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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 107 (11. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0429

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Kchwchingcr WochMill

«o. 107

Donnerstag, 11. September 1873

VII. Jahrgang.

Preiö
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
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Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
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Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Mogler, Rudolf Woffe und H. L. Jauöc L Go., sowie die Süddeutsche Annoncen-Grpeditiou
von G. StöchHardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

AMtsverkündigungsölatt für den Aezirk Schwetzingen.
iadischc Hopfe nscitun.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Deutsches Reich.
* Schwetzingen, 5. Sept. Ueber die Thütigkeit
der badischen Gerichte während des Jahres 1872 entnehmen
wir dem Staatsanzeiger folgende Daten:
Das O be r h o f g e r i ch t in Mannheim (II Räthe)
hatte über 197 Oberberufuugen, wovon 140 erledigt, über
3 Rechtspolizeisachen, wovon 2 erledigt, über 74 Nichtig-
keitsbeschwerden, wovon 67 erledigt und über 35 Beschwerde-
führungen, wovon 33 erledigt, abznurtheilen. Die relative
Mehrzahl der Fälle, nämlich ein DKttlheil der Gesammtzahl,
stammte aus dem mit Moosbach.verbundenen Bezirke des
Kreis- und Hofgerrchts Mannheim. 4^
Die fünf Hof- und Krei s Ae r i ch t e des Landes
zu Mannheim, Karlsruhe, Offenburg, Freiburg und Con-
stanz erledigten
u) Bürgerliche Rechtspflege: In der Civilkammer von
5860 Rechtsstreiten 4755, im Appcllationsfenat von 1529
Berufungen 1247, von 112 Rechtspolizeisachen 102 und 9
Wiederherstellungsklagen.
6) Strafrechtspflege: Durch die Schwurgerichte 213
von 218 Fällen, durch die Strafkammer 977 von 1009,
durch die Raths- und Anklagekammer 1486 von 1494, durch
die Rekurskammer 561 von 631, durch den Untersuchungs-
richter 57 von 92 Fällen, sowie 24 Wiederaufnahmege-
suche.
In beiden Abtheilungen entfallen auf das Mannheimer
Kreisgericht, oem mit dem Mosbacher Bezirk 24 Räthe an-
gehören, weitaus die relative Mehrheit der Fälle, durchschnitt-
lich etwa em Dritttheil der Gesammtzahl.
Die Thütigkeit der 54 Amtsgerichte im verflos-
senen Jahre war, wie der Bericht ergibt, eine sehr umfang-
reiche, An anhängigen Civilprozessen zählten die
Nro.

14 Amtsgerichte des Bezirks Mannheim 8677

8
//
Karlsruhe 7138
8
/,
Offenburg 3505
11
Freiburg 5287
13
,,
//
Konstanz 5792
54
Total 30,399

welche zum größeren Theile erledigt wurden.
An anhängigen Ganten kamen vor im Kreisgerichts-
Bezirk Mannheim 201, Karlsruhe 147, Offenburg 84, Frei-
burg 122, Konstanz 156, im ganzen Land 710. Hiervon
entfallen am meisten auf das Amtsgericht Mannheim 46,
was verhältnißmäßig wenig genannt werden muß, da in
Heidelberg 37, in Karlsruhe 32, in St. Blasien und Walds-
hut je 25, in Freiburg 21 Ganlfälle anhängig waren. —
An sämmtlichen Amtsgerichten wurden außerdem etwa 40,000
Nechtspolizeisachen behandelt resp. erledigt; am meisten par-
ticipiren hieran: Bretten mit 2601, Ettlingen mit 1840,
Rastatt mit 1583, Freiburg mit 1477, Heidelberg mit 1426,

