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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 117 (4. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0469

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Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

«samstag, 4. Oktober 1873.

>o. 117.

VII. Jahrgang.

Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Mogler, Rudolf Wosse und ch. L. Jauöe L Go., sowie die Süddeutsche Annoncen-Grpedition
von G. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Preis
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 Er.,
Garmondzeile 5 kr.

Ichwchmgtr Wochmblilll
AmtsverkündigungsötatL für den Aezirk Schwetzingen.

Einladung zum Abonnement.
Zum Abonnement auf das mit dem 1. Ok-
tober beginnende 4. Quartal des Schwetzinger
Wochenblattes laden wir hier mit ergebenst
ein und ersuchen die auswärtigen Abonnenten,
die Bestellungen bei den betr. Postanstalten
und Landpostboten rechtzeitig zu machen, da-
mit, da wir bei der stets bedeutend steigenden
Abonneutenzahl unseres Blattes keine Nach
Lieferung garantiren können, keine Unterbre-
chung im Bezug eintritt.
Die Expedition.
Rundschau.
Kaiser Wilhelm und König Victor Emanuel
haben sich zum Abschied kräftig und warm die Hände ge-
schüttelt. Für die Franzosen sind diese beiden verschlungenen
Hände eine wohlgemeinte Mahnung zur Vorsicht und Ruhe
und nötigenfalls eine — Faust. Wenn die Franzosen 1870
Ruhe gehalten hätten, dann Hütten sie Elsaß und Lothringen
heute noch, und wenn sie jetzt und künftig Ruhe halten, so
werden sie wenigstens Nizza und Savoyen behalten, das
Napolecn 1859 als Trinkgeld für Solferino eingesteckt hat;
wenn sie aber Anstalt machen, Deutschland zu bedrohen und
Rom den Italienern zu entreißen, so werben sie Elsaß und
Lothringen nicht wieder erhalten und Nizza und Savoyen
verlieren. Das ungefähr ist der diplomatische Sinn der
verschlungenen Hände von Kaiser Wilhelm und König Victor
Emanuel.
Von Cartagena wird berichtet, daß die Insurgenten
einen neuen Angriff gegen den linken Flügel der Belagerer
gemacht haben, indeß mit leichter Mühe zurückgeschlagen
wurden. Es ist nun constatirt, daß durch das Bombarde-
ment von Alicante dort 11 Personen getödtet und 30 ver-
wundet worden sind.
Vom Schauplatz des Carlistenkrieges liegen folgende
neuere Nachrichten vor. Die Banden von Saavedra und
Pechel sind in der Provinz Lugo geschlagen worden. —
Ain Sonnabend drangen 12 Carlisten durch Ueberraschung
in die Stadt Orihucla ein, verbrannten die Civilregister und
andere Papiere, nahmen die Municipal- und Staatsgelder
mit fort und zerstörten die Telegraphenleitung. — Brigade-
general Arrondo verfolgte ohne Unterlaß die Bande Cucala's.
— Die Garnison von St. Sebastian soll durch 2000 Mann
verstärkt worden sein, in jener Gegend befinden sich gegen-
wärtig keine Carlisten.
Don Carlos hielt sich seit Freitag in Durando
auf. Er hat jetzt Postmarken im Werthe von einem Real
ausgegeben, auf welchen sein Portrait gedruckt ist. — Der
Carlistenführer Segarra hat an der Spitze von 1100 Mann

