur solche von 534 und 409
in den zwei ersten Ackerclassen und 512 und 460 fl. in
den zwei ersten Wiesenclassen hat. Im Einschätzungsbezirk i
Karlsruhe hat die Gemarkung Graben in den drei ersten i
Ackerclassen Anschläge von 432, 344 und 218 fl. in den j
zwei ersten Wiesenclassen solche von 200 und 181 fl. auf i
den Morgen zu 400 Ruthen, während das entschieden ge-
ringere Neuthardt solche von 671, 539 und 383 in den
drei ersten Ackerclassen und von 362 und 244 in den zwei
ersten Wiesenclassen hat. Im Bezirk Sinsheim hat die !
Gemarkung Sinsheim in den drei Ackerclassen jetzt An-
schlüge von 313, 269 und 214 fl. und in den drei ersten
Wiesenclassen solche von 269, 267 und 200 fl. auf den !
Morgen von 400 Ruthen, während das nahe Kirchhardt, !
welches bezüglich des Ackerfeldes ungefähr gleich gilt, bezüglich !
der Wiesen aber geringer ist, Steueranschläge von 487, 400
und 339 beziehungsweise bei den Wiesen solche von 745, i
627 und 355 fl. aufweist. Im Bezirk Bühl ist die Ge-
markung Steinbach in den drei ersten Ackerclassen jetzt noch
mit 1092, 776, beziehungsweise 453 fl. für den Morgen
von 400 Ruthen angelegt, während die in der ersten Acker-
classe als gleich gut und nur in den geringeren Clasfen als
weniger gut zu betrachtende Gemarkung Bühl nur etwa
halb so hoch, namentlich mit 532, 382 und 287 fl. kata-
strirt ist.
Dies sind nur einige wenige Beispiele, es ließen sich
aber noch für die verschiedenen Culturarten zahlreiche ähn- -
liche Fälle aus allen Theilen des Landes anführen. Der- !
artig auffallende Ungleichheiten würden aber nicht beseitigt, i
wenn man lediglich auf die aus den örtlichen Kaufpreisen i
gezogenen Durchschnitte Rücksicht nehmen wollte und nicht
zugleich das in Art. 61 verordnete Correclivmittel der gegen- !
seitigen Vergleichung und Ausgleichung in Anwendung '
brächte. Man liefe sonst Gefahr, von vornherein wieder !
ein mit zahlreichen Mängeln behaftetes Kataster zu erhalten -
und gerade Das, worüber man jetzt klagt, nämlich die Be-
seitigung der ungerechtfertigten Ungleichheiten, nicht zu er-
langen.
Die Steueranschläge sind von der Ministerialcommission
bis jetzt noch nirgends festgesetzt, weil noch nicht alle Re-
visionsversammlungen abgehalten sind und es sich empfiehlt,
vorher möglichst einen Ueberblick über die in den ver-
schiedenen Theilen des Landes von den Einschätzungscom-
missionen, den Prüfungscommissionen und den Revisions-
versammlungen begutachtenden Anschläge zu gewinnen
Sind die Anschläge festgesetzt, so steht dann den Grund-
eigenthümern, falls begründeten Forderungen nicht schon in
den Vorverhandlungen Rechnung getragen worden sein sollte,
noch der Recurs an das Finanzministerium offen. Man
sieht also: das Gesetz gewährt reichlich Bürgschaften für
eine zweckmäßige, gerechte Einschätzung, welche herbeizuführen
die damit betrauten Organe von allem Anfang an gewissen-
haft bestrebt waren.
Vollkommen ist allerdings Nichts auf dieser Welt und
diesem Geschick wird auch das neue Kataster verfallen. Aber
mit Fug und Recht läßt sich jetzt schon behauchen, daß wir
ein möglichst gutes Grundsteuer-Kataster erhalten werden,
daß der Zweck des Gesetzes, eine Peräcplation, eine Aus-
gleichung, eine möglichst gerechte Vertheilung der Steuerlast
unter den Grundbesitzern herbeizuführen, in Wirklichkeit er-
reicht werden wird.
Die neue Einschätzung ttiird ohne Zweifel auch eine
erhebliche Erhöhung des Gesammt-Steuerkapitals zur Folge
haben. Damit ist aber keineswegs gesagt, daß die Grund-
steuer-Pflichtigen nun auch künftig im Ganzen mehr Steuer
zu zahlen haben. Es ist schon bei Einbringung des Ge-
setzes und seitdem wiederholt von der Regierung ausdrück-
lich erklärt worden, daß der Zweck des Gesetzes nicht eine
Steuererhöhung, sondern eine Steuerausgleichung sei. Den
künftigen Steuerfuß, d. h. denjenigen Betrag zu bestimmen,
der von hundert Gulden oder hundert Mark Grundsteuer-
Anschlag zu entrichten ist, das ist eine Sache für sich, welche
Regierung und Stünde zugleich unter Berücksichtigung des
Verhältnisses zu andern Steuergattungen zu entscheiden
haben werben, wenn einmal die Ergebnisse der neuen Ein-
schätzung vorliegen.