Bruchsal mit 1359, Karlsruhe mit 1308, Lörrach mit 1306,
Emmendingen mit 1165, alsdann erst Mannheim mit 1072,
Sinsheim mit 1035 Fällen; alle übrigen Amtsgerichte
halten weniger als 1000, am wenigsten Pfullendorf mit
143 Füllen. Rekurse gegen Bürgermeister ergingen insge-
sammt 741, Zahlungsbefehle ca. 86,000.
Die criminalistische Thütigkeit der Amtsgerichte wird in
folgender Zusammenstellung veranschaulicht:
Höhere Strafsachen ca. 3050 Fälle,
Eigene Strafsachen ca. 12,100 „
Polizeistrafsachen ca. 1025 „
Rekurse gegen Bürgermeister 96 „
Forstfrevel ca. 100,000 „
Von letzteren entfallen über ein Dritttheil auf den Karls-
ruher, über ein Viertheil auf den Mannheimer Kreisgerichts-
bezirk.
Bezüglich der Strafsachen behauptet der Amtsgerichts-
bezirk Mannheim den ersten Platz mit 1143 Strafsachen;
ihm folgt Heidelberg mit 1058, Pforzheim mit 808, Karls-
ruhe mit 771 und Freiburg mit 734 Nummern.
Aus Burern, 7. Sept. Der Franks. Ztg. schreibt
man: Bekanntlich wurde Prinz Luitpold im besondern
Auftrage des Königs nach Regensburg gesandt, um an Ort
und Stelle Untersuchung über die bitteren Klagen einzu-
leiten, weiche von Regensburg über die forcirten Reisemärsche
der Soldaten einliefeu. Der Prinz begab sich direkt vom
Bahnhofe ins Milnürspital, dessen überfüllte Räume —
mehr als der achte Theil des Regensburger Regiments
mußte der Laune des betreffenden Obersten die Gesundheit
zum Opfer bringen — in wahrhaft erschreckender Weise die
Klagen rechtfertigten. Der Prinz von dem Gesehenen be-
troffen, verbot sofort jeden weiteren Reisemarsch und ordnete
umfassende Massen-Beurlaubungen an. Wir bemerken noch,
daß auch zwei Offiziere in Folge der ihnen zugemuthelen
übermenschlichen Anstrengungen derart dienstuntauglich ge-
geworden, daß sie um ihre Pensionirung nachsuchen müssen.
München, 7. Sept. Der König richtete an den
Kronprinzen desDeutschen Rei chs eine Einladung,
anläßlich der Jnspectionsreise die königl. Schlösser zu Ans-
bach, Würzburg und Nürnberg als Absteigequartier zu be-
nutzen.
DnvMsindL, 8. Sept., Vormittags. In der Stadt
Bensheim wüthet eine heftige Feuersbrunst; 28
Häuser, viele Scheunen und Stallungen sind abgebrannt.
2 Häuser brennen noch, eins wurde nidergerissen.
Straßburg, 6. Sept. Seit gestern Mittag spielt
sich in den rückwärts gelegenett Räumen des hiesigen Bahn-
hofes der letzte Akt der finanziellen Auseinandersetzungen
mit Frankreich ab. In verschiedenen Abtheilungen sind
Geldsendungen von Paris, Brüssel, Köln, Mülhausen, im
Ganzen 29 Waggons hier eingetroffeu, die sämmtlich FUuf-