Ullecoma genommen, nachdem die aus 30 Freiwilligen be-
! stehende Besatzung capitulirt hatte. Von dort marschirte er
auf Daroca. _
"Derrtsches^ReW -
Karlsruhe, 29. Sept. Der deutsche Kaiser wird,
wie verlautet, bis zu seiner Reise nach Wien in Baden-
Baden und Mainau verweilen und dürfte die Abreise nach
Wien zwischen dein 15. und 17. Okt. direkt von hier aus
erfolgen. Wie es heißt, wird Fürst Bismarck den Kaiser
. beim Besuch des Wiener Hofes begleiten und die Reise dort-
hin direkt von Varzin antreten.
Heilbronn, 30. Sept. Nach dreitägigem Aussetzen
traten Hierselbst zwei neue Cholerafülle ein, deren einer einen
tödtlichen Ausgang hatte.
München, 2. Okt. Vom 30. Sept, auf 1. Okt.
ist Hierselbst kein Choleraerkrankungs- oder Todesfall vorge-
kommen. Von 4 ärztlichen Besuchstationen sind 3 aufge-
hoben.
Berlin, 29. Sept. Die Nachricht, daß dem Fürsten
Bismarck vom Könige von Italien der Annunziaten-Or-
den verliehen sei, istMcht rihtig. Der Fürst besitzt diesen
höchsten italienischen Orden schon seit sieben Jahren. Der
König Vicwr Emanuel hat dem Fürsten Reichskanzler sein
Bildniß geschenkt und darunter eigenhändig die Worte ge-
schrieben : ,,^1 krineixs Li8inarelc ösrtino il 26. 8st-
tsnrlors 1873 CuZino Vittorio Lrnunnsls."
Der Ausdruck „euZino" deutet auf den Besitz des Annun-
ziaten-Ordens hin, welcher das Recht verleiht, „Vetter des
Königs" genannt zu werden.
Neueste Kopfen-Aerichte.
Vom Continent.
Grohweingarten nächst Spalt, 30. Sept. Seit
drei Tagen hat hierorts der Hopfeneinkauf begonnen und
wurden gerne 105 fl. und Leihkauf bewilligt. Bereits sind
ca. 50 Ballen verkauft; Produzenten sind zurückhaltend —
höhere Preise hoffend.
Vom AifchglMNb, 30. Sept. Die diesjährige
Hopfen-Ernte ist nahezu beendet; es wird gegenwärtig sehr
lebhaft gekauft und ist der Preis allgemein 60 fl. und Leih-
kauf, die Hopfen sind aber noch nicht gehörig trocken. In
Rauschenberg wurden gestern einige Parthien für 75 fl. und
3 fl. 30 kr. Leihkauf übernommen und auch für den Preis
wollen Eigner nicht gerne geben; die Ernte ist im Ganzen
eine gute zu nennen.
Ehingen a. d. D., I.Okt. Das Geschäft hat zwar
mit zwei Käufen, von 50 Ctr. zu 75 fl., begonnen, allein
unsere Produzenten halten zurück und glauben mehr zu er-
zielen.
Attschn, 30. Sept. Seit meinem letzten Bericht hat

sich die Stimmung mehr gebessert, so daß für feine qualität-
volle Waare ö. W. fl. 100 bis 120 erzielt wurden. In
Export wurde bis jetzt noch wenig gemacht, wozu vielleicht
beitragen mag, daß im heurigen Jahre bei uns eine ausge-
zeichnet schöne und feine Waare gewonnen wurde, und da
das Quantum unter der Schätzung ausfiel, die Produzenten
zu billigen Preisen nichts abgeben wollen. In einigen Ort-
schaften ist bereits die Hälfte, in einigen Dreiviertel ver-
kauft.
Spalt, 29. Sept. Die herrliche Witterung, welche
wir seit mehreren Tagen haben, trocknete die Waare, so daß
nun faßbarer Hopfen zu haben ist; das Geschäft ist daher
hier wie auf dem Lande belebt und wurden folgende Preise
per 50 Kilo bezahlt: Spalt fl. 110 und Leihkauf, Wein-
garten fl. 105 und Leihkauf, Moosbach fl. 100 und Leihkauf,
Stiern fl. 100 und Leihkauf, Absberg fl 95 und Leihkauf,
Erntendorf fl. 95 und Leihkauf, Fünfbrunn, Jgelsbach,
Ramsberg 80—85—90 mit Leihkauf. Das Geschäft würde
ein größeres gewesen sein, wenn Produzenten abgeben würden.
Alost, 27. Sept. Die Pflücke des Hopfens wird mit
dem heutigen Tage auf dem Lande beendigt werden. Der
Ertrag wird auf eine gute halbe Ernte geschätzt und die
Waare fällt sehr schön. Unser heutiger Markt war mit 160
Ballen befahren, welche je nach Qualität zu Fr. 85—90
per 50 Kilos Nehmer fanden.
Neutornischl, 28. Sept. Die Faulheit in Nürn-
berg übt auf hiesigem Platze insofern keinen Einfluß aus,
als von den zahlreich hier anwesenden Böhmen für Prima-
Waare noch schlank 44—50 Thaler gezahlt werden. Da-
gegen ist die Nachfrage nach selbst feinsten Mittelqualitäten,
die doch auch sehr schön sind, gleich Null und sind diese z.
Z. für dreißig und einige Thaler, je nach Qualität zu
haben. Bis heute sind ohngefähr zwei Tausend Centner
größtenteils für Böhmen verkauft.
Saaz, 30. Sept. Das Geschäft ist ziemlich belebt.
Preise: Stadt 180—90. Bezirk 170—180. Kreis 140—50
Produzenten sind hartnäckig; Händler zurückhaltend.
Aus England.
London, 27. Sept. Die Einfuhr von deutschen
Hopfen über Holland und Hamburg ist sehr bedeutend.
Während der letzten 8 Tage sind 500 Ballen von dort aus
nach hier verschickt worden. Frankreich und Belgien haben
ca. 200 Ballen exportirt.
Maidstone und angr. Ortschaften, 29. Sept. Das
Pflücken ist zum Abschluß gekommen und die ganze Ernte
läßt sich nun auf ^/s der letztjährigen fixiren. Der Hopfen
ist in allen Beziehungen gut gerathen und die erlangten
Preise sind zufriedenstellend. Die Erwartungen bezüglich
der Quantität der Hopfen sind zwar nicht auf den Punkt
eingetroffen; aber wiewohl wir durch den Stand der Hop-
fen an den Stangen irre geführt wurden, so wird dies