Rundschau.
Was die Stellung des Fürsten Bismarck zum
preußischen Ministerium anbelangt, so können wir, schreibt
die „Elb. Ztg.", constatiren, daß in den letzten Wochen ein
totaler Umschwung stattgefunden hat, und daß in diesem
Augenblick der Einfluß Bismarcks, welchen seine Gegner
schon ganz vernichtet wähnten, wieder allein dominirend ist.
Unter solchen Verhältnissen gewinnt es an Wahrscheinlichkeit,
daß mit dem für den Herbst sicher zu erwartenden Rücktritt
Roon's aus dem Ministerium eine gänzliche Umgestaltung
desselben zu erwarten ist. Ob dabei der Wunsch des deut-
schen Reichskanzlers, an die Stelle eines preußischen Minister-
präsidenten einen preußischen Staatskanzler treten zu lassen,
in Erfüllung gehen wird, lassen wir dahingestellt.
Die R e i ch s c o m m i s s i o n zur Untersuchung über
die Entstehungsgründe der Cholera-Epidemie rc.
hat bis jetzt 13 Sitzungen gehalten und wird ihre Thätig-
keit noch in einer Reihe von Sitzungen fortsetzen. Die Re-
sultate ihrer Arbeit wird die Commission in einem Berichte
an das Reichskanzleramt mit einer Reihe von bestimmten
Anträgen zusammenfassen. Vorläufig ist anzuerkennen, daß
der rasche Geschäftsgang die schnelle Ausnutzung der werth-
vollen Arbeiten der Commission ermöglichen wird.
Zur Vorbereitung einer medicinischen Sta-
tistik sind seitens des Bundesraths die Bundesregierungen
zu einer Aeußerung darüber veranlaßt worden: 1) welche
Einrichtungen behufs Herstellung einer medicinischen Sta-
tistik in ihren Gebieten bestehen? 2) in welchem Umfange
eine medicinische Statistik, die das gemeinsame Interesse der
Bundesstaaten vor Auge habe, anzustreben sei? 3) in wie
weit von den einzelnen Bundesregierungen zur Beschaffung
des Materials für eine solche Statistik mitgewirkt werden
könne
Die Theilnahme Frankreichs, Belgiens, Rußlands und
der Vereinigten Staaten von Nordamerika an dem inter-
nationalen Weltpostcongreß, welcher am 1. Sep-
tember in Bern zusammentritt, scheint durch die Erhöhung
des Maximums des internationalen Portosatzes von 2 auf
3 Sgr. und durch das Preisgeben des Princips erkauft
worden zu sein, dem zufolge für den Transitverkehr eine
Vergütung in der Regel nicht geleistet werden soll. —
Uebrigens ist man, der „Schles. Presse" zufolge, vielfach
mit den Vorschlägen des von Deutschland entworfenen Ver-
tragsentwurfs unzufrieden. Man erkennt zwar an, daß
der Wegfall minutiöser Abrechnungen über den internatio-
nalen Briefpostverkehr und die Ueberlassung des vollen Portos
an den Staat, wo der Brief aufgegeben ist, für die Ver-
waltung äußerst erleichternd seien. Das Publikum gewinne
aber vor der Hand nicht viel. Namentlich sei es lächerlich,
daß Postkarten gleich viel wie gewöhnliche Briefe kosten und
noch dazu dem Frankaturzwange unterliegen sollen. Eine
weitere Enttäuschung erfahre man dadurch, daß der Ver-
tragsentwurf nicht die Herstellung allgemein gültiger Fran-
katurmarken Vorschläge, 'welche als eine internationale Scheide-
münze begrüßt werde. Da, wie bereits oben vermerkt, jedes
Transitporto wegfallen soll, so wird namentlich der Schweiz
und Belgien ein nicht unerheblicher Verlust in ihren Ein-
nahmen erwachsen. Mit Sicherheit kann wohl angenommen
werden, daß die Vertreter mehrerer Staaten auf der Post-
Die Zigeunerin.
Novelle.
von Ianni) Klink.
(Fortsetzung aus Nr. 88.)
2.
Man konnte nicht lange im Zweifel bleiben, daß hier
ein Zigeunerstamm sein Lager aufgeschlagen. Die zerlump-
testen Weibergestalten hatten sich mit Korallen, Blumen und
farbigen Bändern geschmückt, .Ohrringe und Armbänder
fehlten kaum bei einer einzigen, und die jüngeren schienen
sich auf ihren Schmuck eben nicht wenig einzubilden.