frankenstücke in Silber enthielten. Jeder Waggon faßte
durchschnittlich hundert Säcke mit je 10,000 Franken d. h.
einem Gewichte von über 100 Ctr. per Waggon. (Der
Sack zu 10,000 Frkn. soll 1 Ctr. 600 Gramm wiegen.)
Die betr. Beamten, unter Leitung des kaiserl. Regierungs-
raths Hrn. Pietsch, haben mit der Kontrole, Revision und
Ausladung dieser 29 Waggons, wie man sich denken kann,
ein tüchtiges Stück Arbeit zu erledigen. Die Säcke werden
zu 60—70 Stück auf bereitstehende Brückenwagen geladen
und der Reihe nach, je von einem Schutzmanns begleitet,
in die Stadt geschafft, wo sie ihrer hoffentlich baldigen Auf-
erstehung entgegenharren. Wenn den schwerfällig unter
ihrer silbernen Last durch die Straßen gezogenen Wagen
gar mancher sehnsüchtige Blick der Vorübergehenden nachfolgt,
so ist das ganz natürlich. Man hofft mit dem Ausladege--
fchäft heute noch zu Ende zu kommen.
Stuttgart, 8. Sept. Der „Staatsanzeiger" ent-
hält einen Ministerialerlaß, nach welchem das sogenannte
Canstatter Volksfest in diesem Jahre im Hinblick auf die
Gefahr der Einschleppung der Cholera unterbleiben soll.
Leipzig, 6. Sept. Von den neueren Rechtssprüchen des Reichs-
Oberhandelsgerichts erwähnen wir folgende:
Hat der Käufer tue ihm zugesendete Waare rechtzeitig zur Verfü-
gung des Verkäufers gestellt, so muß der Käufer die gute Beschaffen-
heit der Waare zur Zeit der Absendung beweisen. Hat aber der
Käufer ein Muster der Sendung, die sogenannte Ausfallprobe erhal-
ten und daraufhin den Kaufpreis bezahlt, so hat der Verkäufer nur
zu beweisen, daß die Sendung jenem Muster entsprochen hat.
Die blose Eingehung oder Verabredung einer Gesellschaft zum
Betriebe von Handelsgeschäften ist an sich noch nicht ein Handelsge-
schäft, wird es aber, wenn die Kontrahenten zu den Kaufleuten ge-
hören.
Wer bei dein Verkaufe eines Fabrikgeschäfts eine gewisse Höhe
des Reinertrags versichert, hat dafür zu haften, und hat er dabei
gegen besseres Wissen gehandelt, so liegt darin ein zur Entschädigung
verpflichtender Betrug. Uebrigens bildet ein solches Geschäft keinen
Handelskauf, sondern ist nach dem Landesrechte zu beurtheilen. Wenn
ein Kaufmann einen andern Kaufmann auf Anfrage eines dritten
Kaufmanns als kreditwürdig empfiehlt, so haftet er nur im Falle arg-
listigen Handelns, sofern nicht ein eigentlicher Kreditbrief, d. h. die
Anweisung zur Zahlung auf Gefahr oder doch auf Rechnung des
Briefschreibers angenommen werden kann.
Berlin, 6. Sept. Dem Vernehmen nach hat der
Bundesrath sich in dem Prozesse Kilometer gegen Meile
endlich für das Erstere entschieden, so daß die deutsche Maß-
uud Gewichtsordnung Aussicht hat, von einem Bastart be-
freit zu werden, der bisher ihren guten Ruf beschädigte.
Artikel 4: „Als Entfernungsmaß dient die Meile von
7500 Metern," widerstreitet völlig dem im Artikel 1 aus-
gesprochenen Prinzip: „Die Grundlage des Maßes und
Gewichtes ist das Meter oder der Stab mit decünaler Thei-

Sie Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.

(Fortsetzung.)
Doch gelangte Leon nicht sogleich zu seinem Onkel.
Auf seiner Reise dahin stieß er mit der Zigeunertruppe zu-
sammen und von jetzt an wurde er der treue Begleiter der-
selben.
Anfangs war es Neugierde, das Leben und Treiben
dieses Nomadenlebens zu beobachten; aber seit dem Abende,
wo er zuerst die schöne Zendale den Zorongo hatte tanzen
sichen, blieb es keine Neugierde mehr, sondern diese wuchs
zum lebhaften Interesse für das schöne Zigeunermädchen,
das von Tag zu Tag zunahm und in gleichem Maße er-
widert wurde.
Zendale's schwermüthiger Blick wurde heiter, wenn sie
ihn sah, und tiefe Purpurröthe bedeckte ihre gebräunten
Wangen, wenn er zu ihr sprach. Und wie tanzte sie, wenn
Leon's Auge sie betrachtete.
Mora, die ausgezeichnetste Tänzerin, die je das Ange
der weisen Mutter sah, zog sich alsdann bescheiden zurück
und spielte zu Zendale's Tanz die Gwtarre, kein Auge von
den anmuthigen Bewegungen der schönen Schwester wen-
dend.