Sie Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
Jetzt war es keine Verstellung mehr, als die Gräfin
mit jedem Wort ihres Sohnes bleicher wurde. Sie hatte
Alles versucht, selbst die Ehre ihres Gatten nicht geschont,
den Sohn gegen den Vater erzürnt, und nun sollte es
vergebens sein? Alles vergebens!
„Leon!" schrie sie verzweiflungsvoll auf, „uns gehört
nichts mehr, weder dies Haus, noch die Möbel, noch die
Gemälde Deines Vaters; Alles, Alles ist bei dem Banquier
verpfändet."
„So werden wir flühen müssen," flüsterte Leon, „ich
werde arbeiten, um die Schuld des Vaters abtragen zu
können; ich werde nicht rasten noch ruhen, bis ich mein
Ziel erreicht habe."
„O, Leon," jammerte die Gräfin, ihre Hände ringend,
„und Du willst Deine Eltern also wirklich in Schande und
Armuth bringen?"
„Ich, Mutter?" fragte Leon erstaunt. „Ist es denn
meine Schuld? Kann ich das Unglück abwenden?"
Abermals durchzog eine süße Hoffnung auf Ansehen
und Reichthum ihr thörichtes Herz.
„Ja, Leon," entgegnete sie mit flehender Stimme,

„Du kannst Deine alten Eltern retten. Leon, ich werde
Dir ewig dankbar sein!"
Sie war auf die Kniee vor ihrem Sohne nieder-
gesunken, und nur mit Mühe gelang es ihm, sie aufzu-
richten und sie in ihren Sessel zu setzen.
„Arme Mutter," sagte er, ihre Wangen zärtllich strei-
chelnd, „wenn ich etwas thun kann, so sei nur ruhig: ich
werde mich keinen Augenblick besinnen."
„O, Leon, Du weißt nicht, was Du sagst," sagte die
Gräfin gerührt. „Nein, mein Kind, geh' nur, Du sollst
Dein Lebensglück nicht für unsere Ruhe opfern. Deine
Eltern sind alt — sie werden die Schläge des Schicksals
nicht lange überleben."
„Und giebt es ein Lebensglück für mich, wenn ich
Euch elend und verlassen weiß?" fragte Leon mit sanfter
Stimme. „Nein, Mutter, sage mir, in welcher Weise ich
Euch vor Schande und Armuth retten kann; ich werde
Alles thun, und das Bewußtsein der Pflichterfüllung wird
mich glücklich machen."
Die Gräfin schluchzte heftig, seine Nachgiebigkeit rührte
sie, und schon begann sie ihr letztes Spiel zu bereuen, als
ihr noch zur rechten Zeit der Banquier und die vielen
Gläubiger einfielen, daneben das bleiche Gespenst der
Armuth.
„Weine nicht mehr," fuhr Leon nach einer Pause
fort, als die Mutter noch immer schwieg und heftig schluchzte,
„wenn ich Eure Ehre, Euer Glück erkaufen kann, wird
mir nichts zu theuer sein. Sage mir, was ich thun soll,
ich werde mich nicht besinnen."

„Gott segne Dich, Leon, aber ich kann Dein Opfer
nicht annehmen."
„Du mußt es annehmen, Mutter, Du bist es dem
Vater, Dir selber und mir schuldig, wir müssen unsere
Ehre retten."
„O, Leon, Leon!" schluchzte die Gräfin. „Warum
kann ich Dir nicht ein Loos bereiten, wie ich es möchte?,,
„Du kannst es nicht, Mutter, trotz Deiner Liebe nicht,"
flüsterte Leon. „Selbst dann nicht, wenn Du Indiens
Schätze mir bieten könntest. Also klage nicht, sondern sage
mir, was ich thun muß."
„Du mußt die Comtesse Olimpia von Wildbach hei-
rathen," hauchte die Gräfin kaum hörbar.
Leon griff nach seinem Herzen, es schlug nicht mehr,
und sein Gesicht wurde erdfahl; er erfaßte einen Stuhl,
um sich vor dem Umsinken zu schützen. Es sauste und
brauste in seinen Ohren, als wenn ein furchtbarer Sturm
losgelassen wäre.
Heirathen! Wie ein Donner rollte das Wort immer
und immer wieder an ihn heran; er sah keine Rettung.
An allen Seiten gähnte ein Abgrund, der ihn verschlingen
mußte/ Hier de* Gedanke an die Schande und Armuth
seiner Eltern — dort eine alte, reiche Erbin, die ihn mit
ihren hageren Armen umfangen wollte — daneben das
bleiche, traurige Gesicht und das melancholische Lächeln
Zendale's, die ihn mit all ihrer unbeschreiblichen Anmuth
zu sich heran zu winken schien. Schaudernd schloß ec die
Augen.
(Fortsetzung folgt.)
 
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