Die Flasche ging unter wüstem Gesänge fleißig im
Kreise herum und begann bereits ihre Wirkung auf Männer
und Weiber auszuüben. Rohe Scherze und heiseres Lachen
verrieth zur Genüge, in welchem Stadium von Trunkenheit
sie sich befanden.
Abseits, von der Gruppe entfernt, standen zwei Ge-
stalten, junge Mädchen, kaum den Kinderschuhen entwachsen,
und blickten verächtlich auf die phantastische, wüste Grnppe.
Das ältere der beiden Mädchen war eine orientalische
Schönheit mit leicht gebräuntem Teint und dunklen, sinn-
verwirrenden Augen, die die ganze Gluth und Leidenschaft-
lichkeit ihres Charakters auszudrücken schienen. Schwarzes,
üppiges, krauses Haar schlang sich in schweren Flechten um
Stirn und Schläfen, von brennend rothen Korallenschnüren
durchzogen. Auch um den stolzen, ungebeugten Nacken und
die vollen Arme waren Korallen gelegt — der Anblick des
Mädchens war sinnverwirrend und bestrickend schön.
Ganz im Gegensatz zu ihrer Gefährtin befand sich das
andere Mädchen. Auch dieses war schön, vielleicht noch
schöner als ihre Kameradin, aber ihre Schönheit war an-
derer Art — man hätte sie melancholisch nennen können.
Das feine, etwas blaffe Gesicht war von zauberischer Lieb-
lichkeit. Die wohlgerundete Wange von einer dunklen
Röthe angehaucht, dunkle, glänzende Augen, feine rosige
Lippen, die beim Oeffnen eine Reihe der weißesten kleinen
Zähne durchschimmern ließen und weiches, dunkles Haar
bildeten ein Ganzes, wie es sich kaum schöner denken ließ.
Die Kleidung beider Mädchen war nicht wenig geeignet,
ihre zauberische Schönheit noch mehr hervorzuheben. Ein
rother Rock mit reicher Silberstickerei, ein schwarzes, knappes
Mieder mit schneeweißem Unterhemdchen, an den kleinen
Füßen rothe Sandalen mit farbigen Bändern, das war
eine Zusammenstellung, wie sie sich kaum schöner und
poetischer im grünen Waldesdunkel gedacht werden kann.
„Ach, Zendale, nach Spanien!" sagte in diesem Augen-
blick das ältere Mädchen mit leuchtenden Augen. „Fort
aus diesem kalten Norden mit seinen kieselharten Bewohnern!
Fort nach Spanien, wo die Citronen blühen! Ach solch'
eine Mainacht in Spanien im Vergleich zu der öden Natur
des Nordens!"
„O Fiora," entgegnete das jüngere Mädchen mit
traurigem Lächeln, „ich theile Deine Sehnsucht nach dem
Süden nicht. Die deutschen Eichen und Buchenwaldungen
sind mir an's Herz gewachsen, daß ich mich nimmer von
ihnen trennen möchte."
Fiora sah sie erstaunt, fast erschrocken an. Tausenderlei
Gedanken durchzuckten auf einmal ihren Kopf. Sie dachte
an den weißen Mann, der seit der Stunde, wo sie ihr
Lager hier aufgeschlagen hatten, jeden Tag hergeritten kam,
um einige Stunden unter ihnen zu weilen wie er Zen-
dale immer mit traurigen Blicken betrachtet hatte, und sie
wiederum ihn, — wie er nur mit ihr gesprochen und ihr
Gesicht von einer Purpurröthe übergossen wurde, wenn er
sie anredete. Nur in seiner Gegenwart ließ Zendale sich
bewegen, den Zorongo zu tanzen, und nie hatte Fiora sie
schöner, hinreißender gesehen, als in solchen Augenblicken.
Nein, Fioca konnte sich nicht täuschen, Zendale liebte
den bleichen Jüngling und nun wollte das Schicksal sie vön
ihm reißen! Darum ihre Vorliebe für diese Gegend, ihr
träumerisch stilles Wesen, ihr heiteres, frohes Lachen in
seiner Gegenwart. Wie ein Blitz durchzuckten alle diese
Gedanken Fiora's Herz und tiefes Mitgefühl für die ge-
liebte Gefährtin, das einzige Wesen, welches sie auf der
Welt liebte, zog darin ein.
„Arme Zendale!" sagte sie traurig, indem sie den
kleinen Kopf an ihre Brust zog — „Du kannst meinen
Haß gegen die Bewohner des Nordens nicht theilen, weil
Du einen dieser Bewohner liebst!"
(Fortsetzung folgt.)