Zendale war die erste gewesen, welche Leon mit Teil-
nahme entgegeukam. Sie selber fühlte sich unter dem wil-
den Treiben ihres Volkes nicht mehr glücklich, seit Donna
Maria, die einst, um von der weisen Mutter ihr Geschick
zu erfahren, in ihre Hütte gekommen war, von dem christ-
lichen Leben in einem civilisirten Staate erzählt hatte, sowie
von den schönen Gotteshäusern, worin das Wort deslHerrn
gelehrt würde und dergleichen schöne Geschichten mehr, die
ihr wie die duftigsten Feemährchen vorkameu. Feinfühlend,
wie Zendale war, sah sie auf den ersten Blick, daß das Herz
dieses jungen Mannes von einem tiefen Kummer erfüllt
war, und unwillkürlich wurde sie von seinen melancholischen
Augen angezogen.
Es dauerte nicht lange, bis die beiden jungen Seelen
sich gefunden hatten. Für Leon begann jetzt ein reiches
Leben, wie er es nie gekannt, nicht einmal geahnt hatte,
und Zendale war selig im Glücke des Geliebten. Zwar
kamen auch trübe, traurige Tage, aber die Liebenden achte-
ten sie gering gegen das Glück, das sie dann und wann
genossen, wenn sie im Schatten der hohen, alten Eichen
saßen und von ihrer Liebe plauderten, unbekümmert um die
Zukunft, die ihrer gegenseitigen Liebe nur Gefahr und Tren-
nung bringen konnte — die Gegenwart genügte ihnen voll-
kommen.
Aber endlich wurden sie aus ihrem schönen Traume
geweckt und in die rauhe Wirklichkeit zurückgeführt. Die
weise Mutter, sowie Roger ahnten Zendale's Verhältniß zu
deut „Weißen," obgleich sie es so sorgfältig wie möglich

vor Jedermann verborgen hatten — selbst Fiora hatte nichts
davon erfahren, und da Zendale für Roger bestimmt war,
so mußte diese auf jeden Fall von dem „Weißen" getrennt
werden.
Mit wenigen Worten kündigte die weise Mutter ihr an,
daß sie von dem Fremdling lassen, oder Roger noch am sel-
ben Tage heirathen solle.
Wohin Zendale sich entschied, haben wir gesehen, Leon
durfte ihr fernerhin nicht folgen.
Unaufhaltsam eilte Zendale wie ein gescheuchtes Reh
durch den Wald, der Spur ihrer Truppe nach. Ihre nack-
ten, nur mit Sandalen bekleideten Füßchen berührten kaum
den Boden, doch waren sie in kurzer Zeit von Dornen und
Steinen blutig geritzt. Zendale beachtete es nicht, der äußere
Schmerz wurde von dem, der ihr Inneres zerfleischte, be-
täubt und nur bisweilen stand sie still, um sich die Hellen
Schweißtropfen von der Stirne zu wischen, oder die wirren
Locken zurückzustreichen. Auch von der Schulter rieselte das
Blut und färbte ihre weiße Hand; Dornen und Gestrüpp
hatten ihre Kleider zersetzt.
So eilte sie den ganzen Tag weiter ohne sich nur
einen Augenblick Ruhe zu gönuen, und erst, als längst die
Nacht hereingebrochen war, sah sie ihre Truppe in der Ferne
um ein Feuer gelagert.
Erschöpft lehnte sie an einen Baumstamm, ihre langen
Wimpern sanken über die Wangen herab, als wolle sie ein-
schlummern, aber dann schleuderte sie die Mattigkeit von sich,
sie sprang vorwärts und eilte dem Lager zu. (Forts, folgt.)
 
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